turi2 edition #19: Rettet Audio das Regionale, Patrick Körting?
16. November 2022
Schreiben, sprechen, streuen: In den kommenden Jahren wird eine völlig neue Medienbranche zwischen Zeitung und Radio entstehen, ist Patrick Körting überzeugt. Er arbeitet als Head of Audio an der Zukunftsstrategie der Verlagsgruppe der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ und sieht in Audio einen neuen Weg der Monetarisierung für geschriebene Inhalte. Im Gastbeitrag in der turi2 edition #19 erklärt er, wie das funktionieren kann.
Von Patrick Körting
Im Regionalen haben sich, wie über fast alle klassischen Anbieter von journalistischen Inhalten hinweg, zwei Geschäftsmodelle etabliert: Abonnements und Werbung auf reichweitenstarke Inhalte.
Beim Abo-Geschäftsmodell zählt die Relevanz der Inhalte für die Zielgruppe. Die ist bei regionalen und lokalen Anbietern naturgemäß extrem hoch. Hier werden gut ausgearbeitete Podcast-Formate massiv zur Diversifizierung der Paid-Content-Strategie vieler, nicht nur regionaler Medienhäuser beitragen.
Ebenfalls typisch für regional ausgerichteten Inhalt ist die Beschränkung auf eine stark eingegrenzte Zielgruppe. Bei der Werbefinanzierung stellt sich also die Kernfrage: Wie können die Produktionskosten so niedrig gehalten werden, dass auch geringere Reichweiten profitable Werbeerlöse erzielen?
Hier bietet Text-To-Speech-Technologie (TTS) bisher völlig unterschätzte Möglichkeiten. Mit Microsoft, Google, Apple, IBM und Amazon konkurrieren die größten Tech-Konzerne der Welt um die Vorherrschaft in diesem Sektor. Nach meiner Einschätzung wird diese Beschleunigung der technologischen Entwicklung spätestens 2023 dazu führen, dass die künstliche Sprache von der menschlichen nicht mehr zu unterscheiden sein wird. Diese Errungenschaft wird vor allem für Zeitungspublisher mit nachrichtlichen Inhalten den Weg ebnen, den gesamten schriftlichen Content hörbar zu machen. Mit vernachlässigbarem Mehraufwand kann so ohne Qualitätsverlust ein zusätzlicher Kanal erschlossen werden: Audio.
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Das sogenannte Voice-Cloning, das Transferieren echter Stimmen der Journalisten in TTS-Stimmen, wird obendrein eine bessere Markenbindung ermöglichen, ähnlich wie es die bekannten Station-Voices der Radiosender tun.
In meinen Augen wird so in den nächsten zwei bis fünf Jahren eine völlig neue Medienbranche entstehen, die zwischen Zeitung und Radio anzusiedeln ist. Audioinhalte werden für die Pioniere unter den Verlagen die Möglichkeit bieten, eine neue Säule der Monetarisierung zu etablieren, die auch in den kommenden Jahrzehnten profitable Geschäftsmodelle mit journalistischen Inhalten ermöglicht. Und die großen Gewinner dieses Wandels werden die regionalen und lokalen Anbieter sein.