Der Club der Meinungsmacherinnen.

Christine Strobl bei turi2:

    • Meistgeklickter Kopf gestern war Tobias Korenke.

      Meistgeklickter Kopf gestern war Funke-Kommunikations­chef Tobias Korenke, der einen Appell von Nachfahren des NS-Widerstands in den Funke-Zeitungen mit­initiiert hat. Ihm folgen im Ranking ARD-Programm­direktorin Christine Strobl sowie “Markus Lanz“-Produzent Markus Heidemanns.
      turi2.de/koepfe (meistgeklickte Köpfe am 5.2.2024)

    • Meistgeklickte Frau gestern nach Christine Strobl war Tina Hassel.

      Meistgeklickte Frau gestern nach Christine Strobl war Tina Hassel (Foto). Die baldige Brüssel-Studioleiterin der ARD gilt als eine von vier Kandidatinnen für die Nachfolge von WDR-Intendant Tom Buhrow. Ihr folgen im Ranking Journalistin Georgine Kellermann und Meta-Lobbyistin Julia Reuss.
      turi2.de/koepfe (meistgeklickte Frauen vom 4.2.2024)

    • Gabriele Hammelrath ist neue Vor­sitzende des ARD-Programm­beirats.

      Bei-rath: Die SPD-Politikerin Gabriele Hammelrath ist neue gewählte Vor­sitzende des ARD-Programm­beirats. Sie folgt in der Rolle auf Hermann Kuhn. Hammel­rath ist seit 2022 Mit­glied des Gremiums, das die ARD-Programm­direktion um Christine Strobl berät. Dem WDR-Rundfunkrat gehört Hammelrath seit 2010 an. Neue Vize-Vorsitzende ist die Gewerk­schafterin Anja Kramer.
      presseportal.de

    • Meistgeklickte Frau gestern nach Karen Heumann und Christine Strobl war Elfi Kerscher.

      Meistgeklickte Frau gestern nach Karen Heumann und Christine Strobl war Elfi Kerscher (Foto). Im turi2-Interview im Rahmen der Themenwoche Nachhaltigkeit erklärt die Plazamedia-Managerin, welche Vorteile LED-Studios bieten. Ihr folgt im Ranking “taz”-Chef­redakteurin Ulrike Winkelmann.
      turi2.de/koepfe (meistgeklickte Frauen vom 23.1.2024)

    • Meistgeklickter Kopf gestern nach Ulrike Winkelmann war Christine Strobl.

      Meistgeklickter Kopf gestern nach Ulrike Winkelmann war ARD-Programm­direktorin Christine Strobl. In einem Trauer­staatsakt hat das politische Berlin Abschied von ihrem Vater, Wolfgang Schäuble, genommen. thjnk-Mitgründerin Karen Heumann folgt auf Strobl im Ranking. Danach kommt Gesundheits­minister Karl Lauterbach, der Medien­berichten zufolge eine neue Partnerin hat.
      turi2.de/koepfe (meistgeklickte Köpfe am 22.1.2024)

    • Meistgeklickter Kopf gestern war Charlotte Maihoff.

      Meistgeklickter Kopf gestern war “RTL Aktuell”-Moderatorin Charlotte Maihoff. Ihr folgen im Ranking zwei TV-Frauen der ARD: Tina Hassel, Leiterin des Haupt­stadt­studios, und Christine Strobl, Programm­direktorin des Gemeinschafts­senders Das Erste.
      turi2.de/koepfe (meistgeklickte Köpfe am 14.1.2024)

    • Meistgeklickter Wirtschafts-Kopf gestern war Martin Weiss.

      Meistgeklickter Wirtschafts-Kopf gestern war Martin Weiss. Der Burda-Chef und der Medienkonzern haben diese Woche überraschend bekanntgegeben, getrennte Wege zu gehen. Im Ranking folgen ARD-Programmdirektorin Christine Strobl, Tochter des verstorbenen Politikers Wolfgang Schäuble und Burda-Vorstand Philipp Welte.
      turi2.de/koepfe (meistgeklickte Wirtschafts-Köpfe am 11.1.2024)

    • Meistgeklickter Kopf gestern war Friedrich Merz.

      Meist­geklickter Kopf gestern war CDU-Chef Friedrich Merz, der sich auf der Schäuble-Beerdigung mit “Bild”-Prominews-Chefin Tanja May hat fotografieren lassen. Ihm folgen im Ranking ARD-Programm­direktorin Christine Strobl und “Tages­themen”-Moderatorin Aline Abboud, die sich in die Babypause verabschiedet.
      turi2.de/koepfe (meistgeklickte Köpfe am 9.1.2024)

    • Meistgeklickter Kopf gestern war Christine Strobl.

      Meistgeklickter Kopf gestern war ARD-Programm­direktorin Christine Strobl. Die Tochter des verstorbenen Politikers Wolfgang Schäuble würdigt ihren Vater in ihrer Trauer­feier-Rede als “Gesamt­kunst­werk”. Ihr folgen “Tagesthemen”-Moderatorin Aline Abboud und Studio-Bummens-Gründer Konstantin Seidenstücker.
      turi2.de/koepfe (meistgeklickte Köpfe am 7.1.2024)

    • Meistgeklickter Kopf gestern war Christine Strobl.

      Meist­geklickter Kopf gestern war ARD-Programm­direktorin Christine Strobl, die älteste Tochter des verstorbenen Wolfgang Schäuble. Auf sie folgen im Ranking der frühere Burda-Publishing-Chef Kay Labinsky sowie Nina Gerhardt, CEO von RTL Radio Deutschland.
      turi2.de/koepfe (meistgeklickte Köpfe am 27.12.2023)

    • ARD Mediathek weist höchste Tagesreichweite der TV-Plattformen aus.

      Die Menge macht’s? Die ARD Mediathek weist für 2023 mit 2,3 Mio Menschen die höchste Tages­reich­weite der TV-Streamer aus – vor der Mainzer Konkurrenz des ZDF mit 1,9 Mio. Die Privaten verbuchen via RTL+ 0,8 Mio User pro Tag, Joyn kommt auf 0,4 Mio. ARD-Programm­direktorin Christine Strobl sieht mit den Zahlen die “Programmreform auf dem richtigen Weg”.
      presseportal.de

    • Zitat: Christine Strobl stellt Produzenten auf weniger Aufträge ein, weil “Leuchtturmprojekte” teurer sind.

      “Wenn Produktionen teurer werden und wir trotzdem konkurrieren müssen, wird das im Endeffekt dazu führen, dass wir mehr Geld für weniger Produktionen brauchen.”

      ARD-Programm­direktorin Christine Strobl sagt im “Meedia”-Interview, dass serielle “Leuchtturm­projekte” für die Mediathek mit Netflix und Co konkurrieren sollen. Gefragt seien zunehmend auch hochwertige Doku-Serien. Der 90-Minüter verliere international an Relevanz, im linearen TV-Programm werde es ihn aber weiterhin geben.
      meedia.de (€)

    • Online first, Senioren second – Wie ARD und ZDF ihr Stammpublikum vergraulen.


      Digitale Diskriminierung? Bei vielen Serien, Dokus und Filmen gilt inzwischen die Devise “Online first”. Gerade ARD und ZDF haben allerdings ein großes älteres Publikum, das die Mediatheken nicht nutzt, schreibt Tilmann Gangloff bei
      epd Medien. “Die Öffentlichkeits­arbeit gerade der ARD lässt die Mediathek vor allem als Premieren­platz erscheinen.” Das wirke wie eine Abwertung der linearen Ausstrahlung. Die Sender argumentieren, dass Formate in der Mediathek vor allem Jüngere ansprechen sollen. Der Medien­wissenschaftler Marcus S. Kleiner warnt vor einer “öffentlich-rechtlichen Zwei­klassen­gesellschaft”. turi2 veröffentlicht diesen Beitrag in der Reihe Das Beste aus epd Medien bei turi2.

      Von Tilmann Gangloff / epd Medien

      “Digital first. Bedenken second” lautete eine Parole, mit der die FDP 2017 Wahlkampf gemacht hat. In den Medien ist “Online first” schon seit Beginn dieses Jahrhunderts ein Schlagwort, und 2020 rief der Fiction-Koordinator der ARD Jörg Schönenborn einen “Paradigmenwechsel” auch für den Senderverbund aus, als er verkündete: “Online first” und die ARD eine Serienoffensive in ihrer Mediathek startete. In Anlehnung an die FDP-Devise ließe sich ergänzen: “Senioren second”.

