Porträt: RBB-Intendantin Patricia Schlesinger.

Sprengt die Männerrunden: Patricia Schlesingers Vater war das, was man in der DDR einen "Republikflüchtling" nannte. Seinen Freiheitsdrang hat die Tochter übernommen, natürlich in anderer Form: Dank der "Lust, in unbekannte Gefilde aufzubrechen", verschlägt es sie als Korrespondentin nach Südostasien und Washington, in ihrer Freizeit sucht sie beim Tauchen und Fliegen die Freiheit. Die neue Vorsitzende der ARD muss, anders als ihr Vater, vor nichts fliehen. Aber stillsitzen kann sie auch nicht.

Ihre Karriere zieht sie schnurstracks durch wie ein Pfeil "immer geradeaus und direkt aufs Ziel gerichtet". Das Volo macht Schlesinger beim NDR. 1997 wird sie die erste weibliche Moderatorin des ARD-Magazins "Panorama". Später übernimmt sie verschiedene Leitungspositionen im Senderverbund, darunter die Ressorts Ausland und Reportage. Die erste oder einzige Frau ist sie noch öfter, heute ist sie Mitglied der Initiative ProQuote. 2016 wird sie zur Intendantin des RBB gewählt. Bis 2024 steht sie nun an der Spitze der ARD.

In der neuen Funktion muss Schlesinger freilich viele strategische Entscheidungen fällen. Dann hilft ihr ein Gedankenexperiment: "Es kann ungemein hilfreich sein, einmal einen Nachruf auf sich selbst zu formulieren." Rückblickend hätte Schlesinger sich auf ihrem Weg gern etwas mehr Zeit gelassen. Vielleicht auch in der Küche. Denn bis heute habe sie kein Soufflé zustande gebracht, "das schmeckt und aussieht wie ein Soufflé". Koch-Experimente in diese Richtung könnte sie aber auch einfach als "Brechen mit Gewohnheiten" und "Aufbrechen von Ritualen" verbuchen – die Leitgedanken, die ihr so sehr liegen.

Tipp von Patricia Schlesinger: "Nicht einschüchtern lassen, von nichts und niemandem"

Patricia Schlesinger
Geb. 1961 in Hannover
1980: Studium Wirtschaftsgeographie, Politische Wissenschaft sowie Sozial- und Wirtschaftsgeschichte in Hamburg und ­Aix-en-Provence
1990: Reporterin beim ARD-Magazin Panorama
1995: Leiterin des ARD-Auslandsstudios in Singapur
2001: Auslandskorrespondentin im ARD-Studio Washington
2016: Wahl zur RBB-Intendantin nach sechs Wahlgängen
2019: Aufsichtsratsvorsitzende Degeto Film
2022: ARD-Vorsitzende


(Foto: Holger Talinski)

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Portät: Yasmine M’Barek, Redakteurin bei “Zeit Online”.

Immer schön auf dem Boden bleiben: Yasmine M'Barek, Jahrgang 1999, will nicht ständig auf ihr Alter angesprochen werden. "Entweder man wird dafür bewundert oder es wird einem die Kompetenz abgesprochen", sagt sie. Doch Fakt ist: Die Kölnerin macht sich sehr früh und selbstbestimmt einen Namen. 

Seit sie 19 ist, schreibt M'Barek für diverse Medien. Noch während sie an der Kölner Journalistenschule studiert, geht sie zu Zeit Online. Ihre Maxime? "Nur machen, was man kann." Heißt für sie: Die Bundespolitik auseinandernehmen. Nebenbei packt sie die schönsten Fotos von Markus Söder auf Instagram und ergründet die junge Wählerschaft, besonders abseits der linksgrünen Bubble. "Woke" Themen will sie nicht unbedingt bedienen und auch kein "Plakat" einer Generation sein. 

Ohnehin bewertet sie ihre Arbeit nicht zu hoch. Erst das Kollektiv im Journalismus erschaffe den "transparenten, notwendigen Zugang für die Öffentlichkeit", sagt sie. Profis seien gerne mal "zu arrogant". Sie selbst will bloß ein wenig dazu beitragen, "dass die Debattenkultur nicht an Fronten verhärtet". Passend dazu heißt ihr erstes Buch "Radikale Kompromisse". Würde sie nicht selbst Bücher schreiben, würde sie wohl welche verkaufen – oder wäre ein "überbewerteter französischer Präsident".

