“Man sollte die CSRD als Chance begreifen” – Dominik Deiters über neue Nachhaltigkeitsberichterstattung für Unternehmen.
24. Januar 2024
Ob du willst oder nicht: Die von der EU verordnete Transparenzpflicht für Nachhaltigkeit ist für Dominik Deiters keine “lästige Pflicht”, sondern auch “wertvoller Teil des Risikomanagements”, schreibt er in seinem Gastbeitrag in der Themenwoche Nachhaltigkeit bei turi2. Der Leiter Open Banking der Schufa sagt, ab wann welches Unternehmen betroffen ist, und gibt Tipps zu den Daten, die die EU-Richtlinie verlangt. Die Corporate Sustainability Reporting Directive, kurz CSRD, berge für Firmen Wettbewerbsvorteile und biete Chancen, ist Deiters überzeugt.
Von Dominik Deiters
Das Thema Nachhaltigkeit beschäftigt aktuell Politik, Gesellschaft und Wirtschaft wie kaum ein zweites. Von Unternehmen wird erwartet, einen echten Beitrag zur Gestaltung einer nachhaltigen und sozial verantwortlichen Zukunft zu leisten und diesen auch zu belegen. Die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) der EU legt dabei fest, welche Unternehmen zu einer Nachhaltigkeitsberichterstattung verpflichtet sind und wie diese Berichterstattung gestaltet werden soll. Die CSRD verpflichtet Unternehmen von der Industrie über den Dienstleistungssektor bis hin zu Finanzinstituten Informationen über die gesellschaftlichen und ökologischen Auswirkungen ihres Handelns offen zu legen. Die Berichtspflichten werden dabei in den nächsten Jahren sukzessiv in Bezug auf Inhalt und den Kreis der Verpflichteten ausgeweitet.
Folgende Dinge sollte man beachten, wenn man das eigene Unternehmen fit für die Umsetzung der CSRD machen will:
1. Ab wann ist mein Unternehmen betroffen?
Die Berichtspflicht ist heute auf kapitalmarktorientierte nicht-finanzielle Unternehmen mit mehr als 500 Mitarbeitenden und finanzielle Unternehmen wie Banken und Versicherungen beschränkt. Diese fallen bereits ab 2024 unter die neue Richtlinie.
Ab dem Geschäftsjahr 2025 sind alle großen Unternehmen betroffen, wenn sie zwei von drei Kriterien erfüllen – das Kriterium der Kapitalmarktorientierung entfällt:
– mehr als 250 Mitarbeitende
– mehr als 50 Millionen Euro Umsatz
– mindestens 25 Millionen Euro Bilanzsumme
Kleinere Unternehmen können ab 2026 unter die Richtlinie fallen, wenn sie kapitalmarktorientiert sind.
Worauf sich allerdings auch “kleinere” Unternehmen schon heute vorbereiten sollten: Ab 2028 sind auch solche Unternehmen betroffen, die Teil der Wertschöpfungskette von verpflichteten Unternehmen sind. Da die größeren Unternehmen aber bereits ab 2024 bzw. 2025 Informationen über ihre Lieferanten einholen werden, ist davon auszugehen, dass bereits ab 2024 auch Daten von kleineren Unternehmen angefordert werden, obwohl sie möglicherweise keiner eigenen Verpflichtung unterliegen. Und auch im Rahmen von Finanzierungsbeziehungen zu Banken oder Investoren werden Unternehmen künftig nachhaltigkeitsrelevante Daten ermitteln und zur Verfügung stellen müssen. Es lohnt also, sich frühzeitig mit der Erhebung und Verwaltung entsprechender Informationen zu beginnen.
2. Was genau verlangt die CSRD von meinem Unternehmen?
Mit der CSRD wird die Nachhaltigkeitsberichterstattung auf eine Stufe mit der Finanzberichterstattung gestellt und die nicht-finanziellen Berichtspflichten erheblich ausgeweitet.
Die wichtigsten Punkte der CSRD umfassen:
Erweiterte Berichterstattung: Unternehmen müssen detailliertere Informationen zu Umweltauswirkungen, sozialen Belangen, Arbeitnehmerrechten, Vielfalt und Inklusion sowie Unternehmensführung bereitstellen. Diese werden in den ESRS (European Sustainability Reporting Standards) mit Hilfe eines “Fragebogens” abgefragt. Besonders ist, dass im Rahmen der doppelten Wesentlichkeit nicht nur die Auswirkungen eines Unternehmens auf die Umwelt betrachtet werden, sondern auch mögliche finanzielle Auswirkungen von ESG-Faktoren auf das Unternehmen analysiert werden müssen.
