turi2 edition #18: Kai Diekmann über finanzielle Analphabeten und Anlage-Tipps.
26. Juni 2022
Setzt Prioritäten: Die schönsten Dinge des Lebens gibt es ohne Preisschild, sagt Kai Diekmann. Trotzdem lässt der Agenturchef und Fondsbetreiber wissen, dass “man nicht zu reich und nicht zu schlank sein kann”. Im Interview in der turi2 edition #18 gibt Diekmann zu Protokoll, dass “viele Menschen nur deshalb nicht erfolgreich sind, weil sie auf Eltern und Freunde hören, die ebenfalls nicht erfolgreich sind”.
Kai, du musst es wissen. Was korrumpiert mehr: Geld oder Macht?
Als Startup-Gründer ohne Gehalt und eigenen Schreibtisch in unserem Workspace fehlt mir dazu natürlich persönliche Expertise. Aber: Aus der Beobachtung der Geschichte würde ich schätzen, dass mehr Menschen zu Fall gekommen sind, weil sie dachten, sie seien mächtig. Wenige sind gestürzt, weil sie dachten, sie seien reich.
Wie werde ich Millionär mit Kommunikation?
Man gründe ein soziales Netzwerk – vor 20 Jahren.
Wie entsteht denn Geld?
Aus dem Nichts! Deshalb bezeichnen wir die Entstehung von Geld auch als einen “Schöpfungsakt”. Konkret heißt der Terminus: Geldschöpfung! Die Notenbanken können es schöpfen, aber auch jede Geschäftsbank und Sparkasse. Hier empfehle ich einschlägige Literatur.
Stellen wir uns vor, ich erbe ein hübsches Sümmchen. Wie lege ich eine Million Euro an?
So wie man auch fünf, zehn oder 100 Millionen anlegen würde: am besten gut, also gut diversifiziert! Wer streut, rutscht nicht aus – das kennt man vom Winter, gilt aber ganz besonders für die eigene Geldanlage. Pauschale Anlageempfehlungen sind dabei selten richtig, denn der Anlagehorizont, die persönliche Erfahrung, die Risikobereitschaft sowie die Verfügbarkeit der Anlage sind individuelle Vorgaben, weshalb es die einzig sinnvolle Anlageempfehlung nicht gibt. Mein Tipp: Hören Sie nicht auf Tipps. Aus leidvoller Erfahrung kann ich berichten: Finger weg von Wirecard-Aktien.
Wie legst du Geld an?
In persönliche Unabhängigkeit. Und, natürlich: “Der Zukunftsfonds” ist auch dabei!
Was verdient ein Neuling bei deiner Agentur Storymachine?
Viel mehr als ich seinerzeit als “Bild”-Volontär.
Was macht mehr Sinn als Geld?
Steve Jobs hat gesagt: “Es interessiert mich nicht, der reichste Mann am Friedhof zu sein. Was mich interessiert, ist am Abend ins Bett zu gehen und mir zu sagen, dass wir etwas Wundervolles vollbracht haben.”
Was ist das Schönste, das Geld bewirken kann?
Bei “Ein Herz für Kinder” erlebe ich seit Jahrzehnten, wie schon mit wenig Geld Kindern in Not geholfen werden kann. Etwas Schöneres fällt mir kaum ein. Oder in den Worten von Henry Ford: “Der oberste Zweck des Kapitals ist nicht, mehr Geld zu schaffen, sondern zu bewirken, dass sich das Geld der Verbesserung des Lebens widmet.”
Haben Reiche in diesem Land Image-Probleme?
Die NGO “Rich Life Matters” muss meiner Meinung nach derzeit noch nicht gegründet werden. Im Ernst: Zu häufig erlebe ich, dass das Streben nach Erfolg in Deutschland negativ konnotiert ist. Viele Menschen sind nur deshalb nicht erfolgreich, weil sie auf Eltern und Freunde hören, die ebenfalls nicht erfolgreich sind. Wir sollten uns viel mehr für den Erfolg anderer interessieren, um sie als Vorbilder und Ansporn zu begreifen.
Kann ein Mensch zu viel Geld haben?
Das mag ein moralphilosophisches Problem darstellen, aber kein reales. Die reichsten Menschen der Welt haben mit ihrem Geld meist Wohlstand oder enormen Fortschritt für viele andere Menschen geschaffen. Man denke nur an Steve Jobs, Bill Gates oder Warren Buffett. Grundsätzlich gilt: Man kann nicht zu reich und nicht zu schlank sein.
Reality-Check: Welche Aussagen über Geld stimmen? Nummer eins: “Über Geld spricht man nicht.”
In keinem anderen Land der Welt versteht man dieses typisch deutsche Sprichwort. Geldthemen sind bei uns tabu und unbeliebter als ein Zahnarztbesuch. Konsequenz: Wir sind ein Land der finanziellen Analphabeten. Wir sprechen mit unseren Kindern nicht über unser Gehalt und wir bringen ihnen nicht bei, wie man Geld sinnvoll investiert. 76 % des deutschen Geldvermögens liegen auf Sparbüchern, Festgeld-Konten und in Zinspapieren. Das Ganze bei Nullzinsen und hoher Inflation. Die Folge: Geldvernichtung in großem Ausmaß.
“Geld regiert die Welt.”
Ja klar, weil Geld eine Rechnungseinheit darstellt, die Leistungen miteinander vergleichbar macht und damit einen Wert bemisst. Dadurch lässt sich Wohlstand schaffen und durch Handel auch Frieden. Geld regiert die Welt, weil Geld transparent, fungibel, verfügbar, tauschbar, aufbewahrbar und praktisch ist. Geld ist eine international anerkannte Rechnungseinheit, die Milliarden von Menschen das tägliche Zusammenleben erleichtert.
“Was nichts kostet, ist nichts wert.”
Die wohl wertvollsten Dinge im Leben sind ohne ein Preisschild zu haben. Egal ob Liebe, Freundschaft, Familie, Zeit für sich et cetera. Glücklich ist nicht derjenige, der reich ist an Geld. Sondern der, der reich an Erlebnissen, Aufgaben, Dankbarkeit und Zufriedenheit ist. Dem Wert eines Produktes oder einer Dienstleistung dagegen kann es nicht schaden, mit dem Preis eine ehrliche Relation zur Qualität herzustellen.
“Geld verdirbt den Charakter.”
Geld verdirbt nur dann den Charakter, wenn man keinen hat. Geld ist lediglich die Projektionsfläche des eigenen Charakters. Wie unter einem Brennglas zeigen sich beim Fokus aufs Geld die positiven wie negativen Wesenszüge eines Menschen. Zum einen sind erfolgreiche Menschen oft Regelbrecher und werden daher vielleicht als weniger charmant empfunden, zum anderen fördert aber das Streben nach Geld wohl mehr Charakterschwächen zu Tage als der Besitz von Geld.
“Jeder hat in diesem Land dieselbe Chance, reich zu werden.”
Leider nein. Statistisch gesehen bleiben arme Familien tendenziell arm und reiche tendenziell reich. Vermögen wird über Generationen weitervererbt. Die besten Voraussetzungen dafür, den Aufstieg zu schaffen: Bildung und Gründung. Wer Reichtum anstrebt, sollte als erstes in sein Humankapital investieren und dann eine Firma gründen. Unternehmer schaffen eher einen finanziellen Aufstieg als
Arbeitnehmer.