“Ein tolles Gefühl, wenn alle im Stadion die kicker-App nutzen” – Martin Schumacher über die Freuden der Vermarktung.
5. Juni 2024
Print, Apps & Instagram: Der “kicker” vermarktet die Fußball-EM auf sportlichem Top-Niveau. Martin Schumacher, Vermarktungsleiter beim Olympia-Verlag und Chef der Agentur-Tochter kicker business solutions, verrät im Rahmen der Themenwoche Sport, wie er immer anspruchsvollere Kunden zufrieden stellt, warum er an Fußball als Breiten- und Spitzensport glaubt und warum sein Verlag trotzdem in Handball investiert.
Fußball-EM in Deutschland, Olympia beim Nachbarn Frankreich – verdoppeln sich jetzt die Umsätze beim Olympia-Verlag und seinem Renommier-Objekt “kicker”?
Schön wär’s! (lacht herzlich). Im Ernst: Glücklicherweise ist das Interesse an unseren gedruckten und digitalen Medienangeboten auch ohne Großereignisse wie einer Fußball-EM oder Olympia sehr hoch und wir erreichen damit mittlerweile crossmedial rund 10 Millionen Menschen – Tendenz steigend. Trotzdem erzielen wir durch solche Highlights zusätzliche Erlöse. Teilweise ist die Nachfrage sogar so hoch, dass wir bei einigen digitalen Platzierungen an EM-Spieltagen ausgebucht sind. Das freut uns natürlich sehr.
Im Superjahr des Sports würden wir Super-Umsätze für Sport-Medien erwarten.
Grundsätzlich ist diese Annahme schon richtig. Es kommt darauf an, welchen Stellenwert und welche Marktdurchdringung das Sport-Medium für das jeweilige Großereignis hat. Seit einigen Jahren beobachten wir, dass insbesondere die großen Werbungtreibenden und die offiziellen Sponsoren auf Reichweitenmaximierung gehen. Und mit hoher Priorität Kampagnen bei den Marktführern buchen.
Martin, es gibt Leute, die sagen: EM und Olympia sind für Print kein Geschäft. Stimmt das?
Stimmt definitiv nicht. Der Umsatz bei unserem gedruckten Sonderheft zur EM ist das beste Beispiel dafür. Richtig ist aber, dass wir dafür einen höheren Aufwand betreiben müssen als früher. Die Ansprüche der Werbungstreibenden sind deutlich gestiegen. Crossmediale Kampagnen integrieren zwar Print als wichtigen Baustein. Aber gesucht sind Sonderwerbeformate wie ein Spielplan-Poster oder gemeinsame Aktionen am Point of Sale. Mit unserem Kunden Ferrero und in Kooperation mit dem Deutschen Fußball-Bund haben wir auch zu dieser EM wieder das beliebte Sticker-Sammelalbum in den Handel gebracht. Mit einer Riesen-Auflage von 450.000 Stück.
Was geht beim gedruckten “kicker”?
Unser EM-Sonderheft erschien gerade jetzt am Dienstag. Wir berichten vor, während und nach der EM natürlich im “kicker-Montag” und “kicker-Donnerstag” ausführlich über die EM – getreu unserem Motto “Das Spiel ist nie aus”. Und auch wenn bei “kicker Print“ Fußball im Zentrum steht, werden auch die Olympischen Spiele in den wöchentlichen Ausgaben Thema sein.
Ihr seid ja auch der Olympia-Verlag. Der “kicker” ist stark in Social Media, hat unter anderem 1,3 Millionen Follower bei Instagram. Er wird dort einer der ersten Anlaufpunkte für Fans sein. Könnt Ihr das monetarisieren?
Es ist immer ein tolles Gefühl, wenn im Stadion alle um mich herum die kicker-App nutzen. Und tatsächlich sind wir auch außerhalb der Stadien die erste Anlaufstelle für viele Fans. Die enorme digitale Reichweite mit 2,6 Milliarden Page Impressions spiegelt sich entsprechend positiv auch in der Monetarisierung wider.
Wie genau verdienst Du Geld mit Instagram?
Wir bieten ausgewählten Kunden Branded-Content-Partnerschaften in Form von Sponsored Posts oder Stories, also als solche gekennzeichnete Werbepartnerschaften an. Dabei achten wir sehr darauf, dass der Inhalt zu unserer Community passt und einen sportlichen Kontext hat. Meistens sind solche Markenkooperationen zudem in eine größere Kampagne auf unseren Kanälen eingebettet und sind damit einer von mehreren Kampagnen-Bausteinen. Besonders gute Erfahrung machen wir, wenn Social-Media-Bausteine zur Aktivierung genutzt werden – zum Beispiel in Form von attraktiven Gewinnspielen.
