Okay, wie ein jung-dynamischer Startupper sieht Thomas Feicht nicht gerade aus. Und er spricht auch nicht wie ein glühender Medien-Disrupter. Und doch hat Feicht – schütteres Haar, Fusselbart, Kassenbrille, Schlabberpulli, leiser hessischer Singsang – einen ganz eigenen Weg gefunden. Einen eigenen Weg, hochwertige Stadtmagazine quer durch Deutschland zu etablieren und sie auch in die Schweiz und nach Österreich zu bringen.
Eine Anzeige heißt bei “Lust auf Gut” nicht Anzeige, sondern “Darstellung”
Thomas Feicht, Jahrgang 1950, könnte ein netter 68er-Opi sein, der von Vietnam- und Friedensdemos erzählt; von Heldentaten im Hüttendorf an der Startbahn West. Doch der Eindruck täuscht: In Wahrheit zieht Feicht mit bemerkenswerter Energie und einer Riesenportion Chuzpe ein Netzwerk von klug durchdachten Stadtmagazinen auf – oder sollte man sagen: Werbebroschüren? Es erscheint mit über 100 Ausgaben und 22 Lizenznehmern in 29 Städten und Regionen in drei Ländern. Bauernschlau und wortgewandt hat Feicht das eigentlich profane Geschäft mit lokalen Anzeigen auf ein neues Niveau gehoben: Seine Magazine sind gebunden wie Bücher, 100 und mehr Seiten dick, fühlen sich mit starkem, offenem Papier gut an – und sind doch getarnte Werbung. Seine Marktlücke definiert Feicht so: “Wir machen für den Mittelstand was Visuelles.” Es gibt fast keine längeren Texte, dafür jede Menge ästhetische Bilder von netten Menschen, leckerem Essen und schönen Objekten. Das Wort Anzeige taucht nirgends auf. “Wir sagen Darstellung, nicht Anzeige”, betont Feicht.
Feicht hat seine Stadtmagazine mittlerweile bis in die Schweiz und nach Österreich gebracht. Seine Marktlücke: “Was Visuelles für den Mittelstand”. Foto: Baschi Bender
“Lust auf Gut” sieht Feicht als die “neue Art, angenehm unwerbliche Werbung herzustellen”. Das erreicht er mit einem simplen Trick: Die Seiten sind mit PR-Texten und -Bildern über den lokalen Kunden gefüllt – aber immer ohne dessen Logo und Schriftzug, stattdessen in der durchgängigen Gestaltung eines Magazins. Die Artikel sind zwar pure PR, aber irgendwie doch nicht plumpe Werbung. Feicht vermeidet es geschickt, als Werbeplattform rüberzukommen. Er setzt auf Kultur und Netzwerk – was er allerdings weit definiert: “Wir vernetzen (sagt man ja heute so) die klassische Kultur mit der Auftrags-Kultur (Architektur, Design, Fotografie, Gestaltung), der kommerziellen Kultur (Marken) und dem qualifizierten Handel (auch Galerien)”, heißt es in einer Selbstdarstellung. Am Ende ist irgendwie alles Kultur, auch wenn es nur um Brillen, Bürostühle oder Badewannen geht… weiterlesen in der turi2 edition Vernetzung.