Wissen Newsletter: Experten-Tipp von Matthias Urbach.
13. Mai 2022
Geldwerte Tipps: Die meisten Leserinnen haben kein Problem mit sehr langen Newslettern, sofern sie klar aufgebaut und mit Fotos oder grafischen Elementen strukturiert sind, sagt Matthias Urbach. Der Vize-Chefredakteur von “Finanztip” ist der Kopf hinter einem Newsletter, der jeden Freitag über 900.000 Abonnentinnen mit Geld-Tipps versorgt. turi2-Leserinnen gibt Urbach 15 Tipps, wie man einen Newsletter konzipiert und dauerhaft erfolgreich macht. Sein Experten-Tipp erscheint im Rahmen der Newsletter-Wochen zum 15. Geburtstag des turi2-Morgen-Newsletters.
Wie konzipiert und gestaltet man einen Newsletter am besten, Matthias Urbach?
Seit 2013 machen wir den Finanztip-Newsletter, im neunten Jahr nähern wir uns einer Million Abonnenten. In dieser Zeit haben wir den Newsletter im Austausch mit unseren Lesern durch A/B-Tests, Einzelinterviews und Umfragen stetig optimiert. Wir haben ihn aktueller gemacht, emotionaler, persönlicher, optisch klarer, bessere Bilder ausgewählt. Wir haben ihn gekürzt, stärker pointiert und wieder etwas verlängert. Kurzum: Wir haben eine Menge gelernt. Darauf basieren diese 15 Tipps:
1. Die Erzählung
Wie alle guten Dinge fängt ein Newsletter mit einer guten Erzählung an. Die Leserin, der Leser müssen wissen, was sie von der Lektüre haben. In unserem Fall: “Wir halten Dich über alles auf dem Laufenden, was in Geld-Dingen gerade wichtig für Dich ist.” Für die tägliche Arbeit sollte man das auf einen Satz bringen können, das fokussiert.
2. Die Zielgruppe
Je klarer die Zielgruppe, desto leichter die Planung. Das Internet bevorzugt zugespitzte Zielgruppen. Was nicht heißt, dass man keinen Newsletter für (fast) alle machen kann. Wichtig ist dann, nicht bloß breit die Themen zu fächern, sondern den Ehrgeiz zu haben, die Leser zu überraschen. Wir haben uns an Henri Nannens “Wundertüte” orientiert.
3. Die Erfolgsindikatoren
Öffnungsrate und Klicks sind wichtig. A/B-Tests helfen, sofern sie sauber ausgeführt sind. (Viele Tools taugen nichts.) Ich empfehle, regelmäßig auch den Net Promotor Score (NPS) zu bestimmen – und damit die Zufriedenheit der Leserinnen und Leser. Das lässt sich auch aufschlüsseln nach Alter, Einkommen oder anderen Variablen. So sieht man, ob man noch in die richtige Richtung unterwegs ist. Am Anfang hatte unser Newsletter einen NPS von 35, inzwischen ist er stabil über 70 – und darauf sind wir stolz.
4. Der Gewinn
Der Leser muss etwas mitnehmen können – aus jedem Newsletter, sonst verliert man ihn schnell wieder. Zum Beispiel etwas Wichtiges verstehen, erfahren, dass er mit seinem Ärger nicht allein ist, eine skandalöse Geschichte lesen (der “Küchenzuruf” oder “Partytalk”). Und in unserem Fall natürlich lohnende Spartipps erhalten.
5. Die Leichtigkeit
Der Newsletter darf sich für die Leser niemals wie Arbeit anfühlen. Trotz Nutzwert: Auch Sparen kann anstrengend sein. Mit unseren wöchentlichen Schnäppchen, kleinen Einkaufstipps zum Beispiel, lässt sich mühelos ein Sonderangebot ergattern. Auch Tipps für den Urlaub oder den Handyvertrag sind leicht umzusetzen. Die Kfz-Versicherung überprüfen, das geht zur Not auch ein andermal.
6. Die Ansprache
Im Newsletter sollte man persönlicher schreiben als am Newsdesk. Den Leser direkt anzusprechen, ist wichtig. Es muss aber nicht immer derselbe Autor sein. Und ein Newsletter muss auch nicht die Form eines persönlichen Briefs haben, benötigt kein Editorial vorweg. Wir haben das mehrfach getestet – und keine Nachteile bei der Öffnung festgestellt. Der Vorteil ohne: Man kommt schneller zum Punkt.
7. Der Austausch
Trotzdem bleibt ein Newsletter eine E-Mail. Wer auf “Reply” drückt, muss jemanden erreichen und eine Antwort erhalten. Viele Leserfragen beantworten wir auch für alle – als Beitrag im Newsletter selbst. So unterstreichen wir, dass wir eine Community sind. Das Resultat: Haufenweise persönliche Dankesbriefe! Mit Hilfe unserer Leser haben wir zum Beispiel eine Datenbank aufgebaut, wie Banken auf die Rückforderung ungültiger Gebühren reagieren: Sie umfasst inzwischen 430 Banken.
