Wie finde ich das passende Podcast-Mikrofon, Christian Löhken?
1. September 2022
Mikro-Influencer: Das wichtigste Utensil für die Aufnahme von Podcasts ist das Mikrofon – doch welches eignet sich für Einsteiger und welches für Profis? Antworten darauf gibt im Technik-Interview Christian Löhken, Fachberater für Studio-Technik beim Musikhaus Thomann. Er erklärt die Unterschiede zwischen dynamischen und Kondensatormikrofonen und sagt, worauf bei USB-Mikros zu achten ist. Außerdem gibt er Tipps zu Raumakustik und Podcast-Aufnahmen in Hotel-Zimmern. Das Interview erscheint im Rahmen der turi2 Podcast-Wochen.
Christian Löhken, wie finde ich für meinen Podcast das passende Mikrofon?
Es hängt ein bisschen davon ab, wie die Situation ist, in der Sie den Podcast aufnehmen möchten. Grundsätzlich gibt es zwei Arten von Mikrofonen, die am häufigsten benutzt werden. Es gibt die Kondensatormikrofone, die den Vorteil haben, dass sie sehr empfindlich sind. Das heißt, sie hören jedes Detail ihrer Stimme. Wenn es Ihnen wichtig ist, dass Ihre Emotion rüberkommt, dass Sie eine besonders feine Auflösung haben, dann ist so ein Kondensatormikrofon sehr zu empfehlen. Sie haben den Nachteil, dass sie deutlich mehr Nebengeräusche aufnehmen und anfälliger für Hall und Reflektionen sind. Und wenn Sie mit mehreren Menschen in einem Raum sind, haben Sie ein stärkeres Übersprechen.
Die zweite Art von Mikrofonen, sind die sogenannten dynamischen Mikrofone. Sie sind deutlich weniger empfindlich, daher müssen Sie näher an das Mikrofon herangehen. Mit solchen Mikros können Sie jedoch auch in ungünstigen Umgebungen sehr gute Ergebnisse erzielen.
Was benutzen eigentlich die Profis, also u.a. die Sprecher und Moderatorinnen im Radio?
Es kommt immer drauf an. Die klassischen Rundfunkstudios nutzen größtenteils Kondensatormikrofone. Da gibt’s den berühmten Hersteller Neumann aus Berlin. Von dort kommen sehr teure und edle Mikrofone. Es gibt ebenfalls von dieser Firma spezielle Broadcast-Varianten.
Bei den Profi-Podcastern, die auch auf YouTube vertreten sind, sieht man oft ein ganz bestimmtes dynamisches Mikrofon, konkreter ein dynamisches Großmembranstudio-Mikrofon, das Shure SM7B. Das ist ein tolles Mikrofon. Es hat die Eigenschaften eines dynamischen Mikrofons und somit den Vorteil, dass man Nebengeräusche und Reflektionen nicht so stark hört. Trotzdem stellt es für ein dynamisches Mikrofon unheimlich gut die hohen Töne, Stimme und Sprache dar. Das SM7B ist eine Art Podcast-Legende geworden. Oft ist es auch in Live-Videos von Bands zu sehen.
Das heißt, das Mikrofon ist ein Allrounder und auch für Gesang nutzbar?
Ja, absolut. Ich bleibe noch mal bei den Live-Videos. Meist nutzen die Sänger das SM7B und obwohl das laute Schlagzeug im gleichen Raum steht, klingen die Stimmen unglaublich schön, frisch, seidig, höhenbetont, klar und deutlich. Das Mikro ist mit knapp 400 Euro nicht ganz günstig.
Aber auf dem Markt gibt es wirklich gute Nachbauten: Wir verkaufen zum Beispiel unter unserer Eigenmarke The t.bone das BC 500. Dieses Mikro liegt preislich bei 89 Euro und hat einen ganz ähnlichen Sound. Das Geheimnis ist, dass die Mikrofonkapsel relativ weit weg vom Sprecher ist, weil ein etwas größerer Käfig drumherum gebaut ist. Darüber ist ein Schaumstoff gespannt. Das verhindert Plopp-Geräusche, also den Einschlag der Plosiv-Laute P und T in der Membran.
In den 1990ern und 2000ern waren im Radio Headsets in Mode. Sind diese Mikros für Podcasts eine Option?
Ja, auf jeden Fall, gerade wenn man sich mit mehreren Menschen in einem Raum befindet. Grundsätzlich ist es völlig egal, ob ein Mikro 30 Euro oder 3.000 Euro kostet – es ist immer entscheidend, wie nah es an der Tonquelle ist. Je weiter Sie weg sind, desto schlechter hören Sie den direkten Schall und die Nebengeräusche werden lauter. Ein Headset hat einen Bügel direkt vor dem Mund, da geht kaum was verloren. Ich selbst nutze zum Telefonieren ein USB-Headset. In einem Call-Center würden Sie meine Kolleginnen und Kollegen zwar noch murmeln hören, aber ich wäre deutlich lauter.