      Neue Serien strahlt das Erste nach dem Start in der Mediathek zwar nach wie vor auch linear aus, aber manchmal erst zu nachtschlafender Zeit. “37 Sekunden” zum Beispiel, eine potenziell preiswürdige Produktion über eine junge Musikerin, die ihren Mentor wegen Vergewaltigung anzeigt, wurde im August erst ab 22.50 Uhr gezeigt. “Die nettesten Menschen der Welt”, eine originelle Mystery-Anthologie von Grimme-Preisträger Alexander Adolph, lief im Juli gar erst sonntags ab 0.05 Uhr, zu einer Zeit also, da die meisten Menschen längst im Bett sind.

      Der Medienwissenschaftler Gerd Hallenberger betrachtet so eine Programmierung als “reine Alibi-Ausstrahlung”. Er vermutet, dass man sich bei der ARD dachte: “So etwas wie die Mystery-Serie interessiert unser altes Publikum sowieso nicht.” Das sei eine “Frechheit”, meint Hallenberger: “Wer heute über 60 ist, hat seine Jugend in den 70ern verbracht, aber die ARD hat offenbar noch ein Altenbild aus den 50ern vor Augen. Für mich sind solche Sendetermine altersdiskriminierend.”

      ARD verteidigt späte Sendezeiten
       
      Eine Sprecherin der ARD-Programmdirektion rechtfertigt die späten Sendezeiten mit dem Hinweis, diese Serien seien gezielt für die Mediathek produziert worden. Sie richteten sich “vornehmlich an eine jüngere Zielgruppe, die wir dort ansprechen wollen”. Schließlich werde mit der Mediathek nachweislich ein anderes Publikum erreicht als mit dem linearen Fernsehen: “Deshalb setzen wir auch unterschiedliche Schwerpunkte in der Programmplanung für die beiden Ausspielwege. Die Angebote in der Mediathek sind zielgruppenspezifischer und diverser als die im Vollprogramm des Ersten.” Der Sendeplatz für “37 Sekunden” um 22.50 Uhr an zwei Dienstagen sei “prominent” gewesen.

      Im Ersten liefen jeweils drei Folgen der Serie an einem Abend hintereinander, die Sehbeteiligung sank am ersten Abend von gut 900.000 auf knapp 400.000 Zuschauer, am zweiten von knapp 500.000 auf knapp 300.000. In der Mediathek wurde die Serie bis Mitte November drei Millionen Mal aufgerufen.

      Die sechs Folgen von “Die nettesten Menschen der Welt” waren in der Mediathek weniger gefragt. Sie erreichten bis Mitte Oktober 650.000 Aufrufe. Die TV-Ausstrahlung startete am 13. Oktober um 0.05 Uhr mit 400.000 Zuschauern und und endete gegen zwei Uhr mit 140.000. Kaum besser erging es Axel Ranischs großartiger Serie “Nackt über Berlin”, in der zwei Jungs ihren Rektor entführen. Das Erste begann mit der Ausstrahlung am 13. Oktober um 22.35 Uhr, die letzte der sechs Folgen, die im Schnitt etwas mehr als 230.000 Zuschauer erreichten, endete um 3.15 Uhr. Immerhin zeigte Arte die Serie am 12. Oktober bereits ab 20.15 Uhr, dort schauten im Schnitt 90.000 Zuschauer zu. Die Entscheidung der ARD, “Nackt über Berlin” nicht zur Primetime auszustrahlen, ist allerdings aus Gründen des Jugendmedienschutzes nachvollziehbar. In den Mediatheken von ARD und Arte hatte die Serie 380.000 bis 200.000 Abrufe.

      En-bloc-Ausstrahlung in der Kritik
       
      Neben der späten Sendezeit kritisiert Hallenberger auch die von den Sendern als “Bingewatching” beworbene En-bloc-Ausstrahlung: “Wenn sämtliche Episoden am Stück ausgestrahlt werden, hat eine Serie eine viel kleinere Chance, wahrgenommen zu werden. Würde sie auf mehrere Abende verteilt, könnten Zufallseinschalter auf den Geschmack kommen und die verpassten Folgen in der Mediathek aufrufen. Je unüberschaubarer das Gesamtangebot an Bewegtbildern ist, umso wichtiger wird die Wahrnehmbarkeit.”

      Laut ARD sind 65 Prozent der Mediatheknutzer jünger als 60 Jahre. Damit sei das Verhältnis “fast genau umgekehrt zum klassischen Fernsehen”, sagt die Sprecherin der ARD-Programmdirektion. Aus Sicht des Senderverbunds ist die “Online first”-Strategie ein Erfolg. Als Beleg dient vor allem die Knastserie “Asbest”, die seit Januar in der ARD-Mediathek steht. In der Serie von Kida Khodr Ramadan landet ein talentierter Kicker nicht bei den Profis, sondern im Gefängnis. Linear wurde “Asbest” beim Digitalsender One versendet, in der Mediathek hatte die Serie laut ARD bis Oktober mehr als 9,2 Millionen Streamviews.

      Mit dem Format sei es gelungen, “ganz neue Nutzergruppen für die Mediathek zu begeistern und Menschen anzusprechen, die wir sonst nur sehr schwer erreichen, vor allem das junge, eher männliche migrantische Milieu, dessen Mitglieder nicht klassischerweise die ARD nutzen”, sagte die Sprecherin der ARD-Programmdirektion dem epd. “Wir hatten deutlich mehr Abrufe über Spielekonsolen und Smartphones als üblich.” Auch die Comedy-Serie “Almania”, die seit April in der Mediathek steht, sei mit 5,4 Millionen Streamviews sehr erfolgreich gewesen. Die mit großem Abstand erfolgreichste Serie in der ARD-Mediathek ist jedoch “Babylon Berlin”: Die 40 Folgen der bisherigen vier Staffeln sind insgesamt 85 Millionen Mal abgerufen worden.

      “Streamview” ist ein Begriff der Arbeitsgemeinschaft Fernsehforschung, Synonyme sind “Videoabruf”, “Videoaufruf” oder “Sichtung”. Gemessen wird der technische Aufruf eines Videos, es gibt also keine Mindestnutzungsdauer. Bei Serien liegt die durchschnittliche Verweildauer eines Aufrufs laut ARD-Mediaforschung bei rund 60 Prozent der Länge des jeweiligen Inhalts, das sei ein sehr guter Wert. Lediglich bei der ersten Folge sei sie etwas geringer, da probierten die Nutzer noch aus, ob ihnen ein Format zusagt. Insgesamt erreiche die ARD-Mediathek täglich 2,2 Millionen Menschen und verzeichne somit die größte Reichweite unter den Streamingportalen der deutschen Fernsehsender. Auch bei der täglichen Gesamtnutzung liege sie mit durchschnittlich 2,4 Millionen Stunden im zweiten Quartal des Jahres vor den Mitbewerbern.

      Strobl: “Online first” nicht seniorenfeindlich
       
      Kein Wunder, dass ARD-Programmdirektorin Christine Strobl die Strategie “Online first” verteidigt: “Um mit unseren Inhalten wieder alle Menschen zu erreichen, brauchen wir eine starke ARD-Mediathek mit einem eigenständigen Programmangebot. Relevante und hochwertige Serien tragen ganz wesentlich zum Erfolg der Mediathek bei.” Erfolge wie “Asbest” zeigten, “dass es sich lohnt, neue Wege einzuschlagen und mehr Vielfalt zu wagen”. Die Strategie “Online first” sei keineswegs seniorenfeindlich, sagt Strobl: “Unsere Programmreform betrifft das klassische Fernsehen genauso wie die Mediathek, beides ist uns sehr wichtig. Wenn wir Programm in die Mediathek einstellen, bevor wir es im Fernsehen zeigen, so entsteht daraus für die Fernsehzuschauerinnen und -zuschauer keinerlei Nachteil, im Gegenteil, es eröffnet ihnen eine zusätzliche Möglichkeit, das Programm in der Mediathek schon früher anzuschauen.”

      ZDF-Programmdirektorin Nadine Bilke argumentiert ähnlich: “Um unseren Auftrag zu erfüllen, müssen wir die Menschen dort erreichen, wo sie unsere Inhalte suchen.” Auch das ZDF verfolge daher die Strategie, “für Jüngere zunehmend fiktionale Inhalte mit Blick auf die ZDF-Mediathek und eine lineare Ausspielung bei ZDFneo herzustellen, denn in der Kombination der Ausspielwege können möglichst viele Menschen in Deutschland erreicht werden”. Auch der ältere Teil des Publikums nutze die Möglichkeit, Sendungen zeitversetzt anzuschauen, zunehmend. Sie versichert, das ZDF habe dennoch nicht vor, mit Streamingdiensten wie Netflix zu konkurrieren: “Als öffentlich-rechtlicher Sender haben wir einen ganz anderen Auftrag. Wir informieren, bilden und unterhalten.”

