“Ich will gestalten” – Barbara Massing über Führungsverantwortung und New Work bei der Deutschen Welle.


Ressourcen-Planerin: "Es war immer schon ein Antrieb für mich, dass ich ein großes Gerechtigkeits­empfinden habe", sagt Barbara Massing, Verwaltungs­direktorin der Deutschen Welle, im turi2 Jobs-Podcast. Ihr Titel klinge für manche abschreckend, reizvoll sei für sie jedoch, über die Verteilung der Ressourcen der Deutschen Welle mitzuentscheiden und Menschen in Verantwortung zu bringen. "Ich will gestalten", sagt Massing, die früher schon Schüler­sprecherin war, im Gespräch mit turi2-Redakteur Björn Czieslik. Als Kind wollte sie noch Meeres­biologin und Dokumentar­filmerin werden, verfassungsrechtliche Diskussionen im Zuge der Deutschen Wieder­vereinigung haben sie dazu gebracht, Jura zu studieren. Als Anwältin hat Massing aber nur kurz gearbeitet: "Die einseitige Interessens­vertretung entspricht mir nicht", sagt sie.

Bei der Wahl des Arbeitgebers spielt die Frage nach Sinn und Purpose eine immer größere Rolle – die Deutsche Welle habe dabei als Vermittler unabhängiger Informationen einen "Wahnsinnsvorteil", weil die "Frage der Sinnstiftung leicht beantwortet" sei. Die Sichtweise von manchen Arbeitskräften, dass Work-Life-Balance und Führungs­verantwortung nicht miteinander vereinbar seien, hält Massing für einen "Trugschluss". Das alte Führungsbild des meist männlichen Managers, der bis spätabends im Büro ist, sei nicht mehr das Zielbild.

Mobiles Arbeiten war beim deutschen Auslandssender auch schon vor Corona ein Thema, die Pandemie habe den Plänen jedoch – wie in vielen Firmen – einen "Wahnsinns-Boost" gegeben. "Ganz viele Diskussionen, die wir vorher schwierig geführt haben, waren auf einmal weg", sagt Massing. Vor allem bei Führungs­kräften habe es Bedenken gegeben, ob Beschäftigte im Home-Office auch wirklich arbeiten: "Ich habe immer schon gesagt: Wenn die Leute zu Hause nicht arbeiten, dann arbeiten sie auch nicht, wenn sie hier sind." Vielmehr gehe es um Vertrauen zueinander, klare Ziele und Kommunikation.

Eine Dienst­vereinbarung ermöglicht es den Beschäftigten der Deutschen Welle heute, 60 % ihrer Arbeitszeit mobil zu arbeiten, 40 % im Büro. Bis zu drei Wochen im Jahr können sie auch aus dem europäischen Ausland arbeiten. Längere Aufenthalte und außer­europäische Ziele erlauben die Sozial­versicherungs­bestimmungen derzeit nicht, Massing hofft aber auf Lösungen, auch um die Zufriedenheit ihres internationalen Teams zu stärken. Zum Themenfeld New Work gehört bei der DW auch, die Teams zusammenzuhalten, selbst wenn sich nicht mehr alle jeden Tag persönlich treffen. Dafür hat sich aus der Belegschaft heraus das Dialog-Format "DW Minds" entwickelt. Mitarbeitende berichten abteilungs­übergreifend von ihren Projekten, geben Tipps und Know-How weiter. Bei "Failing Forward" erzählen Führungs­kräfte von ihrem Umgang mit dem Scheitern.

Nachholbedarf sieht Massing beim Thema Diversität, vor allem auf Führungs­ebene. Bei der DW mit Beschäftigten aus 150 Nationen habe lange die Auffassung vorgeherrscht: "Wir sind vielfältig, das reicht doch." Die Frage sei jedoch, ob ethnische Vielfalt über alle Stufen im Unternehmen abgebildet ist, was bisher noch nicht der Fall sei. Daher habe die Deutsche Welle Diversity-Management in der Intendanz zur Chefsache gemacht. "Immerhin ist die Geschäfts­leitung zu 50 % weiblich", sagt Massing.

Der Podcast erscheint im Nachgang zur turi2 Themenwoche Future of Work, in der wir uns eine Woche lang mit neuen Formen des Arbeitens beschäftigt haben.
turi2.podigee.io (56-Min-Audio), turi2.tv (Podcast bei YouTube), spotify.com, podcast.apple.com, deezer.com, plus.rtl.de