Kurz & KNAckig: En garde! Über den Unterhaltungswert von Kanzler-Duellen.
19. Dezember 2024
“TV-Duell” – der Name mag nach großer Unterhaltung klingen, tatsächlich sind die Sendungen meist aber die Verlängerung der politischen Talkshows, wie wir sie die Legislaturperiode über erleben: Das bekannte politische trifft auf das übliche journalistische Personal. KNA-Medienjournalistin Jana Ballweber plädiert in unserer Medienkolumne Kurz und KNAckig augenzwinkernd dafür, mal was Neues zu wagen: Wie wäre es etwa mit einer Casting-Show inklusive Blindverkostung der politischen Botschaft?
Der Kanzler (oder die Kanzlerin) der Bundesrepublik Deutschland wird durch freie Wahlen bestimmt. Das ist eine sehr gute Sache. Ein würdevoller Prozess, eine Feier der Demokratie, die in ihrer Ernsthaftigkeit wohlplatziert ist. Bekommt die Bevölkerung allerdings Kandidaten von der Spritzigkeit eines Olaf Scholz (SPD) oder eines Friedrich Merz (CDU) zu sehen, könnte es doch vielleicht nicht schaden, sich, wenn schon nicht bei der Wahl selbst, dann doch zumindest zuvor bei der Meinungsbildung auf die Unterhaltungskompetenz der deutschen Fernsehlandschaft zu verlassen.
Wieso, mag man einwenden, die Menschen bekommen im Rennen um das Kanzleramt doch sogar zwei Kanzlerduelle zu sehen? Das böse Erwachen folgt auf dem Fuße: Scholz und Merz stehen sich dabei mitnichten in Cowboy-Kostümen gegenüber und wackeln nervös mit den Fingern, in gespannter Erwartung, wer wohl am schnellsten den Colt zieht. Sie ziehen sich auch nicht mit dem Degen gegenseitig die Schmisse nach. Nein, vielmehr stehen sie für ARD und ZDF zu zweit in den immer gleichen Anzügen in den immer gleichen Studios von Berlin-Adlershof. Und das auch noch mit denselben Moderatorinnen, die ihnen schon während der noch laufenden Legislaturperiode die immer gleichen Fragen stellten. Da muss doch mehr gehen! Tut es – RTL schickt bei seinem Kanzlerduell immerhin Günther Jauch als Talkmaster ins Rennen, um die Kandidaten aus der Reserve zu locken.
Aber warum gibt es kein “Voice of Bundestag”, bei dem die Kandidierenden hinter dem Rücken einer Jury eine flammende Rede halten (oder im Fall von Olaf Scholz eine Rede)? Eine Blindverkostung der Botschaften, die zeigt, ob sich die Parteien wirklich durch ihre Inhalte unterscheiden oder doch nur durch die Gesichter. Die roten Sessel der Wählerinnen und Wähler drehen sich dann für das beste Wahlprogramm.
Denkbar wäre auch eine Spielshow, in der der amtierende Kanzler seine Herausforderer einen nach dem anderen zu sich kommen ließe. Der Gewinner bekommt den Platz neben Scholz im eigentlichen Kanzlerduell und darf das Preisgeld an „Ein Herz für Kinder“ spenden.
Wer es konservativer mag und weiter aufs rhetorische Ringen setzt, könnte zumindest im Stile der Bundesliga ein echtes Kanzler-Turnier einplanen, mit Hin- und Rückrede. Da wäre dann auch für die kleinen Parteien Platz, und die FDP wie die Linke hätten noch Chancen in der Relegation. Erst am Ende rechnen dann die Bürgerinnen und Bürger ab, wer die Schlüssel zum Kanzleramt mit nach Hause nehmen darf. Mit der Vermarktung der Fernsehrechte für das Spektakel bessert der Sieger dann den lädierten Haushalt auf. En garde!
Dieser Text ist Teil der neuen Kolumnen-Reihe “Kurz und KNAckig”, die alle 14 Tage erscheint. weitere Beiträge