“Der Spieltrieb ist immer da” – Ralf Wirsing über den Zauber des Zockens.
20. Oktober 2023
Let’s play:Ralf Wirsing führt das Europageschäft von Ubisoft, einem der wichtigsten Spiele-Konzerne der Welt. Für das große Interview in der turi2 edition #22 trifft er sich mit Elisabeth Neuhaus im Düsseldorfer Büro und will mit Vorurteilen gegenüber Gamern brechen. Er hält sie für soziale Wesen – und die Chipstüte für ein Klischee.
Ralf Wirsing, 1995 durfte ich eine Runde Tetris am klobigen PC meines Vaters spielen – auf Windows 3.1. Das ist meine erste Gaming-Erinnerung. Was ist Ihre?
Meine erste Spielerfahrung war auf einem Gerät der Firma Quelle, Marke Universum. Die hatten in den 70ern eine Konsole, auf der zehn Spiele vorinstalliert waren, die das klassische Pong imitiert haben. Das ist das Spiel mit den zwei Strichen und dem Ball. Diese Konsole habe ich mal wiedergesehen – im Computerspiele-Museum in Berlin.
1997 sind Sie zu Ubisoft gekommen. Da waren Computer und Grafikkarten noch richtig teuer und kompliziert. PC und Gaming waren was für Nerds. Waren Sie einer?
Während meiner Studienzeit habe ich sehr leidenschaftlich und intensiv gespielt. Damals sind gerade die ersten Multiplayer-Games aufgekommen, wo man über ein Modem mit jemandem in einer anderen Stadt spielen konnte. Wir haben den Universitätsserver benutzen müssen, um uns miteinander zu verbinden. Verabredet haben wir uns per Festnetztelefon.
Wie viel Zeit zum Zocken nehmen Sie sich heute, 30 Jahre danach?
Ich spiele noch. Aber nicht mehr stundenlang. Ein paar nette Games habe ich auf meinem Smartphone. Ich sammle damit zum Beispiel Pokémon, gerne auch mit meinen Kindern. Das ist immer eine schöne Gelegenheit, um sich auszutauschen: Man läuft herum und kann nebenbei über andere wichtige Sachen reden. An der Konsole bin ich meist eher passiv, dann spielt mein jüngster Sohn, der 14 ist, und fragt mich um Rat.
Ralf Wirsing im turi2 Videofragebogen.
Ralf Wirsing
Jahrgang 1969, studiert Psychologie mit Schwerpunkt Medienwirkungsforschung. 1997 steigt er bei Ubisoft ins Produktmanagement ein. Später bringt er als Producer u.a. „Die Siedler“ auf Nintendo DS heraus, leitet die Blue-Byte-Studios und das DACH-Geschäft von Ubisoft. Seit 2022 ist er Europachef. Wirsing engagiert sich im Branchenverband Game, ist verheiratet und hat drei Söhne
Sie sind der Spiele-Experte für Ihre Söhne?
Schon. Sie sind mächtig stolz darauf, dass der Papa in der Spieleindustrie arbeitet. Meine Söhne sind 18, 16 und 14. Das ist natürlich ein perfektes Alter für mich, um direktes Feedback von der Zielgruppe zu bekommen. Die drei sagen ganz ungeschminkt: „Das Spiel ist gut“ oder „Das macht ihr doof“. Durch meine Jungs versuche ich auch zu verstehen, wie die heutige Generation tickt und über welche Kanäle wir sie erreichen können. Das ist ganz anders als bei uns früher.
Wie war es denn früher?
Als ich angefangen habe, konnte man nur auf PC oder Konsole spielen. Heute haben wir Smartphones, iPads, Smart TVs. Damals waren Singleplayer-Spiele mit einer fest generierten Welt der Standard. Die Spiele gab es in Kartonboxen, zwölf auf 25 Zentimeter, im Regal bei Mediamarkt oder Karstadt. Wenn so eine Box verkauft wurde, war das Produkt weg, wir konnten es nicht mehr updaten. Der Box lag eine Postkarte bei, und wer schon eine E-Mail-Adresse hatte, konnte sich bei uns registrieren. Ansonsten hatten wir keinerlei Möglichkeit, uns mit den Spielenden auszutauschen. Heute rede ich nicht mehr von einem nach fünf oder zehn Stunden abgeschlossenen Spiel. Ich habe ein Spielerlebnis, das im besten Fall mehrere Wochen, Monate oder sogar Jahre läuft.