      Es gibt aber durchaus Menschen, die Mediatheken nur aus den entsprechenden Hinweisen im laufenden Programm kennen, wenn etwa beim Start einer neuen Serie mitgeteilt wird, dass sie bereits komplett in der Mediathek stehe. Teile des Publikums fühlen sich dann womöglich wie Zuschauer zweiter Klasse: Alle anderen können weiterschauen, sie müssen eine Woche auf die nächste Folge warten. Moderne Fernseher bieten zwar die Möglichkeit, mit einem Knopfdruck in die Mediathek zu wechseln, aber die Geräte sind längst nicht in jedem Haushalt mit dem Internet verbunden.

      Öffentlich-rechtliche Zweiklassengesellschaft?
       
      Der Medienwissenschaftler Marcus S. Kleiner warnt davor, das Stammpublikum aus dem Blick zu verlieren: “Sonst entsteht eine öffentlich-rechtliche Zweiklassengesellschaft, die vor allem dem älteren Publikum schadet.”

      Der Medienwissenschaftler Hallenberger merkt an: “Wer nicht haargenau weiß, was er sucht, wird es in der ARD-Mediathek nicht finden, denn wenn man bloß durch die verschiedenen Rubriken wandert, wird es schnell komplett unübersichtlich.” Als größtes Manko betrachtet der Medienwissenschaftler die Suchfunktion in der Mediathek: Je nach Begriff könne das Suchergebnis verwirrend umfangreich sein, “ganze Sendungen und einzelne Segmente werden kunterbunt durcheinander präsentiert”.

      Anders als der ARD-Zweitverwertungskanal One, den große Teile des Publikums vermutlich nicht mal dem Namen nach kennen, hat sich ZDFneo seit der Gründung im Jahr 2009 ein junges Image und eine gewisse Bekanntheit erworben. Zwar gilt auch in Mainz bei neuen Serien die Devise “Online first”, aber bei der TV-Ausstrahlung bei ZDFneo werden neue Serien oft bereits um 20.15 Uhr gezeigt.

      Hallenberger lässt das jedoch nicht gelten: “Die Fernsehgewohnheiten vieler Menschen orientieren sich nach wie vor am ‘Relevant Set’. Fernbedienungen haben in der Regel Tasten für die Programmplätze 1 bis 9. Ab 10 beginnt das Niemandsland. ZDFneo dürfte nur in den allerwenigsten Haushalten einen der ersten Plätze belegen.”

      Tatsächlich war der sechsteilige Psychothriller “Der Schatten” mit 4,3 Millionen Abrufen seit Juni in der ZDF-Mediathek ein großer Erfolg. Bei der Ausstrahlung bei ZDFneo hatten die sechs Folgen im Juni im Schnitt nur gut 180.000 Zuschauer, der Marktanteil lag mit 0,8 Prozent deutlich unter dem Senderschnitt, der in diesem Jahr bei 2,6 Prozent liegt. Bei der Wiederholung im ZDF an einem Donnerstag im August um 23.20 Uhr kamen die sechs Folgen im Schnitt auf 320.000 Zuschauer und einen Marktanteil von 6,3 Prozent.

      Die kurzweilige sechsteilige Comedy-Serie “Ready. Daddy. Go” über einen schwulen Single, der unbedingt Vater werden will, war bei ZDFneo mit 390.000 Zuschauern und 1,9 Prozent Marktanteil hingegen erfolgreicher als in der Mediathek, wo jede Folge bis Mitte November im Schnitt auf 157.000 Abrufe kam.

      Die linearen Sendeplätze, erläutert Florian Kumb, Leiter der ZDF-Hauptabteilung Programmplanung, “werden formatspezifisch festgelegt”. Dennoch könnten junge Serien durchaus auch bei ZDFneo reüssieren. Als Beleg dient ihm die zweite Staffel von “Doppelhaushälfte”, die bei der linearen Ausstrahlung im Schnitt auf 640.000 Zuschauer und einen Marktanteil von 2,7 Prozent kam. In der Mediathek verzeichneten die acht Episoden der Comedy-Serie bis Mitte November im Schnitt rund 420.000 Zuschauer. Die ZDF-Mediathek hat laut Kumb rund zwei Millionen tägliche Nutzerinnen und Nutzer, davon seien 68 Prozent unter 60 Jahre.

      Auch bei Privatsendern schauen immer mehr Ältere linear
       
      Auch bei den Privatsendern wird das Publikum, das linear schaut, immer älter. Im Fernsehen wolle der Sender in der Zielgruppe 14 bis 59 Jahre wachsen, sagt ein Sprecher. Das streamende Publikum bei RTL+ sei dagegen deutlich jünger: “Deshalb sind wir weitestgehend komplementär aufgestellt.” RTL+ biete “sehr junge Dating-Reality” wie “Temptation Island” oder “Princess Charming” und erreiche damit “eine große, junge Fanbase”. Im linearen Fernsehen würde RTL diese Programme am Publikum vorbeisenden.

      Andere Reality-Formate wie “Der Bachelor” oder “Die Bachelorette” liefen auf RTL+ ebenfalls erfolgreicher als im Fernsehen, sagt der Sprecher. Im linearen Programm setze RTL vermehrt auf Krimireihen und wolle den “Tödlichen Dienst-Tag” ausbauen. Beim größtenteils kostenpflichtigen RTL+ wolle das Unternehmen dagegen “mit aus der Masse herausstechenden Must-See-Inhalten punkten, die mit einer auffälligen Prämisse oder ganz besonderen Schauwerten, vor allem aber immer mit einem besonderen Unterhaltungsversprechen daherkommen”. Auch Serien wie “Der König von Palma” und “Sisi” seien bei RTL+ signifikant erfolgreicher gewesen als bei der TV-Ausstrahlung. Genaue Abrufzahlen nannte der Sprecher jedoch nicht.

      Größter Konkurrent für RTL+ ist vermutlich nicht Netflix oder Prime Video, sondern Joyn. Der Streaminganbieter von ProSiebenSat.1 soll nach Angaben des Ende Oktober ausgeschiedenen Geschäftsführers Tassilo Raesig “die Entertainment- und Lifestyle-Marke Nummer eins für die ganze Familie werden: für Kinder, die GenZ, Erwachsene und Best Ager”. Joyn wird von ProSiebenSat.1 kostenlos angeboten, das Zusatzangebot JoynPlus ist dagegen kostenpflichtig.

      Joyn will Angebot vollständig integrieren
       
      Joyn bietet nach Angaben von ProSiebenSat.1 nicht nur klassisches Mediathekenangebot, sondern auch Live-TV von mehr als 65 Sendern. Beide Nutzungsarten erfreuten sich großer Beliebtheit. In den kommenden Monaten seien Markenverlängerungen bekannter TV-Formate geplant, zum Beispiel “Quiz Taxi – Joyn Edition” oder “The Voice Rap”. Darüber hinaus werde es deutlich mehr eigene Reality-Formate sowie weitere Nachrichten- und Sportangebote geben. Die Eigenproduktionen müssten in erster Linie für die Joyn-Nutzer attraktiv sein. Überzeugen sie dann auch noch linear, sei das ein willkommener Bonus, der aber nicht über Erfolg oder Misserfolg eines Formats entscheide.

      Joyn will nach Angaben des Unternehmens “die Grenzen von linearem Fernsehen, Fernsehen auf Abruf und Social Media” aufheben um ein vollständig integriertes und immersives Angebot zu schaffen”. Auf diese Weise soll die Reichweite von Joyn in den nächsten zwei Jahren verdoppelt werden. Im zweiten Quartal hat das Angebot laut Raesig mehr als 7,5 Millionen “Monthly Active User” erreicht, Menschen also, die im Lauf von 30 Tagen mindestens einmal aktiv auf Joyn waren. Mit Ausnahme der Comedy-Serie “jerks.” sind die erfolgreichsten Joyn-Formate allerdings bekannte Fernsehmarken: “Germany’s Next Topmodel”, “Wer stiehlt mir die Show?” und “The Voice Kids”.

      Die Funktion der Mediatheken im Internet hat sich also deutlich verändert. Früher boten sie die Möglichkeit, verpasste Sendungen nachzuholen. Das gilt natürlich immer noch, aber die Öffentlichkeitsarbeit gerade der ARD lässt die Mediathek vor allem als Premierenplatz erscheinen. Das wirkt wie eine Abwertung der linearen Ausstrahlung. Allerdings gibt es eine prominente Ausnahme: “Tatort” und “Polizeiruf 110” sind nicht vorab zu sehen. Die ARD-Sprecherin sagt, es sei “ein lieb gewordenes Ritual, sich den Sonntagskrimi im Fernsehen anzusehen und sich danach über das Gesehene auszutauschen. Mit dieser Tradition wollen wir durch eine Online-first-Platzierung derzeit nicht brechen.”

