Anne Meyer-Minnemann hat es in 15 Jahren beim Society-Magazin “Gala” von der Volontärin zur Chefredakteurin geschafft.
Ich sitze an meinem Schreibtisch am Baumwall.
Was machen Sie gerade?
Ich trinke einen grünen Smoothie und lese die Newsletter unserer Korrespondenten.
Und sonst so?
Haben wir bis gestern Abend bis spät am Oscar-Heft gearbeitet, und freuen uns bei gala.de über ein Alltime High bei der Oscar-Berichterstattung. Die Knabbervorräte sind jetzt allerdings aufgebraucht.
Was bitte ist ein “Alltime High bei der Oscar-Berichterstattung”?
So viele Visits und Page-Impressions wie noch nie an einem Tag auf Gala.de.
Kann das über die sinkende Print-Auflage hinwegtrösten?
Unsere Auflage war im letzten Quartal stabil. Da brauchen wir kein Trostpflaster.
Aber langfristig geht auch Ihre Auflage nach unten. Da beißt keine Party-Maus den Faden ab. Wo also liegt Ihre Zukunft?
PARTY-MAUS? Ach, so sehen Sie mich also!
Eigentlich nicht. Versuchen wir’s mit einem anderen Wortspiel: Zeitschriften allgemein geht’s auflagenmäßig ja nicht so gala. Sehen Sie Ihre Zukunft mehr so gala.de?
Die Zukunft ist auf jeden Fall galaesk, denn “Gala” ist eine Marke, die auf allen Kanälen stark ist. Das Heft liefert Hintergrundgeschichten und luxuriöse Leanback-Momente, Gala.de frische News aus der Welt der Stars und des Styles.
Wie galaesk ist denn der Job als “Gala”-Chefredakteurin? Glamour pur? Oder harte Maloche?
Sie glauben gar nicht, was für harte Maloche Glamour sein kann. Stehen Sie mal fünf Stunden auf zehn Zentimeter hohen Absätzen auf einer Party! Aber im Ernst: Feiern ist der kleinste Teil meiner Arbeit, wobei wir natürlich mit Festen wie der Berlin Opening Night oder den Gala Spa Awards immer wieder beweisen, dass wir darin ziemlich gut sind.
Konkret: Wieviele Abend in der Woche verbringen Sie im Büro, wieviele auf Partys?
Mehr Büro als Party. Und natürlich Abende mit der Familie. Es gibt Ausnahmewochen wie die Berlinale – ansonsten müssen Sie sich um meinen Nachtschlaf keine Sorgen machen.
Wie wird man eigentlich “Gala”-Chefredakteurin?
Gute Frage. Da ich die erste Frau an der Spitze bin, gibt es dafür noch kein Geheimrezept. Bei mir half sicherlich meine 15-jährige Arbeit bei “Gala” und ein daraus folgendes tiefes Verständnis für die Marke. Und ein bisschen Spaß an Klatsch muss man natürlich auch mitbringen.
Waren Sie schon immer eine Klatsch-Tante?
Ich war eher diejenige, über die geklatscht wurde.
Warum das denn?
Ich hatte einen für Hamburg recht eigenwilligen Kleiderstil, einen Mix aus Carrie Bradshaw, Prinzessin Leia und Cruella de Ville. Zum Glück gibt es davon nur analoge Fotos.
Dabei sehen Sie aus, als wären Sie Teil der beautiful people, um die sich bei “Gala” alles dreht. Hand aufs Herz: Hätten Sie’s denn auch ohne Ihre blonden Haare und Ihre Modelfigur an die Spitze von “Gala” geschafft?
Wie Sie an den blonden Models Christian Krug und Peter Lewandowski sehen, sind diese Kriterien Voraussetzung für die Position.
Ja, vor allem die Wallemähne von Peter Lewandowski hat mich immer beeindruckt. Aber im Ernst: Sie sind in 15 Jahren durchmarschiert von der Volontärin an die Spitze. Können Sie den turi2-Leserinnen Tipps geben, wie frau das schafft?
Mit Leistung, Leidenschaft und Lust auf Verantwortung.
Was heißt das konkret?
Konkret heißt es: Da sein, gut sein, mutig sein.
Okay, dann bin ich mal mutig und frage ganz allgemein: Kann man sich im People-Journalismus hochschlafen?
