“Wir müssen Herz und Verstand gleichermaßen ansprechen” – Monika Schaller über ihre Kommunikation für die Deutsche Post.
13. November 2022
Post-kommunikativ: “Damit Kommunikation ihren Beitrag leisten kann, muss sie am Tisch sitzen, wenn wichtige Entscheidungen getroffen werden”, sagt Monika Schaller, Kommunikationschefin der Deutsche Post DHL Group, im turi2-Interview. Der “PR Report” hat sie kürzlich als “Kommunikatorin des Jahres” ausgezeichnet. Ihr Erfolgsrezept: Die “Kombination aus emotionalen Botschaften und Fakten” schafft Relevanz und Gehör für die Kommunikation des Konzerns. Wenn es mal nicht rund läuft, rät Schaller Unternehmen: “Fackeln Sie nicht lange und machen Sie transparent, warum das so ist.”
Der “PR Report” hat Sie als “Kommunikatorin des Jahres” ausgezeichnet. Was verschafft Ihnen diese Ehre?
Es ist eine Auszeichnung für das ganze Team, das täglich an den vielen verschiedenen Themen arbeitet. Deshalb: Ein großes und herzliches Dankeschön an meine Kolleginnen und Kollegen. #KommunikationistTeamsport.
Was sind Ihre drei Tipps für gute und erfolgreiche Kommunikation?
Erstens: Es klingt banal, ist aber unverändert alles andere als selbstverständlich: Kommunikation muss relevant, wirkungsvoll und glaubwürdig sein. Erst die Kombination aus emotionalen Botschaften und Fakten schafft Relevanz. Wir müssen Herz und Verstand gleichermaßen ansprechen, um in der Flut der Botschaften Gehör zu finden. Das ist oft leichter gesagt als getan.
Zweitens: Gute Kommunikation verknüpft langfristige Strategie mit kurzfristiger Flexibilität. Strategien sind wie ein Kompass, die Richtung bleibt. Aber wenn etwas Unvorhergesehenes passiert – wie Corona oder der Ukraine-Krieg – muss man schnell neu priorisieren.
Drittens: Damit Kommunikation ihren Beitrag leisten kann, muss sie am Tisch sitzen, wenn wichtige Entscheidungen getroffen werden. Sonst holt sie am Schluss nur die Kartoffeln aus dem Feuer. Das führt zu Frust auf allen Seiten.
Was sollten Unternehmen in der Kommunikation unbedingt vermeiden?
Glaubwürdigkeit ist das Maß, mit dem Kommunikatoren gemessen werden. Wenn Sie das Vertrauen ihrer Stakeholder verspielen, haben Sie ein Problem. Betreiben Sie keinen Ankündigungsjournalismus. Und wenn aus gutem Grund mal etwas nicht klappt wie geplant, fackeln Sie nicht lange und machen Sie transparent, warum das so ist.
Bevor Sie 2019 zur Deutschen Post gekommen sind, haben Sie lange für verschiedene Banken kommuniziert. Wie unterscheidet sich die Kommunikation dort im Vergleich zur Post?
Jeder ist und war mal Post-Kunde. Das ganze Land kennt uns. Was wir tun – zumindest im B2C-Geschäft – müssen wir nicht groß erklären. Doch gerade, weil wir so nah an den Menschen sind, ist die Marke unglaublich emotional aufgeladen: Wir sind die Geburtstagskarte an die Oma, das Päckchen unterm Weihnachtsbaum, die erhoffte Job-Zusage im Briefkasten. Jeder hat “seine” Postgeschichte.
Das eröffnet kommunikativ viele Chancen, birgt aber auch manche Herausforderung. Im Vergleich dazu ist Bankenkommunikation – wenn es nicht gerade um eine Krise geht – deutlich fach- und sektorspezifischer.
Die Deutsche Post steht aktuell in der Kritik, weil massenhaft Briefe verspätet ankommen oder verlorengehen. Welche Rolle spielt Kommunikation in einer solchen Situation? Was ist Ihre Strategie?
Kommunikation spielt da eine große Rolle. Aber Sie brauchen nicht immer das große Besteck, wenn’s mal lauter wird. Kritik sollte man immer ernst nehmen und zeitnah reagieren, ein Gesprächsangebot machen und Antworten liefern. Das haben wir gemacht, indem wir eine Sonder-Pressekonferenz für die Division Post und Paket Deutschland einberufen haben. Dort konnten alle ihre Fragen stellen und wir haben klar benannt, warum die Situation ist, wie sie ist. Das ist klassisches Kommunikationshandwerk. Ich mag den Ansatz: Keep it simple.
Welche Erfahrungen haben Sie damit gemacht, Probleme schönzureden?
Ich rede sie nicht schön. Ich benenne Fakten wie sie sind und begründe sie inhaltlich.
Grund für die Verspätungen ist ja – wie in vielen anderen Branchen auch – Personalmangel. Was kann Kommunikation tun, um die Deutsche Post DHL als Arbeitgeber attraktiv zu machen?
Zuallererst: Wir sind ein attraktiver Arbeitgeber. Wir als Kommunikation schaffen nur eine Bühne, für diejenigen, die die Welt auch in schwierigen Situationen am Laufen halten. Mit der Aktion “HeldInnen des Alltags” zum Beispiel, haben wir die enorme Leistung unserer Zustellerinnen und Zusteller während der Lockdowns sichtbar gemacht. Die überzeugendsten Markenbotschafter sind unsere Beschäftigten selbst. Der Arbeitsmarkt ist derzeit objektiv einfach sehr angespannt, das kann man auch durch Kommunikation nicht heilen.
Die vergangenen zwei Jahre waren Dauer-Krisen-Modus. Was war dabei in Ihrer Kommunikation besonders herausfordernd?
In der Krise muss man die “Gefühlslage” seiner Zielgruppen noch stärker im Blick haben als sonst. Auch wenn es keine neuen Fakten gibt, sehnen sich Menschen nach Einordnung und dem Gefühl: “Du bist nicht allein mit Deinen Fragen.” Das zu vermitteln, ist bei globalen Krisen wie Corona besonders schwierig. Während der Pandemie standen wir in der internen Kommunikation vor der Herausforderung, Nähe und Vertrauen ausschließlich digital zu erzeugen – und das bei fast 600.000 Mitarbeitern in 220 Territorien, in denen die Deutsche Post DHL Group aktiv ist.
Seit dem Angriff Russlands auf die Ukraine gewinnt ein anderer Aspekt zunehmend an Bedeutung, nämlich Haltung zu zeigen und den richtigen Ton zu treffen. Unternehmenskommunikation ist deutlich politischer geworden. Gleichzeitig müssen wir als globales Unternehmen berücksichtigen, dass es zu manchen Themen verschiedene Sichtweisen auf der Welt gibt. Das kann durchaus beeinflussen, wie wir uns als Unternehmen äußern – während einzelne Personen als Vertreter des Unternehmens durchaus klar Position beziehen.
Welche Kommunikationsmaßnahme der Deutschen Post DHL hat Ihnen zuletzt besonders Spaß und Freude gemacht?
Eine der coolsten Aktionen ist für mich die Kooperation mit Coldplay – nicht nur wegen ihres Songs Yellow. DHL ist Logistik-Partner der “Music of the Spheres”-Tour und hilft mit, die CO2-Emissionen während der Tour um mehr als 50 % zu senken. Für mich ein Paradebeispiel dafür, wie man strategische Nachhaltigkeitskommunikation emotional aufladen kann.
Aus dem Archiv von turi2.tv:Monika Schaller im Mai 2020 über die Deutsche Post auf dem Höhepunkt der Corona-Krise: