turi2 edition #18: Simon Schöbel über Follower und Finanz-Entertainment.
1. Juni 2022
Young spender: Finfluencer Simon Schöbel vermittelt Finanzwissen via Social Media. Er glaubt: “Junge Menschen wollen vor allem schnell reich werden”. Anlegerinnern der Generationen Y und Z haben den Älteren deshalb eine „gesunde Naivität“ voraus, sagt er im Interview in der turi2 edition #18. Sie können dadurch aber auch schneller auf die Nase fallen.
Simon, seit wann findest du das Thema Finanzen spannend?
Seit ich in meinem ersten Studiensemester einem Vortrag des damaligen ntv-Börsenkorrespondenten Holger Scholze an meiner Hochschule beigewohnt habe. Eigentlich bin ich hingegangen, um kritische Fragen zum Thema Börse zu stellen. Aber der Vortrag war so spannend, dass ich mir ein paar Tage später meine erste Aktie gekauft habe. Mit 19 Jahren war ich damals so alt, wie viele meiner Follower:innen es heute sind.
Du selbst bist 26 und Student. Wie oft wird dir wegen deines Alters mangelnde Kompetenz als Experte unterstellt?
Tatsächlich kam das noch nie vor – oder zumindest habe ich es nicht bemerkt. Um das Thema Finanzen zu verstehen, ist ein Studium wie meines an einer renommierten Universität von Vorteil, aber keine Voraussetzung, um einen Expertenstatus zu erreichen. Persönliche Finanzen zu verstehen ist nämlich keine Raketenwissenschaft. Wichtig ist ein vielschichtiges Interesse an der Thematik und eine kontinuierliche Weiterbildung. Vielleicht wird mir aber auch mein Alter nicht negativ ausgelegt, da ich durch verschiedene Formate, wie Interviews mit Finanzprofessoren, längere Erklärvideos, Kurzvideos und Podcasts auch in verschiedenen Bereichen meinen Expertenstatus aufbauen konnte.
Was ist jungen Menschen beim Geld wichtig?
Schnell reich werden. Klingt plakativ, ist aber so.
Was können sich ältere Anlegerinnen von jüngeren abschauen?
Eine gesunde Naivität – weil junge Menschen naiver sind, investieren sie auch in spekulativere Anlageklassen. Das kann gefährlich sein, fördert aber auch das Interesse für neue Geschäftsideen und erweitert den Horizont. Solange man das mit wenig Geld macht und den Großteil seiner Investitionen in langfristige Anlageklassen mit „gesundem“ Risiko-Rendite-Verhältnis steckt, ist das okay. Im Gegenzug ist diese Naivität aber natürlich auch gefährlich. Vor allem dann, wenn Entscheidung auf einer äußerst spekulativen Basis getroffen werden – und gleichzeitig mit großen Teilen des Gesamtvermögens ins Risiko gegangen wird. Diesen Sicherheitsaspekt managen ältere Anleger im Durchschnitt durch ihre Erfahrung etwas besser.
Folgt man dir, um reich zu werden?
Um etwas über das Thema persönliche Finanzen zu lernen und dabei nicht gelangweilt zu werden. Reich zu werden kann da eine Antriebsfeder sein, da meine Inhalte aber nicht darauf ausgelegt sind, wird es wohl eher weniger Menschen geben, die mir primär deswegen folgen.
Wie viel Entertainment-Potential steckt in der Finanzbranche?
Wenig. Aber Bildungsinhalte innovativ mit Humor zu vermitteln, klappt in fast allen Bereichen. In 90 % meiner TikTok-Videos steht zuerst der Inhalt und der Entertainmentfaktor kommt eher durch spontane Ideen dazu. Auf den anderen Plattformen mache ich auch eher weniger Entertainment und erkläre komplexe Themen auf eine etwas herkömmlichere Art.
Influencerinnen sind für viele Vorbild und Inspiration. Willst du das als Finfluencer auch sein?
Bei mir geht es weniger um mich als Person, sondern mehr um die Inhalte, die ich präsentiere. InvestScience versteht sich auch eher als ein Medienangebot auf verschiedenen Plattformen. Es geht nicht um meine eigene persönliche Investitionsstrategie, sondern um empirisch belegte Erkenntnisse aus der Finanzmarktforschung der vergangenen 60 Jahre.
Simon Schöbel im turi2 Jobs Podcast mit Pauline Stahl
Welche Rolle spielen dabei dein Aussehen und deine Persönlichkeit?
Wenn man eine Tätigkeit in der Öffentlichkeit nachgeht, bei der man auch sein Gesicht zeigt, ist es nie von Nachteil, wenn man ansehnlich aussieht. Mein Humor und meine Persönlichkeit scheinen in meinem Content durch, spielen aber keine vordergründige Rolle.