Früher musste man gut sein oder Glück haben, um bei einem Spiel zu gewinnen. Heute reicht es, Geld reinzubuttern. Stimmt’s?
Jugendliche Communities bevorzugen, gegeneinander zu kämpfen, sich zu messen, statt das mit Geld zu machen. In vielen Spielen steht der kompetitive Charakter im Vordergrund, das sieht man auch an der Beliebtheit von E-Sport. Das von Ihnen beschriebene Modell gibt es sicher, viele In-Game-Käufe drehen sich aber um kosmetische Dinge: Man bezahlt, um das flammende Schwert zu haben, das in Regenbogenfarben leuchtet. Das kann man machen, wenn man darauf Wert legt, es hat aber keinen Einfluss auf das Spielergebnis. Wir sehen durchaus einen Trend zur Individualisierung. Der beste Vergleich ist für mich persönlich die Autoindustrie, entweder ich fahre den Standard-Golf oder ich mache Breitreifen mit extra Felgen drauf. So ist das in Spielen auch.
Findet in Ubisoft-Spielen Werbung statt? Bei der Konkurrenz von Electronic Arts wirbt L’Oréal im Spiel „Sims“ auf Plakaten an der virtuellen Straße für einen Mascara, den es im Laden zu kaufen gibt.
Es muss genau zum Setting passen. Im Fußballstadion oder beim Autorennen gibt es zum Beispiel in der Realität Bandenwerbung. So fühlt sich eine Vermarktung in solch einem Spiele-Genre natürlich an und stört nicht. Es finden auch Kooperationen ganz anderer Art statt. Bei einem Rennspiel wie zum Beispiel unserem „The Crew Motorfest“ gibt es Marken-Zusammenarbeiten mit Autobauern, damit authentische Automarken im Spiel stattfinden. Das wollen die Fans auch – den „echten“ Nissan GT-R fahren. Bei „Riders Republic“, einem Fun-Sport-Videospiel, gab es mal eine Kooperation mit Prada. Da konnte man in game Outfits des Labels freischalten. Aktuell ist eine Armbanduhr auf dem Markt, die Gamer auch in unserem Spiel „Far Cry 6 “ tragen können.
Ubisoft
1986 gegründet, ist ein französischer Videospielkonzern mit 20.000 Beschäftigten. Im Portfolio des Publishers stehen Titel wie „Assassin’s Creed“ und „Far Cry“. Mit seinen Blue-Byte-Studios in Düsseldorf, Mainz und Berlin entwickelt Ubisoft auch in Deutschland Spiele und zählt hierzulande zu den größten Games-Arbeitgebern. 2022/23 setzte der Konzern 1,8 Milliarden Euro um – ein Post-Corona-Minus von 14,6 Prozent. An Ubisoft ist der Tech-Riese Tencent beteiligt
Wie erreichen Sie Ihre Zielgruppen?
Vor allem, indem wir die wichtigen Social-Media-Kanäle mit Content bespielen: Twitch und YouTube, in den letzten Monaten immer stärker auch TikTok. Für uns sind diese Plattformen wirklich substanziell geworden über die Jahre. Natürlich auch, indem wir mit den Menschen, die auf diesen Kanälen aktiv sind, in Austausch treten. Content Provider sind wichtige Markenbotschafter für uns. Je nach Art des Spiels oder Spielgenres setzen wir aber auch noch auf klassische Medien oder nutzen PR-Kanäle. Der Mix macht’s.
Warum gucken Menschen anderen so gerne beim Spielen zu, auf Twitch zum Beispiel?
Bei mir spiegelt es meine Unzulänglichkeit im Umgang mit einer Konsole. Es ist angenehmer, zuzuschauen, weil sich die andere Person intensiver mit dem Spiel beschäftigt hat. Ich kann jederzeit reingehen, kann mich mit der Community austauschen, obwohl ich überhaupt keinen Plan von dem Spiel habe. Und dann sind natürlich einige der Let’s Player auch einfach gute Entertainer und man hat die Möglichkeit, Tipps und Tricks zu bekommen oder sich vorab zu informieren, ob das Spiel für einen selbst interessant ist.
Sogenannte Let’s Plays, bei denen Streamer vor Publikum online spielen, laufen manchmal Tage am Stück. Erklären Sie mir bitte mal den Zauber des Zockens.
