Freiräumer: Rainer Esser, Geschäftsführer des Zeitverlags, hat eine außergewöhnliche Erfolgsgeschichte geschrieben. Dafür lässt er viel Freiraum und will vor allem helfen, den Ideen anderer Leben einzuhauchen. Er wünscht sich in sämtlichen Bereichen die Empathie und den Willen, zuzuhören, erklärt er im Porträt der turi2 edition #17.
Im Januar 2022 knackt “Die Zeit” erstmals die Marke von 600.000 Exemplaren, ein Auflagenrekord. Der kreativ-kaufmännische Kopf hinter einer der ungewöhnlichsten Erfolgsgeschichten der Verlagsbranche ist: Rainer Esser.
65 ist er geworden Anfang 2022, doch immer noch quirlig und unternehmungslustig wie in all den 33 Jahren, die er nach dem Wechsel aus der Juristerei nun schon im Journalismus verbringt. Manchmal würde er gerne “mehr Freude für Muße und Geduld aufbringen”, sagt er. Tatsache ist, dass bei ihm selbst im Urlaub kaum ein Tag ohne “Zeit”-Arbeit vergeht.
Als Rainer Esser 1999 einsteigt, steht die “Alte Dame”, wie die Wochenzeitung damals genannt wird, auf wackligen Beinen, hat zwischen 1996 und 2000 in vier von fünf Jahren rote Zahlen geschrieben. Unter Essers Führung geht es bald aufwärts. Bis heute hat sich der Verlagsumsatz verdreifacht. “Die Zeit” beschäftigt rund 330 Redakteurinnen. Als Esser begann, waren es 90. Aber selbst Esser hat eine markante Schwäche – für Nougatschokolade. Zum 60. Geburtstag bekam er sogar ein Jahresabo geschenkt.
Was den “Zeit”-Chef auszeichnet, ist eine Kombination aus Scharfsinn, Probierfreude und, vor allem, “die Leidenschaft, mit meinem Team möglichst viele neue Projekte anzuschieben und erfolgreich zu machen”. Das passiert, wie er betont, “in kreativen hierarchiefreien Runden mit unterschiedlichen Charakteren”. So weckt er Lust auf Neues. Wenn er anderen helfen kann, ihre Ideen umzusetzen, “sind die Kolleginnen und Kollegen mit noch größerem Feuer dabei, als wenn eine Idee von mir ist”, sagt er.
Mehr Offenheit wünscht sich Esser generell, vom Business, der Gesellschaft, der Politik: “Wir sollten einander viel mehr zuhören und uns in die Schuhe unseres Gegenübers hineinversetzen.”
Karriere-Tipp von Rainer Esser:
“Jedem Berufsanfänger rate ich, möglichst einen Job zu suchen, der ihm auch Lebensfreude und persönliches Wachstum bringt”
Rainer Esser
Geb. 1957 in Wolfenbüttel
1975: Ausbildung zum Bankkaufmann bei der Deutschen Bank
1977: Studium Rechtswissenschaften in München, Genf und Georgia, USA
1986: Deutsche Journalistenschule München
1989: Chefredakteur juristische Magazine, Bertelsmann
1992: Geschäftsführer Spotlight Verlag
1995: Geschäftsführer Mediengruppe Main-Post
1999: Geschäftsführer Zeitverlag
2011: Geschäftsführer DvH Medien
(Foto: Martina von Kann)
Dieser Beitrag ist Teil der turi2 edition #17 Jobs – lesen Sie alle Geschichten hier im E-Paper: