“Medium Magazin”: Wolfgang Krach und Judith Wittwer nehmen Stellung zur Krise bei der “Süddeutschen Zeitung”.


Krise? Welche Krise? Das Chefredaktions-Duo der "Süddeutschen Zeitung", Wolfgang Krach und Judith Wittwer, tritt erstmals zum Doppel-Interview an. Im Gespräch mit Wolfgang Messner für das "Medium Magazin" wollen sie von einer Krise und schlechter Stimmung in ihrer Redaktion wenig wissen. Krach spielt etwa den Investigativ-Aderlass herunter. Zwar sei der Wechsel von Frederik Obermaier und Bastian Obermayer ein "Verlust", das Blatt habe aber auch früher schon ein starkes Investigativ-Ressort gehabt, zudem seien die "Obermay(i)ers" erst im Laufe der Jahre geworden, "was sie heute sind". Auch Wittwer sieht keine Probleme im Ringen um die besten Köpfe: "Fachkräftemangel und demografischen Wandel spüren wir in der 'SZ'-Redaktion glücklicherweise noch nicht".

Die offensichtlichen Fehler der Vergangenheit, etwa das Anmelden von Kurzarbeit in der Corona-Zeit und das harte Sparprogramm schiebt Krach auf die Geschäftsführung und auf die SWMH: "Der Stellenabbau ist nie und zu keiner Zeit von der Chefredaktion ausgegangen oder von ihr gutgeheißen worden", auch gegen die Kurzarbeit habe er sich "massiv gewehrt". Zur Stimmung in der Redaktion sagt Wittwer, "es ist hier und dort Erschöpfung zu spüren" und verweist auf die "verrückten" vergangenen Jahre mit außergewöhnlichen Nachrichtenlagen von der Pandemie bis zum Ukraine-Krieg. Immerhin seien die Gesellschafter zu der Einsicht gekommen, dass die "SZ" wieder eine größere Eigenständigkeit erhalten soll.

Grund dafür seien die sehr guten Geschäftszahlen der Zeitung: 2021 hat die "SZ" erstmals so viel Geld über Abos – Print und Digital – eingenommen, dass sie sich auch ohne Anzeigen hätte finanzieren können. Perspektivisch wollen Wittwer und Krach so viele Digital-Abos verkaufen, dass es auch Print nicht mehr zum Überleben braucht. Das solle "nicht heute, vielleicht aber morgen und übermorgen" der Fall sein, sagt Wittwer.
"Medium Magazin" 2/2022, S. 20-26 (Paid)