“Wir versuchen, in einer immer komplexeren Content-Welt Guide zu sein” – Arnim Butzen über Magenta TV.
24. Oktober 2023
Sieht purpur: Mit der Plattform Magenta TV will der TV-Chef der Telekom, Arnim Butzen, alle “Tatort”-Fans fürs Streaming begeistern. Im Interview in der turi2 edition #22 spricht er über die letzten Lagerfeuer der Screen-Gesellschaft, UHD als Zukunft von TV und welche Rolle Werbung künftig spielen wird.
Claim von Magenta TV ist, das Beste aus TV und Streaming zu verbinden. Was ist das denn im Moment?
Für jeden etwas anderes – aber jeder kann sicher sein: Er wird es bei uns auf der Plattform finden. Wir versuchen, die beiden Welten Linear und VoD zusammenzuführen und eine Zielgruppe, die noch sehr stark im linearen Fernsehen verhaftet ist, mehr und mehr Richtung VoD zu bringen. Wir wollen diese Zielgruppe zum Beispiel mit unserer Megathek und den darin enthaltenen ARDplus- und ZDFselect-Inhalten da abholen, wo sie ist – beim “Tatort” oder bei “Bares für Rares”. Und ihnen zeigen: Davon kann man in unserer Megathek so viele Folgen gucken, wie und wann man will, auch wenn sie in den Mediatheken der jeweiligen Sender nicht mehr abrufbar sind. Und in unserer Megathek findest du auch anderes Schönes. Wir versuchen, in einer immer komplexeren Content-Welt auch eine Art Guide zu sein.
Das Paket aus Megathek mit VoD-Inhalten, mehr als 100 linearen HD-Sendern und RTl+ kosten zehn Euro im Monat, für drei Euro mehr gibt es Netflix dazu. Wieso haben noch nicht längst alle Haushalte in Deutschland Magenta TV?
Wenn 2024 das Nebenkostenprivileg fällt, können über 12 Millionen Menschen erstmals frei entscheiden, wie sie zukünftig fernsehen wollen. Das war einfach an der Zeit und freut uns sehr. Daneben spielt auch die weit verbreitete Satellitenübertragung in Deutschland eine Rolle: Über 40 Prozent der Kunden nutzen heute noch immer Satelliten TV – und davon schaut nur ein kleiner Teil HD. Denn das kostet zusätzlich. Dann wird unser Angebot attraktiv. Noch ist Deutschland eines der Länder mit der geringsten Verbreitung von HD, auch bei den Endgeräten. Wir glauben aber, dass die unmittelbare Zukunft des Fernsehens HD ist. Auf längere Sicht sogar UHD.
Wie wichtig ist Magenta TV für den Gesamtkonzern Telekom?
Die Deutsche Telekom verkauft im Kern Breitband- und Mobilfunkprodukte, auf beiden Seiten des Atlantiks. Wir sind ein Netze-Unternehmen, das ist unsere DNA. Aber Magenta TV macht diese Netze erlebbar. Und wenn wir nach vorne schauen, Richtung Glasfaserausbau, ist genau das ein Use Case: Hochauflösendes Fernsehen in UHD. Zum einen ist es ganz klar ein Ziel, mit Magenta TV profitabel zu sein. Zum anderen sind die Kunden, die Magenta TV nutzen, loyaler und zufriedener – und je mehr verschiedene Inhalte sie nutzen, auch Partnerinhalte, umso zufriedener werden sie.
Arnim Butzen ist seit 2023 Senior Vice President TV & Entertainment bei der Deutschen Telekom und verantwortet dort den Internet-TV-Riesen Magenta TV. Der bietet seinem Publikum in verschiedenen Paketlösungen lineare TV-Sender, Online-Inhalte von Partner-Plattformen sowie selbst produzierte und exklusiv eingekaufte Serien, Filme und Sportereignisse
Wie schafft es ein Bewegtbild-Format heute überhaupt, beim Zuschauer anzukommen – durch den Dschungel aus Empfehlungen, Social-Media-Hypes und Algorithmen?
