“Geistiger Meinungskampf muss möglich sein” – So lief der Werte-Talk von BFB und turi2.


Freiheit, Gleichheit, Meinungs­verschiedenheit: "Wir müssen Aussagen, die uns empören und schockieren, aushalten", sagt der Jurist Matthias Jestaedt im Werte-Talk vom Bundes­verband freie Berufe und turi2. Im Allianz-Forum in Berlin sprach er mit der "FAZ"-Redakteurin Helene Bubrowski, der Chefredakteurin des "Philosophie Magazins" Svenja Flaßpöhler und dem BFB-Ehrenpräsidenten Wolfgang Ewer über den Freiheitsbegriff in der heutigen Gesellschaft.

Ewer äußert die Befürchtung, dass dieser in Corona- und Klimakrise als Rechtfertigung für egoistisches Verhalten genutzt wird. Er zitiert den Philosophen Hegel: "Freiheit ist Einsicht in Notwendigkeit." Manchmal bleibe dem Staat "gar nichts anderes übrig", als einzugreifen, beispielsweise mit einem Lockdown. Svenja Flaßpöhler unterstreicht diese Aussage: "Der Freiheitsgedanke war noch nie für Freiheit des einzelnen gedacht, sondern als Freiheit für alle Menschen." Wenn also Robert Habeck die Bürgerinnen auffordert, sich für das Klima einzuschränken, dann ist "Habeck ein Liberaler".

Beim großen Thema Meinungsfreiheit sind sich alle Podiumsteilnehmer einig, dass die Gesellschaft verlernt, sachlich zu diskutieren. Journalistin und Juristin Helene Bubrowski schlägt vor, sich ein Beispiel an Anwältinnen zu nehmen. Diese können vor Gericht "Argumente austauschen und sich danach wieder die Hände schütteln", weil die Standpunkte nicht persönlich genommen werden. Matthias Jestaedt empfindet es als problematisch, wenn "politische Cancel Culture" wie bei der AfD betrieben wird, da die Partei demokratisch gewählt wird und somit die Meinung der Wählerinnen vertritt.

Die Freiheit, alles sagen zu dürfen, spiegelt sich auch in der Gender-Debatte wieder. Prinzipiell zeugt eine sensible Sprache für den Fortschritt der Gesellschaft, sagt Svenja Flaßpöhler. Trotzdem verfechtet sie das generische Maskulinum, da es "geschlechtsneutral" sei. "Beim Gendern wird das Geschlecht in den Vordergrund gerückt, obwohl wir diese scharfen Grenzen doch aufweichen wollen." Sprache sei kein Instrument, das man für seinen Standpunkt gebrauchen kann. "Sprache ist mächtiger als wir", sagt die Philosophin.
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