Zur Person: Martin Schumacher ist ausgebildeter Werbekaufmann und Marketingwirt. Über heller & partner und dem WDV kommt er zu Bertelsmann-Tochter Arvato und wirkt dort in der Geschäftsleitung der “rtv media group”. Seit 2014 leitet Schumacher beim Olympia-Verlag die Vermarktung, u.a. für den Klassiker “kicker”. Außerdem baut Schumacher als Geschäftsführer der Agentur-Tochter kicker business solutions GmbH ein B2B-Geschäft auf.
Was geht bei der B2B-Tochter kicker business solutions GmbH?
Da geht‘s gerade richtig ab! Wir sind eine kreative Schnittstelle zwischen unseren Werbekunden und der Vermarktung. Wir haben in diesem Jahr schon mehrere Neukunden gewonnen, die wir als Full-Service-Sportagentur betreuen. Rundum. Besonders freut mich dabei, dass mittlerweile viele Werbungtreibenden mit Fragen und Ideen aktiv auf uns zukommen.
Warum braucht der “kicker” überhaupt eine B2B-Tochter?
Weil wir durch kbs neue Erlösquellen erschließen, die wir bisher nicht hatten. Als Full-Service-Sportagentur arbeiten wir agil und können durch unser Netzwerk fast jede kreative Aufgabe und Herausforderung im Sportumfeld anpacken und lösen. Vom Advertorial über Talk & Events bis hin zum fertigen Spot inklusive Testimonials aus dem Sportumfeld – wir können ein breites Sportfeld bespielen. Und haben zudem den Vorteil, die Kampagnen bei Bedarf gleich auf den “kicker”-Kanälen zu spielen. Wir haben bereits im zweiten Jahr nach Gründung den Break-Even erreicht. Die Tochter hat also früh das Laufen gelernt und ist sportlich unterwegs.
Gefühlt hängt der Olympia-Verlag stark am Fußball. Bleibt das so?
Fußball ist Deutschlands Sportart Nummer 1 und daher auch bei uns der Reichweitenbringer. Dennoch sind wir auch in anderen Sportarten gut aufgestellt und sind in der Offensive. So beim Portal Handball-World und dessen Printausgabe Bock auf Handball. Beide gehören mittlerweile zu 100 % zum Olympia-Verlag. Durch diese Vertikalisierung erreichen wir Zielgruppen, die wir über den “kicker” nicht erreicht haben.
In einer komplizierter gewordenen Medienwelt setzen viele Player auf Kooperationen in Vertrieb und Verkauf. Auch der “kicker”?
In der Vermarktung können wir Jahr für Jahr mehr Partner gewinnen und entdecken neue Potenziale. So ist es uns gelungen, eines der traditionsreichsten Produkte, das kicker Managerspiel, im Zuge der EM zu vermarkten. Im Vertrieb suchen wir auch immer wieder nach neuen Wegen. In Zusammenarbeit mit Kosmos konnten wir kicker Kids digital an den Start bringen und ein eigenes Zuhause auf kicker.de geben. Außerdem erscheinen Buchbände, Hörspiele, Gesellschaftsspiele, um die jungen Zielgruppen zu erreichen und zu begeistern.
Frage an den Familienvater: Ist der Breitensport noch verankert in der Gesellschaft? Die Vereine haben fast alle Nachwuchssorgen.
Da sprichst Du ein sehr wichtiges Thema an! Nachdem mein Sohn leidenschaftlich gerne Fußball spielt und in unserem Heimatverein ein Trainermangel herrschte, habe ich mich zunächst überreden lassen und das Amt übernommen. Ich habe sehr schnell gesehen, wie gut es tut, gesellschaftliche Verantwortung zu übernehmen. Mein Ehrenamt als Jugendtrainer macht echt Freude, Du spürst, dass Du einen kleinen Beitrag zur Integration leisten kannst. Denn auf dem Spielfeld ist es egal, aus welchen Verhältnissen oder aus welchem Land Du kommst. Die Freude am Spiel vereint alle. Der Breitensport ist so wichtig. Nach über drei Jahren sind mir die Jungs und deren Eltern richtig ans Herz gewachsen. Ich kann nur jedem empfehlen, sich in Sportvereinen ehrenamtlich zu engagieren!