Das Schöne ist: Sie können in neue Welten eintauchen. Sie können in den Weltraum fliegen, in böse Dungeons gehen, gegen einen Drachen oder andere Monster kämpfen. Sie können Rennfahrer werden, Tennisprofi und Weltmeister. Eine klare Abgrenzung, etwa zum Film, ist die Interaktivität. Im Kino sitze ich passiv, im Spiel kann ich aktiv mitgestalten und kommunizieren. Das gibt ganz neue Freiheiten. Wichtig ist auch die soziale Komponente. Bei fast jedem modernen Spiel ist irgendeine Art von Kommunikationskanal dabei. Ich habe also Freunde oder zumindest eine Community von Gleichgesinnten, mit der ich nicht nur Abenteuer bestehe oder Aufgaben löse, sondern bei denen ich auch sagen kann: „Heute war blöd in der Schule.“
Sind Videospiele die neuen Fußballvereine?
Dass einige Vereine Nachwuchsprobleme haben, kann durchaus daran liegen, dass sich vor allem junge Menschen mehr und mehr online treffen. Das ist schon eine neue Art des neuen Vereinslebens, definitiv. Games sind aus diesem Nerd-Bereich, in dem sie Ende der 90er sicher noch waren, zum Kulturgut geworden. Sie sind Lifestyle, Pop- und Jugendkultur. Das Bild des Chips essenden, übergewichtigen und lichtscheuen männlichen Spielers ist definitiv überholt – und war auch damals bereits zu sehr Klischee.
Mit Ubisoft Film & Television haben Sie eine eigene Produktionstochter, 2016 kam „Assassin’s Creed“ als Film heraus. „Rabbids Invasion“ war ein TV-Serien-Ableger aus einem Ihrer Spiele-Universen. Ein Freizeitpark in Malaysia ist geplant. Arbeiten Sie nach dem Vorbild von Disney?
Wie Disney mit seinen Marken umgeht, ist definitiv sehr inspirierend. Wir versuchen unsere Marken so zu diversifizieren, dass wir damit auch Zielgruppen ansprechen, die wir über das klassische Gaming sonst nicht direkt erreichen. Es gibt Hörbücher, Serien, Fashion und andere Produkte, die auf Spielmarken basieren, Live-Erlebnisse wie Ausstellungen oder Konzerte.
Unter Sternen: Ralf Wirsing mit Elisabeth Neuhaus in einer von vielen Chill-out-Ecken im Düsseldorfer Ubisoft-Büro
Sind Sie traurig, dass die Leute jetzt wieder mehr rausgehen und weniger Zeit zum Spielen haben?
Nein. Ich glaube, dass wir als Industrie während Corona wirklich einen Pionierdienst geleistet haben. Über unsere Spielinhalte konnten wir den einen oder anderen ein bisschen auffangen, der ansonsten isoliert zu Hause gesessen hätte. Jetzt bin ich froh, dass wir wieder eine gute Balance zwischen Entertainment in der virtuellen und in der echten Welt finden können. Corona war doch für uns alle ein einschneidendes Erlebnis, das keiner nochmal braucht.
Mit 500 Millionen Euro Verlust lief 2022/23 für Ubisoft nicht mehr so berauschend. Warum?
Die Entwicklung von Spielen dauert lange. Von den Herausforderungen und Einschränkungen durch Corona war auch die Produktionsseite betroffen. Letztlich haben wir weniger Produkte herausgebracht, als ursprünglich geplant. Für das laufende Geschäftsjahr sind wir aber gut aufgestellt.
In einem berühmten Video von 2018 kündigt der Blizzard-Chef „Diablo Immortal“ als reines Handy-Spiel an und wird ausgebuht. Seine Reaktion: „Do you guys not have phones?“ Wie viel Generationenkonflikt steckt in klassischem versus Mobile Gaming?
Ich sehe das heute als friedliches Miteinander. Genau wie Games komplett in der Gesellschaft angekommen sind, gibt es auch keinen Kampf zwischen den Konsolen und den Smartphones. Man erreicht damit zum Teil unterschiedliche Zielgruppen. Mit der Einführung des Smartphones haben wir unseren Markt und unsere Industrie sehr viel breiter aufstellen können. Fast jeder hat heute irgendein kleines Spiel auf dem Telefon und mit immer leistungsfähigeren Smartphones werden auch die Spiele wieder komplexer. Die Welten verschwimmen, es gibt kurzweilige Casual Games sowohl auf dem PC als auch auf dem Smartphone und inzwischen ebenso umfangreiche HD-Spielewelten auf dem Handy.
Warum wurde der Mann ausgebuht – Nostalgie?
