Vodafone-Marketingchef Gregor Gründgens rechnet mit Facebook und Agenturen ab.


Appell an die Verantwortung: Gregor Gründgens, Marketingchef von Vodafone Deutschland, geht im "Horizont"-Interview mit Facebook als Werbeplattform hart ins Gericht. "Verschwörungstheorien und massive Desinformation sind die Pest". Unternehmen sollten daher "zweimal hinschauen", wo sie ihre Werbung platzieren: "Wir sitzen als Marketers auf Milliarden-Budgets. Wir können die gesellschaftlichen Folgen von Social Media nicht einfach ignorieren", sagt Gründgens. Er denke sogar darüber nach, Werbe-Budgets von Facebook abzuziehen. "Es gab immer schon Fake News und Zeitungen, die irgendeinen Quatsch verzapft haben. Aber in dieser Dimension ist das absolut neu und gefährlich." Marketing-Verantwortliche müssten sich daher nicht mehr nur um kommerzielle Fragen kümmern, sondern sich "auch der gesellschaftlichen Verantwortung stellen, die mit unseren Media-Budgets verbunden ist".

Auch die Agentur-Beziehungen sind für Gründgens nicht in Stein gemeißelt: "60, 70 oder 80 % der Zeit, die wir unseren Dienstleistern vergüten, sind nicht wirklich wertschöpfend, sondern erforderlich für die Bewegung eines zu kompliziert gewordenen Apparats", sagt er. Eingefahrene Strukturen führten dazu, "dass vieles zu teuer und zu langsam ist – und oft genug auch zu schlechteren Ergebnissen führt". Mit Agentur-Chefs sei er sich da prinzipiell einig, die Frage sei, wie sich Veränderungen "mit der nötigen Fairness und der Einsicht in wirtschaftliche Notwendigkeiten" umsetzen lassen. Die Corona-Krise versteht Gründgens als "Abwrackprämie für das analoge Leben". Kreative Konzepte per Videoschaltung zu entwickeln, sei zwar schwieriger, dennoch glaubt er nicht, "dass immer 'ground-breaking creativity' entsteht, wenn Menschen zusammen in einem Raum sitzen". Oft seien es Einzelpersonen oder eine Inspiration von außen, die etwas in Bewegung setzten.
"Horizont" 21/2020, S. 8/9 (Paid)