Bleibt am Ball: Die mehr als 100 Jahre alte Print-Marke “Kicker” spielt bei den Sportangeboten auf Instagram, TikTok und Co in der Champions League. David Gohla, Produktmanager Social Media, verrät seinen Lieblingscase, sein schlimmstes Fuck-up – und gibt Tipps.
David Gohla nennt sich einen “Groundhopper in Elternzeit”. Er ist also einer von jenen Fußballfans, die nicht treu alle 14 Tage beim selben Club zum Heimspiel pilgern, sondern möglichst oft, in möglichst vielen Ländern der Welt neue Stadien besuchen – und das gern auf Social Media teilen. Die über 650 Spiele in 41 Ländern, die Gohla besucht hat, dokumentiert er in der Groundhopper-App Futbology. Doch seit Gohla drei kleine Kindern hat, sieht er mehr Spielplätze als Sportarenen. Dem Fußball und Social Media bleibt er aber beruflich verbunden: Seit 2015 bringt Gohla beim “Kicker” als Produktmanager das Thema Social Media voran. Mit Erfolg: Der “Kicker” ist bei Instagram und Co. mit an der Spitze der Sportangebote.
Lieblingscase: Ein bisschen ist das neuste Projekte immer das spannendste, findet David Gohla. Seit September 2023 betreibt der “Kicker” einen WhatsApp-Kanal und der ist derzeit Gohlas Liebling. Die Zahl der Abonnenten ist schnell auf über 104.000 gewachsen, Gohla erwartet ein weiteres Wachstum, das aber ein bisschen davon abhängig ist, wann und ob Meta die Newsletter-Funktion bei WhatsApp prominenter plaziert. Derzeit muss man sie unter “Aktuelles” und dann “Kanäle” suchen. Was schätzt Gohla so an dem WhatsApp-Kanal? “Einerseits wächst die Community sehr schnell, was zeigt, dass unser Content gefragt ist. Zudem spart es uns eine Menge Arbeit beim Community-Management, dass die User nur mit Emojis reagieren, aber keine Kommentare abgeben können.”
Positiv findet Gohla das hohe Wachstumspotential beim WhatsApp-Kanal und dass erst wenige Konkurrenten dabei sind. Aber auch die Möglichkeit, den Tag mit zwei bis drei Übersichtsmeldungen gut zu strukturieren – anders als in der Kicker-App, die rund 30 News pro Tag verschickt. Einen unmittelbaren Gewinn zieht der Olympia-Verlag aus den WhatsApp-Nutzern noch nicht. “Wie bei jeder neuen Plattform bringt auch WhatsApp nicht sofort unendlich neue Nutzer”, sagt Gohla. “Aber es gibt großes Potenzial und wir wollen den ‘Kicker’ als Marke nah beim Kunden platzieren.”
David Gohla: Der “Kicker”-Social-Media-Produktmanager schätzt die Dynamik von WhatsApp und die 1,3 Millionen Follower bei Instagram. (Foto: Peter Glaser)
Vorzeigecase: Der Kanal, den David Gohla gern vorzeigt, ist der Instagram-Auftritt des “Kicker”. 1,3 Millionen Follower weist Instagram für den “Kicker” aus. Den Kanal starteten Gohla und seine Kollegen 2015, also recht früh, als Instagram noch von quadratischen Fotos geprägt war. Die Redaktion musste lernen, Inhalte in Bildern umzusetzen und hat dafür inzwischen 15 Templates, also Formate, in denen sie Infos bildstark anteasert. Sogar Tabellen können sexy sein, wenn sie in ein spannendes Foto eingeklinkt sind. Einen Schub für die Follower-Zahlen haben die Videos gebracht, die der “Kicker” seit 2022 verstärkt spielt.