Tipp von Yasmine M'Barek: "Niemals Dinge machen, weil andere sagen, dass man dann mehr vorweisen kann"

Yasmine M’Barek
Geb. 1999 in Köln
2019: Podcast "Auf einen Polittee"
2021: Redakteurin im Ressort X von Zeit Online
2022: Buch "Radikale Kompromisse"


(Foto: Marcel Schwickerath für turi2)

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Porträt: Podcaster Philip Banse.

Welterklärer: Philip Banses Job erfordert "Beziehungsarbeit". In einem "Team auf Augenhöhe" ist das unumgänglich. Mit Ulf Buermeyer hostet er seit 2016 den Politik-Podcast "Lage der Nation" – und sagt: "Ich arbeite zu 100 Prozent in Deckung mit meinen Werten und Vorstellungen."

Knapp 25 Jahre ist Banse schon beim Deutschlandradio aktiv, wo er es schätzt, "absolut unabhängig" zu sein. Seit 2005 macht er eigene Podcasts, an denen er "inhaltliche und formale Freiheiten" liebt, deren Finanzierung aber lange schwierig bleibt. Die "Lage der Nation" verbindet Freiheit und Finanzierung: Sämtliche Entscheidungen treffen nur die Hosts, auch weil Spenden, Abos, Werbung und Live-Shows das Projekt "sauber finanzieren".

Banses Strategie ist klar: "Lieber klein anfangen und organisch wachsen." Das hat er beim "unglaublich lehrreichen" Scheitern eines Crowdfunding-Projekts erkannt. Die "Lage der Nation" soll sich daher weiterentwickeln. Er will mehr eigene Recherchen liefern, der Podcast profitiere "enorm von der Arbeit anderer". Doch auch das eigene Wirken weiß Banse zu schätzen: Wenn er und Buermeyer Menschen ermutigen, sich zu engagieren, "ist das natürlich der Hauptgewinn".

Philip Banse
Geb. 1972 in Berlin
1995: Studium in Hamburg und Berlin
1995: Berliner Journalistenschule
1997: Beginn freie Mitarbeit beim Deutschlandradio
2005: Podcast "Küchenradio"
2014: Projekt "Der Sender"
2016: Podcast "Lage der Nation"


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Porträt: FPD-Politikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann.

PS-starke Karriere: Marie-Agnes Strack-Zimmermann düst gerne mit dem City-Roller über die Flure des Bundestags. So kommt die FDP-Politikerin nicht nur schneller ans Ziel, sondern kann ihre Leidenschaft – das Motorradfahren – zumindest beinahe in ihren Alltag integrieren. Genau wie auf der Straße achtet sie im Job darauf, vorausschauend zu agieren. Ganz nach dem Motto: "Guckst du scheiße, fährst du scheiße." 

Strack-Zimmermann, Jahrgang 1958, ist im Vergleich zu anderen Parteimitgliedern erst spät politisch aktiv geworden. Ausschlaggeber war ein "fehlender Zebrastreifen vor dem Kindergarten". Nach Studium und Promotion ist sie als Verlagsrepräsentantin für den Nürnberger Jugendbuchverlag Tessloff tätig. Nebenbei wird sie 1999 Mitglied der Bezirksvertretung im Stadtbezirk 7 von Düsseldorf. Strack-Zimmermann arbeitet sich bis zur Ersten Bürgermeisterin hoch und geht von dort ihren Weg bis in den Bundestag. Sie ermutigt heute auch andere Seiteneinsteigerinnen: Die Politik brauche den 26-jährigen Studenten genauso wie die 59-Jährige, die zum ersten Mal ins Parlament einzieht. Denn: Frischer Wind ist auf dem Parkett immer gut, die Gefahr, betriebsblind zu werden, in der Politik sehr hoch.

Gleichzeitig warnt Strack-Zimmermann: "Sobald man den Kopf raussteckt, ist man leider auch mit viel Ablehnung und offenem Hass konfrontiert." Mails und Anrufe, die sie bekomme, offenbaren oftmals nicht nur "Verachtung", sondern seien auch strafrechtlich relevant. Ein paar "Vollpfosten und Egomanen" weniger würden ihren Job definitiv etwas besser machen, ist sie überzeugt. Und die Welt sowieso.

