Falscher Waschgang: Mit dem Versuch, Produkte und Dienstleistungen grün anzupinseln, verstoßen Marken immer wieder gegen Recht und Moral. Zwar bringt die EU gerade entsprechende Verbote auf den Weg, noch aber geistern haltlose Öko-Werbeversprechen mal mehr, mal weniger erfolgreich durch die Welt. Wir haben sieben Greenwashing-Fails aus der jüngeren Vergangenheit gesammelt – vom schmutzigen Ablenkungsmanöver bis zu einer Liebeserklärung an Verpackungsmüll. Dieser Beitrag ist Teil der Themenwoche Nachhaltigkeit.
Auf großem Fuß: Der ökologische Fußabdruck soll als einfach nachvollziehbarer Nachhaltigkeitsindikator zur Umweltgerechtigkeit beitragen. Für den Ölkonzern und späteren Ozean-VerpesterBP wird er vor allem ein PR-Instrument zur Diskursverschiebung. Er macht das Konzept mit reichlich Werbung in den 2000ern populär. Die fossilen Förderer profitieren: Je mehr gefühlte Eigenverantwortung bei den Kundinnen liegt, desto weniger müssen die Firmen vor der eigenen Tür kehren.
Im Auge des Betrachters: “I am beautiful”, lässt der Pappbecher von McDonald’s per Kampagnenmotiv ab Sommer 2023 wissen, weil aus ihm ein Buch entstehen könne. Müll ist damit plötzlich kein lästiges Problem mehr, sondern eine “Ressource” – so sagt es zumindest Sängerin Zoe Wees im Kampagnenfilm. Richtig absurd wird es, als Wees darin den Pappbecher mit “You are so beautiful” von Joe Cocker anschmachtet. Nach viel Kritik ruft McD zum Dialog auf, der umstrittene Slogan bleibt. Besser wäre beim Publikum wohl angekommen, wenn der Burgerbrater den Spruch “Mehr weg statt Mehrweg” gewählt hätte.
Schmutzwagen: Volkswagen wird 2015 zum großen Impulsgeber der Autoindustrie – aber anders als gewünscht. Bei in den USA sogar explizit als “Clean Diesel” beworbenen Fahrzeugen werden illegale Abschalteinrichtungen entdeckt, die dafür sorgen, dass die Abgasreinigung auf dem Prüfstand einwandfrei ist, auf der Straße jedoch wenig oder gar nicht funktioniert. Der Skandal bläst sich zur existentiellen Krise einer ganzen Branche auf, zieht andere Marken und Zulieferer mit sich. Wohl kein Greenwashing-Skandal hat so viel Renommee, Geld und vor allem Aufmerksamkeit verschlungen.
Einweg-Empörung: Der Schwarz-Laden Lidl setzt auf Plastik-PR und sich damit in die Nesseln. Die eigene PET-Wasserpulle soll als “Kreislaufflasche” ein grünes Image bekommen. Mit Günther Jauch leiht ein Vertrauensschwergewicht der Kampagne sein Gesicht. Die Deutsche Umwelthilfe wirft Lidl daraufhin vor, veraltete Zahlen zu verwenden und “perfide” einen abgeschlossenen Materialkreislauf vorzutäuschen. Auch das Umweltbundesamt meckert. Greenpeace kritisiert Jauch für “falsche Werbeversprechen”. Der sieht kein Greenwashing, sondern ein “innovatives und ökologisches System”. Auch der Discounter weist die Kritik zurück. Trotzdem scheint der nächste Millionär irgendwie schneller gefunden als Lidls Liebe zur Natur.
Schrei vor Schreck: Modehändler Zalando ist einer von vielen Fast-Fashion-Anbietern, die sich Nachhaltigkeit auf die Fahnen schreiben. Nach einer Recherche von “Zeit Online”, SWR und Flip Anfang 2023 muss der Versandhändler seine Werbebotschaften jedoch überdenken. Zalando hatte angegeben, 97 % der Retouren über den eigenen Shop zurück in den Verkauf zu geben. Die Journalistinnen zeigen aber: Es landet auch einiges bei Großhändlern. Manche zurückgegebenen Kleidungsstücke irrten laut Bericht Zehntausende Kilometer durch Europa. Auf Nachfrage gibt Zalando schließlich zu, keinen Einfluss darauf zu haben, was die Partner der Plattform mit Retouren anstellen. Im FAQ reagiert der Konzern auf die Vorwürfe. An kostenlosen Retouren hält er fest.
Schwarzes Gold: Der Vermögensverwalter DWS verkohlt seine Anlegerinnen mit Produkten, die grüner aussehen als sie sind. In angebliche Ökofonds pumpt DWS 2022 etwa massenhaft Shell-Aktien. Nachhaltigkeitschefin Desiree Fixler wird schon vorher einfach gefeuert, als sie intern die Kluft zwischen Werbeversprechen und Realität anprangert. Die US-Behörden zeigen deutlich mehr Interesse für die Vorwürfe der Whistleblowerin: Die Börsenaufsicht SEC verdonnert die Deutsche-Bank-Tochter 2023 zu einer Geldstrafe über 25 Mio Dollar, u.a. wegen Greenwashings. Einen Riss hinterlässt die Geschichte damit wohl eher auf dem Firmenimage als auf dem Firmenkonto. In Deutschland dauern die Ermittlungen an.
Flugscham: Fliegen ist einer der großen Klima-Killer, das weiß jedes Kind. Die Lufthansa versucht es 2023 in Großbritannien trotzdem mit einem lockeren Spruch und wirbt: “Fly more sustainably”. Das mag Menschen gefallen, die das Einfamilienhaus mit Bambuszahnbürste kompensieren wollen. Doch die britische Werbeaufsicht verbietet den Deutschen den Spruch. Zuvor war dort auch schon der Lufthansa-Claim “Connecting the world. Protecting its future” durchgefallen. There’s no better way to say: Augen auf bei der Agentur-Wahl.