turi2 edition #19: Saruul Krause-Jentsch über Spotify und Stille.
23. Oktober 2022
Hört genau hin:Saruul Krause-Jentsch bestimmt bei Spotify als Head of Podcast mit, wohin sich die deutsche Szene entwickelt. “Wir möchten, dass möglichst viele Podcaster*innen von ihrer Kunst leben können”, sagt sie im großen Interview für die turi2 edition #19. Sie verrät, wie sie Jan Böhmermann bei Laune hält und warum Bibi Blocksberg ihrer Karriere geholfen hat.
Saruul, du bist 33 Jahre jung. Mit welchen Medien bist du aufgewachsen?
Bei uns zu Hause lief viel Radio. Und ich habe pausenlos Hörspiel-Kassetten gehört – am liebsten Benjamin Blümchen, Bibi Blocksberg, Die drei Fragezeichen und TKKG. Mein Vater hat auf Autofahrten oft gestöhnt: „Oh Gott, ich kann dieses ‚hex, hex!‘ nicht mehr hören.“ Ich erinnere mich noch genau an eine ganz spezielle Handbewegung: Stopp-Taste drücken, das Ladefach öffnet sich, und ich drehe die Kassette um.
Ich bin 56 und habe dir eine meiner selbst aufgenommenen Kassetten aus den Achtzigern, meinen persönlichen Party-Hit-Mix mitgebracht.
Wie toll ist das denn? Wow! Dieses physisch greifbare Objekt aus meiner Kindheit löst emotional etwas in mir aus. Das Kassetten-Ding kommt bestimmt wieder und wird irgendwann ein echter Retro-Trend. Dann werden die Leute wieder mit Kassettenrekorder durch die Straßen ziehen.
Das sagst du als Digital Native und Verantwortliche für Content bei Spotify in Deutschland. Kennst du noch CDs?
Auf jeden Fall. Wusstest du, dass die ganze Information allein auf der Folie und gar nicht in dem Plastik steckte? Und wie ich sehe, bist du U2-Fan. Ich habe kürzlich eine sehr tolle Folge vom BBC-Podcast „Soul Music“ gehört. Da haben alle Gäste erzählt, welche Verbindung sie zu dem U2-Song „I still haven’t found what I’m looking for“ haben und wann sie den das erste Mal gehört haben. Die Antworten waren sehr bewegend.
Zu welchem Song hast du einen ganz besonderen Bezug?
„Baby one more time“ war meine erste CD. Und eigentlich alles von Britney Spears. Britney hat mich durch meine Teenagerzeit begleitet.
Hörst du heute noch Radio?
Eher selten – und wenn, dann unbewusst. Ich verbringe mittlerweile die meiste Zeit mit Podcasts und bin ganz auf Musikstreaming umgestiegen. Einfach weil ich da selbst die Kontrolle habe, was ich hören möchte und wann ich es möchte.
Deine beiden Geschwister sind gut zehn Jahre jünger als du. Wie ist deren Mediennutzungsverhalten?
Beide nutzen Spotify, hören auch unsere Podcasts und finden es, glaube ich, ganz cool, dass ich bei Spotify arbeite – Spotify ist ja so eine Love Brand. Zugleich schauen sie sich sehr viel Shortform Video Content an. Meine kleine Schwester hat mir vor Kurzem erzählt, dass sie täglich so vier bis fünf Stunden auf TikTok ist. Verrückt, oder?
Bist du selbst auch auf TikTok?
Kaum. Ich habe Respekt vor dem Algorithmus. Und ich habe das Gefühl, du schaust drauf, du schaust wieder hoch – und dazwischen sind zwei Stunden vergangen. Und du weißt gar nicht, wo die Zeit hin ist. TikTok ist wie ein großes, schwarzes Loch, das dich aufsaugt. Aber natürlich ist TikTok für die Ansprache junger Zielgruppen ein sehr wichtiger Kanal. Auf dem Spotify-Kanal spielen wir zum Beispiel Highlight-Clips zu unseren Podcasts aus.
Wie hoch ist dein Podcast-Konsum?
Beim Spotify-Jahresrückblick kam ich zuletzt auf die stolze Summe von 24.000 Minuten in einem Jahr. Ich stehe auf und höre Podcasts, auch unter der Dusche, beim Kochen, beim Putzen, wenn ich irgendwohin auf dem Weg bin. Mein Freund ist langsam schon etwas genervt, weil ich mit AirPods in den Ohren natürlich schwerer ansprechbar bin.
Schläfst du auch mit Podcasts ein?
