“Wir sind gleichermaßen Freunde und Wettbewerber” – Evelyn Rothblum über Streaming-Aggregation bei Sky Q.
9. Mai 2023
A Sky full of Streaming-Stars: Mit wachsender Zahl an Streaming-Anbietern und -Inhalten wird sich “der Wunsch nach Orientierung, nach Einfachheit noch stärker ausprägen”, sagt Evelyn Rothblum, Executive Vice President Advertising, Partnerships & Distribution bei Sky Deutschland. Auf der Plattform Sky Q aggregiert der Pay-TV-Anbieter neben eigenen Inhalten auch Mediatheken und die Angebote fremder Streaming-Dienste wie Netflix, Amazon Prime oder Dazn. Im Interview mit turi2-Redakteur Björn Czieslik spricht Rothblum von “Frenemies”, die “gleichermaßen Freunde und Wettbewerber” sind. Dazu gehöre auch, das eigene Angebot nicht zu bevorzugen, sondern die Inhalte aller Partner “gleich gut zugänglich und entsprechend gut visibel darzustellen”. Dieses Interview ist Teil der Themenwoche TV & Streaming – bis 14. Mai fragen wir auf turi2.de, wie Streaming das lineare TV verändert.
Auf der Sky-Q-Plattform bietet Sky neben den eigenen Programmen und den Mediatheken von ARD und ZDF auch nahezu alle anderen Streamingdienste an. Warum holen Sie sich die Konkurrenz ins Boot?
Wir sprechen hier von “Frenemies” – wir sind also gleichermaßen Freunde und Wettbewerber. Zentral für uns ist es, unseren Kunden ein hochqualitatives, möglichst abwechslungsreiches, breitgefächertes Portfolio zu bieten, mit einer tollen Auswahl für jeden Geschmack. Genau das tun wir, indem wir alle Inhalte ganz bequem unter einem Dach bündeln. Dies sind Partnerschaften, die sehr gut funktionieren und die wir perspektivisch auch weiter ausbauen wollen. Sie sind eine Bereicherung für unsere Plattform und damit für unsere Kunden. Das zeigen übrigens auch Nutzung und Resonanz.
Was macht Sky Q, was mein Smart-TV oder Fire-TV-Stick nicht kann?
Sky Q punktet mit einer ganzen Reihe an Zusatzfunktionen. Denken Sie etwa an unsere intuitive Sprachfernbedienung, die Aufnahmefunktion von mehr als 800 Stunden Content oder an innovative Features wie “Restart”, die “Was habe ich verpasst”- und “Meine Konferenz”-Funktion oder extra Feeds bei Sport-Übertragungen. Mit der Sky Go App sind die Kunden flexibel und können ihre Lieblingsinhalte überall und jederzeit anschauen.
Mit Netflix und Dazn gibt es auch Vermarktungspartnerschaften. Paramount+ gibt es als Goodie gratis dazu. Was ist die Strategie dahinter?
Es geht immer darum, einen Mehrwert für unsere Kunden zu schaffen. Dies erreichen wir über zielgruppengerecht zugeschnittene Bundles – mit Inhalten, die für den Kunden hohe Relevanz haben. Hierfür ist die Kombination mit Paramount+ für Sky Cinema-Abonnenten ein gutes Beispiel. Vermarktungspartnerschaften ermöglichen uns auch, etwa über ein Bundle mit Dazn, attraktive Preisvorteile anzubieten. Und natürlich sind wir gemeinsam stärker, was die vereinte Power auf dem Markt betrifft.
Sky kommt vom linearen Pay-TV und betreibt das immer noch. Diese Kundschaft ist tendenziell älter und weniger digital-affin. Schmückt sich Sky hier nicht bei einer Zielgruppe einfach mit der Relevanz von Fremdinhalten anderer?
Das sehen wir anders. Es ist doch so: Wir bieten eine riesige Auswahl an großartigen Inhalten – unsere eigenen, akquirierte und solche über Partnerschaften – und unsere Kunden können selbst entscheiden, wie sie diese Inhalte am liebsten anschauen. Die einen tun dies linear, andere auf Abruf über Sky Go oder Sky Q und wieder andere entscheiden sich für volle Flexibilität, indem sie unseren Streamingservice WOW wählen. Dass dieser wiederum eher jüngere Zielgruppen anspricht, und dies sehr erfolgreich, dürfte auf der Hand liegen. Relevante Inhalte gibt es dabei für alle unsere Zuschauer, ob Sky Originals, neueste Hollywood-Blockbuster oder eben Content über Partnerschaften, die unser Portfolio bereichern.
Was bringt es den anderen Anbietern, bei Sky Q präsent zu sein? Und was bringt es Sky?
Das lässt sich schnell auf den Punkt bringen: Unsere Partner profitieren von mehr Visibilität, Reichweite, höherer Marktdurchdringung und der Erschließung neuer Zielgruppen. Wir wiederum erweitern unser Content-Angebot um spannende, relevante Inhalte, die unser Portfolio perfekt ergänzen.
Was haben die Kunden davon?
