Wie steuern Regionalzeitungen durch eine krisengebeutelte Welt, Carsten Dorn?
6. Januar 2021
Der Lokalist:Carsten Dorn, Chef des Zeitungsvermarkters Score Media, beobachtet schon vor der Pandemie eine Regionalisierung des Alltags – vom Urlaub zuhause bis zum Heimat-Gin. Auch der Journalismus kann vor Ort seine Stärken zeigen und es den Internet-Giganten schwer machen, meint Dorn in seinem Gastbeitrag für die turi2 edition #13. Sie können das Buch hier als kostenloses E-Paper lesen oder gedruckt bestellen.
My home is my castle. Lange galt dieser Spruch als rückwärtsgewandt. Wer auf der Höhe der Zeit war, setzte auf Globalisierung, stieg öfter mal ins Flugzeug und lebte in – oder träumte von – einem schicken Loft in der Stadt.
Und jetzt? Ist Brotbacken hip, Urlaub wird in Deutschland gemacht. Der Trend zu mehr Regio ist aber schon älter: Denken wir an den Siegeszug von Heimatkrimis oder Gin aus der Region. Seit Jahren greifen Konsumenten verstärkt zu Bodenseeapfel statt Flugmango.
Die Ursachen für diese Rückbesinnung liegen auf der Hand: Die hypervernetzte und überkomplexe Welt ist vielen zu anonym, zu anstrengend, zu schnell geworden. Der heimatliche Hafen bildet den ruhenden Gegenpol. Je unkontrollierter und unübersichtlicher die Welt da draußen, desto wichtiger werden Nähe und persönliches Umfeld.
Die Pandemie beschleunigt zudem die Stadtflucht, schließlich bleiben City-Vorteile wie Kultur und Gastronomie erstmal dicht. Eine wachsende New-Work-Kultur macht es Pendlern leichter.
Ein weiteres Beispiel für Regionalisierung gibt es in der Medienwelt. Ob Künstliche Intelligenz oder Virtual Reality – im digitalen Universum ist es ruhiger geworden. Klassische Kanäle und etablierte Medienmarken rücken wieder in den Fokus. Die regionale Tageszeitung konnte ihre Rolle als täglicher Informationsgeber vor Ort 2020 unterstreichen. Und ihre Bedeutung wird weiter wachsen.
Es ist kein Zufall, dass die US-Giganten das Regio-Thema trotz mehrerer Anläufe bisher nicht besetzen konnten. Deutschlands Regionen sind vielfältig. In eine derart fragmentierte Welt einzudringen und sie zu verstehen, braucht Zeit, persönliche Beziehungen und Vertrauen. Regionale Medien leisten das seit mehr als 70 Jahren. Sie haben ihren festen Platz dort, wo globale Giganten nicht hinkommen.
turi2.tv: Wie geht’s der Werbung in den Tageszeitungen, Carsten Dorn?