“Die Realität in die Arbeitswelt tragen” – Mirna Funk über Feminismus und faire Bezahlung.


It's all about money: "Frauen müssen begreifen, dass sie Gleich­berechtigung nicht bekommen, solange sie finanziell nicht unabhängig sind", sagt Mirna Funk im turi2 Clubraum. Die Journalistin und Autorin hat im Mai 2022 ihr Sachbuch Who Cares! Von der Freiheit, Frau zu sein veröffentlicht, in dem sie u.a. Frauen kritisiert, die sich finanziell auf ihren Partner verlassen und nicht selbst arbeiten gehen. Funk ist selbst allein­erziehende Mutter einer Tochter, erzählt sie im Gespräch mit Moderatorin Aline von Drateln und turi2-Chef­redakteur Markus Trantow. Vor allem Frauen in West­deutschland säßen einem "national­sozialistisch geprägten Muttermythos" auf. Um Gleich­berechtigung zu erreichen, plädiert Funk dafür, nicht nur auf die Politik zu warten. Auch das Individuum müsse "die Realität in die Arbeitswelt" tragen. Funk hätte sich vor drei Jahren noch der "Woke-Bubble" zugeordnet, habe inzwischen aber eine "180-Grad-Wendung" hingelegt.

Der "Cluster-Fuck der Documenta" diese Woche hat Funk, die selbst Jüdin ist, eher amüsiert. Dass die Kunstausstellung ein anti­semitisches Werk gezeigt hat, habe niemanden in der jüdischen Community überrascht. Was auf der Documenta passiert ist, sei in der Kunstwelt seit vielen Jahren "Normalität". Ihre Erwartungen an die Macherinnen der Documenta sind "ganz begrenzt". Selbst­reflexion erwarte sie nicht, denn "die hat im Vorfeld schon gefehlt". Es müsse politische Konsequenzen geben, von Boykott oder "Cancelation" halte sie aber nichts. Auch nicht davon, jetzt "im Rahmen der Empörung" zu handeln und etwa Kultur­staatsministerin Claudia Roth ihres Amtes zu entheben.

Geärgert hat Funk, dass sie "schon wieder" ihre Wohnung in Berlin vermieten muss, um sich einen Urlaub leisten zu können. Kunstschaffende und Intellektuelle würden in Deutschland "unglaublich schlecht bezahlt". Grund dafür sei, eine "absurde Vorstellung", dass diese Tätigkeiten ohne ein markt­wirtschaftliches System funktionieren müssten. Aber: "Niemand kann sich vom Denken ein Brot kaufen", kritisiert Funk.

Nächste Woche ist Silicon-Valley-Korrespondent Marcus Schuler im turi2 Clubraum zu Gast. Aufgrund der Zeitverschiebung beginnt der Live-Podcast bereits am Donnerstag um 17 Uhr.
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