8. Der erste Eindruck
Dem Betreff gilt zu Recht die Aufmerksamkeit aller Newslettermacher, der Preheader aber wird häufig vernachlässigt. Oft steht darin Tag für Tag dasselbe. Stattdessen sollten Betreff und Preheader zusammen komponiert werden. Das Paar sollte kurz und prägnant zum Lesen verführen. Nicht übertreiben, Clickbaiting verdirbt die Freundschaft.
9. Der zweite Eindruck
Der “First Screen” des Newsletters wird ebenfalls unterschätzt. Oft fällt als erstes das Bild des Autors ins Auge. Nur bleibt das immer gleich. Langweilig. Ein interessantes Aufmacherbild zum Topthema des Newsletters dagegen verführt zum Lesen. In unseren Usability-Tests war die Reaktion der Leser eindeutig positiv.
10. Die Bindung
Die Kunst ist, zügig zu wachsen, aber seine alten Leser nicht zu verlieren. Alles wiederholt sich irgendwann. Deshalb hängen wir nach Möglichkeit jedes Thema an aktuellen Entwicklungen oder Debatten auf. Oder suchen eine originelle neue Perspektive. Kurz: klassischer Journalismus. Wir haben uns entschlossen, dafür etwas mehr Textlänge in Kauf zu nehmen.
11. Der Umfang
Auch hier sollte man experimentieren. Unsere Erfahrung: Ein langer Newsletter ist kein grundsätzliches Hindernis. Selbst die Zusammenfassung unserer Empfehlungen als lange Tabelle ganz am Ende jedes Newsletters wird rege geklickt. Wichtig ist: Der Newsletter braucht eine klare Struktur.
12. Die richtige Struktur
Unsere Leserinterviews zeigen: Auch auf dem Handy wird unser Newsletter fast komplett durchgescrollt. Deshalb braucht er einen klaren Aufbau. Fotos und grafische Elemente bringen nicht nur Anregung und Abwechslung, sie bieten Orientierung: Ein Bild signalisiert, hier kommt was Neues. Wir haben gute Erfahrungen gemacht mit einem Inhaltsverzeichnis unter dem Aufmacherbild und einem unterhaltsamen sowie visuellen Abschluss („Zahl der Woche“).
13. Ein eigenes Produkt
Der Newsletter muss als eigenständiges Produkt funktionieren. Man muss ihn ohne weitere Klicks genießen können – nur dann werden aus Lesern Fans. Er darf nicht bloß anteasern und ansonsten in ein Hauptprodukt lotsen. Auch Geschichten anzufangen und dann anderswo fortzusetzen, hat – zumindest bei uns – nie gut funktioniert. Die Verknüpfung mit einem Hauptprodukt sollte einen klaren Zusatznutzen bieten: Wer klickt, bekommt etwas extra!
14. Der Zeitpunkt
Es lohnt sich, mit dem Versanddatum zu experimentieren. Und dann dem besten Termin treu zu bleiben. Für unseren wöchentlichen Newsletter stellte sich im Laufe der Tests Freitagnachmittag als ideal heraus. Er brachte (mit anderen Terminen) beste Öffnungsraten. Und er unterstreicht unseren zentralen Nutzen: Wer uns liest, verpasst kein wichtiges Geldthema der Woche.
15. Bleibe überraschend
Wer ein breites Publikum erreichen will, sollte nicht nur auf Themen setzen, die Öffnungsrekorde bringen. Sonst verengt man sich thematisch und optimiert sich auf eine kleine Anhöhe am Rande des Berges, anstatt den Gipfel zu erklimmen. Jeder Leser hat mal eine Phase, in der er Pause macht. Sonder-Newsletter – außer der Reihe – schaffen neue Aufmerksamkeit und reaktivieren müde Leser. Aber Vorsicht: Nicht überstrapazieren, sondern nachvollziehbar wichtige Anlässe wählen. Sonst melden sich viele Leser genervt ab.
Was ein Newsletter sonst noch braucht
Hier ging es nur um Inhalt und Struktur. Aber kein Newsletter hat dauerhaft Erfolg ohne die folgenden drei Voraussetzungen: eine saubere Technik, die die E-Mail überall so aussehen lässt, wie geplant; einen professionellen Versender und eine gut bereinigte Adressliste, was vor Spam-Markierungen schützt; und eine klare Strategie für Abonnentengewinnung – auch außerhalb des eigentlichen Newsletters.
– Anzeige – Mit der Lektüre des turi2-Morgennewsletters starten auch viele Kolleg:innen der Seven.One Entertainment Group in ihren Arbeitstag. Wir sagen DANKE für die stets gut kuratierte Dosis an täglichen Business News und graturilieren dem gesamten turi2-Team herzlich zum 15. Geburtstag! seven.one.de