Trägst du mehr Verantwortung als Fitness-Gurus und Models?
Jede Person der Öffentlichkeit trägt eine besondere Verantwortung für ihr Handeln und sollte entsprechend mit ihrer Reichweite umgehen.
Was unterscheidet seriöse von unseriösen Finfluencerinnen?
Seriöse haben eine relevante Fachkompetenz, sind in der Regel auf verschiedenen Plattformen mit verschiedenen Formaten aktiv. Sie bringen Investitionsmöglichkeiten in einen Kontext und vergleichen Anlageklassen. Denn es gibt nicht die eine perfekte Anlageklasse – aber bei manchen ist das Risiko-Rendite-Potential besser als bei anderen. Sie berufen sich nicht oder zumindest wenig auf eigene Anlageerfolge – die sind nämlich viel zu trügerisch. Sondern auf wissenschaftliche Erkenntnisse. Und sie wählen seriöse Kooperationspartner aus – das ist aber oft für die Follower:innen schwierig zu durchschauen.
Womit verdienst du Geld?
Mit Videoviews auf den Plattformen, durch Affiliate-Marketing, also Provisionen, wenn jemand zum Beispiel nach meiner Empfehlung ein Konto eröffnet, und Beratungsprojekten für Banken, Finanzdienstleister, Rundfunk. Kooperationen mit etablierten Partnern der Finanzbranche, wie etwa großen Banken, finden auch statt. Aber niemand kann mir vorschreiben, welche Anbieter ich zu empfehlen habe. Ich habe das Projekt erst relativ spät angefangen zu monetarisieren, als InvestScience schon über 150.000 Follower:innen hatte. Da konnte ich mir meine langfristigen Kooperationspartner gezielt aussuchen. Gezielte Werbung für einzelne Investitionsmöglichkeiten findet bei mir nicht statt.
Kann man als Finfluencerin reich werden?
Je nachdem, wie man Reichtum definiert. Die meisten verdienen nie Geld mit ihrer Tätigkeit oder können nicht einmal ansatzweise davon leben. Bis ich das erste Mal als Finfluencer etwas Geld verdient habe, hatte ich knapp anderthalb Jahre Videos produziert, unzählige Nachtschichten eingelegt und tausende Euro an technischen Equipment, Tools und Softwares investiert. Seit ein paar Monaten könnte ich von meiner Tätigkeit leben, aber zum Reich-Werden ist es noch ein langer und steiniger Weg.
Ist dein Job einer mit Zukunft?
Die Zukunftsaussichten in dieser Branche sind sehr gut. Ob ich aber genau die gleiche Tätigkeit noch in drei Jahren mache, würde ich eher anzweifeln. Aber daraus sind schon jetzt einige weitere Projekte entstanden und man lernt jeden Tag dazu. Das ist mit 26 Jahren für mich deutlich spannender, als in einem schon gemachten Nest zu sitzen.
Investment-Tipps von Simon Schöbel – nicht nur für Einsteigerinnen
Breit gestreut – nie bereut. Investitionen auf verschiedene Anlageklassen verteilen und nicht alles auf eine Karte setzen.
Overconfidence Bias vermeiden. Gerade Männer glauben, dass sie erstklassige Anleger sind. Sind sie aber in der Regel nicht, sondern leiden unter einer chronischen Selbstüberschätzung. Man sollte es also lieber mit dem Spruch halten: „Ich weiß, dass ich nichts weiß.“
Beim Investieren ist 2 x 2 niemals 4, sondern 5 Minus 1. Man muss nur die Nerven haben, das Minus 1 auszuhalten. Dieser Spruch von einem alten Börsenguru besagt, dass man seine Risikotragfähigkeit richtig einschätzen sollte. Leider wissen gerade Anfänger beim Investieren selten, wie hoch – oder besser: wie niedrig – ihre Risikotragfähigkeit ist. Wenn wir zu viel Angst haben, Geld zu verlieren, handeln wir irrational. Daher lieber mit wenig Geld mal das Investieren ausprobieren und in kleinen Schritten rausfinden, wie das Spiel funktioniert.
Simon Schöbel
studiert BWL im Master an der Uni Mannheim. Als InvestScience liefert er auf YouTube, Instagram und TikTok Finanzwissen für die Generationen Y und Z. Alleine auf TikTok folgen ihm über 230.000 Menschen. Schöbel arbeitet auch mit funk und dem Hessischen Rundfunk zusammen
(Foto: PR)
Dieser Beitrag ist Teil der turi2 edition #18 Kapital – alle Geschichten hier im E-Paper: