Der Club der Meinungsmacherinnen.

Christian Seifert bei turi2:

  • Zitat: Christian Seifert erklärt das Konzept hinter Dyn.

    “Mediale Präsenz führt zu Interesse, Interesse zu Reichweite. Und Reichweite zu Nachfrage.”

    Ex-DFL-Chef Christian Seifert erklärt im Gastbeitrag in der turi2 edition #22 das Konzept hinter seinem Streaming-Dienst Dyn, der die großen Mannschafts­sports jenseits des Fußballs überträgt.
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    Alle Geschichten der turi2 edition #22 – direkt hier im Browser als E-Paper:
     

  • Aus der zweiten Reihe – Wie sich das neue Sport-Portal Dyn etablieren will.


    Schöne neue Sportwelt: Im August ist der vom ehemaligen DFL-Manager
    Christian Seifert gegründete Sport-Streaming­dienst Dyn gestartet, der sich auf Hand­ball, Basket­ball, Volley­ball, Tisch­tennis und Hockey konzentriert. Die Plattform ist eine “auf den ersten Blick übersichtliche Welt ohne besonderen Schnick­schnack”, schreibt Journalist Thomas Gehringer (rechts im Bild) bei epd Medien. Sympathisch sei, dass es keine Hierarchie der Ligen und Vereine gebe und “ein Spitzen­spiel im Hand­ball nicht größer angekündigt wird als ein Abstiegs­duell im Tisch­tennis”. Um ein größeres Publikum zu erreichen, bräuchte Dyn aber Länder­spiel­rechte, analysiert Gehringer. Zudem vermisst er kritische Recherchen und journalistische Distanz. turi2 veröffentlicht seinen Beitrag in der Reihe Das Beste aus epd Medien bei turi2.

    Von Thomas Gehringer / epd Medien

    Es gibt noch Welten jenseits des Fußballs. Die neue kleidet sich in die Grundfarbe Blau, ist nach einer alten physikalischen Einheit für Kraft benannt und klingt wie ein besitzanzeigendes Fürwort: Dyn (gesprochen: Dein) ist das neue Streamingportal von Axel Springer und dem früheren DFL-Geschäftsführer Christian Seifert, das Ende August seinen Betrieb aufnahm. Das kumpelhafte Duzen ist keine übertriebene Ranschmeiße, denn wenn man sich durch die Formate in den hier versammelten Sportarten Handball, Basketball, Volleyball und Tischtennis zappt, wird klar: Hier duzen sich alle, Moderatorinnen und Kommentatoren, Sportlerinnen und Sportler.

    Es dominiert eine harmlos-fröhliche Nahbarkeit, die Gemeinde versammelt sich, und man fragt sich schnell: wer soll das jemals sehen wollen – außer den jeweiligen Fans? Sympathisch jedenfalls, dass auf dem Dyn-Portal eine Hierarchie der Ligen und Vereine nicht erkennbar ist, dass ein Spitzenspiel im Handball nicht größer angekündigt wird als ein Abstiegsduell im Tischtennis und dass die Volleyballerinnen von den Ladies in Black Aachen nicht weniger wert zu sein scheinen als zugkräftige Vereine wie der THW Kiel im Handball oder Bayern München im Basketball.

    Wer sich also das Abo für 150 Euro im Jahr (14,50 Euro pro Monat kostet das monatlich kündbare Abo) leistet, wird in eine auf den ersten Blick übersichtliche Welt ohne besonderen Schnickschnack geleitet. Dyn präsentiert sich aufgeräumt, unterteilt in rechteckige Kästchen, sauber angeordnet in geraden Reihen. Man wird weder mit Werbebannern noch mit marktschreierischen Schlagzeilen belästigt. Die zweite Liga des Sports, ganz nüchtern optimiert für die mobile Nutzung.

    Der Bildschirm, der in dem kleinen Dyn-Studio im Düsseldorfer Medienhafen an der Wand hängt, hat die Form eines übergroßen Smartphones. Die Grundfarbe im Studio ebenso wie in der App oder auf der Website ist Blau, aber die bunten Vereinslogos in der “Live & Demnächst”-Übersicht oder die quadratischen Flächen in Rot (Tischtennis), Orange (Basketball), Türkis (Handball) und Blassgelb (Volleyball), die für verschiedene Talk- und Highlightformate stehen, sorgen dafür, dass das Dyn-Portal nicht allzu kalt wirkt. So bunt, wie die Farben suggerieren, ist die Formatwelt bei genauerem Hinsehen aber nicht.

    Länderspielrechte fehlen
     
    Dyn hat Großes vor, will “Home of Handball” und “Home of Basketball” werden sowie “nachhaltig die deutsche Sport- und Medienlandschaft positiv verändern”, wie Seifert im Juli sagte. Im Schatten des übermächtigen Fußballs will sich Dyn als zentrales Portal für die zweite Reihe etablieren. Der Anfang ist gemacht, aber der Weg zur “Heimat” ist noch weit, denn um wirklich über die Fanbasis der Vereine hinaus Publikum zu gewinnen, bräuchte es wohl Länderspielrechte. Und über die verfügen weiterhin andere.

    Den sensationellen Siegeszug der deutschen Männer bei der Basketball-WM im Sommer konnte man nur bei Magenta TV verfolgen, für das Endspiel hatte das ZDF eine Sublizenz von der Telekom erworben. Und wenn im Januar 2024 die Handballeuropameisterschaft der Männer in Deutschland stattfindet, sind die Spiele bei ARD und ZDF frei empfangbar. Auch Länderspiele im Volleyball und im Hockey sind über Dyn nicht zu empfangen, obwohl die Plattform die Rechte an den Bundesligaspielen hat.

    Im September konnte Dyn immerhin die Mannschaftseuropameisterschaften im Tischtennis zeigen, bei denen das deutsche Frauenteam Gold und die Männer Silber gewannen. Die Spiele, von denen einige mitreißend waren, kann man sich bei Dyn immer noch in kompletter Länge anschauen – allerdings auch kostenlos auf der Website der Europäischen Tischtennisvereinigung ETTU.

    Publizistische Macht von Springer
     
    Exklusivität ist im digitalen Zeitalter nicht mehr alles. Die Ligen erhoffen sich auf allen Ebenen mehr öffentliche Aufmerksamkeit. Dabei soll nicht nur die publizistische Macht des Springer-Konzerns genutzt werden, der neuerdings Livespiele der Handball- und Basketball-Bundesligen der Männer streamt, um das mäßig erfolgreiche “Bild TV” zu pushen. Auch “Sport Bild” berichtet plötzlich ausführlicher über die Sportarten als bisher.

    Es sollen deutlich mehr Videos, Interviews und andere Formate produziert werden, die andere Medienhäuser, aber auch die Vereine und Ligen selbst auf ihren Online-Seiten oder in den sozialen Netzwerken einsetzen können. Einzelne Livespiele sind außerdem weiterhin kostenlos auch in den Dritten Programmen der ARD oder bei Sport1 zu sehen. Gleichzeitig lockte Dyn mit dem Versprechen, zehn Prozent des eigenen Umsatzes zur Nachwuchsförderung an die jeweiligen Ligen auszuzahlen.

    Der Ruf von Dyn-Gründer Seifert, der bis 2021 mehr als 16 Jahre lang als Geschäftsführer der Deutschen Fußball Liga (DFL) tätig war und für lukrative Fernsehverträge gesorgt hatte, ist für die Geschäftsstrategie sicher nicht hinderlich. Springer und Seifert – “in dieser Konstellation ist das schon irgendwie ein Killer”, sagte Stefan Holz, Geschäftsführer der Basketball-Bundesliga, Ende September dem Sport-Informations-Dienst. Da hatte sich die “EasyCredit BBL”, wie die Männer-Bundesliga im Sportmarketing-Deutsch heißt, gerade für einen Wechsel von Magenta TV zu Dyn entschieden.

    Zahlen zu Abonnenten und Reichweiten werden zwei Monate nach Sendestart nicht veröffentlicht, weder von Dyn selbst noch von den Ligen. Aber ein Wechsel zu einem anderen Pay-Anbieter ist immer auch mit einigem Risiko verbunden, denn ein Abonnentenstamm will erst aufgebaut sein. “Dyn hat quasi wieder bei null angefangen. Bei der alten Pay-Reichweite, die sich über neun Jahre aufgebaut hat, sind wir nach wenigen Wochen natürlich noch nicht”, sagt Holz dem epd. Alles andere, also die Reichweite vor der Paywall durch kostenlose digitale Inhalte im Netz wie Highlight-Clips oder Interviews, werde nun jedoch massiv gesteigert. “Wir wollen rauskommen aus der Blase – und das funktioniert definitiv”, erklärt Holz.

    “Schulhoftaugliche” Formate gesucht
     
    Manche Basketballfans haben ihren Unmut über den Wechsel zu Dyn bekundet, doch Holz ist nicht beunruhigt. Die Kritiken seien “weit entfernt von einem Shitstorm und völlig normal und erwartbar”. Der Geschäftsführer selbst sieht allerdings in Bezug auf die technische Qualität der mit KI-Software automatisch generierten Highlight-Videos bei Dyn “noch Reserven”. Für die Zukunft hofft er auf “Formate, die schulhoftauglich sein müssen”, also Gesprächsstoff sind bei Kindern und Jugendlichen.

    Auch “neue Gesichter” wären nicht schlecht. “Den Icke suchen doch irgendwie alle. Da braucht man aber Geduld”, sagt Holz. Er spielt an auf Christoph “Icke” Dommisch, der als Netzreporter bei der ProSiebenSat1-Sendung “ran NFL” unter jungen Football-Fans zu einer Art Kultfigur geworden ist.

    Im Basketball zeigt Dyn auch die Spiele im Pokal sowie in der Champions League. Frauenwettbewerbe sind allerdings nicht bei Dyn zu sehen, ebenso wenig wie die anderen europäischen Ligen der Männer. Die Rechte an EuroLeague und EuroCup hält weiterhin die Telekom mit ihrem Portal Magenta TV.

    Die größte Abdeckung erreicht Dyn im Handball. Das Angebot umfasst neben der “Liqui Moly HBL” der Männer auch die Frauen-Bundesliga, die 2. Liga sowie Champions und European League (jeweils Frauen und Männer). Für den Sechsjahresvertrag mit der Handball-Bundesliga (HBL) musste Dyn rund 100 Millionen Euro zahlen. Ein Handballspiel war auch die erste Liveübertragung bei Dyn. Blöd nur, dass der Supercup am 23. August zwischen dem THW Kiel und den Rhein-Neckar Löwen nicht für alle Nutzerinnen und Nutzer ein Vergnügen war, weil es zu Störungen kam, beim Login und auch während des Spiels bei der Übertragungsqualität in bestimmten Browsern.

    Technische Schwierigkeiten
     
    In den ersten Wochen musste Dyn die Übertragungen einzelner Spiele sogar abbrechen oder absagen. Auch bei den technischen Empfangsmöglichkeiten musste Dyn noch nachbessern, erst seit Ende Oktober ist das Angebot auch über den Fire-TV-Stick von Amazon empfangbar.

    Oliver Lücke, Sprecher der Handball-Bundesliga, sagt im Gespräch mit dem epd: “Bei der Sendequalität einzelner Spiele gab es das ein oder andere Defizit. Insgesamt sind wir sehr zufrieden und arbeiten mit den Kolleginnen und Kollegen intensiv an Verbesserungen. Fest steht, dass die Spiele beider Bundesligen noch nie mit mehr innovativer, moderner Technik produziert wurden. Hier setzen wir mit Dyn Maßstäbe.” Tatsächlich lassen sich zum Beispiel über interaktive Tools im Livebild statistische Werte für die Teams und einzelne Spieler abrufen.

    Dyn selbst beschäftigt nach eigenen Angaben “circa 60 Vollzeitangestellte”. Die Bilder in den Topligen in Handball und Basketball liefert ein global agierender Dienstleister, NEP, dessen Zentrale in Pittsburgh und dessen deutsche Niederlassung in München beheimatet ist. Die weniger aufwendigen Übertragungen etwa in der 2. Handball-Bundesliga oder in Volleyball, Tischtennis und Hockey produziert das Düsseldorfer Unternehmen Spontent in Zusammenarbeit mit den Vereinen vor Ort.

    Die Folge ist allerdings auch, dass es keine einheitliche Qualität, sondern eine große Spannweite gibt – auch in der journalistischen Begleitung. Eher kurios muteten zum Beispiel die semiprofessionellen Liveübertragungen im Feldhockey an, die offenkundig mit nur wenigen Kameras und Kommentatoren aus den gastgebenden Vereinen organisiert wurden.

