turi2 edition #15: Porsche lässt den Faktor Neid beim Marketing fallen.
2. Oktober 2021
Es spukt der Gründergeist: Vorbei die Zeit, in der man Sportwagen als Statussymbol verkaufte. Heute inszeniert Porsche Menschen, die sich auf den ersten Blick unmögliche Träume erfüllen – wie einst Firmengründer Ferdinand Porsche. Da erscheint dem Publikum der Traum vom eigenen Sportwagen gleich ein wenig greifbarer.
Afridun Amu kommt aus einem Land ohne Meer. Er ist der erste Afghane, der bei einer Surf-Weltmeisterschaft startet. Annie Clark, aufgewachsen mit acht Geschwistern in Texas, verliert ihr Herz früh an die Musik. Unter dem Künstlernamen St. Vincent wird sie berühmt und gewinnt mehrere Grammys. Barbara Sika arbeitet als Lehrerin, begeistert sich aber so sehr für Autos, dass sie ein Designstudium beginnt. Heute ist sie als “Color & Trim Designer” bei Porsche für Farbe und Verkleidung von Fahrzeugen zuständig.
Drei ganz unterschiedliche Persönlichkeiten, die eines verbindet: Sie haben sich ihren Lebenstraum erfüllt. Und sie sind Hauptdarstellerinnen einer Kampagne, mit der Porsche “radikal neue Wege in der Kommunikation geht”, so Oliver Hoffmann, Leiter der Marketing-Kommunikation. Die Marke arbeitet mit Storytelling statt Hochglanzwerbung, zeigt statt Fahrzeugen Menschen. Die berichten in kurzen Filmen, Artikeln, Interviews und digitalen Events, wie sie es geschafft und andere Menschen inspiriert haben. Bei diesen Storytelling-Formaten bringt Porsche erstmals die Condé-Nast-Marken “Vogue” und “Wired” als Medienpartner zusammen. “Auf Produktinszenierungen”, betont Hoffmann, “verzichten wir komplett”.
Anders als früher, als Porsche mit seinen Autokampagnen immer wieder Aufsehen erregte. Zu den oft gezeigten Retro-Motiven gehört der rote 911er, der vor einem vollbesetzten Reisebus steht. Slogan: “Keiner braucht ihn. Jeder möchte ihn”. Die Sportwagen-Werbung ist mitunter frech bis frivol. Da werden in den 80er Jahren auch mal schlanke Schönheiten vor Autos platziert. Flankiert von dem – heute absolut shitstormtauglichen – Satz “Jede Kurve ein Genuß…”.
Ein Werbeplakat von 1977 mit dem Spruch “Er muß – Sie dürfen”.
Das gerade gestartete, langfristig angelegte Markenprogramm soll Porsches “Brand Purpose”, also der öffentlich vertretenen Haltung, Ausdruck verleihen: Driven by Dreams. “Wir wollen Sinn stiften und gesellschaftliche Relevanz vermitteln und dabei Menschen unterstützen, ihre Träume zu verwirklichen”, so Oliver Hoffmann. Dabei beruft sich die Marke auf ihre Historie.
Firmengründer Ferdinand “Ferry” Porsche wird mit den Worten zitiert: “Ich konnte den Wagen, von dem ich träumte, nicht finden. Also beschloss ich, ihn mir selbst zu bauen.”
Mit dem neuen Markenprogramm will sich Porsche einem breiteren, jüngeren Publikum öffnen, mit ihm in Dialog treten. “Die Zeit des Sendens ist vorbei, die Ära der Partizipation hat längst begonnen. Unser Auftritt wird kreativer, überraschender, offener”, sagt Hoffmann. Auch deshalb ist Porsche auf Social Media sehr aktiv, hat beispielsweise auf Instagram die Zahl der Follower binnen zwei Jahren um 60 % auf satte 25 Mio gesteigert. “Noch viel wichtiger als die schiere Reichweite ist uns jedoch das Engagement”, erklärt Hoffmann. Und damit ist er sehr zufrieden: User Generated Content mache einen Anteil von rund 50 % auf den Social-Media-Kanälen von Porsche aus.