Das nun nicht. Ich versuche, gegen Abend und vor dem Schlafengehen nicht mehr zu viel am Handy zu sein, um eine Art Schlafhygiene einzuhalten.
Couchgeflüster: Saruul Krause-Jentsch mit Heike Turi in der Spotify-Lounge Unter den Linden in Berlin
Du bist in der Mongolei geboren und die ersten Lebensjahre bei deinen Großeltern aufgewachsen – welche Bedeutung haben dort Töne, das Hören, die Stille?
Mit der Mongolei verbinde ich in erster Linie Gesang, der dort ein absolutes Gemeinschaftserlebnis ist. Auf unseren Familienabenden wurde irgendwann immer gesungen; das finde ich sehr schön. Der traditionelle mongolische Gesang ist übrigens ein Obertongesang und arbeitet mit der Kehlkopfstimme. Das macht ihn so besonders und emotional. Und dann ist da natürlich diese ewige Weite mit ihrer unsagbaren Stille; nur den Wind hört man ab und zu.
Heute ist Berlin dein Zuhause – wo fühlst du dich wohler, in der Stadt oder auf dem Land?
Berlin ist meine Heimat. Mir gefällt die Vielfalt der Stadt. Ich liebe das Gewusel und das Gefühl, dass alles, was ich zum Leben brauche, nah dran ist: gutes Essen, das Kulturprogramm und natürlich meine Liebsten.
Du bist mit 33 Jahren bereits Head of Podcast und Head of Studios für Deutschland, Österreich und Schweiz, seit Anfang des Jahres auch für UK und Irland. War das dein Karriereplan?
Ehrgeizig bin ich auf jeden Fall. Ich wusste, dass ich Karriere machen will. Meine Mutter hat mir das vorgelebt. Zugleich bin ich überrascht, wie viel dann doch dem Zufall und dem Glück geschuldet ist. Heute könnte man vielleicht sagen, es liegt daran, dass ich als Kind so viele Hörspiele gehört habe und früh mit Podcasts gestartet bin. Aber dass ich mal Head of Podcast und Studios bei Spotify werde – das war mehr ein glücklicher Zufall als ein großer Plan.
Was wolltest du als Kind werden?
Müllmann. Als Kind hat es mich total beeindruckt, wie diese Männer einfach so hinten am Auto hängen und mitfahren dürfen. Als Teenager bin ich mit meinem Berufswunsch dann auf Politikerin umgeschwenkt. Politiker*in sein bedeutete für mich als junger Mensch damals: Ich bin für die Leute sichtbar, und ich tue etwas Sinnvolles. Ich habe im Fernsehen die Politiker*innen gesehen, wie sie ihre Reden halten, und gedacht: Toll, diese Aufmerksamkeit möchte ich auch haben.
Strebst du immer noch nach Sichtbarkeit?
Ich mache gerade ein großes Interview und ein tolles Fotoshooting für die turi2 edition – das hat also schon mal funktioniert.
Und wie sieht dein Job heute aus?
Ich bin für drei Bereiche verantwortlich, das Content Development – da entstehen unsere ganzen Formate, die Spotify Original Podcasts und die Exclusive Podcasts. Dann für den Bereich Partnerships: Wir haben aktuell über 70.000 deutschsprachige Podcasts auf der Plattform, und wir tun alles dafür, dass die Zahl dieser Podcasts wächst. Und dann gibt es noch den Bereich Editiorial und Programming. Das kann man mit der Arbeit einer Redaktion vergleichen: Wir schauen, welchen Podcast wir auf welche Playlist nehmen und welche Podcasts wir zu bestimmten Kollektionen zusammenstellen.
Welches ist dein Lieblingspodcast?
„Hidden Brain“ von NPR mit Shankar Vedantam, einem amerikanischen Wissenschaftsjournalisten. Das ist ein Podcast, der Storytelling mit wissenschaftlichen Fakten verbindet. Sehr spannend. Vedantam erklärt, warum wir uns so verhalten, wie wir uns verhalten und welche versteckten Mechanismen auf uns wirken. Neben Wissens-Podcasts – meine absoluten Favourites – höre ich mittlerweile auch News am liebsten als Podcast.
Und deutsche Podcasts?
Ich bin ein großer Fan des täglichen „SZ“-Podcasts – und auch der der „Zeit“ war gerade zu Pandemiezeiten sehr hilfreich. Aktuell höre ich viel „Today in Focus“, auch ein täglicher Podcast von „The Guardian“, bei dem die News-Themen aber in der Tiefe behandelt werden. Ich gewinne so einen guten Eindruck, wie die Brit*innen über bestimmte Dinge denken. Das finde ich sehr erhellend.