Fördert das auch der “kicker”?
Zuerst einmal engagieren sich auch sehr viele meiner Kolleginnen und Kollegen ehrenamtlich als Trainer oder Betreuer in Jugendmannschaften und tragen somit ihren Teil zur Verankerung des Breitensports in der Gesellschaft bei. Und auch wir als Unternehmen sind uns unserer Verantwortung bewusst und würdigen beispielsweise durch den im Jahr 2006 ins Leben gerufenen Walther-Bensemann-Preis gemeinsam mit der deutschen Akademie für Fußball-Kultur Persönlichkeiten der Zeitgeschichte, die Herausragendes für den Fußball geleistet haben. Dabei stehen auch Werte wie gesellschaftliche Verantwortung, Fairplay und interkulturelle Verständigung im Mittelpunkt. Ein anderes Beispiel sind die Sepp-Herberger-Awards, die wir seit einigen Jahren unterstützen. Auch hier steht das ehrenamtliche Engagement im Vordergrund.
Frage an den Sportmedien-Experten: Wie geht’s den Sport-Medien?
Da muss man sicherlich differenzieren. Sport ist mittlerweile überall und zu jeder Tages- und Nachtzeit on air. Das 1:0 ist dabei nur einen Mausklick entfernt. Sportmedien mit einem klaren Profil und einem journalistisch hochwertigen Angebot geht es meiner Meinung nach heute und auch in Zukunft gut. Wichtig erscheint mir, dass man sich nicht dazu verführen lässt, bei jeder Meldung Erster sein zu wollen: Damit generierst Du vielleicht ein paar Klicks mehr, verlierst aber womöglich das Wichtigste: Deine Glaubwürdigkeit – falls die Nachricht eben nicht stimmt. Ziel sollte es sein, User und Leser zu Fans Deiner Marke zu machen. Und dabei Qualität vor Schnelligkeit zu setzen.
Der mediale Sport verengt sich zunehmend auf Fußball. Sportarten wie Schwimmen, Reiten und Turnen sind medial fast unsichtbar geworden. Sind die Medien mitschuld an der Krise des Sports?
Findest Du? Das sehe ich persönlich nicht so. Insbesondere durch Olympia werden im Super-Sportjahr auch andere Sportarten und Sportlerinnen und Sportler ins Rampenlicht kommen und auch Handball ist meiner Meinung nach eine Sportart, die sehr viele Menschen über die Medienangebote erreicht. Das Halbfinale der Handball-EM gegen Dänemark haben fast 10 Millionen Menschen im ZDF gesehen. Wenn ich mir die Reichweiten kleinerer Sportarten auf kicker.de anschaue, sehe ich kein Anzeichen von Krise. Im Gegenteil.
Ist Sport-Marketing noch ein Wachstumsfeld?
Es kommt darauf an, wie man Sport-Marketing definiert. Global gesehen ist der Markt nach wie vor sehr dynamisch und wächst stetig. Durch den starken Wettbewerb entstehen neue Angebote, andere werden verdrängt. Sport ist medial für eine sehr breite Bevölkerungsschicht zugänglich – dies macht Sport-Marketing auch für Werbungtreibende attraktiv, die dieses Potenzial früher nicht gesehen und genutzt haben. Was wir dabei feststellen, ist, dass sich unter jüngeren Zielgruppen viel mehr Frauen für Fußball interessieren als noch vor einigen Jahren. Und dass das Interesse nach Amateursport deutlich steigt. Mit der “Torjägerkanone für alle” haben wir daher ein Format geschaffen, um auch Spielerinnen und Spielern in niedrigeren Ligen ein Gesicht und eine Stimme zu geben und sie für deren Leistungen zu belohnen. Sportmedienmarken sollen sich hier nicht verschließen, sondern Potenziale auch fürs Publikums erkennen.
Welche Sportart wird der Aufsteiger 2024/2025?
Neben bekannten Sportarten wie Handball und Basketball verzeichnet Padel aktuell weltweit enorme Wachstumsraten und hat daher aus meiner Sicht das Prädikat Aufsteiger 2024/2025 verdient.
Wer wird Europameister?
Ich setze jetzt einmal die Fanbrille auf und sage Deutschland. Als ich 2014 zum “kicker” gewechselt bin, ist Deutschland Weltmeister geworden. Jetzt, zehn Jahre später, drängt sich der nächste Titel ja förmlich auf.