3 Karriere-Tipps von Marie-Agnes Strack-Zimmermann:
1. Dranbleiben, auch wenn etwas nicht direkt beim ersten Mal klappt.
2. Suche dir Verbündete, die ähnlich denken, mit denen du dich gut verstehst und mit denen du zusammenarbeiten kannst.
3. Sei entscheidungsfreudig, manchmal ergeben sich in der Politik ganz plötzlich Gelegenheiten – die sollte man nutzen.

Marie-Agnes Strack-Zimmermann
Geb. 1958 in Düsseldorf
1978: Studium der Publizistik, Politikwissenschaften und Germanistik in München
1986: Promotion
1988: Verlagsrepräsentantin des Jugendbuchverlags Tessloff
2008: Erste Bürgermeisterin von Düsseldorf
2013: Stellvertretende FDP-Bundesvorsitzende
2017: Einzug in den Bundestag
2021: Fraktionsvorständin der FDP-Bundestagsfraktion


(Foto: Emmanuele Contini / Imago Images / Picture Alliance)

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Porträt: Mediales Multitalent Laura Karasek.

Auch Selbstbewusstsein will gelernt sein: Müdigkeit kennt Laura Karasek an Arbeitstagen nicht: "Ich finde immer alles so aufregend wie ein Teenager, der zum ersten Mal allein auf Reisen ist." Vor ein paar Jahren war das noch anders: Bis 2018 arbeitet die Tochter des Publizisten Hellmuth Karasek als Rechtsanwältin in der renommierten Wirtschaftskanzlei Clifford Chance. Das hatte – "auch, wenn es vielleicht so klingen mag" – nicht wirklich etwas mit "Show" zu tun.

Heute stehen die Dinge anders: Karasek kann ihre eigene Show vorweisen, "Zart am Limit" läuft seit 2019 auf ZDF Neo. Außerdem ist sie Autorin mehrerer Bücher und Kolumnen, Podcast-Host und Moderatorin verschiedener Sendungen. Für ProSieben hat sie außerdem noch eine Ausbildung bei Feuerwehr, Polizei und im Luxushotel absolviert und auf dem ZDF-"Traumschiff" als Offiziersanwärterin angeheuert. "Manche halten das für Rastlosigkeit", resümiert sie ihren Lebenslauf. "Ich halte es für Lebenshunger."

Trotz ihres Erfolgs ist sie voller Selbstzweifel, sagt sie. Sie könne andere nur schwer um Unterstützung oder um einen Gefallen bitten. Dabei findet sie es bei anderen Menschen sympathisch, wenn sie Schwächen zugeben und die Fassade bröckeln lassen. "Ich finde waghalsige Leute beeindruckender und attraktiver als glatte Feiglinge."

In Zukunft will sie üben, auch mal "angeberisch" zu sein und für ihre Talente einzustehen. Und fängt an dieser Stelle gleich damit an: Laura Karasek will eine Quiz-Sendung in der Primetime moderieren – "falls das hier die Senderchefs lesen".

Tipp von Laura Karasek: "Nimm dich im Negativen nicht so wichtig. Niemand kann sich selbst so zerfleischen wie du"

Laura Karasek
Geb. 1982 in Hamburg
2001: Praktikum bei den Salzburger Festspielen und an der Londoner Oper
2002: Jura-Studium in Berlin, Paris und Frankfurt
2011: Rechtsanwältin bei Clifford Chance in Frankfurt
2012: Roman "Verspielte Jahre"
2015: Geburt ihrer Zwillinge
2019: erste eigene Show "Zart am Limit"
2021: Podcast "Künstliche Intelligenz" mit Sophia Thomalla, Redaktionsleiterin in der "Florian Schröder Satire Show" im RBB


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Porträt: ING-Markenchefin Waltraud Niemann.

Geht nicht gibt's nicht: Waltraud Niemann trage, sagt ihr Mann, die Buchstaben "ING" auf der Stirn. Die Kommunikations- und Markenchefin der Direktbank in Deutschland, widerspricht: Richtig sei vielmehr, dass sie die Marke im Herzen trage.

Niemann trommelt seit mehr als 20 Jahren in unterschiedlichen Funktionen zunächst für ING-Diba und dann für ING. "Die Markenbrille sitzt so fest, dass ich sie kaum einmal ablegen kann", sagt sie. "Ich bringe bei allen Entscheidungen, die wir treffen, die Perspektive der Kundinnen und Kunden ein." Den Satz "Das geht nicht" hört Niemann gern. Denn er bringt sie dazu, "das Unmögliche zu denken und einfach auszuprobieren". Um dann zu beweisen, dass es doch geht.