Weltweit gibt es fast viereinhalb Millionen Podcasts auf Spotify – und jeden Tag kommen unzählige dazu.
Klar, denn bei Podcasts ist die Einstiegshürde viel niedriger als zum Beispiel beim Produzieren von YouTube-Videos. Wir freuen uns natürlich, dass immer mehr Menschen das Podcast-Machen für sich entdecken.
Warum setzt Spotify viele Milliarden Dollar auf Podcasts, wo Ihr doch bei Musik schon so erfolgreich seid?
Das Ziel von Spotify ist es, unseren Nutzer*innen das umfassendste Audio-Erlebnis zu bieten, und dazu gehört das gesprochene Wort. Auch geschäftlich gesehen bringen uns die Podcasts Vorteile: Podcast-Hörer*innen bleiben nicht nur länger auf der Plattform, sie konsumieren auch mehr Musik als reine Musik-Hörer*innen. Podcast-Hörer*innen konvertieren außerdem eher zu Premium, sind also eher bereit, für Spotify zu bezahlen.
Gibt es nicht schon mehr als genug Podcasts?
Nein. Im Vergleich zu anderen Mediengattungen stehen wir bei Podcasts noch ganz am Anfang. Wir sagen ja auch nicht bei Büchern: „Wir haben genug davon“. Oder „Es gibt jetzt genug Serien und genug Filme“. Ich sehe für Audio im Allgemeinen und Podcasts im Speziellen noch ganz viel Potenzial, es gibt überall noch Nischen. Jede Woche tun sich neue Podcasts und talentierte Sprecher*innen und Hosts hervor. Besonders spannend finde ich, wie sich Autor*innen oder Podcaster*innen mittlerweile zu Marken entwickeln können. Für viele ist der Podcast ja nur der Anfang. Aus der Bekanntheit als Podcaster*in entstehen dann viele weitere Möglichkeiten: Man kann auf Tour gehen oder Merchandising-Produkte entwickeln. Da entstehen um eine Person herum ganz neue Markenuniversen. Ein ganz tolles Beispiel dafür ist „Call Her Daddy“ von Alex Cooper.
433 Millionen Hörerinnen in 183 Ländern der Erde nutzen Spotify. Ihr habt Büros in 18 Ländern – wie relevant ist Deutschland?
Sehr relevant! Daniel Ek, Gründer und CEO von Spotify, betont gern, dass Deutschland in ihm die Idee für Podcasts geweckt habe. „Fest und Flauschig“ war ja auch der erste Podcast auf Spotify überhaupt.
Deutschland als Innovationstreiber?
Klar. Deutschland hat ja eine breite, spannende Radiolandschaft. In UK gibt es die BBC, dann kommt erst mal lange nichts. In Deutschland gibt es zahllose Lokalsender und damit ein viel breiteres Angebot. Dazu kommt ein großer Hörspiel- und Hörbuch-Markt. Audio ist in Deutschland von jeher fester Bestandteil im Medienkonsum. Daher ist Deutschland ein wichtiges Experimentierfeld für neue Formate, bevor wir sie global ausrollen.
Was unterscheidet die Deutschen von den Briten in ihren Vorlieben?
In den deutschen Charts sind Wissensformate immer weit vorn, fiktionale Formate haben es hier schwer. Das liegt wohl daran, dass das Genre schon durch den Hörbuch-Markt gut abgedeckt ist. In UK hingegen werden Podcasts viel zum Runterkommen und Abschalten genutzt, sogar zum Einschlafen. Dort tauchen viel mehr Meditations-, Achtsamkeits- und sogenannte White-Noise-Podcasts in den Charts weit vorne auf.
Ich erinnere mich noch an eine Zeit, in der Meditations-CDs und solche mit Vogelgezwitscher hier reißenden Absatz fanden.
Während der Lockdown-Phasen der Pandemie ist auch in Deutschland die Nachfrage danach gestiegen. Von März 2020 bis Februar 2021 verzeichneten Wellness-Podcasts weltweit einen Anstieg von 116 Prozent bei den Streams der Spotify-Hörer*innen. In Deutschland waren es fast 75 Prozent Zuwachs. Wir haben darauf reagiert, indem wir eine Daily-Wellness-Playlist mit passenden Podcasts und personalisierter Musik zusammengestellt und angeboten haben.
Lassen sich Podcast-Formate 1:1 von einem Land auf das nächste übertragen?