Offenbar Ihre Lieblingsfrage, die haben Sie so ähnlich auch schon Katja Hofem gestellt. Gute Frauen müssen sich nicht hochschlafen. Und überhaupt, bei wem denn? Julia Jäkel etwa?
Sagen Sie’s mir.
Mensch, Turi, kommen Sie mal in der Gegenwart an!
Na ja, Ihre oberste Chefin, Liz Mohn, und Friede Springer haben ja vorgemacht, dass die steilste Medienkarriere über das Herz eines mächtigen Mannes führen kann.
Kommt noch eine Frage?
Ja: Wie zieht frau als Karrierejournalistin nebenbei noch zwei Kinder groß?
Nebenbei geht das nicht. Aber mit viel Liebe, Organisationstalent und Hilfe der Familie.
Wie erklären Sie Ihren Kindern, was die Mama den lieben langen Tag lang macht?
Das sehen sie ja, wenn ich donnerstags die “Gala” mitbringe.
Was ist das Glamouröseste, das der Job bietet?
Immer mal wieder Gastgeber von glamourösen Veranstaltungen zu sein.
Was ist daran so glamourös?
Kommen Sie doch mal vorbei und schauen Sie selbst!
Gut, ich komm mit turi2.tv, dann haben unsere Nutzer auch was davon. Was ist das Unglamouröseste an Ihrem Job?
Mein Spiegelbild am Morgen nach so einer Party. Und die praktisch-graue Telefonanlage auf meinem Schreibtisch.
Mit wievielen Promis sind Sie per Du?
Habe ich noch nie gezählt.
Ungefähr?
Keine Ahnung.
Darf man Sie Klatschjournalistin nennen?
Ist zwar nicht ganz korrekt, aber bei so etwas bin ich nicht empfindlich.
Sind Sie privat eine Ratschkathl? Reden Sie gern über andere Leute?
Ups, jetzt sind Sie in Ihrem Fragenkatalog verrutscht, das hatten wir doch schon.
Danke, dass Sie sich meine Gedanken machen. Wir wissen bisher nur, dass Sie früher wegen Ihres besonderen Kleidungsstil eher Klatschobjekt waren. Jetzt will ich wissen, ob die “Gala”-Chefredakteurin heute privat gern klatscht.
Sich die Gedanken anderer Leute zu machen, ist ja Teil meines Geschäfts. Und eine Lust am Geschichten erzählen auch.
Verstehen Sie Kritiker, die “Gala” als Inszenierung einer verlogenen Scheinwelt sehen?
Nein. Denn wer so argumentiert, tut ja so, als sei “Gala” Teil der Welt, über die wir berichten. Das ist aber nicht so. “Gala” bildet vielmehr diese Welt ab, eine Welt, die unseren Lesern sonst verschlossen bleibt. Die großen Themen sind jedoch in ihrem Leben die selben: Liebe, Furcht, Erfolg, Scheitern. Unsere Leser nutzen “Gala” als Spiegelbild zum Abgleich mit dem eigenen Leben und zur Inspiration.
Um am Ende festzustellen, dass sie doch kein Star sind, sondern nur die Zahnarzt-Gattin aus Wuppertal. “Gala” blickt ja nicht hinter die gestylten Fassaden.
“Gala” ist keine Fototapete. Es ist gerade unser Anspruch, hinter diese Fassade zu blicken. Das tun wir mit Interviews, Hintergrundberichten und Porträts. Es ist dabei aber nicht unser Ziel, Menschen zu desavouieren. Wir behandeln die Prominenten mit Respekt, wie man es mit jedem Menschen tun sollte.
Na ja, beim Sänger Adel Tawil haben Sie schon ziemlich in der schmutzigen Wäsche der Eheprobleme gewühlt – obwohl Tawil nur semiprominent ist und nicht in die Öffentlichkeit drängt.
Semiprominent ist dieser sehr erfolgreiche Sänger höchstens bei den über 70-Jährigen. Und die Wäsche hat Adel Tawil selber in den Wäschekorb gelegt: alle Fakten, über die wir schreiben, hat er bereits zuvor öffentlich gemacht. Wir erzählen die Geschichte zweier Liebenden, die sich verlieren – ich kann darin keine Respektlosigkeit erkennen.
Letzte Frage: Was liest die “Gala”-Chefredakteurin beim Friseur?
Na, turi2 natürlich. Die ausliegenden Magazine kenne ich ja schon. Und guten Klatsch bekomme ich auch bei Ihnen.