Max Ströbel, Achtung!: “Der größte Fehler, den eine Marke machen kann? Am guten Storytelling sparen.”
6. Juni 2023
Alles beim Alten? Glaubwürdigkeit ist in der werblichen Kommunikation wichtiger denn je, meint Max Ströbel, Chief Strategy Officer und Geschäftsführer bei der Agentur Achtung!, im Marke sucht Mensch-Fragebogen für die turi2 edition #21. Manches sei dagegen unverändert: Internationale Superstars seien als Markenbotschafterinnen nach wie vor am bedeutendsten, außerhalb der Medien seien immer noch Familie und Freundinnen die wichtigsten Influencer. Um das passende Match zwischen Person und Marke zu finden, rät Ströbel, zu fragen, ob die Kombination “mehr als die Summe ihrer Einzelteile” ergibt. Als gelungenes Beispiel nennt Ströbel eine Brot-Kampagne.
Wer sind heute die einflussreichsten Botschafterinnen für eine Marke?
Den größten Impact über die Medien haben weiterhin internationale Superstars aus Sport und Showbusiness. Daran ändert auch die Creator Economy nichts. Danach ist es aber nicht mehr so eindeutig: Schon auf nationaler Ebene ist der Einflussgrad sehr abhängig von der Bubble des jeweiligen Zielpublikums. Hier kann es eine Influencer*in auf Insta oder Twitch sein, ein deutscher TV-Schauspieler oder auch eine Unternehmerpersönlichkeit. In manchen Kreisen sind ja auch Verschwörungstheoretiker sehr einflussreich. Hier kommt es also wirklich auf die Interessen der Audience an. Es ist kompliziert geworden. Außerhalb der Medien ist aber alles beim Alten: Hier ist kein Einfluss größer als die Empfehlungen unserer Familienmitglieder, Freundinnen und Freunde.
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Wie hat sich das Bild der Markenbotschafterin in den letzten Jahren verändert?
Glaubwürdigkeit war schon immer wichtig, ist aber in den letzten Jahren noch entscheidender geworden. Weil die Menschen mit den medialen Mechanismen heute viel vertrauter sind als noch vor zehn oder 20 Jahren. Passen Person und Produktmarke wirklich zusammen, und vor allem: Ist die betreffende Persönlichkeit mit dem, was sie verkörpert, glaubhaft in die Markenerzählung eingebunden? Ist sie
idealerweise sogar persönlich mit ihr verwoben? Einerseits kommen immer häufiger nicht-prominente Markenbotschafter*innen ins Spiel – gerade auf TikTok. Denken Sie an die bekannt gewordenen Mitarbeiterinnen deutscher LEH-Discounter. Aber am anderen Ende der Skala sind auch Celebrities, die Marken überhaupt erst neu erschaffen, ein Trend – von Shirin David über Ryan Reynolds bis zu Elon Musk als einem neuem CEO-Typus.
Wie findet man die perfekte Passung zwischen Person und Marke?
Zunächst sind Wettbewerbssituation und Zielsetzung entscheidend. Eine unbekanntere Marke kann sich mit einer prominenten Persönlichkeit – auch heute noch – sehr schnell Eyeballs und Bekanntheit einkaufen. Im zweiten Schritt aber geht es um die richtige Einbettung in das gewünschte Marken-Narrativ: Ergeben Person und Marke in Kombination mehr als die Summe ihrer “Einzelteile”? Entsteht eine neue Erzählung, die merkfähig ist, vielleicht sogar erzählenswert, oder zumindest markenwertsteigernd oder differenzierend in der gewünschten Richtung? Der größte Fehler, den eine Marke hier machen kann, ist am guten Storytelling zu sparen, weil man vielleicht für den Promi schon so viel bezahlt hat.
Welche Paarung zwischen Mensch und Marke fanden/finden Sie persönlich unglaubwürdig oder unpassend? Welche besonders gelungen?
Als Außenstehender hat mir nie eingeleuchtet, wie Jan-Josef Liefers zum Erfolg von Ferrero Rocher beitragen sollte. Ausgesprochen gelungen fand ich dagegen kürzlich die Aldi-Nord-Kampagne mit Jeremy Fragrance – für den Duft von frischem Brot. Und auch meine eigenen Kollegen haben gezeigt, wie es geht: Unsere Moped-Rider-Kampagne mit David Hasselhoff für mobile.de war für mich ebenfalls ein extrem gelungenes Beispiel für eine glaubhafte, höchst gelungene Partnerschaft.
Was sind die Vor- und Nachteile, wenn man als Marke auf Influencer/Creators als Botschafterinnen setzt?
Letztlich sind die Grenzen zwischen Creators, Testimonials und Markenbotschafter*innen fließend. Nur dass Creators in der Entstehung des publizierten Contents deutlich mehr Einfluss nehmen als Testimonials früher. Vielmehr als auf die Labels kommt es auf die geschickte Verknüpfung von Mensch und Marke in einer gelungenen Erzählung an. Der Vorteil solcher Endorsements ist letztlich immer der gleiche: In den meisten Fällen interessiert sich das Publikum weitaus mehr für andere Menschen als für etwas, das ihnen eine Produktmarke erzählen will. Allein schon aus evolutionsbiologischen Gründen. Hier bin ich übrigens sehr gespannt, welche Erfahrungen wir alle in den kommenden Jahren mit dem Aufkommen von virtuellen Markenbotschaftern sammeln werden. Auch wenn ich vermute, dass echte Menschen in der Wirkung auf echte Menschen unerreicht bleiben.
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