Szymon Rose, JvM: “Wenn Schweinsteiger im Garten Chips isst, erschließt sich für mich keine Verbindung.”
31. Mai 2023
Zeit ist Geld: Je langfristiger eine Kooperation zwischen Werbegesicht und Marke, desto besser, meint Szymon Rose, Kreativchef und Partner bei Jung von Matt, im Marke sucht Mensch-Fragebogen für die turi2 edition #21. Authentisch mache die Zusammenarbeit, wenn Marke und Produkt auch auf den persönlichen Kanälen des Testimonials auftauchten. Die Welt der Markenbotschafterinnen habe in den vergangenen Jahren eine “Demokratisierung” erfahren. In großem Stil kleinere, aber einflussreiche Namen als Stimmen für Marken anheuern, das “wäre früher nicht möglich gewesen”, so Rose.
Wer sind heute die einflussreichsten Botschafterinnen für eine Marke?
Wenn wir von Einfluss sprechen, dann meinen viele schnell Reichweite. Da haben wir dann zum Beispiel Social-Media-Schwergewichte wie Christiano Ronaldo, Charli D’Amelio oder Younes Zarou mit mehreren Mio Followern. Aber was einen einflussreichen Markenbotschafter ausmacht, hängt von mehreren Faktoren ab, die sowohl für Influencer, als auch für Promis wie Schauspieler:innen und Co zutreffen. Grundsätzlich gilt: Je größer die Schnittmenge der Werte und des “Look and Feels” zwischen Markenbotschafter:in und Marke ist, desto erfolgreicher und somit einflussreicher ist die Kooperation. Vor allem langfristige Kooperationen zwischen Marken und Werbegesichtern sowie die Sichtbarkeit in unterschiedlichen Kanälen wirken sich nachhaltig für Marken aus. Authentisch wird die Kooperation, indem Marke und Produkt auch immer wieder auf den persönlichen Social-Media-Kanälen des Markenbotschafters gespielt werden. Da sehe ich als User dann auf einmal LeBron James vor einem Spiel in den Katakomben der Halle mit den neuesten Nikes an den Füßen. Das ist natürlich naheliegend bei einer Sportmarke und Sportler:in, macht es aber auch durch die Authentizität sehr wirksam und glaubhaft.
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Wie hat sich das Bild der Markenbotschafterin in den letzten Jahren verändert?
Die Welt der Markenbotschafter:innen hat eine Demokratisierung erfahren. Hat man noch vor einigen Jahren ausschließlich an Sportler:innen, Sänger:innen oder Schauspieler:innen gedacht, sind heute auch Influencer und Creators als Markenbotschafter:innen interessant für Markenkooperationen. In der Vergangenheit habe ich eine weltweite Samsung-Galaxy-A-Kampagne kreiert, die als Testimonials spannende Creators einsetzt, die global bekannt sind und ihre Kreativität zelebriert. Das wäre früher nicht möglich gewesen.
Wie findet man die perfekte Passung zwischen Person und Marke?
Die Verbindung zwischen Marke und Botschafter:in sollte sich in meinen Augen authentisch, glaubwürdig und inspiriert anfühlen. Natürlich kann man sich jemanden mit 67 Mrd Followern einkaufen und der Person ein total willkürliches Produkt in die Hand drücken. Aber das ist für mich sehr kurz sowie teuer gesprungen und, was Markenführung angeht, nicht unbedingt langfristig gedacht.
Welche Paarung zwischen Mensch und Marke fanden/finden Sie persönlich unglaubwürdig oder unpassend? Welche besonders gelungen?
Ganz spontan und rein subjektiv: Wenn ich Bastian Schweinsteiger im Garten Chips essen sehe, erschließt sich für mich keine natürliche und nachvollziehbare Verbindung.
Was sind die Vor- und Nachteile, wenn man als Marke auf Influencer/Creators als Botschafterinnen setzt?
Der große Vorteil, der auf der Hand liegt, ist die Authentizität der Influencer und Creators. Außerdem vereint der Creator Produktion und Plattform – kann vergleichsweise also eine kosteneffiziente Alternative zu “klassischem” Social Media Content sein. Wobei Influencer Marketing auch sehr teuer werden kann, wenn man mit prominenten Creators arbeitet. Ein weiterer Vorteil des Influencer- und Creator Marketings ist, dass die Marke die unmittelbare Reaktion der Zielgruppe verfolgen und darauf reagieren kann. Das Potenzial des Influencer-Marketings schöpft man am meisten aus, wenn man als Marke auf langfristige Kooperationen mit den gleichen Creators setzt, da so das Vertrauen, dass die Follower in die Creators haben, auf die Marke abstrahlt. Aber natürlich ist nicht alles rosarot, es gibt auch ein paar Nachteile. Leistet sich der Influencer beispielsweise einen Fauxpas unmittelbar nach der Kooperation, kann das unter Umständen auch negativ auf die Marke abfärben. Ein weiterer Punkt, der zum Nachteil werden kann ist, dass die Marke die Kontrolle über die Content-Produktion ein Stück weit abgibt. Hier entscheidet ein gutes Briefing im Vorfeld. Jedoch sollte die Marke eine gewisse Flexibilität mitbringen. Die Creators wissen am Ende am besten, was bei ihrer Community gut ankommt und was nicht. Der größte Unterschied zu früheren Testimonials liegt natürlich in der persönlichen Note und der Nahbarkeit der Creators. Das macht ja den Reiz aus.
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