Wenn Olga Tschepp in die Kamera strahlen soll, denkt sie manchmal an das lachende Schwein. Wie es sich auf die Hinterbeine stellt, sich hinter den Ohren kraulen lässt, genüsslich die Augen schließt und das Maul wie bei einem Lächeln verzieht. Dann lacht auch Olga Tschepp, sodass sich die Haut neben ihrer Nasenwurzel in winzige Falten legt. Und der Auslöser klickt.
Ihre Falten und vor allem ihr graues Haar, sagt Olga Tschepp, sind ihr Kapital. Sie ist 60 Jahre alt und arbeitet als Senior-Model, seit sie 45 ist. Als sie damals ein Fotograf anspricht, lacht sie erst einmal, die kleinen Falten neben der Nase waren wohl auch schon da. „Traummaße kann ich aber nicht bieten, ich habe acht Geburten hinter mir!“ Das sei egal, antwortet der Fotograf. Sie habe etwas anderes: Ausstrahlung und Weiblichkeit.
Olga Tschepp denkt nach. Darüber, dass die meisten ihrer Kinder zwar nicht aus dem Haus, aber aus dem Gröbsten raus sind. Dass das Haus noch nicht abbezahlt ist. Und ist einverstanden.
Seitdem arbeitet sie in einer Welt, die so gar nicht die ihre ist; in einer Branche, die ihr eigentlich „gegen das Gemüt geht“. Tschepp lebt auf dem Land, trägt am liebsten Birkenstock-Sandalen und keine Schminke und betet täglich ihren Rosenkranz. Am wohlsten fühlt sie sich auf dem Bio- Bauernhof ihrer Freundin Hilde, wo auch das lachende Schwein zu Hause ist. Sie besitzt keinen Fernseher, isst nur bio, kein Fleisch, keinen Zucker. In der Schokoladen- Werbung, die mehrere Meter hoch im Münchner Hauptbahnhof gehangen hat, posiert sie mit schelmischem Lachen für eine Tafel Zartbitter. In anderen Kampagnen schüttelt sie ihr langes graues Haar für Produkte, die ihr selbst nie auf den Kopf kämen. Sie ist die Business-Lady im Kostüm, die elegante Gattin im Abendkleid, die fitte Seniorin auf der Yogamatte. Ihre Kunden, sagt Tschepp, würden nie zu spüren bekommen, dass Modeln nicht ihr Traumberuf ist. Das sei eine Frage der Disziplin.