    Kritik an nun kostenpflichtigen Livestreams
     
    Kritische Stimmen von Fans gab es auch im Tischtennis, da für bisher kostenlose Livestreams nun Abogebühren anfallen. Thomas Ohl von der Tischtennis Bundesliga (TTBL) verweist jedoch auf die verbesserte Produktionsqualität durch Spontent und eine noch umfangreichere Tischtennisberichterstattung von Dyn. Alle Spiele würden nun mit einem einheitlichen Standard, mit verschiedenen Kameraperspektiven und Slow.-Motion-Aufnahmen produziert. Außerdem werde die Berichterstattung sowohl live als auch in Form von Hintergrundberichten hochwertiger präsentiert und umfangreicher gestaltet. Die TTBL sei mit dem Start zufrieden und sieht sich “mit Dyn für die Zukunft gut aufgestellt”.

    Ähnlich ist die Situation in der Handball-Bundesliga der Frauen (HBF). Sprecher Tim Andler erklärt, auch hier seien die Produktionsstandards zu dieser Saison angehoben worden. So werde nun mit vier Kameras gestreamt. Den Fan-Ärger, dass die Liverechte nun bei einem Pay-Anbieter liegen, mildern einige weiterhin frei empfangbare Spiele bei Eurosport und Sportdeutschland.TV. Auch Andler spricht von einem “gelungenen Start der Kooperation” mit Dyn.

    Die neue Sportpattform gibt zwar keine Zahlen bekannt, doch Sprecherin Julia Päschke-Bergander sagt dem epd, dass Dyn bisher jedenfalls nicht unter den eigenen Zielvorgaben bleibe: “Wir sind mit unserem Start sehr zufrieden.” Und: “Wir wachsen täglich.” Es gebe eine stetig steigende Nutzung über alle Geräte hinweg. Die Nutzung von Formaten wie “Kretzsche & Schmiso” und die Reaktion darauf seien sehr zufriedenstellend und zeigten, “dass diese Sportarten viele Fans haben, die an einer redaktionellen Begleitung über das reine Livespiel hinaus interessiert sind”.

    Die kostenfreien YouTube-Kanäle von Dyn hatten Ende Oktober jeweils vierstellige Abonnentenzahlen: Spitzenreiter war Dyn Handball mit 8.790 Abonnenten, Dyn Tischtennis kam auf 2.490.

    Nachbesserungen angekündigt
     
    Päschke-Bergander kündigt auch Nachbesserungen an: “Die Highlights der Spiele werden wir demnächst in neuer Form präsentieren. Wir stellen auch fest, dass wir gemeinsam mit den Ligen einige technische Herausforderungen meistern müssen, zum Beispiel an kleineren Standorten oder älteren Hallen. Das ist unabdingbar, um dauerhaft eine professionelle und verlässliche Medienproduktion zu ermöglichen.” Dyn peile zudem eine Erweiterung des eigenen Angebots an: “Wenn der Erwerb der Rechte an internationalen Turnieren wirtschaftlich sinnvoll ist, dann ist Dyn definitiv auch daran interessiert.”

    Rund um Liverechte und Social-Media-taugliche Highlight-Clips baut Dyn eine Formatwelt auf, die vor allem auf Insider-Expertise und Nähe zu den Stars setzt. Vielfach werden ehemalige Sportler journalistisch tätig, man kennt das vom Fußball. Da gibt es einfache Vodcasts wie “Captain & Coach” mit dem ehemaligen Trainer Stefan Koch und Ex-Profi Basti Doreth, die sich aus der Ferne an ihren Bildschirmen über die sportliche Situation in der Basketball-Bundesliga unterhalten. Zudem gibt es wöchentliche Magazine, die aus dem Düsseldorfer Studio recht brav und weitgehend unkritisch das Geschehen am vergangenen Wochenende aufbereiten. Mit begrenztem Aufwand wird hier verwertbarer Content für die verschiedenen Ausspielwege geschaffen.

    Dyn knüpft auch an bereits in den jeweiligen Communitys bekannte Angebote an, etwa bei “Dyn Skill” mit Basketballer Paul Gudde, dessen Youtube-Channel 15.500 Abonnenten hat und der nun auch bei Dyn in kurzen Videos Spielzüge und Bewegungsabläufe erläutert und praktisch vorführt.

    Ambitioniertere Formate sind “Dyn 360” oder “Dyn Gametime”. “Dyn 360” bietet längere persönliche Interviews, für “Dyn Gametime” werden Profis jeweils am Tag vor einem Spiel mit der Kamera begleitet. Und wenn es sich dabei um den Ausnahmesportler Timo Boll handelt, der wegen seiner zahlreichen internationalen Erfolge nicht nur Tischtennisfans bekannt sein dürfte, erreicht das Dyn-Angebot auch Interessierte über die eigene Blase hinaus.

    Originelle Ideen sind rar
     
    Mit “Dyn Overtime” versucht sich die Plattform an einem 14-tägigen sportartübergreifenden Format, das gern eine Art Mini-Late-Night-Show sein möchte – mit großem Moderationsschreibtisch, einem Studiogast und dem aufgekratzten Gastgeber Kevin Gerwin, der auch als Comedian, Magenta-Sport-Kommentator und Stadionsprecher aktiv ist, aber ohne Publikum. Originelle Ideen sind allerdings rar, dafür gibt es auch hier die unvermeidlichen Top-Fünf-Listen mit eingebautem Wortspiel (“Voll Dyn Tag”, “Nicht Dyn Tag”) und den kuriosesten Spielszenen aus den fünf Dyn-Sportarten. Auch ein bisschen Promotion darf nicht fehlen: Der Studiogast, Ex-Basketballer und Ex-Bachelor Andrej Mangold darf auf seinen Show-Boxkampf am 4. November in Bonn hinweisen, der bei Bild Plus gestreamt wird.

    Die Handball-Community erfreut sich am Vodcast “Kretzsche & Schmiso”, nicht nur wegen der prominenten Besetzung, sondern weil die Chemie zwischen Florian Schmidt-Sommerfeld und Stefan Kretzschmar stimmt. Schmidt-Sommerfeld, der auch als Kommentator bei Sky und auf anderen Plattformen tätig ist, und Ex-Nationalspieler und Füchse-Berlin-Manager Kretzschmar können sich auch mal mit Selbstironie über den offenbar geforderten Anspruch, boulevardesk aufzutreten, lustig machen.