Eigentlich hat der “Kicker” keine Bewegtbild-Rechte. Abhilfe schafft eine Kooperation mit dem TV-Sender Dazn, der Bewegtbild mitbringt und seinerseits von der starken Stellung profitiert, die “Kicker” in Social Media hat. Das Videoteam mit sechs Köpfen von Kicker.tv liefert oder bearbeitet zudem Interviews, Aufsager, Ausschnitte aus Pressekonferenzen und Video-Mitschnitte aus dem gemeinsamen Podcast “Kicker meets Dazn”. Im Video-Kanal YouTube bleibt aber der “Kicker” mit 98.000 Abonnenten zweite Liga. Wichtig sind Gohla die Interaktionen z.B. beim “Kicker” auf Instagram: Über 1.000 Kommentare bringt ein guter Post, 20.000 Likes sind keine Seltenheit. Geld verdient auch der Instagram-Kanal nur indirekt: Wenn ein Kunde ein größeres Sponsoren-Paket mit Print, Online und Social Media bucht und Tickets, Trikots oder Reisen verlost werden.
Fuck-up: 20 Minuten lang stand am 31. August 2023 beim “Kicker” auf Instagram, dass Niclas Füllkrug von Bremen nach Leverkusen wechselt – statt nach Dortmund. Füllkrug erschien auf dem großen Instagram-Foto zwar im gelben Borussia-Trikot, aber die Zeile, die in das Foto eingeklinkt war, sagte: “Füllkrug wechselt nach Leverkusen.” Ein offensichtlicher Fehler beim Bau der Grafik, die endlose 20 Minuten lang unkorrigiert blieb, während sich die hämischen Kommentare auf Instagram aufschaukelten. “Beim ‘Kicker’ ist soeben eine Stelle im Social-Media Team frei geworden”, kommentierte User felix.vss. Auch wenn David Gohla und die Verantwortlichen fragten: Wie konnte das passieren? Gehen musste am Ende niemand. “Es ist schlichtweg ein menschlicher Fehler gewesen, der im Stress passiert ist. Das kommt immer wieder mal vor, wenn die Redaktion mehrere Ereignisse parallel abbilden muss und besonders schnell sein will.” Gohla ärgert sich vor allem, “weil wir Hinweise und Nachrichten zu spät wahrgenommen haben”. Aber alles Schlechte hat sein Gutes, die Beteiligten haben aus dem, was Gohla “unser größtes Fuck-up” nennt, gelernt und die Endkontrolle verbessert: “Wir setzen jetzt noch konsequenter auf der Vier-Augen-Prinzip.” Und damit auf personell besser besetzte Schichten.
Tipps für Social Media von David Gohla:
Früh dabei sein! Wer zu spät in ein trendiges Medium geht, wird es schwer haben. Deshalb konsequent früh mit nicht zu großem Aufwand ins neue Medium reingehen. Regelmäßig Bilanz ziehen, anpassen und notfalls den Kanal wieder verlassen.
Ziele definieren – und nachschärfen! Was wollen wir mit dem Kanal? Aufmerksamkeit? Reichweite? Markenpräsenz? Welche Ressourchen setzen wir ein? Wie sind wir unterwegs? Wo müssen wir den Weg eventuell ändern?
Deep Content bieten! Nur nützliche Infos und ausreichende Tiefe schaffen Bindung. Finde etwas, was nur Du auf diesem Kanal bietest. Pflege kleine Einzigartigkeiten.
Involvement schaffen! Viele Follower sind eine gute Voraussetzung, aber nicht die wichtigste KPI. Reichweite ist wichtig, Interaktion durch Likes und Kommentare sind wichtiger. Es dem User so leicht wie möglich machen, z.B. bei Umfragen geschlossene Fragen stellen statt offene.
Nicht unter das eigene Niveau gehen! Den Markenkern, z.B. Seriosität, auf keinem Kanal verraten. Der “Kicker” macht auch auf Instagram keine Boulevard-Geschichten über Spielerfrauen und Privates – und lässt damit bewusst Klicks liegen.