Auf keinen Fall. Wir haben Batman gleichzeitig in elf Sprachen veröffentlicht. Das Skript zu übersetzen, war ein unglaublicher Kraftakt. Du musst auf Redewendungen achten; auch wie die Protagonist*innen klingen, ist wichtig. In den USA zum Beispiel kommen gesprächige Charaktere sympathisch rüber, in Japan ist das ganz anders, da wirkt die Figur sympathisch, wenn sie bedächtig und respektvoll zurückhaltender agiert. Und zuletzt müssen auch noch die Umgebungsgeräusche und Soundeffekte angepasst und neu vertont werden.
Gibt es ein Rezept für erfolgreiche Podcasts?
Es gibt keine geheime Formel. Aber wir achten auf einen Dreiklang: Erstens braucht es eine gute Geschichte und ein Thema, das relevant ist. So etwas wie „1,9 Milliarden Lügen“ zum Wirecard-Skandal. Die Geschichte ist relevant, sie kam zur rechten Zeit und sie enthält alles, Finanzkrimi und Geheimdienst-Drama. Dann sollte der Host eine besondere Magie versprühen, beziehungsweise zwischen zwei Hosts oder Host und Gast sollte eine besondere Magie entstehen. Eine tolle Stimme und spürbare Nahbarkeit sind da sehr förderlich. Und es zahlt sich immer aus, wenn die Qualität einer Produktion stimmt – das richtige Mikro, der richtige Schnitt. Diese Zutaten machen einen Podcast rund.
Hast du einen Host schon mal zum Sprechtraining geschickt?
Klar, das gehört dazu. Es schadet niemandem, und Sprachtraining ist eine gute Übung generell fürs Leben. Zugleich ist es ein sehr subjektives Empfinden, ob man eine Stimme mag oder weniger.
In den Charts stehen überwiegend Podcasts mit männlichen Hosts vorn. Haben Frauen einen Nachteil, weil tiefere, männliche Stimmen als seriöser empfunden werden?
Wir beobachten schon, dass Formate mit männlichem Host von Männern und Frauen gehört werden, während Formate mit weiblichen Hosts eher von Frauen gehört werden. Richtig verstehen mag ich das nicht. Und wir arbeiten stark daran, mehr Frauen als Podcasterinnen zu gewinnen. Aktuell suchen wir ein spannendes Frauen-Duo, das die Lücke, die mit dem Ende von „Herrengedeck“ entstanden ist, füllen kann.
Trauen sich Frauen weniger zu?
Uns fällt schon auf, dass viele Frauen lieber ein bestimmtes Thema haben und sagen „Ich möchte Expertin für etwas sein“ und dann dazu auch gern sprechen. Dagegen liegt bei Männern die Hemmschwelle niedriger. Die sagen: „Ich rede einfach mit meinem Kumpel.“
Berlin calling: Saruul Krause-Jentsch und Heike Turi auf Entdeckungstour
Prominenter Host = erfolgreicher Podcast: Stimmt die Gleichung?
Es hilft, wenn ein Host bereits eine gewisse Reichweite hat und seine Community mitbringt. Das hat bei „Hobbylos“, dem Podcast von Rezo und Julien Bam, super geklappt. Sie sind weltweit der Podcast mit den zweitmeisten Bewertungen. Bekanntheit ist aber nicht alles, der prominente Host muss Geschichten erzählen können. Bei „Fest und Flauschig“ und „Gemischtes Hack“ funktioniert das wunderbar. Das sind Entertainer, die wissen genau, wie sie ihre Pointen setzen und wie Storytelling geht.
Ihr habt Luisa Neubauer und Rezo unter Vertrag. Wie schwierig ist es, an Promis ranzukommen?
Einmal im Monat treffe ich mich mit meinem Content Development Team zum sogenannten Creative Forum. Da sprechen wir über neue Talente, die uns aufgefallen sind, überlegen uns, welche Formate wir mit ihnen machen könnten. Wir wollen am Puls der Zeit sein und schauen dann, dass wir mit den Leuten, die wir spannend finden, ins Gespräch kommen. Mittlerweile kommen die Leute aber auch auf uns zu.
Gehört es heute zum guten Ton, einen eigenen Podcast zu haben?
Ich wünschte, es wäre so. Mittlerweile hört ja ein Drittel der Deutschen regelmäßig Podcasts, die Podcast-Nutzung ist im Vergleich zum letzten Quartal nochmals um 40 Prozent gestiegen. Das Medium wächst weiter sehr stark und sorgt daher auch für mehr Aufmerksamkeit.
Alle Geschichten der turi2 edition #19 – direkt hier im Browser als E-Paper:
Jan Böhmermann habt ihr exklusiv. Welche Summen müssen fließen, damit er bei Spotify bleibt?
