Wissen Newsletter: Experten-Tipp von Markus Hofmann.
27. Mai 2022
Fabrik statt Handwerksbetrieb: Auch automatisiert produzierte Newsletter können wirksame Instrumente sein, um aus Gelegenheitsnutzerinnen eines Mediums zahlende Abonnentinnen zu machen. So versendet die “Badische Zeitung” immer abends von einem Algorithmus zusammengestellte Newsletter mit vorwiegend lokalen Inhalten in 200 Varianten, zugeschnitten jeweils auf den Wohnort der Empfängerinnen. 10 % der neuen Digital-Abonnentinnen der Zeitung gingen auf das Konto dieses Newsletters, berichtet Markus Hofmann, der stellvertretende Chefredakteur und Leiter digitale Inhalte der Zeitung. Sein Experten-Tipp erscheint im Rahmen der Newsletter-Wochen zum 15. Geburtstag des turi2-Morgen-Newsletters.
Wie lassen sich mit Hilfe von Newslettern, Gelegenheitsleserinnen zu regelmäßigen Leserinnen und zahlenden Abonnentinnen machen, Markus Hofmann?
Was kann Print, was online nicht kann? Antwort: Einen Briefkasten mit Papier und Inhalt füllen. Den Briefkasten täglich zu leeren, ist eine wichtige Gewohnheit, von der Tageszeitungen seit Jahrzehnten profitieren, weil man sie dann meistens auch durchblättert und studiert. Nicht von ungefähr denken die Macher von Nachrichten-Websites darüber nach, mit welchen Instrumenten ähnliche “Habits”, also Nutzungsgewohnheiten, bei digitalen Zielgruppen herausgebildet werden können. Das wichtigste Werkzeug sind Newsletter. Wer Flyby-User in Gelegenheitsnutzer verwandeln möchte und diese dann in Abonnenten, kommt an Newslettern nicht vorbei. Registrierungen können helfen, rasch relevante Reichweiten mit Newslettern zu bedienen. Wer die Registrierungen einer Website mit dem Empfang eines Newsletters verheiratet, kann Leser besser loyalisieren.
Diesen Ansatz verfolgen wir seit zwei Jahren bei der “Badischen Zeitung” (BZ) in Freiburg. Die Paywall der “Badischen Zeitung” basiert auf einem Plus-Modell. Wer die BZ nicht abonniert hat, kann nach einer einmaligen Registrierung bis zu fünf Plusartikel pro Monat kostenlos lesen. Produktbestandteil dieser Registrierung ist der Bezug des Newsletters, den die BZ montags bis samstags um kurz nach 19 Uhr verschickt. Mehr als 150.000 Leserinnen und Leser haben dem Empfang des Newsletters im Zuge ihrer Registrierung zugestimmt.
Der Newsletter selbst wird hochgradig automatisiert produziert. Auf Basis aktueller Engagement-Daten erstellt ein selbst entwickelter Algorithmus eine Stunde vor dem Versand bis zu 200 Newsletter-Varianten. Diese Varianten unterscheiden sich vor allem in der Auswahl der lokalen Inhalte. Jeder Newsletter-Empfänger erhält Inhalte aus seinem eigenen Wohnort und den Nachbarschaftsgemeinden, ergänzt um die Top-Stories der Webseite der vergangenen 24 Stunden. Der manuelle Produktionsaufwand ist sehr gering und beträgt wenige Minuten pro Tag.
Für die Loyalisierung der Leserinnen und Leser ist der Newsletter sehr bedeutend. Die Öffnungsrate des Newsletters liegt im Durchschnitt bei etwa 25 Prozent. Viel wichtiger: Newsletter-Empfänger besuchen die BZ-Webseite viel häufiger als Leserinnen und Leser, die keinen Newsletter abonniert haben. Die durchschnittliche Nutzungszeit pro Session ist um mehr als 40 Prozent höher. Unter dem Strich können 10 Prozent der online akquirierten Abos dem Newsletter zugeschrieben werden.