Die Situation selbst kann ich nicht begründen. Es gibt einfach unterschiedliche Zielgruppen, auch eine, für die Nostalgie total wichtig ist. Die finden sie überall. Es gibt auch den Porsche-Fan, der den 911er Porsche von 1968 zu Hause hat und den viel schöner findet als alle neuen Modelle. Andere sagen, es ist technisch viel mehr möglich. Man muss aber alle Zielgruppen bedenken, auch global. Wenn man sich nur auf eine versteifen würde, würde man nicht wachsen. Gerade im asiatischen Raum sind Mobile Games sehr wichtig und stark.
Knapp zehn Milliarden Euro hat die Computer- und Videospiele-Industrie 2022 in Deutschland umgesetzt. Die meisten Kassenschlager kommen aber anderswo her. Warum sind wir keine große Gaming-Nation?
Mit Blick auf die Begeisterung für Games sind wir bereits eine große Gaming-Nation. Immerhin ist Deutschland der größte Markt in Europa und weltweit die Nummer fünf. Mit der Gamescom findet hierzulande das weltgrößte Games-Event statt. In der Spieleentwicklung hinken wir allerdings hinterher. Unsere Branche hatte in Deutschland lange mit einigen Klischees zu kämpfen. Das alte Nerd-Klischee war etwa im englischsprachigen Raum nie ein Problem. Da war Gaming seit Beginn der Computerspieleindustrie immer Kulturgut. Man ist da drüben ganz selbstverständlich und relativ früh mit der Politik in Kontakt getreten, um zu diskutieren, wie man die Industrie sinnvoll unterstützen kann. Das geht über Förderungen, über Ausbildung. Deswegen haben die USA, Kanada, aber auch Teile von Europa einen Vorsprung, den wir im deutschsprachigen Raum langsam versuchen aufzuholen. Mit der Einführung der Games-Förderung hat sich da ja auch schon viel in die richtige Richtung bewegt.
Im Haushaltsentwurf der Bundesregierung für 2024 sind weniger Mittel für die Spiele-Förderung vorgesehen, 48,7 statt 70 Millionen. Was bedeutet das für die Branche?
Das ist eine bittere Pille, nicht nur, aber insbesondere für kleine Teams und Entwicklerstudios. Mit der Förderung schaffen sie normalerweise die Grundlage, an etwas zu arbeiten, das einmal kommerziell erfolgreich werden soll. Für ein Unternehmen mit wenigen Leuten ist eine Summe im mittleren sechsstelligen oder kleinen siebenstelligen Bereich häufig die entscheidende Investition, um ihr Projekt überhaupt realisieren zu können. Das fehlt jetzt.
Warum braucht die Branche überhaupt Steuergelder?
Es ist vor allem eine Förderung zur Fachkräftesicherung, zum Aufbau von Know-how und um Kompetenzen in digitalen Schlüsseltechnologien aufzubauen. Ziel ist es, die Produktion im eigenen Land zu fördern. Studien aus anderen Ländern zeigen, dass für jeden geförderten Euro in der Gaming-Branche im Schnitt rund 1,80 Euro zusätzliche Steuereinnahmen erzielt werden. Das ist also nicht irgendein Loch, in dem das Geld versinkt. Hinzu kommen noch die Technologie-Effekte, die in andere Industrien ausstrahlen. Einige Anwendungen aus der Games-Branche, wie der Animation, werden in der Architektur oder in der Medizin genutzt.
Während meiner Uni-Zeit haben zig Studis zur Frage geforscht, ob Videospiele aggressiv machen. Ihre Antwort?
Es gibt viele Momente und Situationen, die Menschen reizen können. Wenn ich als Person einen Misserfolg habe, ärgere ich mich darüber. Das kann beim Spielen sein, auch beim Brettspiel, genauso kann das während einer Autofahrt passieren. Wenn ich als Autofahrer im Stau stehe, ärgere ich mich darüber. Solche Reize sind nicht spielspezifisch und auch nicht videospielspezifisch, also lautet meine Antwort: nein.
Die Debatte dreht sich vor allem um Ego-Shooter, sogenannte Killerspiele, etwa nach dem Amoklauf an der Columbine High School in den USA 1999 oder dem in Erfurt 2002. Nach dem Anschlag in München 2016 sagte die Polizei, der Täter habe „exzessiv“ Videospiele gespielt.