    Beim redaktionellen Personal setzt Dyn auf eine Mischung, die zumindest bei HBL-Sprecher Oliver Lücke gut ankommt. Er bezeichnet die Zusammensetzung des Redaktionsteams als “bisher einmalig” und beschreibt sie als ein “Mix aus erfahrenen Kommentatoren und Experten, bekannten Gesichtern und einer Crew aus jungen, hungrigen Journalistinnen und Journalisten”. Frauen sind allerdings auch bei Dyn notorisch unterrepräsentiert: 46 Namen stehen auf der “On air”-Liste, darunter gerade mal sieben von Frauen. Unter ihnen stechen die junge Hannah Nitsche und die erfahrene Anett Sattler (Sport1, Magenta) als Moderatorinnen heraus.

    Boulevardeske Verwertbarkeit
     
    Am Mikrofon zu hören ist auch Florian Naß, der bei der ARD weiterhin Handball, Fußball und die Tour de France kommentiert. Und Influencer Sebastian “C-Bas” Meichsner (“Bullshit TV”) gibt bei Dyn den seriösen Basketballkenner, der das Magazin “Nothing But Net” moderiert.

    Der Anfang ist gemacht, und vielleicht trägt Dyn im Verbund mit Springer dazu bei, dass manche Sportarten trotz der marktbeherrschenden Stellung des Fußballs, an der Christian Seifert nicht ganz unschuldig ist, eine größere Medienpräsenz gewinnen. Aber es kann auch nicht nur um Reichweite, Umsatz und die ehrenvolle Nachwuchsförderung gehen. Dyn wirkt noch wie eine geschlossene und mit sich selbst beschäftigte Sportwelt. Dass die enge Verbindung zu Springers “Bild” und seinen Ablegern nicht nur boulevardeske Verwertbarkeit zulassen könnte, sondern womöglich sogar umfassende Recherchen zu kritischen Themen aus journalistisch gebotener Distanz, darauf deutet eher wenig hin.

    Aus dem Rahmen fiel bisher einzig der Dokumentarfilm “Fremde Heimat” über den ukrainischen Handball-Meister Motor Saporischja, der aufgrund des Krieges mit Russland außer Konkurrenz in der deutschen 2. Bundesliga mitspielen durfte. Autor Tim Passgang begleitete Trainer und Spieler im Düsseldorfer Exil. Eine Eigenproduktion von Dyn war das allerdings nicht. Die Plattform übernahm “Fremde Heimat” von Geschäftspartner Spontent, der den Film im Auftrag von D.Sports, Düsseldorfs städtischer Sportmarketing-Gesellschaft, produziert hatte. Mal über den eigenen Horizont hinauszublicken, das täte Dyn noch häufiger gut.

    Header-Foto: Malte Ossowski/ Sven Simon / Picture Alliance; epd; Collage: turi2

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  • Dyn-Chef Christian Seifert muss bei Investigativem nicht der Erste sein.


    Sportsfreund: Christian Seifert, Chef des neuen Sport-Streamers Dyn, lässt im “FAZ”-Interview durchblicken, dass sein Dienst die Aufdeckung von Miss­ständen im Sport eher anderen überlasse: “Unser erster Job besteht nicht darin, eine Investigativ­redaktion aufzubauen”, sagt Seifert. Das Publikum werde “eine kon­struktiv-kritische Berichterstattung erleben”, bei der “selbst­verständlich” auch “substanziell Negatives angesprochen werden muss, wenn es erkennbar ist”. Auch wolle Dyn aus einem “schlechten kein gutes Spiel machen, nur weil wir das Produkt nicht schlechtmachen wollen”. Es wäre aber “unrealistisch zu erwarten, dass wir als Erste in eine total kritische Doping­bericht­erstattung einsteigen”. Wichtiger sei es Dyn, Sportarten so zu präsentieren, “dass sie nicht nur in gewissen Blasen, sondern von vielen Menschen verfolgt werden”, im Mittelpunkt solle “die Faszination des Sports” stehen. Auf die Frage, ob der Streaming­dienst, Informationen an die Sport-Redaktionen von Gesellschafter Springer durchstechen werde, stellt Seifert klar: “Wir haben keine Stand­leitung in die ‘Bild’-Redaktion”, um “eine ganz heiße News” weiterzugeben. Das habe “Bild”, so Seifert, aber “auch gar nicht nötig”.
    zeitung.faz.net (€)

  • Sport-Streamer Dyn kooperiert mit Sky.

    Sportfreunde Streamer: Der Sport-Streamingdienst Dyn von Christian Seifert und Axel Springer geht eine langfristige Partnerschaft mit Sky ein. Dyn-Abonnentinnen können Spiele der Handball-Bundesliga direkt mit dem Sky-Q-Receiver empfangen, alle anderen Sport­arten über die Dyn-App auf der Sky-Plattform. Sky kündigt zum Start “ein attraktives Angebot mit einem exklusiven Preisvorteil” an.
    dwdl.de, digitalfernsehen.de

  • Dyn gibt Details zu Preisen und Programm bekannt.


    In den Start­löchern: Der Sport-Streaming­dienst Dyn gibt vor dem offiziellen Sende­start am 23. August Einblicke in Preise und Programm. Das Jahres­abo gibt es bis zum 31. Juli noch für 10,50 Euro pro Monat, danach kostet es 12,50 Euro. Das monatlich kündbare Abo kostet 14,50 Euro. “Wir hätten den Preis höher ansetzen können. Machen wir aber nicht”, sagt Gründer Christian Seifert in einer Medien­runde. “Wir haben auch gesagt, das ist kein Einführungs­angebot. Und sagen in einem Jahr: ‘Ätsch’.” Übertragen werden zum Sende­start neun Bundes­ligen von Frauen und Männern in den Sport­arten Basketball, Handball, Hockey, Tisch­tennis und Volleyball sowie weitere internationale Top-Wett­bewerbe. Insgesamt will Dyn in der Saison 2023/2024 mehr als 2.000 Spiele live übertragen. Zu sehen sind diese über Computer, internet­fähiges Fernsehen sowie Smart­phones. Zehn Prozent der Netto-Erlöse sollen laut Dyn an die nationalen Ligen der Sport­arten zur Nachwuchs­förderung gehen. Los geht es mit der Übertragung des Handball-Supercup in Düsseldorf zwischen dem THW Kiel und den Rhein-Neckar Löwen. (Foto: Roberto Pfeil / dpa / Picture Alliance)
    dynmedia.tilda.ws, kicker.de

  • ARD und ZDF kündigen Sparmaßnahmen beim Fußball an.

