“Unsere Produkte sind oft unsichtbar” – Wie Infineon-Kommunikator Florian Martens die Arbeit des Chip-Herstellers zum 25. Geburtstag sichtbar macht.
22. Mai 2025
Vor 25 Jahren ist Chip-Hersteller Infineon an die Börse gegangen – das Jubiläum feiert der Konzern mit einer großen Kampagne. Ihr Ziel ist es, sichtbar zu machen, wie die Halbleiter-Technologie unseren Alltag prägt, sagt Florian Martens im Interview mit turi2-Chefredakteur Markus Trantow. “Wir wollen das Bewusstsein für Halbleiter und deren entscheidende Rolle in der Dekarbonisierung, Digitalisierung und im Leben der Menschen schärfen”, sagt der Politik- und Kommunikationschef. Dafür findet er Testimonials im Unternehmen und bei wichtigen Kunden. Wo die Kampagne läuft und was Martens sich für die nächsten 25 Jahre Infineon wünscht…
Florian Martens, Infineon feiert 25. Geburtstag mit einer globalen Kampagne. Sie sind seit anderthalb Jahren bei Infineon als Kommunikations- und Politikchef. Was bedeutet dieser Geburtstag für Sie persönlich? Der 25. Geburtstag ist ein wichtiger Meilenstein und Kommunikationsanlass für Infineon. Wir stellen die Bedeutung der Halbleiter-Technologie und von Infineon als globaler Champion mit europäischen Wurzeln in den Vordergrund und lassen in der Kampagne unsere Stakeholder zu Wort kommen. Es gibt viele Kolleginnen und Kollegen, die das Unternehmen von Beginn an begleitet haben – durch Höhen und Tiefen. Heute sind wir der einzige europäische Halbleiterkonzern unter den Top 10 der Branche. Es ist also ein Anlass, stolz auf das Geleistete zu sein – und diesen Stolz nach außen zu tragen.
Infineon produziert Halbleiter, die wir alle täglich nutzen. Dennoch sind die meisten von uns sich der Technik hinter Handys, Kaffeemaschinen oder Ladesäulen kaum bewusst. Wie machen Sie Ihre Arbeit in der Kampagne greifbar? Es stimmt, unsere Produkte sind oft unsichtbar – sie stecken in Anwendungen, die unseren Alltag erleichtern, ohne dass man sie bewusst wahrnimmt. Unser Ziel mit der Kampagne ist es, genau das zu ändern. Wir wollen das Bewusstsein für Halbleiter und deren entscheidende Rolle in der Dekarbonisierung, Digitalisierung und im Leben der Menschen schärfen.
Unser Ansatz basiert auf drei Stufen: Zunächst schaffen wir eine emotionale Verbindung durch aussagekräftige Testimonials – sei es von Kunden, Nutzern oder Mitarbeitenden. Anschließend vertiefen wir den Einblick, indem wir konkrete Beispiele präsentieren, die zeigen, wie unsere Produkte im Alltag wirken. Und schließlich bringen wir auf der technischen Ebene die genauen Funktionsweisen unserer Halbleiter näher.
Welche kommunikativen Hürden müssen Sie meistern, wenn Sie mit der Politik oder Endkunden kommunizieren? Endkunden nehmen uns oft gar nicht wahr, obwohl ihre Geräte – vom Auto bis zum Smartphone – ohne unsere Lösungen nicht funktionieren würden. Auf der anderen Seite wissen unsere direkten Kunden genau, wofür Infineon steht: Qualität, Innovation und Verlässlichkeit.
Politiker, Journalisten oder bspw. junge Talente hingegen stehen oft vor der Herausforderung, die Komplexität und Vielseitigkeit von Halbleitern nur oberflächlich zu kennen. Hier setzen wir stark auf Storytelling und anschauliche Beispiele. Nehmen wir innovativen Materialien – wie Siliziumkarbid oder Galliumnitrid. Sie ermöglichen es, Produkte effizienter, nachhaltiger und kompakter zu gestalten. Das ist abstrakt, aber wenn wir erklären, dass dadurch ein Elektroauto mit der gleichen Menge Strom weiter fährt oder eine Ladegerät leichter, platzsparender und trotzdem leistungsstärker wird, wird der Nutzen direkt greifbar. Es geht immer darum, Komplexität zu reduzieren und den Mehrwert verständlich zu machen.
Zum Start Ihrer Kampagne ist bereits einiges passiert. Was ist noch geplant?
Das Herzstück der Kampagne ist unser StoryHub auf der Infineon-Website. Dort bündeln wir alle Inhalte – von den Testimonial-Stories über konkreten Anwendungsfälle bis hin zu tiefergehenden Produktinformationen. In den kommenden Wochen und Monaten werden wir acht Testimonial-Stories veröffentlichen, beginnend mit unserem Automotive-Kunden Valeo.
Die Kampagne läuft bis Ende des Jahres und wird auf allen relevanten Kanälen gespielt: Social Media, Signature Events, Messen und Konferenzen sowie in der internen und externen Kommunikation. Unser Ansatz ist ein vollständiger 360-Grad-Ansatz, der unteranderem HR, Kapitalmarktkommunikation und unser Leadership miteinschließt.
Die Kampagne läuft global, aber mit regionalen Schwerpunkten. Wie setzen Sie diese um?
Antwort: Globale Kampagnen funktionieren nur, wenn sie auch lokal adaptiert werden können. Unsere Testimonial-Stories sind zwar universell angelegt, da sie emotional, thematisch und technologisch einen breiten Resonanzraum finden. Aber wir achten darauf, regionale Besonderheiten zu berücksichtigen – zum Beispiel in der zeitlichen Planung oder in der Ansprache der Zielgruppen.
Ein Beispiel: Die Gründungsjahre von Infineon unterscheiden sich regional, etwa zwischen China und Deutschland. Wir mussten sicherstellen, dass diese Daten in den jeweiligen Märkten korrekt kommuniziert werden. Auch bei Veranstaltungen wie unseren Signature Events arbeiten wir eng mit den regionalen Teams zusammen, um die Kampagne an lokale Gegebenheiten anzupassen.
Was erwarten Sie sich von den Maßnahmen rund um das Jubiläum? Wann bewerten Sie die Kampagne als Erfolg?
Für mich ist die Kampagne ein Erfolg, wenn wir damit die Sichtbarkeit von Infineon und unserem Beitrag durch Innovationen bei unseren Zielgruppen erhöhen können. Das messen wir auch entsprechend, z.B. durch unser regelmäßiges Markenbarometer. Hinzu kommen ein Set an „klassischen“ KPIs wie Reach, Website Clicks, Impressions und Interactions.
Insgesamt ist die globale Lage fragil. Wie sehr beeinflusst das Ihren Alltag als Kommunikator? Ein dauerhaft hohes Maß an Unsicherheit, verbunden mit der Notwendigkeit als Kommunikator agil und resilient zu sein, ist in den letzten fünf Jahren das neue normal geworden. Die weltweiten Volatilitäten sind für uns als Halbleiterunternehmen ständig präsent, da unsere Branche essenziell für die globale Wirtschaft ist. Viele Themen – von geopolitischen Entwicklungen bis hin zu Lieferkettenfragen – haben direkten Einfluss auf uns.
Für unser Team heißt das, ruhig zu bleiben und Themen genau zu analysieren. Nicht jede Breaking News erfordert sofortiges Handeln, aber strategische Aspekte mit direktem Geschäftsbezug – wie kürzlich eine Akquisition – verlangen höchste Präzision und ein global abgestimmtes Vorgehen. Hier zeigt sich, wie wichtig ein starkes Team und klare Prozesse sind.
Gerade haben wir eine neue Regierung bekommen. Welche Rahmenbedingungen, welche Weichenstellungen sind Ihnen im Gespräch mit der Politik besonders wichtig?
Zunächst einmal freue ich mich, dass wir nun wieder eine stabile Regierung mit neuen Gesichtern und frischen Ansätzen haben. Es ist wichtig, dass Wirtschaft und Gesellschaft jetzt an einem Strang ziehen und die Herausforderungen aber auch Chancen für unser Land sachorientiert angehen. Die letzten Monate haben gezeigt, wie wichtig klare politische Weichenstellungen sind – gerade in unsicheren und dynamischen Zeiten. Für Infineon ist es entscheidend, dass Politik sowohl auf nationaler als auch auf europäischer Ebene die Bedeutung der Halbleiterindustrie anerkennt und aktiv unterstützt. Es ist erfreulich zu sehen, dass dieses Thema auch im Koalitionsvertrag priorisiert wurde. Auf EU-Ebene setzt der Chips Act starke Signale, und die Diskussionen über mögliche Folge-Pläne sind vielversprechend.
Ein besonders erfreulicher Meilenstein war für uns die endgültige Zusage der Bundesregierung zu den Förderungen für die Erweiterung unserer Dresdner Fabrik. Das zeigt, dass Deutschland entschlossen ist, sich als führender Standort für Zukunftstechnologien zu positionieren und entsprechende Ökosysteme zu stärken. Positiv ist auch die Einrichtung des neuen Bundesministeriums für Digitales und Staatmodernisierung – ein klares Signal, wie wichtig die Digitalisierung und Zukunftstechnologien für die Regierung sind. Die Entscheidung, dieses Ministerium mit einer erfahrenen Führungskraft aus der Wirtschaft zu besetzen, ist ein mutiger und richtungsweisender Schritt.
Sie selbst arbeiten seit mehr als 20 Jahren als Kommunikator in Industrie-Unternehmen. Wie sehr hat sich der Job in dieser Zeit verändert?
Die Arbeit in der Kommunikation veränderte sich schon immer, getrieben durch technologische, wirtschaftliche, und zunehmend politische Disruptionen und Entwicklungen. Neu ist die rasante Beschleunigung und Gleichzeitigkeit dieser Veränderungen. Das Tempo der letzten Jahren – nehmen sie nur die künstliche Intelligenz als Beispiel – ist atemberaubend und verlangt uns viel mehr ab als früher. Die Geschwindigkeit ist eine der größten Herausforderungen, aber auch eine Riesenchance. Die Rolle des Kommunikators ist sehr viel wichtiger und breiter geworden – wir agieren heute als Strategen, Analysten, Brückenbauer, Story Teller und Umsetzer, um nur ein paar Rollen zu nennen. Es gab nie eine spannendere Zeit in dieser Funktion.
Sie haben KI gerade schon angesprochen. Jetzt im dritten Jahr nach Veröffentlichung der ersten Version von ChatGPT: Wie sehr hat KI Ihren Alltag verändert? Welche Veränderungen sehen Sie künftig?
In meinem Arbeitsalltag – und sicher auch bei Infineon insgesamt – hat KI bereits eine zentrale Rolle eingenommen. Routineaufgaben, die früher Stunden gedauert haben, wie Textentwürfe, Übersetzungen oder Datenanalysen, lassen sich heute in Sekunden erledigen. Das gibt uns die Möglichkeit, uns auf strategischere und kreativere Aufgaben zu konzentrieren.
Was die Zukunft betrifft, bin ich besonders auf die nächste Generation von KI-Tools gespannt – vor allem auf spezialisierte Assistenten oder sogenannte “Agents”. Diese werden nicht nur Inhalte erstellen, sondern auch umfassend unterstützen, etwa bei der Automatisierung von Prozessen oder der Auswertung komplexer Datenmengen. Besonders in der Kommunikation sehe ich hier großes Potenzial: von der Ideenfindung und Planung über die Distribution bis hin zur internen Kollaboration.
Langfristig wird KI unsere Arbeitsweise grundlegend verändern – sie wird uns effizienter machen und gleichzeitig neue Möglichkeiten eröffnen, wie wir mit Zielgruppen interagieren. Wichtig bleibt allerdings, dass wir den menschlichen Faktor nicht aus den Augen verlieren. KI ist ein Werkzeug, und ihre Stärke liegt darin, Menschen zu unterstützen, nicht sie zu ersetzen.
Wie blicken Sie auf die kommenden 25 Jahre für Infineon?
Ich bin überzeugt: unsere besten Jahre kommen noch. Halbleiter werden in immer mehr Bereichen unseres Lebens eine Schlüsselrolle spielen – sei es bei der Mobilitätswende, der Digitalisierung oder der Energiewende.
Infineon ist bestens positioniert, um von diesen Entwicklungen zu profitieren und die Zukunft aktiv mitzugestalten. Die nächsten 25 Jahre werden eine spannende Reise, und ich bin begeistert, Teil davon zu sein.