Die Konkurrenz schläft nicht, und sicherlich ist es auch eine Frage des Honorars. Zugleich würde ein Jan Böhmermann jetzt auch nicht zehn Podcasts gleichzeitig machen. Im Zweifelsfall ist also auch seine Zeit die knappe Ressource. Und natürlich pflegen wir die Beziehung zu unseren Hosts sehr gut.
Das heißt, du schickst Jan Böhmermann jede Woche Blumen?
Er bekommt zumindest zum Geburtstag ein Geschenk von uns. Er mag übrigens Ramen sehr gern.
Könnte ich als Non-VIP meinen Lebensunterhalt mit Podcasts bestreiten?
Auf jeden Fall. Es gibt viele Beispiele von erfolgreichen Podcaster*innen, die vorher überhaupt nicht bekannt waren. Da wäre „Lage der Nation“ oder „Geschichten aus der Geschichte“. Die sind aus sich heraus groß geworden. Und wir besetzen einige Format nach Expertise, also mit Leuten ohne große Bekanntheit vorher. Zum Beispiel Lisa-Sophie Scheurell, sie moderiert für uns „Wissen Weekly“. Lisa war Journalistin und ist mittlerweile eine sehr anerkannte, tolle Podcasterin. Oder “FOMO”, unser tägliches junges News-Format, das im Wechsel von vier Journalist*innen gehostet wird.
Welche Reichweite braucht es, dass ich für Werbepartner interessant bin?
Eine Faustregel gibt es nicht. Wenn Du zum Beispiel einen sehr nischigen, aber total relevanten Podcast für eine bestimmte Zielgruppe betreibst, dann kann das für den ein oder anderen Werbetreibenden durchaus interessant sein. Wir empfehlen so ab 10.000 Hörer*innen, an Werbepartner*innen heranzutreten – aber es gibt, wie gesagt, auch Ausnahmen. Wir möchten, dass möglichst viele Podcaster*innen von ihrer Kunst leben können. Das ist unsere wichtigste Mission.
Welche Chance bieten Podcasts dem Journalismus?
Es bereichert die Podcast-Landschaft, wenn gute Journalist*innen oder anerkannte Publisher und Verlagshäuser Podcasts machen. Guter Journalismus hebt den Qualitätsstandard, das kommt der gesamten Branche zu Gute.
Sind „Zeit“, „FAZ“, „Spiegel“ und Co. für euch Konkurrenten?
Eher Partner. Wir arbeiten ja bereits mit der „SZ“ erfolgreich zusammen und erhalten dadurch eine andere Glaubwürdigkeit. Es liegt so viel Gold in Form von Geschichten bei den Verlagshäusern. Im Podcast kann man ein Thema erweitern, ich kann eine Geschichte über sechs oder acht Folgen zu je einer Stunde erzählen – das macht den Podcast auch für den Journalismus so interessant.
Was wird the next big thing bei Podcasts?
Es gibt mehrere Dinge, an denen wir arbeiten. Ich finde Videopodcasts sehr spannend: „Dick & Doof“ oder „Call Her Daddy“ machen das bereits. Interaktivität wird ein weiterer Treiber sein. Neue Features wie Question & Answers und Umfragen verleihen den Podcast-Folgen eine persönliche Note und ermöglichen dem Host mehr Interaktionen mit den Fans, da entsteht eine ganz neue Bindung. Und dann wäre da noch Live-Audio. Du kannst zum Beispiel bei Greenroom nach einem Fußballspiel mit 10.000 Leuten digital live über das Spiel diskutieren.
Wenn du bei einer guten Fee einen Wunsch offen hättest – wer müsste noch unter die Spotify-Podcaster gehen?
Angela Merkel gemeinsam mit ihrem Mann. Mir schwebt da ein Podcast vor wie „Paardiologie“ von Charlotte Roche und Martin. Die ganze Welt fragt sich doch: Was macht eine Bundeskanzlerin nach 16 Jahren und wie funktioniert so eine Ehe?
Saruul Krause-Jentsch
Geb. 1989 in Ulan Bator, Mongolei
2008 Studium und Master in Business Administration
in Berlin, Paris und Amsterdam
2012 Digital Business Strategist, Condé Nast Publishing
2016 Director Bertelsmann Corporate Network
2018 Dozentin für Audio und Podcasting,
Henri-Nannen-Schule
2019 Geschäftsführerin PodMedia
2019 Managerin Strategy and Operations, Spotify
2020 Head of Studios DACH, Spotify
2021 Head of Studios UK/Ireland, Spotify