Es erschien lange sehr einfach, einen direkten Zusammenhang zwischen Aggressivität im Spiel und Aggressivität im realen Leben herzustellen. Das ist natürlich so nicht richtig und viel zu einfach gedacht. Das Thema wurde in zahlreichen Studien untersucht. Games können zwar kurzfristig reizen, etwa, wenn ich in einem heiß umkämpften Fußballspiel kurz vor Schluss noch ein Tor kassiere und dann verliere. Eine mittel- oder langfristige Erhöhung des Aggressionspotenzials, das allein auf Games zurückgeht, gibt es nicht. Klar ist aber auch: Aufgrund der Verbreitung von Games ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass ein Täter auch gespielt hat. Wir als Industrie sehen diese Art der Killerspiel-Debatte als überholt, aber nehmen unsere Verantwortung ernst und engagieren uns über Institutionen wie die USK, die in Deutschland für die Altersfreigabe zuständig ist, oder die Stiftung Digitale Spielkultur und ganz besonders für die Vermittlung von Medienkompetenz und Jugendschutz.
Seit wann dürfen Ihre Söhne zocken?
Sie wurden nicht im Kinderwagen mit dem iPad großgezogen. Aber es ist ein ganz natürlicher Gang, dass Kinder irgendwann Spiele, auch Videospiele, für sich entdecken. Bei uns wurde das zunächst mit ganz kleinen Schritten geduldet. Als Eltern sollte man sich immer fragen: Was spielt mein Kind? Wie lange spielt es? Und: Ist genügend Ausgleich da? Ich finde es wichtig, dass sich Eltern dafür interessieren, was ihr Kind macht – auch im Internet.
Das Klima in Spieleschmieden ist als toxisch männlich verrufen. Ubisoft war mehrfach wegen Vorwürfen der sexuellen Belästigung in den Schlagzeilen. Was tun Sie, damit sich Vorfälle wie diese nicht wiederholen?
Diese Thematik wurde in einem öffentlichen Post von unserem Unternehmen adressiert. Wir haben neutrale Instanzen eingerichtet, an die man sich wenden kann, wenn man sich falsch behandelt fühlt. Alle Mitarbeitenden müssen regelmäßig ein Anti-Harassment-Training durchlaufen. Dazu bieten wir externe Hilfe von spezialisierten Beratungsunternehmen an. Alle sind dazu angehalten, Fehlverhalten zu melden. Wir möchten ein sicheres und respektvolles Arbeitsumfeld bieten.
Twinkle, Twinkle, Little Spark: Für unser Foto döst Ralf Wirsing mit Kuscheltier aus dem „Rabbids“-Universum im Napping Room
Entwirft künftig eine KI alle Spiele?
In der Spieleentwicklung ist KI per se nichts Neues. Wenn Sie sich durch eine virtuelle Welt bewegen, in der eine Figur von rechts nach links läuft, ihren Kopf dreht, Sie anspricht, danach weiterläuft und Feuer macht, steht da ein KI-Modell hinter. Sie hilft, glaubwürdige Spielwelten zu schaffen. Dieser Bereich wird für uns immer substanziell sein. Auch nutzen unsere Teams KI seit Jahren bei der Erzeugung von Landschaften oder Wasseroberflächen. Bei den neuesten Entwicklungen und Möglichkeiten im Bereich KI zur Generierung von Content sind wir momentan noch in einer Test- und Lernphase. Es gibt viele noch zu klärende Rahmenbedingungen. Grundsätzlich möchten wir mit den Entwicklerteams erforschen, wie sich die Technik nutzen lässt, um ihre Arbeit zu bereichern. Wir bezweifeln, dass KI menschliche Kreativität eins zu eins abbilden kann. Wir sehen den Menschen dadurch nicht gefährdet.
Als Kind hat man es genossen, ewig zu spielen, heute kriegen dieselben Leute nach 20 Minuten Daddeln am Handy ein schlechtes Gewissen. Warum ist das so?
Oh, die älteren Gamer gibt es durchaus. Die Spieler von damals sind mit dem Medium erwachsen geworden. Aber es stimmt schon, als Erwachsene haben wir ein deutlich begrenzteres Zeitbudget. Wir müssen arbeiten, uns gegebenenfalls um die Familie kümmern. Im Alter verändern sich auch die Wertigkeiten, oder wir setzen andere Prioritäten, engagieren uns im Sportverein, verbringen Zeit im Garten, im Museum oder ziehen beim Golf die breiten Reifen auf. Ich glaube, der Spieltrieb wird nie komplett unterdrückt. Er ist immer da. Wir leben ihn nur anders aus.
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