Verlernen wir durch Bildschirme das Verlieben, Pia Kabitzsch?
25. September 2023
Love is in the Screen: Online-Dating ist mittlerweile so normal wie der Haferdrink im Kaffee, schreibt Psychologin und Dating-Expertin Pia Kabitzsch im Gastbeitrag für die Screenwochen von turi2. Die Befürchtung, Bildschirme würden uns in Sachen Liebe abstumpfen lassen, will sie nicht unterschreiben: “Sich zu verlieben ist nichts, was wir verlernen können.” Sie beobachtet sogar einen positiven Einfluss auf unsere Beziehungsfähigkeit durch die sozialen Medien. Kabitzsch Text ist auch Teil der turi2 edition #22, die am 10. Oktober gedruckt und als kostenloses E-Paper erscheint.
Von Pia Kabitzsch
Verlernen wir durch Bildschirme das Verlieben? Als die Mail mit dieser Frage auf meinem iPhone aufploppte, war ich gerade vertieft in eine siebenminütige Sprachnachricht meiner Freundin Lisa. Sie erzählte mir ganz aufgeregt von Tobi, den sie vor einigen Wochen auf der Dating-App Tinder gematcht hatte. Sie waren verliebt und hatten sich zum ersten Mal ihre Gefühle füreinander gestanden.
Geschichten wie ihre sind heute keine Seltenheit mehr. Ganz im Gegenteil sogar: Online-Dating ist mittlerweile so normal wie der Haferdrink im Kaffee. Die meisten Paare lernen sich heutzutage online kennen und, Überraschung, lieben. Ganz klar, Online-Dating hat unser Dating- und Beziehungsleben verändert. Wir sind heute wählerischer bei der Entscheidung, mit wem wir eine Beziehung eingehen, lernen einander erstmal richtig kennen, bevor wir der Verbindung das Label „Beziehung“ geben.
Pia Kabitzsch ist Psychologin, Autorin und hostet als Datingexpertin den Podcast Besser Daten
Und wenn es nicht passt, werfen wir das Handtuch auch lieber zu früh als zu spät. Der nächste Single, mit dem es besser klappen könnte, ist schließlich nur einen Wisch auf den Dating-Apps entfernt.
Und außerdem: das Wort „Dating“ dient heute auch eher als Synonym für „sich kennen lernen“. Bezogen auf die Person, die man da gerade trifft, aber auch in Bezug auf sich selbst, die eigenen Wünsche, Vorstellungen und Bedürfnisse.
Macht uns das veränderte Dating- und Beziehungsverhalten weniger fähig, Beziehungen zu führen oder zu lieben? Nein. Sich zu verlieben und zu lieben ist nichts, was wir bewusst steuern oder gar verlernen können. Wenn es passiert, dann passiert es, da haben wir gar keinen Einfluss drauf. Und was unsere Beziehungsfähigkeit angeht: Ich würde sogar so weit gehen, zu sagen, dass Bildschirme diese verbessern können. Auf den sozialen Medien gibt es mittlerweile so vielen wertvollen Input zum Thema Dating und Beziehungen, der helfen kann, gesündere Partnerschaften zu führen. Wenn man sich denn für eine entscheidet.
Dieser Text ist Teil der Screen-Wochen bei turi2. Bis 8. Oktober beschäftigen wir uns auf turi2.de mit Entwicklungen und Trends für Bildschirme – von der Smartwatch bis zum großen Werbescreen.
Fotos: Benjamin Brüggemann / privat
Mehr zum Thema: Das große Buch vom Bildschirm: Smartphones, Flatscreens, Großbildschirme – Digitalisierung und Bewegtbild verändern unser Leben und unsere Kommunikation. Die turi2 edition #22 beleuchtet die Kommunikationstrends rund um TV, Streaming, Video, DOOH, Smartphone und Gaming. Wir haben das neue Marketing rund um Content Creators, Social Media und Video auf dem Schirm. Wir stellen Vorbilder, Trendsetter und Regelbrecherinnen vor. Erzählen Erfolgsstorys aus dem neuen, digitalen Medien- und Marketing-Business. turi2.de (E-Paper bestellen)