Pullis und Pommes: Marken wie McDonald’s, DHL und Aldi polieren ihr nüchternes Image mit eigenen Fashion-Kollektionen auf. Und setzen dabei auf eine Generation, die keine Angst vor Kitsch hat – sowie auf altbewährte Marketing-Tricks.
2022 machen die Berliner Verkehrsbetriebe mit den Sitzen in ihren S- und U-Bahnen – mal wieder – Marketing. Ein Muster aus sich umarmenden Figuren soll Flecken kaschieren und die Vielfalt Berlins promoten. Mit dem Mode-Label QS by S.Oliver entsteht daraus eine Streetwear-Kollektion. Hoodies und Co gab es bei Zalando – zuletzt mit satten Rabatten. Eine gewisse Skepsis gegenüber der Bundeshauptstadt ist ja nix Neues. Und offenbar haben auch die Berlinerinnen das Muster lieber unterm Hintern als auf der Brust.
McDonald’s: Retro-Snacks zum Anziehen
Zum 50. Geburtstag in Deutschland schnappt sich der Fast-Food-Riese 2021 das Hip-Hop-Label Snipes, um gemeinsam eine Streetwear-Kollektion im Retro-Design zu braten. Neben dem M ist auch der Preis golden: Hoodies und Accessoires, teils mit Burger- und Pommes-Prints, kosten bis zu 130 Euro. Auf einigen Teilen prangt die „71“ – das Eröffnungsjahr der ersten Filiale in München. Wer 2021 zugegriffen hat, freut sich heute über eine fette Wertsteigerung um das Doppelte oder mehr.
Lidl: Schnell sein lohnt sich
Was mit einem Aprilscherz beginnt, wird zum heißen Scheiß auf Social Media: Der Discounter der Schwarz-Gruppe launcht 2020 Schlappen und Leggings im gelb-blau-roten Lidl-Design. Kostenpunkt: bloß ein paar müde Euro. „Lidl treibt die Logomania voran“, frohlockt es damals aus der Firmenzentrale in Neckarsulm. Dabei vergisst der Discounter nicht seine Wurzeln und gibt dieselbe Regel wie am Grabbeltisch vor: Was weg ist, ist weg. Die Teile sind nur in limitierter Stückzahl zu haben. Ein alter Marketingtrick, der offenbar auch hier zieht: Nach Verkaufsende werden die Klamotten teils vierstellig gehandelt.
Aldi: Kommt in die Tüte
Der Lidl-Konkurrent lässt sich nicht zweimal zum Fashion-Battle der Discounter bitten. Aldi Nord bringt 2020 zusammen mit Territory eine Kollektion heraus. Markenzeichen: eine „gewisse Ruhrgebietsästhetik“. Heißt: Tracksuits, Socken oder Badeanzüge sehen aus wie die olle blau-weiße Aldi-Tüte, die jahrelang als Sinnbild für Hartz IV herhalten musste. Die stoffgewordene Plastiktüte hat Erfolg: Auf den Social-Media-Kanälen des Discounters wollen viele ein Stück vom Tüten-Trend abhaben. Die Kollektion gibt es nur dort – und zwar nicht einfach so, man muss sie schon gewinnen. Ein Jahr später folgt die zweite Merchandise-Palette, diesmal im eher ruhrgebietsfernen Weltraum-Stil. Zusammen mit Kolle Rebbe entstehen Trainingsanzug und Slipper in Rot, Blau und Weiß. Bei den Preisen orientiert sich Aldi am Sortiment. Die Klamotten kosten nicht mehr als ein paar Pfund Butter: Für drei bis 15 Euro landen sie diesmal auch auf der Ladenfläche.
DHL: Packender Look
2015 läuft für das Pariser Label Vetements ein Model in einem gelben Shirt mit rotem DHL-Logo über den Laufsteg. Fashionistas reißen sich um das 245-Euro-Teil. „Ich erzähle meiner Frau, meinen Kindern und meinen Freunden seit Jahren, wie sexy die Marke DHL ist“, wirbt Vetements-CEO Ken Allen damals. Dankbar für den kostenlosen Hype ums deutsche Traditionslogo, verzichtet Deutsche Post DHL auf eine Copyright-Klage und handelt eine Kollaboration mit dem Label aus, die sie 2018 auf den Markt schickt. Ab sofort darf, wer es sich leisten kann, wie ein Paketbote herumlaufen. Ganz ohne Unannehmlichkeiten wie schlechtes Gehalt oder schwere körperliche Anstrengung. 2021 und 2022 folgen Jacken, Taschen, Sandalen und eine Thermos-Wasserflasche von DHL mit der malaysischen Modedesignerin Christy Ng. Die Teile gibt es – diesmal bezahlbarer– ausschließlich auf deren Website. Unklar ist, welchen Einfluss es auf das Markenbild hat, wenn die Bestellungen beim nächsten Poststreik per Hermes zugestellt werden.
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