Sehr viel! Es geht ja um den Grundgedanken jeglicher Aggregation, also: eine Plattform für alles zu schaffen – mit einer umfassenden Auswahl für jeden Geschmack. Einfach, kundenfreundlich, bequem.
Hat künftig der die Macht, der die Plattform betreibt?
Wir setzen ohne Wenn und Aber auf Aggregation und wir fahren sehr gut mit dieser Strategie. Von “Macht” würde ich nicht sprechen. Was ich aber sagen kann ist, dass wir uns mit unserem Geschäftsmodell sehr wohlfühlen und uns in einer starken Position befinden. Persönlich gehe ich, nach der fortschreitenden Fragmentierung am Markt, perspektivisch auch wieder von einer Konsolidierung aus.
Ist die Verlockung nicht groß, als Plattform-Betreiber die eigenen Inhalte bevorzugt ins Schaufenster zu stellen? Welche Regeln gibt es?
Wir haben vor allem Interesse daran, dass unsere Kunden den Content finden, den sie suchen und neuen Content, der relevant für sie ist, entdecken. Unsere jahrelange Erfahrung im Content-Bereich hilft uns, genau das zu tun. Dazu gehört es auch, alle Inhalte, die wir auf unserer Plattform zeigen, für unsere Kunden gleich gut zugänglich und entsprechend gut visibel darzustellen. Wir wollen die starken Partnerschaften, die wir haben, erfolgreich in die Zukunft führen. Dazu muss beides nebeneinander, und zwar im richtigen Maß, funktionieren. Und das tut es wunderbar im Sinne eines bestmöglichen, breitgefächerten Angebots für unsere Zuschauer, was auch unsere Partner zu schätzen wissen.
Welche Rolle spielt denn Werbung für Ihr Business-Modell?
Eine sehr relevante. Werbung ist seit jeher Bestandteil unseres Geschäftsmodells und das wird sich auch in Zukunft nicht ändern. Werbung trägt zum wirtschaftlichen Erfolg von Sky bei und dazu, dass wir in qualitativ hochwertigen Content und in Innovationen für unsere Zuschauer investieren können.
Kassiert Sky alle Werbe-Einnahmen selbst oder gibt es eine Aufteilung unter allen Anbietern?
Unsere Vermarktungstochter Sky Media hält einige Vermarktungsmandate für diverse Kanäle. Die daraus resultierenden Werbeerlöse werden mit dem Partner geteilt – das ist gängige Praxis.
Wie beurteilen Sie den Trend zu Werbung im Streaming?
Ich sehe die Entwicklung absolut positiv. Der Großteil der Streaming-Provider hat inzwischen das Potenzial erkannt und bietet auch werbefinanzierte Angebote an. Letztlich ist es eine klassische Win-win-win-Situation: Streamer ermöglichen ihren Kunden dadurch einen preisgünstigeren Zugang zu ihren Services und generieren zusätzliche Einnahmen, die sie wiederum in Content und Produkt investieren können. Zuschauer erhalten mehr Flexibilität und Auswahl, was gerade in wirtschaftlich angespannten Zeiten ein großer Pluspunkt ist. Und Werbetreibende profitieren von zielgruppengenauer Ansprache und Reichweitensteigerung. Kurzum: Streaming und Werbung passen sehr gut zusammen.
Wie ist die Akzeptanz bei den Nutzenden?
Wir haben in punkto Werbemarkt das Privileg, auf jahrzehntelange Erfahrung zurückgreifen zu können. Zentral ist immer, Werbung in der richtigen Dosierung, inhaltlich passend und mit dem nötigen Fingerspitzengefühl einzusetzen – außerdem mit seinen Kunden im regelmäßigen Dialog zum Thema Werbung zu bleiben. Wenn man sich an diese grundsätzlichen Maximen hält, funktioniert das Modell wunderbar. Übrigens haben laut einer IAS-Studie schon 2021 zwei Drittel der Deutschen auf werbefinanzierte Streaming-Angebote gesetzt. Die Akzeptanz ist also definitiv da. Wenn dann noch die Wahl besteht, ob man seine Lieblingsinhalte mit mehr oder weniger bzw. gar keiner Werbung sehen möchte, ist doch das Beste aller Welten vereint.
Welche Vision haben Sie für Aggregations-Plattformen wie Sky Q? Wo geht es hin?
Das Thema Aggregation wird aus unserer Sicht eine immer stärkere Rolle spielen. Der Markt hat sich in kurzer Zeit so rasant entwickelt, dass die schiere Anzahl von Inhalten und Anbietern inzwischen eine Unübersichtlichkeit erreicht hat, die kaum noch, zumindest auf sinnvolle und konsumentenfreundliche Weise, zu toppen scheint. Mit wachsendem Volumen und aller Komplexität wird sich der Wunsch nach Orientierung, nach Einfachheit noch stärker ausprägen. Dem werden wir auch künftig mit der smarten Zusammenstellung von Inhalten, gerade auch über starke Partnerschaften, und mit innovativen Features, die das Entertainmenterlebnis noch individueller, interaktiver und innovativer machen, begegnen.
Dieses Interview ist Teil der Themenwoche TV & Streaming – bis 14. Mai fragen wir auf turi2.de, wie Streaming das lineare TV verändert.
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