Und was bringen Ansteckmikrofone, wie man sie aus dem Fernsehen kennt?
Die Ansteckmikrofone sind häufig mit Funksendern verbunden. Das heißt, Sie sind frei in der Bewegung, wenn Sie sich beispielsweise manchmal bei Ihrem Podcast bewegen müssen. Sie müssen auch nicht darauf achten, wie der Abstand zum Mikrofon ist, da Sie es immer am Revers, an der Krawatte oder am Kragen tragen. Die meisten Ansteckmikrofone haben eine Kugelcharakteristik, das heißt, sie nehmen keinen beschränkten Bereich auf – wenn Sie den Kopf drehen, kommt ihre Stimme trotzdem an.
Sie haben eben schon USB-Headsets angesprochen. Es gibt ja auch größere USB-Mikrofone. Da sind die Rezensionen oft durchwachsen. Worauf sollte ich bei so einem Mikro achten?
Ich würde darauf achten, dass das USB-Mikrofon kein sehr altes ist. Wenn Sie eins haben, was vor zehn Jahren auf den Markt kam, dann hat es einfach noch nicht so gute Chips und es fehlen nützliche Features. Das Problem mit dem Rauschen taucht bei modernen Mikros kaum noch auf.
Ich würde unbedingt darauf achten, dass man zusätzlich in das Mikrofon einen Kopfhörer einstöpseln kann. Das heißt, dass ich mich selbst und auch die anderen Teilnehmer hören kann. Dann gibt es noch Mikrofone, an denen Sie die Lautstärke, also die Verstärkung Ihres Mikrofons einstellen können.
Was ich persönlich noch gut finde, das haben jedoch eher die teureren Mikrofone, ist ein Drehregler, mit dem ich entscheiden kann, wie laut ich mich selbst und meinen Gesprächspartner über das Internet höre. Von uns gibt es zum Beispiel das t.bone SC 425.
Ansonsten sind die USB-Mikrofone der Firma Rode wirklich hervorragend. Es gibt aktuell ein relativ Günstiges für 91 Euro, das Rode NT USB Mini. Es kam genau zu Beginn der Pandemie heraus. Wir haben es damals sehr viel verkauft und sehr viel gutes Feedback von unseren Kunden bekommen. Wenn es noch besser sein soll, gibt es das Rode NT USB. Das kostet 138 Euro, hat aber wirklich eine richtig gute Qualität. Sie können auch Musik damit aufnehmen.
Der Nachteil bei allen USB-Mikros: Sie können nur eins pro Computer anschließen, einen Gast im selben Raum aufzunehmen, geht also nur, wenn Sie vor dem Mikro kuscheln.
Ich habe schon Podcasts in Hotelzimmern aufgezeichnet und welche aus Restaurants gehört. Was muss ich bei der mobilen Aufnahme beachten?
Eigentlich brauchen Sie nur einen Recorder. Und wenn Sie Gäste haben, brauchen Sie ein Aufzeichnungsgerät, das genauso viele Mikro-Kanäle bietet, wie Sie Gäste haben. Es gibt solche kleinen Mobile Recorder etwa von den Firmen Zoom oder Tascam. Die haben immer mindestens ein Stereo-Mikrofon eingebaut und je nach Modell noch Anschlüsse für weitere, externe Mikrofone.
Sie müssen genau auf die Umgebung achten. In einem Hotelzimmer ist es in der Regel ein bisschen leiser. Wenn Sie in der Hotellobby aufnehmen können Sie darauf wetten, dass jemand mit einem Servierwagen vorbeiklappert. Dann hilft es manchmal nur, den Gesprächspartner zu bitten, die Antwort zu wiederholen.
Stichwort Raumakustik. Wie mache ich aus meinem Büro in der Firma oder meinem Home Office einen Raum, der im Podcast einen guten Ton liefert?
Das Schlechteste, was Sie haben können, ist ein Raum, der einfach nur vier parallele Wände hat und dazu noch sehr klein ist. Wenn Sie einen Teppich haben, ein Sofa und Vorhänge, dann ist im Alltag kaum Hall hörbar. Wenn Sie ein Mikrofon aufstellen, werden Sie trotzdem noch Hall hören. Um den wegzubekommen, gibt es Absorber.
