turi2 edition #16: Carolin Kebekus über Glaube und Gleichberechtigung.
23. Januar 2022
Schluss mit lustig:Carolin Kebekus ist Feministin, Katholikin und eine der erfolgreichsten deutschen Komikerinnen. Im Interview mit turi2 Vize-Chefredakteurin Elisabeth Neuhaus für die turi2 edition #16 spricht sie über alte weiße Menschen, Gott und den Wert von Witzen in schweren Zeiten. Und sie sagt, wann bei ihr Schluss mit lustig ist: “Wenn Provokation keinen Sinn mehr erkennen lässt und nach unten tritt.”
Carolin Kebekus, werden wir 2022 noch über alte, weiße Männer lachen?
Es wird sicherlich einige geben, über die wir lachen werden. Durchaus auch Frauen. Der Begriff steht ja mittlerweile ein bisschen für die “Unbelehrbaren”, aber ich glaube, dass sehr viele durchaus zuhören und verstehen. Ich habe immer wieder Gespräche, bei denen ich am Ende höre: “Das hab ich noch nie so gesehen, da werde ich ein paar Sachen überdenken müssen.”
Wohin werden sich 2022 die Gräben verschieben im Geschlechterkampf – wird’s lustiger oder ernster?
Diese Prognose kann ich nur schwer abgeben, ich habe das Gefühl, wir nähern uns an!
Was macht Ihnen da Hoffnung?
Ich treffe immer wieder Menschen, die ihre Einstellungen ändern und erkennen, dass Gleichberechtigung etwas ist, wovon am Ende alle profitieren. Ausgeglichene Verhältnisse in den Führungspositionen und Vorständen verbessern die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Ich kenne keinen Vater, der nicht auch gerne mehr Zeit mit der Familie hätte.
Wann ist bei Ihnen Schluss mit lustig?
Satire darf auch in meinen Augen sehr viel. Aber es hört für mich auf, wenn Provokation keinen Sinn mehr erkennen lässt und nach unten tritt.
Muss Feminismus witzig sein, damit ihn endlich alle ernst nehmen?
Humor hilft immer dabei, ernste Themen auf ihren Kern herunterzubrechen. Kann ich über etwas lachen, habe ich es eher durchschaut.
Welchen weiteren Themen würde mehr Humor guttun?
Nach dieser langen Corona-Durststrecke, die immer noch nicht ausgestanden ist, tut Humor in allen Bereichen gut.
Worüber machen Sie auch 2022 ganz bestimmt keine Witze – was bleibt für Sie tabu?
Wenn ich einen Grund sehe, gibt es für mich keine Tabus.
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Wer oder was nervt am meisten in der deutschen Comedy-Branche?
Dass es immer noch zu wenig Sichtbarkeit von lustigen Frauen gibt. Dabei sind sie alle da! “Sisters of Comedy” hat eine ständig erneuerte Liste von über 400 deutschsprachigen Komikerinnen veröffentlicht. Sie brauchen nur Platz.
Woran liegt es, dass sie den aktuell nicht bekommen?
Das ist ein systemisches Problem. Frauen fehlen auf allen entscheidenden Machtpositionen. Gäbe es mehr Frauen unter denen, die entscheiden, welche Talente gefördert werden, dann würden auch mehr Frauen sichtbar gemacht werden.
Wie viel Pussy Terror braucht es, um in der Branche nach oben zu kommen?
Man braucht Fleiß und Glück und darf ganz sicher keine Angst haben, auch mal zu scheitern.
Wie oft lesen Sie die Bibel?
Im Gymnasium hab ich sie einmal ganz gelesen. Tatsächlich schaue ich auch heute ab und an rein, weil ich immer mal wieder für einzelne Stücke etwas recherchieren muss.
Was können wir alle daraus lernen?
Dass Jesus uns eigentlich sagen wollte: Alle Menschen sind gleich und Gott ist Liebe.
Und was nicht?
Nirgendwo in der Bibel steht, dass Frauen nicht geweiht werden dürften.
Was werden die Menschen in 2.000 Jahren über Carolin Kebekus denken und sagen?
Sie war lustiger als viele Männer.
Was wollen Sie noch erreichen, bevor Sie sterben?
Ich hoffe, mir geht noch lange nicht der Hunger für die Bühne verloren.
Wo wir schon in die Zukunft schauen: Was kommt schneller – das Matriarchat oder der Klimakollaps?
Der Klimakollaps.