“Spiegel”-Betriebsrat steht einstimmig gegen Büchner.

Chefredakteur Wolfgang Büchner hat jetzt nicht nur die Printredaktion gegen sich, sondern den gesamten Betriebsrat. Das 13-köpfige Gremium, in dem u.a. Vertriebsleute, die EDV, Sekretariate und die Dokumentation vertreten sind – nicht aber die Onliner -, stimmte am Mittwoch einmütig gegen Büchners Versuch, die Ressortleiter Armin Mahler und Lothar Gorris per Abfindung loszuwerden. In einem Brief an alle Mitarbeiter kritisieren die Betriebsräte “einen Kultur- und Tabubruch in unserem Haus”. Es entstehe “der Eindruck, dass sich die Chefredaktion ohne sachlichen Grund und in nicht nachvollziehbarer Eile unliebsamer Ressortleiter entledigen will”. Der Betriebsrat befürchtet, “dass dieses Vorgehen dem ‘Spiegel’ insgesamt Schaden zufügt und das Vertrauen in die Führung immer weiter abnimmt”. Für Ärger sorgt auch, dass Büchner Mahlers Stelle des Ressortleiters Wirtschaft bereits per Aushang zu Ende September ausgeschrieben hat – obwohl Mahlers Vertrag noch bis Ende 2014 läuft.

Noch nichts nach außen gedrungen ist von der womöglich entscheidenden Sitzung der Geschäftsführung der Mitarbeiter-KG am Mittwoch. Nur sie könnte Büchner stoppen, es ist aber unklar, ob und wie sich das fünfköpfige Gremium, das in sich uneins ist, positioniert hat. Aller Voraussicht nach will die Mitarbeiter-KG erst mit dem Co-Gesellschafter Gruner + Jahr sprechen, bevor sie ihre Entscheidung verkündet. Die kann in dem aufgeheizten Klima gegenseitiger Vorwürfe nur heißen: Absetzung von Chefredakteur Büchner oder Rückenstärkung für ihn.

Innerhalb der Printredaktion wächst der Druck auf Marianne Wellershoff. Die Chefin der Print-Beilage “Kultur-Spiegel” stimmt als Vertreterin der Printredaktion in der Mitarbeiter-KG seit Wochen gegen das Votum ihrer Basis – und für Büchner. In einer Unterschriftenaktion will die Printredaktion Wellershoff nun zum Rückzug aus der Geschäftsführung der Mitarbeiter-KG zwingen. Viele Printredakteure werfen Wellershoff vor, auf die Stelle von Kultur-Chef Lothar Gorris zu hoffen und sich Büchners Unterstützung durch Wohlverhalten zu erkaufen.

Anbei der Brief des Betriebsrats an alle “Spiegel”-Mitarbeiter in voller Länge:

Liebe Kolleginnen und Kollegen,
mit Empörung hat der Betriebsrat den Versuch des Hauses zur Kenntnis genommen, zwei Ressortleiter aus ihrem Amt zu drängen. Abgesehen davon, dass sich die beiden Ressortleiter nichts zu Schulden kommen lassen haben, gibt es für dieses Vorgehen keinerlei arbeitsrechtliche Berechtigung.

Wir finden es in jeder Hinsicht unverantwortlich, dass die Neubesetzung dieser Stellen schon betrieben wird, während es noch keine Einigung mit den aktuellen Inhabern dieser Stellen gibt. Dabei sollen die beiden Ressortleiter nicht nur ihre Ressortleiterfunktion verlieren, sondern das Haus sogar ganz verlassen. Das stellt eine neue Dimension im Umgang mit Mitarbeitern dar, nämlich einen Kultur- und Tabubruch in unserem Haus. Dieses Vorgehen der Chefredaktion erschreckt, zumal damit der von den Gesellschaftern eingeforderte Konsens einseitig aufgekündigt wird.

Es entsteht darüber hinaus der Eindruck, dass sich die Chefredaktion ohne sachlichen Grund und nicht nachvollziehbarer Eile unliebsamer Ressortleiter entledigen will.
Wir befürchten, dass dieses Vorgehen dem SPIEGEL insgesamt Schaden zufügt und das Vertrauen in die Führung immer weiter abnimmt.

Der Betriebsrat wird juristisch beraten und alle rechtlichen Mittel zum Schutz der betroffenen Mitarbeiter ausschöpfen.

Wir werden in Kürze zu einer ordentlichen Betriebsversammlung einladen.

Mit besten Grüßen
Ihr Betriebsrat