      (Foto: Tomas Anderson | Zoonar / Picture Alliance)

      Alle Beiträge aus der Reihe “Das Beste aus epd Medien bei turi2” >>>

    • Meistgeklickter Kopf gestern war Christine Strobl.

      Meistgeklickter Kopf gestern war Christine Strobl. Nach der ARD-Programmchefin kommt im Ranking die Comedienne Parshad Esmaeili, die im Zett-Interview u.a. über Hass auf Social Media und Mobbing spricht. Viktoria Lauterbach, Ehefrau und Managerin von Heiner Lauterbach, ist die Dritte im Bunde.
      turi2.de/koepfe (meistgeklickte Köpfe am 05.11.2023)

    • ARD, ORF und SRF wollen Kooperation intensivieren.

      Unter einem DACH: Die ARD, der ORF und der SRF wollen mehr zusammen­arbeiten und jährlich Projekte im Umfang von 140 Mio Euro umsetzen. Man weite “bestehende Kooperationen auf alle Programm­genres aus”, lässt ARD-Programm­chefin Christine Strobl nach einer Koproduktions­tagung in München wissen. Neu hinzu­kommen sollen u.a. Serien, Natur­filme sowie Wissens- und Kultur­formate.
      presseportal.de

    • Wir graturilieren den Geburtstagskindern am Wochenende.

      Wir graturilieren den Geburts­tags­kindern am Wochen­ende: Am Samstag gratulieren wir Christine Strobl, Programm­direktorin der ARD, zu ihrem 52. Geburts­tag. Klambt-Verleger Lars Joachim Rose feiert seinen 54. Ehren­tag. Tina Beuchler, Trans­formations­chefin des Lebens­mittel­riesen Nestlé in Europa, wird am Samstag 57 Jahre. Am Sonntag wünschen wir RTL-Deutschland-Chef und Bertelsmann-Boss Thomas Rabe alles Gute zu seinem 58. Geburtstag.

    • ARD bestätigt: Caren Miosga folgt auf Anne Will, neue Jobs für Jessy Wellmer und Lea Wagner.


      Moderatorin wechsel dich: Die ARD bestätigt die Gerüchte um die Nachfolge von Sonntags-Talkerin Anne Will. Ab 2024 übernimmt Caren Miosga (Foto, v.l.) den politischen Talk im Ersten. Ihren Posten bei den “Tages­themen” bekommt Jessy Wellmer. Deren Aufgabe bei der “Sportschau” wiederum übernimmt Lea Wagner, die bereits bei der Katar-WM im Einsatz war. Zugleich sollen die Talk-Sendungen “Maischberger” und “Hart aber fair” weiter­entwickelt werden. Ziel sei es, “Gesprächs­formen und Gäste­auswahl voneinander abzugrenzen”, sagt ARD-Programm­direktorin Christine Strobl. Louis Klamroth soll mit “Hart aber fair” ein jüngeres Publikum in die ARD-Mediathek locken. Sandra Maischberger soll zusätzlich zu den Folgen am Dienstag und Mittwoch weitere Sende­termine unter der Woche bekommen. (Fotos: ARD)
      presseportal.de, dwdl.de

    • Journalistische Grenzgänge – Janis Brinkmann über subjektiven Journalismus in Funk-Reportagen.


      Junge Forschung: Kommunikations­wissenschaftler Janis Brinkmann analysiert in
      einer Studie mehr als 1.000 Reportagen des Online-Jugend­angebots Funk von ARD und ZDF. Die Beiträge seien innovativ und “ergänzen den vermeintlich objektiven Informations- und Nachrichten­journalismus erzählerisch und emotional”, schreibt er bei epd Medien. Die Reportagen seien jedoch thematisch und geografisch teilweise unausgewogen und weisen ähnliche blinde Flecken auf wie traditionelle Medien. turi2 veröffentlicht den Beitrag in der wöchentlichen Reihe Das Beste von epd Medien bei turi2.

      Von Janis Brinkmann / epd Medien

      Ein Reporter betrinkt sich vor laufender Kamera, um an sich selbst zu testen, wie Alkohol wirkt. Eine Reporterin verkauft ihre getragenen Socken online. Ein anderer Reporter löscht Kinderpornos aus dem Netz und eine weitere Reporterin jagt Männer, die auf Festivals Frauen mit kleinen Kameras auf Toiletten bespannen. Die Liste von Beispielen aus Reportagen, die auf aktive Reporterinnen und Reporter und deren Haltungen, Gefühle und persönliche Perspektiven setzen, ist lang beim Jugendangebot Funk von ARD und ZDF. Seit 2016 ist die Zahl der sogenannten Presenter-Formate für junge Zielgruppen zwischen 14 und 29 Jahren in dem Content-Netzwerk kontinuierlich gewachsen. Der Ausstoß an Reportagen mit Titeln wie Alkohol – Besoffen am Ballermann, verkatert zur Suchtberatung (“Y-Kollektiv”), Fetisch Selbstversuch: Cash für getragene Unterwäsche? (“Reporter”), Pädokriminelle Foren: Warum löscht niemand die Aufnahmen? oder Spannervideos: Wer filmt Frauen auf Toiletten? (beide “STRG_F”) ist entsprechend hoch.

      Auch wenn die Reportage-Formate “STRG_F”, “Y-Kollektiv”, “Reporter”, “Follow.me Reports” oder “Die Frage” vielen älteren Mediennutzern nichts sagen werden, knacken sie in den jungen Zielgruppen der Generationen X, Y und Z auf Youtube mühelos die Marke von mehr als fünf, manchmal bis zu sechs Millionen Aufrufen. Kanäle wie “STRG_F” oder “Y-Kollektiv” haben Journalistenpreise gewonnen und werden inzwischen von mehr als einer Million Nutzerinnen und Nutzern abonniert.

      Angriff oder Verteidigung?
       
      Eine solche Reichweite, von der etablierte öffentlich-rechtliche Magazinsendungen in sozialen Netzwerken oft träumen, steht aber in einem frappierenden Missverhältnis zur Aufmerksamkeit, die den Formaten in der medienjournalistischen Berichterstattung und auch in der Journalismusforschung lange entgegengebracht wurde. Für die Studie Journalistische Grenzgänger – Wie die Reportage-Formate von Funk Wirklichkeit konstruieren, die die Otto-Brenner-Stiftung Ende Mai veröffentlichte, habe ich diese Presenter-Reportagen genauer untersucht.

      Das Thema rückte damit auch in den Fokus medialer Aufmerksamkeit – unter anderem kam es zu einem Streitgespräch über die Relevanz der Ergebnisse zwischen NDR-Redakteurin Anja Reschke, WDR-Redakteur Georg Restle, Thilo Jung (“Jung und naiv”) sowie ARD-Programmdirektorin Christine Strobl auf der Re:publica. Viele Zeitungen und öffentlich-rechtliche Medienmagazine berichteten über die Studie, ihre Ergebnisse und deren Aussagekraft für den Journalismus der betreffenden Formate von Funk wurde breit diskutiert. Dazu gehört auch, dass viele Medienjournalisten die Interpretation der Resultate mit einem eigenen Spin versahen – offenbar je nach persönlicher Einstellung zu subjektiven Formen des Journalismus (die von “pfui” bis “cool” reichen) oder ihrer Haltung (beziehungsweise der der jeweiligen Medienhäuser) zum öffentlich-rechtlichen Rundfunk, bei dem das medienjournalistische Meinungsspektrum ähnlich gelagert zu sein scheint. So wurde die Studie wahlweise als “Verteidigung” der Formate gewertet oder als “Angriff” oder “Rüge”.

      Die intendierte konstruktive Kritik kam offenbar auch bei der Funk-Programmdirektion in Mainz nicht so richtig an, wo man sich wohl auf den Schlips getreten fühlte, weil sich ein Wissenschaftler mit Teilen ihres Programms beschäftigte. Dass das öffentlich-rechtliche Content-Netzwerk und einige seiner journalistischen Flaggschiffe hochrelevante Forschungsgegenstände der Journalistik sind, die durch die Studie eher ins Rampenlicht als ins Fadenkreuz geraten, sickert erst langsam in die Debatte ein.

      Die Studie wertet 1.155 Videos aus, die zwischen 2016 und April 2022 auf den Youtube-Kanälen “Y-Kollektiv”, “STRG_F”, “Reporter”, “Follow me.Reports” und “Die Frage” veröffentlicht wurden. Die Ergebnisse weisen recht eindeutig in eine Richtung: Während erzählerische Tiefe und authentische Subjektivität manche der Formate als Qualitätsjournalismus eines neuen Typs ausweisen und aus dem radikal subjektiven New Journalism entlehnte Charakteristika unter den Bedingungen von Social Media für junge Zielgruppen kreativ interpretieren, sind die Themen der Reportagen thematisch und geografisch teilweise unausgewogen. Sie weisen erstaunlicherweise ähnliche blinde Flecken auf wie traditionelle Medienangebote. Die Formate bieten also sowohl Anlass, um für ihre explizite Subjektivität entweder als authentisch gefeiert oder als einseitig getadelt zu werden – je nach Perspektive und, nun ja, Haltung der Kritiker. Die folgenden drei Beispiele, die sich auch in der Studie finden, illustrieren dieses Spannungsfeld:

      Persönliche Gefühle
       
      Anschaulich wird der sehr subjektive Zugang der Reportagen in der persönlichen “Mini-Geschichte” zum Einstieg des “Reporter-Beitrags” Ich benutze keine Tampons, in dem Reporterin Svenja Kellersohn in das journalistische “Selbstexperiment Free Bleeding” vor der Kamera einführt: “Immer wenn ich unterwegs bin und plötzlich meine Tage bekomme, hab ich meist so einen kleinen Panic-Moment, weil ich mich dann frage: ‘Hab‘ ich Tampons dabei (…)? Das sind übrigens alles Dinge, die Personen, die ‘Free Bleeding’ praktizieren, gar nicht brauchen. Beim Free Bleeding wird nämlich auf Binden, Tassen, Tampons verzichtet. (…) Fragt ihr euch: Warum machen die das eigentlich? Einige erzählen, dass sie Free Bleeding praktizieren, weil sie so ihre Menstruationsschmerzen verringern können. Andere haben dadurch ein besseres Körpergefühl. Wieder andere praktizieren Free Bleeding, weil sie dadurch Müll reduzieren können. Ich will herausfinden, ob das bei mir auch funktioniert und ob das überhaupt alltagstauglich ist.”

      Auch Reporterin “Klein aber Hannah” führt in den “Follow me.Reports”-Beitrag Angst vor Obdachlosen? Hanna in der Obdachlosenhilfe mit ihren persönlichen Gefühlen und Empfindungen zum Thema ein: “Heute geht’s bei ‘Follow me.Reports’ um das Thema Obdachlosigkeit. Vielleicht könnt ihr’s sehen, ich frier schon richtig doll. Es wird langsam Winter. Und leider haben nicht alle von uns ein warmes Zuhause. Ich merk das auf dem Weg zur Arbeit, ich seh überall Obdachlose. In der U-Bahn, auf der Straße. Ich muss ehrlich sagen, ich hab Berührungsängste. Ich geb manchmal Geld, aber ich hab das Gefühl, ich könnte noch mehr tun, aber ich weiß nicht, was. Dieser Frage geh ich heute auf den Grund: Was kann ich beziehungsweise was können wir tun, um diesen Menschen in Not besser zu helfen?”

      Wie persönlich die Reporter auch vermeintliche “Tabus” thematisieren, um, wie “Y-Kollektiv”-Reporter David Donschen beim Thema Erektionsstörungen bei jungen Männern eine gesellschaftliche “Stigmatisierung” zu vermeiden, unterstreicht der folgende Einstieg im On-Presenting: “Erkennt ihr? Klein und blau. Das ist eine Potenzpille. Und die besitze ich, weil ich ab und zu Erektionsstörungen habe. Bei mir ist das kein körperliches Problem, sondern eine reine Kopfsache. Bei mir funktioniert es unten immer dann nicht, wenn ich krass Druck verspüre oder auch Stress habe. Warum erzähl ich das ausgerechnet hier auf YouTube? Ich will mit dem Stigma brechen. Ich weiß, dass es nicht nur mir so geht, sondern vielen jungen Männern. Die kriegen nämlich auch keinen hoch, weil da oben in der Birne irgendwas blockiert.”

      Kleiner Ausschnitt
       
      Welcher der subjektiven Zugänge journalistisch opportun oder legitim ist und welcher nicht, kann und soll die Studie nicht klären. Wie die Formate Journalismus praktizieren und was sie leisten, wird gegenwärtig in einer Folgestudie erforscht. Die Studie will vielmehr zunächst anhand von quantitativ auszuwertenden Kategorien darauf schließen, wie die untersuchten Funk-Reportagen soziale Wirklichkeit konstruieren. Dieser Begriff klingt möglicherweise anrüchiger, als er manchmal in der Journalistik wahrgenommen wird: Journalistinnen konstruieren durch ihre Arbeit und deren Produkte ständig (und oft unbewusst und nicht intendiert) Realität. Sie stellen eine Version der Wirklichkeit dar, anstatt diese abzubilden. Eine konstruktivistisch geprägte Journalistik, die in Deutschland in den 90er Jahren unter anderem Klaus Merten, Siegfried J. Schmidt und Siegfried Weischenberg prägten und von Bernhard Pörksen handlungstheoretisch weiterentwickelt wurde, versteht journalistische Konstruktion von Wirklichkeit – anders als etwa Inszenierung oder gar Manipulation – nicht als per se verwerflich.

      Die untersuchten Presenter-Formate der Funk-Kategorien “Information” und “Reportage” bilden nur einen kleinen Ausschnitt des sehr viel reichhaltigeren Angebots von Funk. Die Kernergebnisse der Studie sagen daher nur wenig über das Gesamtangebot aus. Sie lassen sich wie folgt zusammenfassen:

      Themen: Der thematische Schwerpunkt der Funk-Reportagen liegt formatübergreifend weniger auf gesellschaftlichen Themen wie Politik oder Wirtschaft (26,8 %) als vielmehr auf Lebensweltthemen (52,2 %) mit einer hohen Bedeutung für die junge Zielgruppe (zum Beispiel Sexualität, Drogen, Gesundheit/Krankheit und insbesondere Jobs/Berufe). Insgesamt ist das Themenspektrum aber breit ausdifferenziert.

      Thematisierung: Als Strategien der Zielgruppenansprache bedienen sich die Reportagen ganz überwiegend (zu 90,6 %) einer gefühlsorientierten Thematisierung, deutlich seltener einer skandalorientierten (nur 5,9 %).

      Berichterstattungsmuster: Zu dieser emotional-erzählerischen Ansprache passt auch, dass eine aktualisierte Form des subjektiven New Journalism als Berichterstattungsmuster klar dominiert (79 %), während klassisch narrative (8,6 %) und investigative Muster (5,1 %), die beide auch für den New Journalism charakteristisch sind, deutlich seltener allein auftreten und andere journalistische Konzepte quasi nicht vorkommen.

      Darstellungsformen: Wie aufgrund der Auswahl der Reporter-Formate als Untersuchungsgegenstände zu erwarten, ist die Reportage die dominante Darstellungsform (79,6 %), sie wird aber durch Elemente des Interviews vielfach zu einem narrativ-dialogischen Hybrid ausgeformt. Sehr häufig sind Personenporträts, Milieu- und Rollenspiel-Reportagen wie Selbstversuche. In 95,7 % der untersuchten Reportagen äußern die Reporter und Reporterinnen ihre Meinung vor der Kamera.

      Quellen und Akteure: Eine breite Auswahl verschiedener Quellen ist in den Reportagen selbst nicht erkennbar: Stattdessen sind in vier von fünf Beiträgen der untersuchten Funk-Formate (80,3 %) entweder Protagonist:innen oder Reporter:innen die zentralen Informationsquellen. Andere Quellen, insbesondere non-personale Quellen wie Dokumente, werden dagegen deutlich seltener sichtbar in die Reportagen eingebunden, regelmäßig aber unter den Videos verlinkt. Reporter und Protagonisten dominieren nicht nur als Informationsquellen, sondern sind auch die hauptsächlich handelnden Akteure in den Filmen, während Expertinnen, Vertreter des Staates oder der Zivilgesellschaft deutlich seltener als Handelnde auftreten.

      Länder und Orte: Deutschland ist mit 85,9 % eindeutig das zentrale Ereignisland. Über Themen mit Auslandsbezug berichten nennenswert nur “Y-Kollektiv” (28,1 %) und “STRG_F” (24,9 %). Während ein Drittel aller Beiträge bundesweit spielt, dominieren die jeweiligen Produktionssitze der untersuchten Funk-Formate die gewählten Orte der Berichterstattung: Berlin, Nordrhein-Westfalen, Hamburg und Bayern kommen deutlich häufiger vor als die ostdeutschen Bundesländer. Die meisten Themen sind zudem in westdeutschen Großstädten angesiedelt, kleine und mittlere Städte sowie Dörfer sind dagegen nur in rund elf Prozent der untersuchten Beiträge Orte des Geschehens.

      Ereignisbewertung: Anders als aufgrund der publizistischen Mechanismen sozialer Medien zur Gewinnung von Aufmerksamkeit zu erwarten, wird die prozentuale Mehrheit der behandelten Themen/Ereignisse nicht negativ (38,3 %), sondern neutral bewertet (45,5 %). Auffällig sind die Unterschiede zwischen den Formaten: Die investigativen “STRG_F”- und “Y-Kollektiv”-Beiträge zeigen eine absolute Mehrheit negativer Beiträge, während beispielsweise bei “Follow me.Reports” jeder dritte Beitrag sein Thema positiv rahmt und “Die Frage” mit 83,3 % in vier von fünf Beiträgen eine neutrale beziehungsweise ausgeglichene Perspektive wählt.

      Tendenz: In mehr als 97 % aller Beiträge ist eine subjektive Tendenz (oft durch die Reporter:innen) erkennbar, eine objektive Thematisierung wurde kaum vorgenommen (in weniger als 3 % der Beiträge), was auf eine insgesamt radikal subjektive Perspektive deutet.

      Qualität: Formatübergreifend sind insbesondere Authentizität (90,6 %), Partizipativität (82,9 %), Emotionalität und Exklusivität (beide 78,1 %) sowie Narrativität (69,5 %) stark ausgeprägt. Damit werden eher unterhaltende, erzählende und gefühlsorientierte Kriterien erfüllt. Transparenz, Nutzwert und Reflexivität sind hingegen in der Mehrheit der Beiträge nicht gegeben, auch Ansprüche an Relevanz und Vielfalt können in einem maßgeblichen Teil der Beiträge (in jedem vierten beziehungsweise jedem dritten Beitrag) nicht eingelöst werden.

      Die journalistische Konstruktion gesellschaftlicher Wirklichkeit erfolgt in den Reportagen der untersuchten Funk-Formate also überwiegend über Lebensweltthemen, die gefühlsorientiert an die jungen Zielgruppen vermittelt werden. Durch Interviews hybridisierte Reportagen, die sich vor allem Personen, sozialen Milieus und journalistischen Selbstversuchen widmen, nutzen die Konstellation aus Reportern und Protagonistinnen, um Geschichten, die mehrheitlich in deutschen Großstädten spielen, aus einer stark subjektiven Perspektive zu erzählen.

      Der New Journalism prägt als dominantes Berichterstattungsmuster die Wirklichkeitskonstruktion der Reportage-Formate von Funk, er wurde unter den Bedingungen von Social Media jedoch für die junge Zielgruppe der 14- bis 29-Jährigen aktualisiert und für Web-Video-Formate modifiziert, zum Beispiel über die aktive Rolle von Reportern im On oder Aufrufe an das Publikum zur Kommentierung der Inhalte am Ende eines Beitrags.

      Ein weiteres Ergebnis der Studie ist, dass man die Presenter-Formate bei Funk differenziert betrachten muss. Sie verfügen weder über vergleichbare Ressourcen und redaktionelle Strukturen noch richten sie sich an identische Zielgruppen: “STRG_F” ist eher für ein älteres Publikum gedacht, “Follow me.Reports” eher für jüngere Nutzer.

      Protagonistengetriebene Formate
       
      Innerhalb der Funk-Presenter-Formate kristallisieren sich zwei Formen von Social-Web-Presenter-Reportagen heraus: Reporter-getriebene Formate wie “Y-Kollektiv” und “STRG_F” setzen eher auf sogenannte harte Gesellschaftsthemen, gehen manchmal investigativ vor, erkunden Milieus und berichten über politische Ereignisse. Sie stellen Auslandsbezüge her, die Reporter stehen als zentrale Akteure und Informationsquellen im Mittelpunkt der Filme. Sie sind daher von der Subjektivität der Autoren geprägt.

      Protagonistengetriebene Formate wie “Follow me.Reports” und “Die Frage” thematisieren konsequenter Lebenswelt- und Zielgruppenthemen, porträtieren Menschen und deren Einzelschicksale fast ausschließlich in Deutschland und zeigen häufiger journalistische Selbstversuche. Ihre zentralen Akteure und Informationsquellen sind Protagonisten, die von den Hosts in Hybrid-Formaten aus Interview und Reportage zu ihren emotionalen Geschichten befragt und begleitet werden. Die von diesen Formaten abgebildete Realität wird daher eher durch eine Quellen- oder Protagonisten-Subjektivität konstruiert. Mit Abstrichen fällt auch das Format “Reporter” in diese Kategorie, da es in den zentralen Merkmalen eine größere Nähe zu “Follow me.reports” und “Die Frage” aufweist.

      Innovative Nischenangebote
       
      Die mediale wie wissenschaftliche Diskussion über solche Formate des subjektiven Journalismus wird bisher überwiegend polarisiert geführt: Auf der einen Seite stehen die, die beißend kritisieren, die Presenter-Reportagen verstießen eklatant gegen journalistische Objektivitätsideale, sie seien eine Verschwendung von Beitragsgeld und würden dem öffentlich-rechtlichen Informationsauftrag nicht entsprechen. Auf der anderen Seite steht eine unkritische Rezeption, die in den Formaten die einzige Möglichkeit sieht, junge Zielgruppen für öffentlich-rechtlichen Content zu gewinnen. Argumentiert wird häufig, dieser Zweck rechtfertige die Machart und die Abhängigkeit von US-amerikanischen Großkonzernen als Distributoren in jedem Fall.

      Doch im Sinne einer Weiterentwicklung der Formate und des Journalismus insgesamt wäre eine dritte Sichtweise hilfreich: “STRG_F”, “Y-Kollektiv” und andere Formate dieser Art sind innovative Nischenangebote für junge Menschen. Sie ergänzen den vermeintlich objektiven Informations- und Nachrichtenjournalismus erzählerisch und emotional. Sie dürfen, ja müssen sich weiterentwickeln, wachsen und über die Stränge schlagen. Wie ihr Publikum sind sie im besten Sinn jung. Sie dürfen, ja müssen sich journalistisch weiterentwickeln, wachsen und über die Stränge schlagen.

      (Foto links: Maurizio Gambarini / dpa / Picture Alliance)

      Alle Beiträge aus der Reihe “Das Beste aus epd Medien bei turi2” >>>

    • Lese-Tipp: Die ARD ist “Weltmeister im Einrichten von Arbeitsgruppen”, sagt Christine Strobl.

      Lese-Tipp: Die ARD ist “durch­aus Welt­meister im Ein­richten von Arbeits­gruppen”, sagt Programm­direktorin Christine Strobl (Foto) bei DWDL zu Thomas Lückerath. Im Doppel-Interview neben Katja Wildermuth kündigt Strobl an: “Statt Masse in der Information wollen wir explizit im Dokumentarischen gezielt Ausrufe­zeichen setzen.” Eine Aufgabe der sogenannten Koordination Dokumentation sei es, Doppelungen in den regionalen Programmen zu vermeiden.
      dwdl.de

    • In der Nische: Tilmann Gangloff über verschwindendes Kinderfernsehen.


       
      Wenig Aufmerksamkeit: Die Mediennutzung von Kindern hat sich gewandelt. Auch der Nachwuchs nutzt das Internet und soziale Netzwerke, um Inhalte zu sehen, die die Kinder interessieren. Dennoch bleibt das Kinder­fernsehen ein wichtiger, verlässlicher Ankerpunkt. Doch Sendungen für Kinder müssen um Aufmerksamkeit kämpfen, schreibt Tilmann Gangloff bei
      epd Medien. Nach Meinung der Programm­macherinnen geht es heut­zutage vor allem darum, Kindern eine digitale Heimat zu bieten. turi2 veröffentlicht den Beitrag in der wöchentlichen Reihe Das Beste von epd Medien bei turi2.
       
      Von Tilmann Gangloff / epd Medien
       
      “Kinder sind unsere Zukunft”, heißt es gern in politischen Sonntagsreden. Die Botschaft soll beruhigen, vor allem die Eltern: Keine Sorge, wir kümmern uns. Kinder sind jedoch nicht Zukunft, sondern Gegenwart. In der Zukunft müssen sie all das ausbaden, was ihre Eltern und Großeltern verbockt haben, aber in der Gegenwart haben sie keine Lobby, weil sie, wie Medienwissenschaftler Gerd Hallenberger lakonisch feststellt, “keine Autos kaufen”.

      Maya Götz sieht die Wurzeln des Missstands allerdings nicht in der Ökonomie, sondern in der Politik. Diese Haltung, sagt die Leiterin des beim Bayerischen Rundfunk angesiedelten Internationalen Zentral­instituts für das Jugend- und Bildungs­fernsehen (IZI), “ist in Deutschland institutionell so tief verankert, dass die Gesellschaft gar nicht merkt, wie kinder­feindlich sie ist. Natürlich gibt es Institutionen, die auf Kinderarmut, Kinderpornografie oder Kinder als Opfer häuslicher Gewalt hinweisen. Das sorgt dann jedes Mal für Schockmomente und löst Entrüstung aus, ändert aber nichts an der Grundproblematik. Dass Kinder in vielerlei Hinsicht Opfer sind, wird nicht in politisches Handeln übertragen.”

      Die Perspektive der Kinder

      Kein Wunder also, “dass die Bedürfnisse, Fähigkeiten und Vorlieben von Kindern in unserer Gesellschaft zu wenig berücksichtigt werden”, wie Margret Albers feststellt. Die frühere Leiterin des Kindermedienfestivals Goldener Spatz ist heute Präsidentin der European Children’s Film Association (ECFA). Ihr Beleg für dieses Denken sind die Schulferien: “Länge und Terminierung haben nichts mit der Lernkurve von Kindern zu tun, sondern ihren Ursprung insbesondere darin, dass in vorindustrieller Zeit Kinder als Arbeitskräfte auf dem Feld gebraucht wurden. Dass daran im 21. Jahrhundert noch festgehalten wird, ist erschütternd und macht die Unsichtbarkeit von Kindern im gesellschaftlichen Diskurs überdeutlich.”

      Das spiegelt sich auch im Fernsehen wider. “Kinderprogramm führt im medialen Gesamtangebot nach wie vor ein Nischendasein”, sagt Udo Hahn, Direktor der Evangelischen Akademie Tutzing und Vorsitzender der Jury Kindermedien beim Robert Geisendörfer Preis, dem Medienpreis der Evangelischen Kirche. Selbstverständlich habe diese Altersgruppe Anspruch auf ein qualitätvolles Angebot, doch in der Praxis sei das wenig wert, wie die Entwicklung der letzten Jahre zeige. Daran ändere auch der Kika nichts. “Dass die Interessen von Kindern wenig Beachtung finden, ist ein Grundübel unserer Gesellschaft.” Das habe auch die Bekämpfung der Pandemie vor Augen geführt: “Die Rechte von Kindern werden allzu oft ignoriert. Was nicht mit Blick auf ihre medialen Bedürfnisse initiiert wird, hat negative Auswirkungen auf ihre Entwicklung. Neben einer entsprechenden finanziellen Ausstattung braucht es die Förderung von Projekten, die Kinder in ihrer Lebenswelt ansprechen, eine kindgerechte Perspektive einnehmen und Bildung und Unterhaltung besser verknüpfen.”

      Medienwissenschaftler Hallenberger sagt: “Je mehr Geld eine Gesellschaft in die Bildung steckt, desto mehr fördert sie damit Kreativität und das Denken in Alternativen sowie als Konsequenz zukünftigen gesellschaftlichen Zusammenhalt und zukünftige Lebensqualität. Fernsehen für Kinder ist immer auch Bildungs­fernsehen, denn alle ihre Fernseher­lebnisse tragen zur Erweiterung ihres Weltwissens bei, in allen Genres.” Auch in Deutschland würden Angebote gefördert, die Spaß und Lern­effekte verbinden. Trotzdem sei die Alters­gruppe bei uns “so wenig wohl­gelitten wie in wohl keinem anderen europäischen Land”.

      Götz benennt als Problem auch die konservative Familien­politik gerade der Unions­parteien, der zufolge Familie und Kinder “nicht besonders gefördert werden oder institutionell eine Stimme haben müssen”. Diese Haltung habe nahezu alle gesellschaftlichen Bereiche geprägt, auch und gerade die Medien; Götz spricht von “Bewahrpädagogik”. Ende der 50er Jahre hatten Kinder selbst in Begleitung Erwachsener erst mit sechs Jahren Zutritt zu Kinos. Die ARD legte daher 1958 fest: Auch im Fernsehen wird Vorschul­kindern kein Programm angeboten. Kinder­fernsehen gab es allerdings durchaus, bereits seit April 1951: Die Psychologin Ilse Obrig führte in ihrer Sendung “Kinderstunde mit Dr. Ilse Obrig” Basteleien und Spiele vor. Kinder­fernsehen sollte einen Nutzwert haben, allenfalls Puppen­spiele durften der reinen Unterhaltung genügen.

      Gut 70 Jahre später sieht das anders aus. Auch öffentlich-rechtliches Kinder­fernsehen dient größtenteils dem Zeitvertreib, seit dem Start des Kinder­kanals am 1. Januar 1997 sogar fast rund um die Uhr. Dennoch gibt es Menschen, die behaupten, der Kika sei gegründet worden, weil das Kinder­fernsehen in den beiden Haupt­programmen zunehmend als Störfaktor empfunden worden sei.

      Die Direktorin des Grimme-Instituts Frauke Gerlach weist jedoch auf einen Vorteil hin: “Eltern wissen, wo sie zuverlässig qualitäts­orientiertes Kinder­fernsehen finden, der Kika ist in dieser Hinsicht eine gute Adresse. Allerdings kritisiert auch sie die zunehmende Verspartung und Segmentierung.” Zufällige Begegnungen mit dem Kinder­fernsehen seien heute nicht mehr möglich: “Der gleiche Effekt ergibt sich bei Angeboten, die durch Algorithmen auf die individuellen Sehgewohnheiten zugeschnitten sind.”

      Wenig Expertise

      Mit der Gründung des Kinderkanals ist daher auch das Kinderprogramm aus der öffentlichen Wahrnehmung verschwunden, auch wenn Albers anmerkt, das Kinderfernsehen sei auch früher meist erst dann in den Blick der Öffentlichkeit geraten, “wenn es skandalisiert wurde”, etwa bei den Diskussionen um die Serien “Power Rangers” und “Teletubbies”. Dass das audiovisuelle Angebot für Kinder heutzutage so reich und vielseitig sei wie nie und auf zahlreichen Plattformen zugänglich, “ist dagegen keine Meldung wert”. Dies könne aber auch daran liegen, dass sich das Fernsehen generell in der Kulturöffentlichkeit der Feuilletons schwertut.

      Auch Gerlach bezweifelt, dass das Kinderfernsehen vor 15 Jahren in der Öffentlichkeit präsenter war als heute, sie weist aber auf eine grundlegende Veränderung der Medien­landschaft hin: “Damals gab es eine viel umfassendere medien­kritische Auseinander­setzung. Mittlerweile ist die Berufs­gruppe Medien­journalismus deutlich kleiner geworden, weil die Zahl der Medien­seiten in den Qualitäts­zeitungen stark abgenommen hat. Dort wird der Fokus natürlich eher auf Produktionen für Erwachsene gelegt: neue Serien, neue Mehrteiler und an jedem Wochenende der neue ‘Tatort’.”

      Und Michael Stumpf, Leiter der ZDF-Hauptredaktion Kinder und Jugend, stellt fest: “Die Berichterstattung über Kindermedien trifft auf eine Pressewelt, in der die Redaktionen ihr Personal reduzieren müssen. Deshalb gibt es in den Verlags­häusern möglicherweise auch weniger Kindermedien-Expertise.” Aus diesem Grund würden Kinderformate häufiger in Form von Empörungs­wellen in den digitalen Netzwerken thematisiert als vom klassischen Journalismus aufgegriffen.

      Die Kika-Programm­geschäftsführerin Astrid Plenk beobachtet auch Veränderungen in der Zielgruppe: Es sei heute eine viel größere Heraus­forderung als vor 20 Jahren, “ein Schulhof­thema zu setzen”, sagt sie. Trotzdem werde in den Familien oft über Beiträge aus der Kinder­nachrichten­sendung “Logo!” diskutiert. Der Kika frage sich ständig, “für wen wir eigentlich unser Programm machen und welche Interessen unsere Zielgruppe hat”, sagt Plenk. Kinder seien da schon immer stark eingebunden gewesen.

      Kommentieren und Teilen

      Thorsten Braun, Geschäftsführer des privaten Kindersenders Super RTL, schätzt die Situation ähnlich ein und betont die Bedeutung von Eigen­initiative: “Grundsätzlich wünschen wir uns natürlich, dass dem Kinder­fernsehen in der Öffentlichkeit eine höhere Relevanz beigemessen wird. Dennoch liegt es auch an uns, die knapp besetzten Redaktionen von der Attraktivität unserer Themen zu überzeugen. Als Markt­führer haben wir die Erfahrung gemacht, dass ein einfacher Programm­hinweis nicht ausreicht. Wenn wir aber gute Geschichten rund um unsere Programme bieten, werden sie auch aufgegriffen.” Dass Super RTL selten Gegenstand öffentlicher Kontroversen sei, ist nach Ansicht Brauns eine Folge der besonders starken Regulierung durch die Landes­medien­anstalten: “Wir bewegen uns in einem rechtlich klar definierten Rahmen, in dem man sich keine Verfehlungen erlauben darf.”

      Thomas Krüger, Präsident des Deutschen Kinderhilfswerkes, sieht einen deutlichen Wandel in den letzten Jahren: “Die Räume, Formate und Verbreitungs­wege, über die Inhalte für Kinder bereit­gestellt werden, haben sich im Zuge der fortschreitenden Medien­konvergenz verändert. So wird das traditionelle lineare Fernsehen zunehmend durch nonlineare Verbreitungs­wege und Formate abgelöst, beispiels­weise durch Streaming- und Video­plattformen wie Netflix und Youtube, durch Mediatheken oder Videos auf Social Media.” Daher habe sich auch der Fokus der Berichterstattung verlagert: Soziale Netzwerke seien für Kinder spannend, “besteht doch dort neben der reinen Rezeption auch die Möglichkeit, interaktiv mit den Inhalten umzugehen, etwa über Funktionen wie das Kommentieren oder Teilen”.

      Daher befasse sich auch die journalistische Berichterstattung über die Medien­nutzung der Kinder eher mit neueren Formaten wie TikTok, YouTube oder Netflix, sagt Krüger. Aus kinder­rechtlicher Sicht sei es wünschens­wert, bestehende und qualitäts­gesicherte Kinder­fernseh­angebote wie etwa den Kika weiterzuführen und weiter­zuentwickeln, um Kindern ein konstantes Programm­angebot zu machen, das ihren Bedürfnissen und Rechten gemäß der UN-Kinder­rechts­konvention entspreche. Ein solches Programm­angebot benötige Multiplikation und Bekannt­machung.

      Als positives Beispiel für eine qualitäts­volle und an der Medien­nutzung der Kinder orientierte Programm­beobachtung nennt Krüger Flimmo, ein Projekt der Landes­medien­anstalten, das seit 1996 Bewegt­bild­inhalte bewertet. Der SPD-Politiker, der auch Präsident der Bundes­zentrale für politische Bildung ist, plädiert für “eine engagierte Debatte über Qualitäten von Kinder­fernseh­angeboten und die Gewähr­leistung dieser Angebote beispiels­weise über öffentlich-rechtliche Strukturen”.

      Verschwinden der Kindheit

      Für Hallenberger stellt sich die Frage, ob Kinder heutzutage überhaupt noch Kinder­fernsehen brauchen und ob sie “nicht ohnehin lieber Sendungen für Jugendliche und Erwachsene” sehen. Doch dann fragt der Medien­wissen­schaftler grund­sätzlich: “Wie viel Kindheit bleibt Kindern denn heute noch? Wie viel Zeit können sie selbst­bestimmt nutzen, wenn sie schon mit drei Jahren Fremd­sprachen für den Arbeits­markt des Jahres 2050 lernen sollen? Wir erleben aktuell in einer bizarren Kombination aus Digitalisierung und Ökonomisierung das Verschwinden der Kindheit 2.0.”

      Kinder, bestätigt Kika-Geschäfts­führerin Plenk, seien in der Tat vielseitig unterwegs: “Das bezieht sich auf die Inhalte wie auch auf die Aus­spielwege. Ihre tägliche Medien­zeit umfasst mehr als 120 Minuten. Früher waren das 90 Fernseh­minuten, heute verteilt sich die Zeit auch auf TikTok, YouTube, Podcasts und den Kika-Player.” Ab etwa zehn Jahren widmeten Kinder ihre Zeit in der Tat gemeinsam mit Eltern oder älteren Geschwistern verstärkt den Sendungen aus dem Erwachsenen­fernsehen, anderer­seits schauten sie gemeinsam mit jüngeren Geschwistern auch nach wie vor gern Kinder­sendungen. Gerade die Zehn- bis Dreizehn­jährigen nutzten häufig sogenannte Dritt­platt­formen, deshalb sei es wichtig, “dass der Kika auch auf YouTube präsent ist, stets verbunden mit der Prämisse: Auf kika.de gibt’s noch viel mehr tolle Angebote zu entdecken.”

      Unter­stützung bekommt Plenk durch Gudrun Sommer, Leiterin von doxs!, einem Festival für Dokumentar­filme für Kinder und Jugendliche. Kinder­fernsehen, sagt Sommer, “wird nicht gesellschaftlich marginalisiert, sondern strukturell und finanziell”. Der vermeintliche Bedeutungs­verlust sei eher ein Defizit an Ressourcen. Dennoch erreiche das Kinder­fernsehen auch unter diesen schwierigen Bedingungen sein Publikum: weil es dem Programm überzeugender als den Redaktionen fürs Erwachsenen­programm gelinge, Fernsehen “nicht nur für, sondern auch mit der Ziel­gruppe neu zu denken und zu entwickeln. Vielleicht wäre es konsequenter, die Bedeutung des Kinder­fernsehens in der Öffentlichkeit stärker daran festzumachen, wie viel Aufmerksamkeit ihm eine Teil­öffentlichkeit, nämlich die Kinder selbst, beimisst.”

      Dass das Kinder­fernsehen nicht gut ausgestattet ist, bemängelt auch Gerlach. Wenn es zu sehr zur Nische wird, “geht verloren, worum wir uns bemühen”, warnt sie: “Dass qualitätsvolle Produktionen für Kinder und Jugendliche auch möglichst viele Mitglieder dieser Ziel­gruppe erreichen, der ja ohnehin nachgesagt wird, dass sie sich allzu leicht im Internet verliert. Wir wollen verhindern, dass junge Leute ihre Informationen nur über Influencer bekommen und sich ansonsten nur unterhalten lassen.”

      Digitale Heimat

      Im Entwurf zum neuen Medien­staats­vertrag heißt es: “Allen Bevölkerungs­gruppen soll die Teilhabe an der Informations­gesellschaft ermöglicht werden. Dabei erfolgt eine angemessene Berücksichtigung aller Alters­gruppen, insbesondere von Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen.” Das könnte man als Forderung interpretieren, die Belange von Kindern auch in den Haupt­programmen stärker zu berücksichtigen. Tatsächlich räumt ARD-Programm­direktorin Christine Strobl ein, dass es im klassischen Programm kein ausreichendes Angebot für Kinder gibt. Die Gründe seien vielfältig und nicht zuletzt eine Folge der demografischen Entwicklung: “Kinder machen im Verhältnis zur Gesamt­bevölkerung eben nur einen kleinen Anteil aus.”

      Für Strobl, die während ihrer Zeit beim SWR vier Jahre für das Kinder- und Familien­programm des Senders verantwortlich war, ist wichtig, “dass unser Angebot für Kinder Relevanz hat, was sich unter anderem in den vielen Fernseh­preisen widerspiegelt, die unsere Sendungen regelmäßig erhalten. Diese Auszeichnungen haben einen öffentlichen Effekt, sie rücken das Kinder­fernsehen ins Bewusstsein der Allgemeinheit.” Trotzdem ist die Programm­direktorin “zutiefst davon überzeugt, dass ARD und ZDF ein gemeinsames Angebot in der digitalen Welt etablieren müssen”. Es genüge nicht, die Kinder mit kika.de, “Checkeins” (das Angebot für Kinder und Familie in der ARD-Mediathek) oder ZDFtivi zu erreichen: “Wir müssen uns viel stärker vernetzen und den Kindern eine digitale Heimat bieten. Nur eine solche gemeinsame Plattform wäre mit anderen Kinder­programm­anbietern wie Disney dauerhaft konkurrenz­fähig.”

      Diesem Wettbewerb begegnet Super RTL laut Braun “mit einer konsequenten Multi­plattform­strategie, die sowohl auf digitale als auch auf analoge Präsenz setzt”. Super RTL sei “mit der Dachmarke Toggo überall dort, wo die Kinder sind”. Die Inhalte würden über Websites, Apps, Games oder Liveevents erlebbar gemacht: “Auf diese Weise bleiben wir konstant in direktem Kontakt mit den Kindern, selbst wenn sie nicht mehr täglich linear fernsehen.” Steigende Nutzungs­zahlen belegten, “dass Kinder­unterhaltung für die junge Zielgruppe höchst relevant ist und bleibt. Es gibt so viele Anbieter, die sich um Vielfalt und qualitativ hochwertige Inhalte kümmern. Das sollte Anreiz genug sein, Kindern und Kindheit in der Öffentlichkeit mehr Lobby und Aufmerksamkeit zu schenken.”
       
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      (Fotos: Jens Kalaene / dpa / Picture Alliance, RTL/Toggo, ZDF; Collage: turi2)