Verpflichtende Prüfung: Die Berichte müssen von externen Prüfern überprüft werden, um ihre Zuverlässigkeit und Genauigkeit sicherzustellen.
Digitalisierung: Die CSRD betont die Nutzung digitaler Plattformen zur Verbesserung der Berichterstattung und zum erleichterten Zugang zu Informationen.
3. Langfristig denken – Veränderungen im Blick behalten
Die CSRD bedeutet jährlich wiederkehrende Berichtspflichten. Daher sollte man von Anfang an langfristig denken und entsprechende Prozesse implementieren, mit denen die erforderlichen Informationen und Daten möglichst standardisiert und digital gesammelt und aufbereitet werden können. Da die Daten regelmäßig erhoben werden müssen, spart man als Unternehmen Zeit und Ressourcen, also Kosten. Hierbei können entsprechende Tools und Software-Lösungen eine wertvolle Unterstützung sein.
Die Regulatorik bezüglich der Nachhaltigkeitsberichtserstattung wird laufend angepasst und erweitert. Auch das muss man laufend und langfristig im Blick behalten, um eventuellen Anpassungsbedarf möglichst frühzeitig zu erkennen. Gegebenenfalls anfallender Mehraufwand (personell, finanziell) sollte möglichst frühzeitig einkalkuliert werden.
4. Unterstützung durch Tools
Die CSRD betont die Nutzung digitaler Plattformen zur Verbesserung der Berichterstattung und zum erleichterten Zugang zu Informationen. Auch hier lohnt es, sich frühzeitig umzuschauen, welche digitalen Lösungen es am Markt gibt und welche für das eigene Unternehmen in Frage kommen. Idealerweise unterstützen solche Lösungen nicht nur die Ermittlung der entsprechenden Kennzahlen, die offengelegt werden müssen, sondern ermöglichen auch den Austausch relevanter Informationen zwischen Unternehmen und Banken/ Investoren. Die SCHUFA-ESG-Solution ermöglicht zum einen diesen Datenaustausch und fungiert zum anderen auch als zentrale Plattform für Nachhaltigkeitsdaten, was verpflichteten Unternehmen doppelte Datenerfassung erspart.
5. Nachhaltigkeit im gesamten Unternehmen verankern
Angesicht des großen Aufwands, den die CSRD in vielen Unternehmen langfristig verursachen wird, läge es nahe, die Nachhaltigkeitsberichterstattung als eine lästige Pflicht anzusehen, die man zwar erfüllen muss, die aber darüber hinaus keine Relevanz für das Unternehmen hat. Beziehen Sie Ihre gesamte Organisation ein und schaffen Sie Bewusstsein für die Relevanz des Themas, auch jenseits der reinen Berichtspflicht.
6. Nachhaltige Veränderungen anstoßen
Unternehmen sollten nicht nur im Rahmen der CSRD über den Ist-Zustand berichten, sondern auch konkrete Maßnahmen ergreifen, um im Unternehmen und der gesamten Wertschöpfungskette mehr Nachhaltigkeit zu implementieren. Auch hier gilt: frühzeitig anfangen. Man sollte die CSRD als Chance begreifen, da die erhobenen Informationen langfristig für den eigenen Strategieprozess und den Ausbau von Wettbewerbsvorteilen notwendig sein werden. Wenn man zum Beispiel Maßnahmen zum Energiesparen umsetzt, kann man die eingesparten Kosten an die Kunden weitergeben.
Durch die doppelte Wesentlichkeitsanalyse (siehe Punkt 2) ist ein Unternehmen außerdem besser auf sich verändernde Umwelteinflüsse vorbereitet und kann frühzeitig präventive Maßnahmen ergreifen. Die CSRD sollte also auch als ein wertvoller Teil des Risikomanagements verstanden werden.
Über den Autor: Dominik Deiters arbeitet seit fast sieben Jahren bei der Schufa, aktuell verantwortet er das Open Banking und arbeitet seit zwei Jahren am Aufbau des Themas Nachhaltigkeit. Bereits während seines Studiums war er als Gründer der Social-Commerce-Plattform Erdbeerlounge aktiv. Er hat die Master-Abschlüsse Innovation Management & Entrepreneurship in Berlin und Business Administration in Enschede erworben und in der Beratung gearbeitet.