Abstand ist Anstand: Angela Merkel hat sich am Mittwochabend erstmals in ihrer Zeit als Bundeskanzlerin in einer TV-Ansprache an die Bevölkerung gewandt und dazu aufgerufen, angesichts der Corona-Krise Abstand zu unseren Mitmenschen zu halten. Für die Rede bekommt sie überwiegend positive Kritik. Merkel habe einerseits eine "Blut, Schweiß und Tränen"-Rede halten, andererseits zu "Mitmachpolitik" aufgerufen, schreibt Hans-Jürgen Jakobs, der die Kanzlerin als für ihre Verhältnisse "geradezu temperamentvoll" empfand. "Bild"-Chef Julian Reichelt kommentiert bei Bild Live TV, Merkel habe zwar den richtigen Ton getroffen, er vermisse aber konkrete Ansagen der Kanzlerin, was die Bundesregierung nun unternehmen will.
"FAZ"-Innenpolitikchef Jasper von Altenbockum kritisiert, Merkel habe "das wichtigste Detail nur sehr vage angesprochen", nämlich die Frage, wie lange der "Lockdown" anhalten soll. "Welt"-Chefkommentator Jacques Schuster attestiert Merkel, sie bleibe eine "Virtuosin des Diskreten und Besonnenen", die ihre Worte "in sorgfältig gewogener Nüchternheit" wöge. Ferdinand Otto wertet Merkels Rede bei Zeit Online als "ein Ultimatum an die Vernunft der Deutschen". Sebastian Fischer, Leiter des "Spiegel"-Hauptstadtbüros, schreibt, Merkels Appell wirke "eher beruhigend als aktivierend".
Es war Merkels erste TV-Ansprache in ihrer Amtszeit, abgesehen von den obligatorischen Neujahrsansprachen zu Silvester. Alle großen Sender und News-Kanäle haben ihre Rede zur besten Sendezeit gezeigt. Federführend bei der Umsetzung war laut "Bild" Merkels Chef-Kommunikatorin Eva Christiansen, die das Grundgerüst der Rede geliefert hat, an dem täglich gefeilt und präzisiert wurde. Auch Merkels Büroleiterin und engste Vertraute, Beate Baumann, war eingebunden. Die größte Sorge sei gewesen, dass die Ereignisse sich zwischen Aufzeichnung und Ausstrahlung überschlagen könnten, sodass Merkels Worte überholt und unpassend klingen. (Foto: Fabian Strauch/dpa)
spiegel.de, tagesschau.de (13-Min-Video), bild.de (Reichelt), faz.net (von Altenbockum, Paid), welt.de (Schuster, Paid), zeit.de (Otto), spiegel.de (Fischer), bild.de (Planung)