Umwege sei sie in der Karriere nie gegangen: "Auch wenn Schritte auf den ersten Blick manchmal abwegig gesetzt werden, ist es doch meistens in der Rückschau so, dass sie für etwas gut waren." Niemann weiß, dass sich Frauen anders als ihre männlichen Konkurrenten einen Job in der ersten Reihe häufig nicht zutrauen. Ihr Mann piesackte sie seinerzeit so lange, bis sie sich um ihre aktuelle Führungsposition bewarb. Diesmal hatte er recht: Sie hat die Entscheidung nicht bereut.

Waltraud Niemann
Geb. 1963 in Essen
1982: Studium BWL in Essen
1990: Teamleiterin Marketing beim Neckermann Versand
2000: Ressortleiterin Werbung ING-Diba
2011: Marketingchefin ING-Diba Österreich
2014: Direktorin Marketing ING-Diba Deutschland
2018: Leiterin Kommunikation und Marke ING Deutschland


(Foto: Selina Pfrüner)

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Diverser als ihr Ruf – Herausgeber Carsten Knop über die Arbeit der “FAZ”.


Frankfurter Allgemeine Zeitungsjobs: "Für mich war Journalismus immer ein Traumberuf", sagt Carsten Knop. Im neuen Podcast "turi2 Jobs – Arbeiten in der Kommunikation" verrät der Herausgeber der "FAZ", dass er schon im Alter von 17 Jahren Journalist werden wollte und das auch heute dem Nachwuchs nur empfehlen kann. Für ihn ist das der "abwechslungsreichste Beruf", ein tägliches "Studium generale". Im Gespräch mit Peter Turi sagt Knop auch, dass die "FAZ" längst diverser ist, als viele glauben. So sind 95 % der aktuellen Neueinstellungen der Zeitung Frauen, ein Teil mit Migrationsgeschichte. Schon heute hätten in vielen Ressorts Frauen das Sagen – die Frage, wann erstmals eine Frau einen der vier Herausgeber-Posten der "FAZ" übernimmt, werde sich daher mit der Zeit von allein beantworten.

Auf die Job-Situation von Journalistinnen schaut Knop positiv: Die "Dienstleistung" der Medienschaffenden, die Welt zu erklären und zu ordnen, werde weiter gebraucht. Die Jobs in den Redaktionen würden zudem vielfältiger. So brauche es heute u.a. auch Programmiererinnen und Audio-Spezialisten. An der Voraussetzung, nur Menschen mit abgeschlossenem Studium zu beschäftigen, will Knop allerdings nicht rütteln. "Die 'FAZ' gibt den Leserinnen und Lesern ein Qualitätsversprechen", sagt Knop. Das müsse die Redaktion bedienen, dafür brauche sie einen hohen Bildungsgrad in Breite und Tiefe.

Knop und Turi sprechen außerdem über die Konkurrenz-Situation mit ARD und ZDF: "Die Angebote tagesschau.de und hessenschau.de der Öffentlich-Rechtlichen sind eine Zumutung für privat finanzierten Journalismus", sagt der "FAZ"-Herausgeber. Er vergleicht die Zeitung mit einer Fabrik, die ein Produkt herstellt – und vor dem Fabrik-Tor steht ein Konkurrent, der dieses Produkt kostenlos anbietet. Dennoch gelinge es der Zeitung immer besser, Verluste im Print-Geschäft digital auszugleichen. So zähle die "FAZ" aktuell mehr als 200.000 Digital-Abonnentinnen, 80.000 von ihnen nutzten das Basis-Angebot F+. "Wir wachsen", freut sich Knop.

Carsten Knop ist eines von 100 Vorbildern in der turi2 edition #17. Das Buch zum Thema "Arbeiten in der Kommunikation" erscheint am 6. April und stellt die 100 wichtigsten Arbeitgeber aus Werbung, Marketing, PR und Medien vor. Die neue Podcast-Reihe turi2 Jobs begleitet die Buch-Veröffentlichung und die neue Jobplattform turi2.de/jobs. In der ersten Folge des Podcasts spricht Agentur-Inhaber Florian Haller über den Kultur-Wandel in der Agentur-Branche.
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