Es gibt zwei Materialien, die bestens geeignet sind: Das ist zum einen Melaminschaum, ein sehr leichtes Material. Sie können ihn in Meter-Platten kaufen und mit Akustikkleber an die Wände bringen. Wenn Sie ungefähr ein Drittel aller Flächen, inklusive Decke und Boden, damit ausstatten, am besten in dem Bereich, wo Sie die Aufnahme machen, werden Sie sehr viel erreichen. Allerdings wird eine Renovierung nötig, wenn Sie den Schaum wieder von der Wand bekommen wollen – für eine Mietwohnung ist er also eher nicht geeignet.
Der zweite Stoff ist PET, der, aus dem die Coca-Cola-Flaschen gemacht werden. Den gibt es als Platten, die sich bei uns t.Akustik PET Absorber nennen. Die sind zwar nicht so leicht und man kann sie nicht einfach schneiden. Sie sind aber sehr stabil und haben eine tolle Absorbierungswirkung auch bis in den Bassbereich.
Eine Alternative zum Bekleben oder Verhängen von Wänden sind flexible Stellwände. Wir haben zum Beispiel das faltbare Modell AP 180-2. Wenn Sie ein oder zwei von diesen Wänden besitzen und sie in U-Form hinter sich stellen, erreichen Sie schon einen guten Effekt.
Man kann sein Mikrofon natürlich in der Hand halten, professioneller ist aber ein Stativ – welche Optionen gibt es da?
Ein Kondensatormikrofon können Sie nicht wie ein Dynamisches einfach in die Hand nehmen. Dann hätten Sie allein schon Geräusche vom Wind, den Sie durch die Bewegung erzeugen. Für Kondensatormikrofone bietet jeder Hersteller sogenannte “Spinnen” an. Das heißt, das Mikrofon hängt bei den meisten Lösungen in Gummi-Schnüren. Dadurch ist das Mikrofon vom Stativ und vom Tisch entkoppelt und Trittschallgeräusche werden nicht mehr übertragen. Natürlich hat das auch seine Grenzen. Wenn Sie mit Gewalt gegen den Mikrofonständer schlagen und auf den Tisch hauen, wird das zu hören sein.
Die zweite Möglichkeit ist eine Bass-Absenkung, die viele Mikrofon-Verstärker bieten, die man aber auch nachträglich über die Schnittsoftware durchführen kann. Dadurch werden tiefe Nebengeräusche unterdrückt.
Bleibt noch der Kopfhörer. Was empfehlen Sie da?
Für die Podcast-Produktion brauche ich keinen ultimativen High-Tech-Kopfhörer. Ich möchte nur kontrollieren, ob der Ton auch durch das Mikrofon ankommt – und ich will verstehen, was mein Gegenüber sagt. Der Widerstand, bzw. die Impedanz vieler sehr hochwertiger Kopfhörer ist für Hifi-Anlagen ausgelegt. Am Kopfhörer-Verstärker eines Podcast-Sets bekommen sie häufig nur geringen Strom, etwa weil das Audio-Interface nur 5-Volt-Strom über das USB-Kabel bekommt. Ich kann da zwar Hifi-Kopfhörer verwenden, sie werden aber immer recht leise bleiben, auch wenn ich die Lautstärke voll aufdrehe.
Deswegen empfehle ich immer einen Kopfhörer, der möglichst einen kleinen Ohmwert hat. 250 Ohm sind das Maximum, unter 100 Ohm wären sogar noch besser. Ein absoluter Klassiker ist zum Beispiel der Sennheiser HD 25. Das ist so ein Mittelklasse-Kopfhörer, auch im Preis. Der wird auch seit Jahr und Tag von Kamerateams benutzt, hat 70 Ohm, klingt sehr schön mittig und ist super für Sprache geeignet.
Es geht aber noch günstiger, etwa mit dem Superlux HD 681 für nur 32 Euro. Das ist ein halboffener Kopfhörer. Sie können sich also auf das Gespräch konzentrieren, kriegen aber auch noch ein klein bisschen was von der Umgebung mit. Auch sehr beliebt sind die Kopfhörer der Firma Beyerdynamic, z.B. der DT 770. Das ist ein geschlossener Studiokopfhörer, der sich über viele Jahrzehnte bewährt hat.
Christian Löhken, 53, arbeitet beim Musikhaus Thomann als Fachberater in der Abteilung Studio. Er hat Germanistik studiert und u.a.15 Jahre lang als Tontechniker beim WDR-Fernsehen gearbeitet.
Zum Thema Audio erscheint ein ganzes Buch: die turi2 edition #19 Audio – Erscheinungstermin: 12. Oktober 2022. Du kannst die Buchreihe turi2 edition kostenfrei lesen und als E-Paper hier kostenlos abonnieren.
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