Ich bin aus tiefstem Herzen überzeugt, dass Qualität sich durchsetzt. Ungeachtet aller Hypes: Mögen die Leute das Produkt nicht, wird es niemand ansehen. Wenn es aber gut ist, wird man darüber sprechen und es wird sein Publikum finden. Natürlich können wir helfen, mit Platzierungen, mit Bewerben. Aber aus einem schlechten Produkt macht man damit keinen Erfolg.
Auf Magenta TV werden auch alle Spiele der Fußball-EM 2024 zu sehen sein, als Kooperationsprojekt mit RTL. Ist Fußball tatsächlich das letzte Lagerfeuer der Screen-Gesellschaft?
Die letzten großen Lagerfeuer sind eventbezogene Inhalte. Oft Sport-Ereignisse, wie eben die EM im eigenen Land, die Basketball-WM – aber auch der Eurovision Song Contest. Was heute nur noch solche Events schaffen, war früher Alltag: Als ich zur Schule gegangen bin, hatten alle am Abend vorher TV Total geguckt. Dass man immer etwas zum Drüber-Reden hatte, war schon schön. Aber ich genieße auch die riesige Auswahl an Content und Sehmöglichkeiten heute – und die Freiheit, die sie bedeutet.
Wie sieht für Sie die Zukunft der Werbung aus?
Es gibt immer mehr werbefinanzierte Geschäftsmodelle im non-linearen Bereich – von Netflix, Disney und wer da noch so alles kommen wird. Und es gibt eine hohe Nachfrage nach Werbeplätzen. Das sehen wir auch in unseren eigenen Formaten, die wir vermarkten, zum Beispiel bei Magenta Sport. Dadurch, dass die Nutzenden durch das Angebot an Bewegtbildinhalten springen, statt bei einem Sender zu verharren, stellt sich für Werbetreibende die Frage: Wie bekomme ich die Kontakte, die ich erreichen möchte? Da spielt Targeted Advertising eine große Rolle. Wenn den Kunden die passende Werbung zum richtigen Zeitpunkt erreicht, wird sie anders wahrgenommen als für ihn eher belanglose Spots. Da können wir als Plattform behilflich sein, weil wir unsere Kunden sehr gut kennen und die technischen Möglichkeiten haben, linearen und non-linearen Anbietern zu helfen, Werbung passgenau auszuspielen. Selbstverständlich nach europäischen Datenschutzstandards. Dazu haben wir die Magenta Ad Solution gelauncht. Für Magenta TV ist die Werbefinanzierung ein wachsender Markt, in den wir gerade erst einsteigen. Aber wir sehen da großes Potenzial.
Bleiben wir beim Blick in die Zukunft: Wie wird Magenta TV in zehn Jahren aussehen?
Wenn ich mal zehn Jahre zurückschaue: Da gab’s noch nicht mal Netflix in Deutschland. Die letzten zehn Jahre haben so viel Veränderung mit sich gebracht, so viele neue Geschäftsmodelle, dass ich mich überhaupt nicht traue zu sagen, wie das Jahr 2033 aussehen könnte. Magenta TV wird sicherlich in Zukunft weiter linear und non-linear zusammenbringen und alle relevanten Content-Player an Bord haben.
Es wird also noch lineare Inhalte geben?
Auch Fußball ist linear. Sport-Übertragen wird es immer geben. Es wird immer etwas wie die Tagesschau geben, Nachrichten werden eine lineare Zukunft haben. Ob es fiktionale Inhalte noch in linearer Form gibt? Da bin ich auch gespannt.
Wird TV noch im Namen von Magenta TV vorkommen?
Wir haben da viel überlegt – aber “Bewegtbild” ist und bleibt ein eher sperriger Begriff. Ganz pragmatisch: Solange uns nichts Besseres einfällt, bleibt TV.
Foto: PR
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