    Der Drops ist gelutscht: Sowohl ARD als auch ZDF wollen beim Sport sparen, besonders beim Fuß­ball. Details sind nicht bekannt. “Wir werden immer mehr Rechte teilen müssen”, so ARD-Sport­koordinator Axel Balkausky. Ende Mai ver­kündeten ARD und ZDF einen Sub­lizenz-Deal mit dem Sport-Streaming-Dienst Dyn von Christian Seifert, u.a. für Basket­ball und Hand­ball.
    t-online.de, turi2.de (Background)

  • Dyn gibt erste Expertinnen und Moderatorinnen bekannt.

    Team-Aufstellung: Christian Seifert sichert sich u.a. Stefan Kretzschmar, Pascal Hens und Karsten Petrzika als Handball-Kommentatoren für seinen Sport-Streaming­dienst Dyn. Sport­übergreifend sollen Anett Sattler und Kevin Gerwin für Expertise sorgen. Das Live-Team besteht aus insgesamt mehr als 40 Kommentatorinnen, Moderatorinnen und Expertinnen für Handball, Basketball, Volleyball, Hockey und Tischtennis.
    handball-world.news

  • Dyn von Christian Seifert beliefert ARD und ZDF mit Basketball, Hockey und Co.

    Teamgeist: Der Sport-Streaming-Dienst Dyn von Christian Seifert vereinbart eine vier­jährige Zusammen­arbeit mit ARD und ZDF. Diese umfasst ein Rechte-Paket: Den Öffentlich-Rechtlichen stehen damit Bilder von Spielen der Bundes­ligen in Basketball, Handball, Tischtennis und Hockey zur Verfügung, live und zwischen den Spiel­tagen. Ziel sei eine “Wahr­nehmung und Wert­schätzung ” von Sport­arten jenseits des Fuß­balls, so Seifert.
    sport1.de

  • Seven.One Media vermarktet Sport-Streamer Dyn.

    Sportfreunde Streamer: Der Sport-Streamingdienst Dyn von Christian Seifert und Springer verbündet sich mit Seven.One Media. Die ProSiebenSat.1-Tochter übernimmt ab Sommer die Reichweiten-Vermarktung für Spots und Sonder­werbeformen. Ums Sponsoring und die “Tiefenintegration” ausgewählter Markenpartner kümmert sich Dyn Media selbst.
    dynmedia.com

  • Dyn gründet Produktionstochter und setzt Verena Göttl als Geschäfts­führerin ein.

    Die Hand Göttls: Der Sport-Streamer Dyn von Christian Seifert gründet Dyn Productions und macht Verena Göttl zur Geschäfts­führerin. Die von ihr geleitete Tochter soll “die gesamte Bericht­erstattung über die Partner-Ligen und -Wettbewerbe” produzieren. Göttl hat zuletzt mit ihrem Beratungs­unternehmen u.a. die Gesamt­produktion von Magenta Sport geführt.
    per Mail

  • Sport-Streaming-Dienst Dyn startet am 23. August.

    Ready, Set: Der geplante Streaming-Dienst für Sport von Christian Seifert und Springer, Dyn, startet am 23. August in den Live-Betrieb. Der Zugang soll pro Monat zwischen 12,50 und 14,50 Euro kosten. Dyn kooperiert mit Dazn und überträgt europäischen Handball mit deutscher Beteiligung in der EHF Champions League und der EHF European League. Daneben hat sich das Unternehmen von Seifert die Rechte an Basketball, Volleyball, Tischtennis und Hockey gesichert.
    handball-world.news turi2.de (Background)

  • Bild TV zeigt künftig Basketball und Handball live.

    Bild TV will künftig mit Live-Sport punkten: Ab der kommenden Saisons zeigt der Sender pro Spieltag jeweils ein Spiel der Basket­ball- und der Handball-Bundes­liga der Männer, kündigt WeltN24-Geschäfts­führer Frank Hoffmann im DWDL-Interview an. Möglich macht die Über­tragungen eine Kooperation mit Dyn Media, dem Sport-Streaming­dienst von Christian Seifert und Springer.
    dwdl.de

  • Dyn Media schließt Partnerschaft mit Feldhockey-Bundesliga.

    Schlag auf Schlag: Die Feldhockey-Bundesliga schließt eine Medien­partnerschaft mit Dyn Media, dem geplanten Sport-Streaming­dienst von Springer und Christian Seifert – zunächst für ein Jahr, mit der Option auf Verlängerung. Zum Start des Angebots ab der Saison 2023/24 sind alle Partien der Damen und Herren, inklusive Play Offs und Final4 zu sehen. Die Hockey-Clubs erhoffen sich von der Partnerschaft mehr Relevanz und Sichtbarkeit für ihren Sport. Zuletzt hatte sich Dyn Media Frauen-Handball- und Basketball-Rechte gesichert.
    hockeybundesliga.de, turi2.de (Background)

  • Verzerrter Wettbewerb? Volker Nünning über die Audio-Streams der Sportschau.

    Zuviel Ballbesitz? Seit Sommer 2021 darf die ARD alle Begegnungen der Bundesliga und der 2. Bundesliga live im Internet als Audio­stream übertragen – insgesamt 617 Spielen pro Saison. Diese Rechte lagen zuvor bei Amazon. Seitdem hat die ARD ihr Audio­streaming-Angebot auf sportschau.de massiv ausgebaut und zielt auf ein junges Publikum, schreibt Volker Nünning bei epd Medien. Der Privatsender-Verband Vaunet kritisiert, hier sei “quasi ein öffentlich-rechtliches Audio-Onlinemonopol entstanden”. turi2 veröffentlicht den Beitrag in der wöchentlichen Reihe Das Beste von epd Medien bei turi2.
     
    Von Volker Nünning / epd Medien
     

    Fußball­übertragungen im Fernsehen locken immer noch ein großes Publikum an. Bei der Welt­meisterschaft in Katar, die wenige Tage vor Weihnachten 2022 zu Ende ging, gab es zwar einen starken Zuschauer­einbruch, doch das Interesse gerade an den Spielen der Bundesliga und an den Partien deutscher Mannschaften in den europäischen Wettbewerben bleibt hoch. Diese Bilanz für das vergangene Jahr zogen jedenfalls die kommerziellen Unternehmen, die diese Spiele für ihre Abonnenten live übertragen – sei es im Pay-TV oder über Streaming-Plattformen.

    Private Medien­unternehmen geben ebenso wie die öffentlich-rechtlichen Sender viel Geld aus, um sich exklusive Liverechte zu sichern oder zumindest den Zuschlag für Zusammen­fassungen im frei empfangbaren Fernsehen zu bekommen. Für diese Rechte zahlen die Anbieter pro Saison zweistellige bis höhere drei­stellige Millionen­beträge.

    Um solche Summen geht es bei den Fußball­übertragungen in Radio und Audio naturgemäß nicht. Beim Radio ist alles viele Nummern kleiner. Und der größte Unterschied zum Fernsehen: Hier sorgen die Reporterinnen und Reporter mit ihren Kommentierungen für die Bilder im Kopf der Zuhörer­schaft.

    Berühmte Tor-Rufe
     
    Fußball­reportagen im Radio haben eine lange Tradition. Im deutschen Radio gab es im November 1925 die erste Übertragung eines Fußball­spiels. Immer wieder zu hören ist Herbert Zimmermanns Ausruf “Rahn schießt! Tor! Tor! Tor! Tor!” aus seiner Hörfunk­reportage vom WM-Endspiel 1954 in der Schweiz, als Deutschland gegen Ungarn gewann und erstmals Fußball­weltmeister wurde. Berühmt sind auch die Zwischenrufe “Tor in …” bei der samstäglichen Bundesliga-Schlusskonferenz im ARD-Hörfunk, die es in dieser Form seit 1992 gibt und die unter Federführung des Westdeutschen Rundfunks (WDR) produziert wird.

    Die weiter fort­schreitende Digitalisierung hat dafür gesorgt, dass sich in den vergangenen Jahren bei den Audio­übertragungen von Fußball­spielen einiges getan hat. Dabei spielt inzwischen die ARD die zentrale Rolle. Der Sender­verbund hat hier zuletzt stark investiert – was bisher in der Medien­branche wenig beachtet wurde. Die ARD bietet über ihr Portal sportschau.de denjenigen, die Fußball­spiele live hören wollen, praktisch eine Rundum­versorgung: Spiele der deutschen National­mannschaft, Bundesliga-Partien, Begegnungen deutscher Klubs auf europäischer Bühne – alles in Live-Audio­streams abrufbar. Technisch sind bis zu 20 Übertragungen gleichzeitig möglich, so viele Streams können auf sportschau.de parallel angeboten werden.

    Ihre heutigen Fußball-Audio­streams auf sportschau.de sieht die ARD, wie sie dem epd mitteilte, in einer langen Entwicklung ihrer Berichterstattung, zu der einige Fußball­wettbewerbe bereits seit Jahrzehnten gehörten. Das Grund­prinzip dabei: die jeweils zuständige Landes­rundfunk­anstalt produziere eine Live­reportage, die dann die übrigen Sender auf ihren UKW-Radio­wellen übernehmen könnten. “Mit zunehmender Bedeutung der digitalen Audio­verbreitung wurden diese Live­reportagen zunächst im Simulcast auch über die digitalen Audio­kanäle der einzelnen Landes­rundfunk­anstalten übertragen, später dann auch gebündelt über sportschau.de.” Es sei darum gegangen, “eine bestehende und historisch-gewachsene, lineare (UKW-)Live-Bericht­erstattung digital besser zu verwerten und zu bündeln”. Die Über­tragungen sollen für die Nutzer leichter auffindbar sein.

    Neue Übertragungsrechte
     
    Den entscheidenden Schritt in Sachen Audio­streams auf sportschau.de machte die ARD im ersten Pandemie­jahr im Juni 2020. Damals erhielt sie von der Deutschen Fußball-Liga (DFL) für die neue vierjährige Rechte­periode ab der Saison 2021/22 nicht nur die Rechte an Zusammen­fassungen von Bundesliga­spielen im Fernsehen. Hinzu kamen umfangreiche Audiorechte: Zum einen die Berichterstattungs­rechte via UKW, die eine Übertragung der Begegnungen in Teilen erlauben und die die ARD auch schon vorher besaß. Zum anderen erhielt sie erstmals die Rechte, alle Begegnungen der Bundesliga und der 2. Bundesliga per Audio­verbreitung übers Internet vollständig live übertragen zu können. Das Paket mit dem Namen “Audio Netcast” umfasst die Übertragungen von insgesamt 617 Spielen pro Saison, darin eingeschlossen die vier Relegations­spiele zur ersten und zweiten Liga sowie die Super-Cup-Begegnung zwischen dem Deutschen Meister und dem DFB-Pokal­sieger.

    Die “Audio Netcast”-Rechte lagen in der vorherigen Periode (Spielzeiten 2017/18 bis 2020/21) beim Internet­händler Amazon, der sie zur besseren Vermarktung seines Prime-Diensts eingekauft haben soll. Da Amazon die eigenen Erwartungen offenbar als nicht erfüllt ansah, verzichtete der Konzern 2020 darauf, erneut um die Rechte zu bieten. Vor Amazon gehörte dieses Rechtepaket der Sport1 GmbH, die damit im Jahr 2013 zusätzlich zu ihren Fernseh- und Internetaktivitäten ins Radiogeschäft einstieg und für die Bundesliga­übertragungen den Sender Sport1 FM startete. Nach dem Verlust der Rechte an Amazon musste Sport1 FM eingestellt werden.

    Das gleiche Schicksal hatte zuvor das Fußballradio 90elf ereilt, das ab 2008 übers Netz alle Spiele der Bundesliga live übertragen hatte. Eine technische Innovation, die damals die Regiocast-Gruppe leistete, als sie 90elf von Leipzig aus aufbaute. Davon profitierte das in Ismaning bei München ansässige Unternehmen Sport1, das dann 90elf die Rechte wegschnappte, bevor sich später Sport1 seinerseits Amazon geschlagen geben musste.

    Massiver Ausbau der Audioberichterstattung
     
    Seit Sommer 2021 ist also die ARD am Zug, die der DFL für die “Audio Netcast”-Rechte, so heißt es in der Branche, einen höheren einstelligen Millionen­betrag pro Jahr bezahlen soll. Zu Rechte­kosten äußert sich der Sender­verbund grundsätzlich nicht. Mit dem Erwerb der “Audio Netcast”-Rechte sieht die ARD jedenfalls, “die digitale Audio­berichterstattung vom Fußball neu systematisiert und verstetigt”. Kurz: So konnte die ARD ihr Audio­streaming-Angebot auf “sportschau.de” massiv ausbauen. Dort sind nun pro Saison neben den Bundesliga­spielen auch alle 63 Partien des DFB-Pokals und 40 Begegnungen aus der Champions League zu hören. Insgesamt sind es nach epd-Informationen 720 Spiele. Der WDR ist in der ARD für die “Sportschau” und deren Online­plattform feder­führend zuständig.

    Außerdem sind auf sportschau.de noch Audio­übertragungen von einzelnen Spielen deutscher Klubs in der Europa League und der Europa Conference League abrufbar, die Qualifikations­runden eingeschlossen. Einige dieser Audio­übertragungen sind nur auf den Webseiten der ARD-Sender zu hören, in deren Sende­gebiet der jeweilige Verein beheimatet ist. Hier lautet die Devise der ARD: Hat eine Partie “eine gewisse sportliche Attraktivität” oder handelt es sich um Entscheidungs­spiele etwa ab Achtel- oder Viertelfinale, wird auf sportschau.de ein Audio­stream eingerichtet. Auf der Plattform sind zudem Übertragungen von Spielen der deutschen National­mannschaft zu finden, zuletzt die drei Partien bei der Fußball­weltmeister­schaft in Katar.

    Von der WM gab es auf sportschau.de nicht nur Audiostreams zu den drei Begegnungen des deutschen Teams. Der ARD zufolge wurden 33 der 64 Turnier­spiele übertragen. Dabei ging es um alle 16 Partien der K.O.-Phase ab dem Achtelfinale bis zum Endspiel. Aus der Gruppen­phase waren es 17 Begegnungen, darunter vor allem Spiele, die hierzulande nur im Pay-TV zu sehen waren. Seit der letzten Fußball-Europa­meister­schaft, die im Sommer 2021 stattfand, überträgt die ARD aus der Gruppenphase großer Turniere verstärkt solche Spiele, die nicht frei empfangbar im Fernsehen zu sehen sind. So soll das Publikum “ein Free-Audio-Live-Angebot ohne Zusatzkosten” erhalten.

    Junge Menschen als Zielgruppe
     
    Mit der Nutzung der im Sommer 2021 gestarteten Bundesliga-Audiostreams ist die ARD zufrieden, wenngleich sie hier “noch Luft nach oben” sieht. Zielgruppe seien vor allem jüngere Menschen. Kein Wunder also, dass das Publikum von den größtenteils jüngeren Moderatoren und Kommentatoren durchweg geduzt wird. Die bisher reichweiten­stärkste Übertragung eines Bundesliga­spiels war der Stream zur Partie Borussia Dortmund gegen Bayern München am 4. Dezember 2021. Erfasst wurden 275.000 Abrufe mit einer Hördauer von mehr als einer Minute.

    In der laufenden Bundesliga­saison 2022/23 – die nach der WM- und Winter­pause seit dem 20. Januar fortgesetzt wird – liegt die durch­schnittliche Nutzung der Übertragungen aus der ersten und zweiten Liga bei rund 21.500 Abrufen pro Stream. Die bisher reichweiten­stärkste Audio­übertragung auf sportschau.de war der Stream von der WM-Viertel­final­partie Kroatien gegen Brasilien am 9. Dezember 2022 mit 372.000 Abrufen, die länger als eine Minute dauerten.

    Das umfangreiche Fußball-Audio­streaming der ARD auf sportschau.de sorgt nun aber für großen Unmut beim Verband Privater Medien Vaunet. Dessen stell­vertretender Vorstands­vorsitzender Marco Maier sagte dem epd, hier sei “quasi ein öffentlich-rechtliches Audio-Online­monopol entstanden, das nicht im Medien­staats­vertrag beauftragt wurde, da es hier nur eine Beauftragung audio­visueller Online-Only-Angebote gibt”. Maier ist Geschäfts­führer des Unternehmens Radio/Tele FFH (Hit Radio FFH) und bei Vaunet zudem Vorsitzender des Fach­bereichs Radio und Audio­dienste.

    Vaunet kritisiert Wettbewerbsverzerrung
     
    Das Audio­streaming im Fußball­bereich auf sportschau.de sei “ein gutes Beispiel für die Wettbewerbs­verzerrung durch die beitrags­finanzierten Sende­anstalten im Online-Audio­bereich”, sagt Maier: “Aufgrund der Rechte­abschlüsse der ARD liegen die Preise für Premium-Fußball im Audio­bereich hier so exorbitant jenseits dessen, was im Markt refinanzierbar ist, dass diese Rechte für die privaten Audio-Streaming­anbieter unter wirtschaftlichen Aspekten nicht interessieren können.” Das gelte nicht nur für die Live-Übertragung ganzer Spiele, sondern auch für kurze Clips, etwa von der Bundesliga.

    Die ARD hält dagegen und erklärt, ihr seien keine Beschwerden bekannt. Hörfunk­rechte würden zudem “in den aller­meisten Fällen auf nicht-exklusiver Basis vergeben”. Somit hätten auch andere Rundfunk­anbieter Zugang zu einer Live­berichterstattung. Bei der Fußball­bundesliga sei das aber anders geregelt: Die DFL vergebe seit 2013 die Hörfunk­rechte für vollständige Spiel­übertragungen über eine öffentliche Ausschreibung exklusiv. Kommerziellen Hörfunk­anbietern sei es trotzdem möglich, live von Bundesliga­spielen zu berichten, nur eben nicht über die komplette Spieldauer.

    Die ARD verweist auf gesonderte Vermarktungs­pakete der DFL und deren Individual­vermarktungs­richtlinie. In dieser Richtlinie ist unter anderem geregelt, dass ein Bundesliga-Klub einem Hörfunk­anbieter erlauben kann, seine Spiele in Teilen live zu übertragen, maximal möglich sind zehn Minuten pro Halbzeit.

    Von den Spielen der Fußball­bundesliga und des DFB-Pokals berichtete ab 2021 auch das damals gestartete kommerzielle Programm Sportradio Deutschland live, aber nur in begrenztem Umfang auf Basis von Minuten­kontingenten. Beim DFB-Pokal konnte das Privatradio außerdem mehrere Spiele in voller Länge übertragen, darunter das Endspiel. Doch zum Jahresende 2022 wurde Sportradio Deutschland überraschend eingestellt, das gab die in Leipzig angesiedelte Betreiber­firma Teutocast am 19. Dezember bekannt. Teutocast begründete die Entscheidung damit, dass sich das Unternehmen “strategisch neu positionieren” und ab 2023 auf regionale Programm­angebote konzentrieren wolle. Folge der Einstellung von Sportradio Deutschland: Zehn feste Beschäftigte und eine mittlere zweistellige Anzahl an freien Mitarbeitern verloren ihren Job, erklärte Teutocast dem epd.

