Köder auslegen: Newsletter sind ein gutes Instrument, um Digital-Abonnentinnen zu gewinnen, meint Nico Wilfer, Chief Product Officer der “FAZ”. Sie helfen Medien, Leserinnen immer wieder in Kontakt mit ihrer Marke zu bringen. Der FAZ Frühdenker etwa ist Bestandteil der Digital-Abos der Zeitung und hat “eine sehr hohe Öffnungsrate”. Außerdem sind Newsletter-Leserinnen eine wertvolle Zielgruppe für Marketing-Kampagnen. Wilfers Experten-Tipp erscheint im Rahmen der Newsletter-Wochen zum 15. Geburtstag des turi2-Morgen-Newsletters.
Wie kann eine Zeitung Newsletter einsetzen, um Digital-Abonnentinnen zu gewinnen, Nico Wilfer?
Einst schienen E-Mail-Newsletter vor lauter neuen Social-Media-Möglichkeiten schon fast abgehakt für News-Medien. In Wahrheit aber kamen Newsletter nie aus der Mode – und haben heute sogar eine herausgehobene Rolle innerhalb des Produktportfolios vieler Häuser. Laut Reuters Institute Digital News Report 2021 konsumieren 15 Prozent der Deutschen Online-Nachrichten über E-Mail-Newsletter oder E-Mail-Benachrichtigungen. In der Zielgruppe 55+ waren es sogar 21 Prozent. Zum Vergleich: Bei allen Befragten gaben 21 Prozent an, News via Social Media zu finden. Dazu sind Newsletter nicht einfach nur ein Kanal – sondern gut gemacht spannende, ganz eigene journalistische Formen, die im Mail-Postfach sehr persönlich auf die Leserin oder den Leser treffen.
Die Rolle von Newslettern kann dabei für Medienhäuser sehr unterschiedlich sein: Von klassischem Audience Development – die Nutzer immer wieder auf die Seite bringen – bis hin zur Kundenbindung. Daneben entstanden und entstehen ganz neue Geschäftsmodelle, die auf Newslettern basieren, und die den Wettbewerb verschärfen: Von neuen Unternehmen, die stark auf Newsletter als Kernmedium setzen, bis zu Journalisten, die ihre eigene Marke vor allem via E-Mail aufbauen, erweitern und monetarisieren.
Wie gehen wir bei der “Frankfurter Allgemeinen Zeitung” mit Newslettern um? Weil unser wichtigstes Ziel ein hohes Wachstum bei den Digital-Abonnements ist, orientieren wir uns im Denken über die Funktion und Rolle von Produkten immer am Customer Lifecycle: Was tun wir, um mehr Menschen mit unseren Inhalten in Kontakt zu bringen? Wie konvertieren wir Gratis-Nutzer zu zahlenden Kunden? Und wie lassen wir zahlende Kunden nie wieder gehen?
Daraus ergeben sich drei Antworten auf die Frage “Wie kann eine Zeitung Newsletter einsetzen, um Digital-Abonnentinnen zu gewinnen?”:
1. Audience Development
Auch bei starkem Fokus auf Abonnements: Digitale Reichweite und eine starke Marke sind ein wichtiges Fundament, um am Ende neue zahlende Kundinnen und Kunden zu gewinnen. Das Format Newsletter ist als Audience-Development-Maßnahme naheliegend, weil es sich dabei um das älteste aller Push-Modelle handelt und so geeignet ist, User immer wieder an die Inhalte heranzuführen. Freie Newsletter sollen Lust machen auf mehr, aber nicht das Bezahlprodukt ersetzen. Mail-Services, die automatisiert Teaser von Texten versenden, funktionieren in einigen Zielgruppen erstaunlich gut: zur Ritualisierung, als sehr einfacher Kontakt zur Marke – und um die Nutzer zurück auf die Site oder in die App zu bringen.
2. Lead-Generation
Ein Effekt, der bei Newsletter-Abonnements en passant passiert: Jeder Newsletter-Abonnent ist ein neuer Kundenkontakt – und ein besonders wertvoller, da offensichtlich eine hohe Nähe zur Marke und oder den spezifischen Inhalten vorhanden ist. Darauf basierende Eigenwerbung in Newslettern und auch klassische Marketing-Kampagnen haben damit einen spannenden Aufsatzpunkt – und die Marketing-Datenbank wächst mit Newsletter-Abonnenten automatisch. Womit wir bei der “Frankfurter Allgemeinen Zeitung” gute Erfahrungen machen: Durch sehr schnell aufgesetzte automatisierte Newsletter-Formate erreichen wir vor allem in akuten Nachrichten-Großlagen sehr kurzfristig Tausende Leserinnen und Leser – und gewinnen neue Kundenkontakte und E-Mail-Adressen.
3. Abo-Abschlüsse und Kundenbindung
Im April 2021 haben wir einen Newsletter gestartet, der an verschiedenen Stellen des Kundenlebenszyklus wirkt: Der FAZ Frühdenker ist Bestandteil der Digital-Abonnements der “FAZ”. Der frühmorgens produzierte, tägliche Nachrichtenüberblick hat unter den zahlenden Kunden eine sehr hohe Öffnungsrate. Er dient damit als Bindungsinstrument. Aber er generiert auch wertvolle E-Mail-Leads für unsere Marketingbemühungen: Der Newsletter kann drei Monate gratis getestet werden. Nach drei Monaten erhalten Abonnentinnen und Abonnenten die Möglichkeit, Kunden unseres Bezahlmodells F+ zu werden – und so ins Abo zu konvertieren. Der Frühdenker hat heute etwas über 130.000 Leserinnen und Leser, die meisten davon “FAZ”-Abonnenten. Diese attraktive Zielgruppe ist auch für Werbetreibende besonders interessant. Und weil das Format so gut funktioniert, vertonen wir es seit April als Podcast.