“turi2 edition”: Widerspruch von Benjamin O’Daniel.
30. Dezember 2015
Benjamin O’Daniel, Journalist und Content Marketer aus dem Rheinland, hat eine Kritik über die Erstausgabe der turi2 edition verfasst – und widerspricht den Machern in einem zentralen Punkt.
Am Wochenende war unser Briefkasten komplett gefüllt. Mit der “turi2 edition”. Der erste Eindruck: Großes Kino. Ein 200-seitiges Buchmagazin, gegen das die “SZ Langstrecke” verblasst und der “Spiegel” zum Heftchen verkümmert. Mit einer Bildsprache, wie man sie sich seit Jahren bei der “brandeins” wünscht. Ganzseitige Portraits, Reportagefotografie. Die “turi2 edition” erinnert an “Beef” und an “11Freunde”.
In den vielen Magazinen, die immer schmaler werden, neigt man im Schnellmodus durchzublättern. Der erste Drang hier: Lesen. Ganz in Ruhe, Seite für Seite. Die “edition” könnte ein dünnes, rotes Lesebändchen gebrauchen, wie es sich für ein Buch gehört. Die “edition” will nicht updaten, sondern mit ausgewählten Hintergrundgeschichten, Portraits und Interviews inspirieren und unterhalten. Für alle, die das Handwerk, die Menschen, das Geschäft lieben. Ein Magazin für die Freunde der Medien.
Ein kleiner Patzer trübt die Leselaune: Ein apokalyptischer Hirnforscher erklärt uns, dass wir online nur kurze Texte lesen können, weil unser Verstand so seltsam verdrahtet ist. Die alte Leier vom oberflächlichen Web versus tiefgründige Geschichten auf Papier. Das Netz ist zu facettenreich für so einen platten Gegensatz. Ich kann in einem YouTube-Channel versinken oder einen Blog-Artikel aufsaugen. Ich kann begeistert einer Podcast-Episode lauschen oder bei Blendle immer weiter stöbern, koste es, was es wolle.
Gute Geschichten gibt es auf allen Kanälen. Wir werden nicht blöde, nur weil wir auf dem iPad lesen. Die Print-Anhänger sollten aufhören Online herabzuwürdigen – und sich stattdessen auf ihre Stärken konzentrieren.
Die “turi2 edition” zeigt, wohin der Weg von Print führt. Zeitungen und Magazine wandeln sich zum Luxusobjekt, so wie es Peter Wippermann im programmatischen Interview direkt zu Beginn verkündet. Nur dann nehmen wir sie im Dauerfeuer wahr und entscheiden uns bewusst dafür. Wellness für den Geist. Updates gibt es im Job schon genug.