    Kartellamt sieht keinen Handlungsbedarf
     
    Das Bundes­kartellamt, das die Vergabe der Bundesliga­rechte der DFL im Fernseh­bereich stets im Visier hat, sieht mit Blick auf die Audio­rechte für die erste und zweite Liga aktuell keinen Handlungs­bedarf. Es gebe derzeit wenig Anlass dafür, die Audio­vermarktung durch die DFL zu untersuchen, teilte das Kartell­amt mit: “Es gibt keine Beschwerden von Endkunden und Wett­bewerbern zu diesem Bereich, und die Angebots­situation mit der freien Verfügbarkeit bei den öffentlich-rechtlichen Sendern scheint durchaus zufrieden­stellend. Damit ist aber nicht gesagt, dass es in Zukunft nicht doch zu einem Aufgreifen kommen kann, etwa wenn sich an der Angebots­situation etwas Wesentliches ändert.”

    Dazu dürfte es wohl bis auf Weiteres nicht kommen. Dass ein finanzstarkes Unternehmen der ARD im Audio­bereich Konkurrenz machen wird, ist nicht zu erwarten. Anfang Juli soll der Sport-Streamingdienst Dyn Media starten, den der Springer-Konzern und der frühere DFL-Geschäfts­führer Christian Seifert gemeinsam aufbauen. Dort geht es um audio­visuelle Übertragungen. Aktuell gebe es “keine Planungen zu reinen Audio-Live­übertragungen”, teilte Dyn Media auf Nachfrage mit.
     
    Alle Beiträge aus der Reihe “Das Beste aus epd Medien bei turi2” >>>

  • Dyn Media sichert sich Rechte für die Handball-Bundesliga der Frauen.

    Dynamisches Wachstum: Der 2023 startende Sport-Streamer Dyn Media von Ex-DFL-Chef Christian Seifert sichert sich weitere Live-Rechte. Ab der Saison 2023/24 zeigt Dyn alle Spiele der 1. Handball-Bundes­liga der Frauen, die Partien des DHB-Pokals und das Spiel um den HBF-Supercup. Dyn schließt dafür einen Sublizenz­vertrag mit Sport­deutschland.TV ab.
    dwdl.de, turi2.de (Background)

  • Dyn Media sichert sich Übertragungsrechte der Basketball Champions League.

    Dribbelt nach Europa: Der 2023 startende Sport-Streamer Dyn Media erwirbt bis 2026 die Übertragungs-Rechte für die Basketball Champions League in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Das Unternehmen von Ex-DFL-Chef Christian Seifert besitzt bereits die Rechte an der Basketball Bundesliga. Der Wettbewerb zwischen 32 europäischen Teams umfasst mehr als 170 Spiele.
    meedia.de

  • Jetzt offiziell: Geschäftsführerin Donata Hopfen verlässt die DFL.

    Aus! Aus! Der Vertrag ist Aus! Die Deutsche Fußball Liga und Geschäfts­führerin Donata Hopfen gehen – wie erwartet – getrennte Wege. Der Aufsichts­rat und Hopfen seien “überein­gekommen, das Dienst­verhältnis einver­nehmlich zu beenden”. Grund seien unter­schiedliche Vorstellungen über die weitere strategische Ausrichtung der Gesellschaft. Hopfen verlässt die DFL zum Ende des Jahres. Die frühere “Bild”-Verlags­leiterin war erst Anfang 2022 als Nachfolgerin von Christian Seifert zum Liga­verband gekommen. Weiter im Amt bleibt nach der Krisen­sitzung beim DFB dagegen Bundes­trainer Hansi Flick.
    dfl.de, turi2.de (Background), tagesschau.de (Flick)

  • “Kicker”: DFL-Chefin Donata Hopfen könnte vor der Ablösung stehen.


    Hopfen und Malz verloren? Der DFL-Aufsichts­rat könnte schon in der kommenden Woche die Auflösung des Vertrags mit Chefin Donata Hopfen beschließen, berichtet “Kicker”. Das Sport-Magazin recherchiert, dass der Ausschuss unter dem Vorsitz von Hans-Joachim Watzke sowie die acht Kollegen von Hopfen im DFL-Präsidium schon seit einigen Wochen über die weitere Zusammen­arbeit mit ihr diskutieren. Hopfen ist seit Januar 2022 Vorsitzende der Geschäfts­führung, Sprecherin des Präsidiums und Vize­präsidentin des DFB. Sie ist die Nachfolgerin von Christian Seifert, der von 2005 bis 2021 an der DFL-Spitze gestanden hat. Nach Ansicht “führender Köpfe in der Liga” habe es Hopfen in den vergangenen elf Monaten nicht geschafft, sich zu profilieren – weder in der Diskussion um die 50+1-Regel noch bei Digitalisierung, Internationalisierung oder der Ausschreibung der Medien­rechte ab Sommer 2025. Hopfens Vertrag läuft noch bis Ende Dezember 2024. Trennt sich die DFL vorzeitig von ihr, wäre eine hohe Abfindung fällig. (Foto: Marco Steinbrenner / dpa / Picture Alliance)
    kicker.de

  • Hör-Tipp: Christian Seifert sieht eine “echte Renaissance des Sport­marketings” kommen.

    Hör-Tipp: “Manche Sportarten tun sich keinen Gefallen damit, auf drei, vier oder fünf Plattformen tätig zu sein”, sagt Ex-DFL-Chef Christian Seifert im Spobis-Podcast. Er glaubt an eine “echte Renaissance des Sport­marketings”, weil das Bewusstsein von Marken­verantwortlichen für ein sicheres Werbe­umfeld steigen werde. “Die nationale Liga ist der Anker für einen Fan”, weiß er auch aus der Markt­forschung, weshalb er mit seinem Dienst Dyn diesen “ersten Domino­stein” fokussiert.
    sponsors.de (31-Min-Audio)

  • S Nation Media heißt künftig Dyn Media.

    S Nation Media heißt künftig Dyn Media und soll im Juli 2023 an den Start gehen. Dyn, gesprochen “Dein”, steht demnach für die “Kraft des Sports”, abgeleitet von der ersten international verbindlichen physikalischen Einheit für Kraft. Die Streaming­plattform von Springer und Christian Seifert hat sich bereits Medien­verträge für die Handball-, Basketball-, Volleyball- und Tisch­tennis-Bundes­liga gesichert.
    rtl.de