Berufe mit Zukunft: Z wie Zeitungsmanager – Carsten Dietmann.


Mut zum Misserfolg: Carsten Dietmann, Chef des Verlags von “Sächsischer Zeitung” und “Dresdner Morgenpost”, liest keine Papierzeitungen mehr – selbst am Sonntag wischt er lieber übers iPad. Im Porträt von Maria Gramsch für die turi2 edition #8 erklärt er, warum Pessimismus sein größter Antrieb ist und wie er den Zeitungsverlag fit macht für die Zukunft. Im Videofragebogen wünscht sich Dietmann mehr Digital- als Print-Abos.

Das Porträt über Zeitungsmanager Carsten Dietmann finden Sie auch in unserem kostenlosen E-Paper zur “turi2 edition #8” auf Seite 190.

Pessimismus kann ein Antrieb sein: “Wenn ich nicht seit zehn Jahren glauben würde, die Zeitung geht unter, würde ich nicht mit so einer Kraft dagegen arbeiten.” Der, der das sagt, heißt Carsten Dietmann, ist als Geschäftsführer der DDV Mediengruppe unter anderem für die “Sächsische Zeitung” in Dresden zuständig – und liest keine Papierzeitungen mehr. Selbst am Sonntagmorgen greift Dietmann am Frühstückstisch zum iPad statt zum Printtitel. Das sei einfacher und schneller, auch umweltfreundlicher.

Außerdem kann der 56-Jährige digital die Buchstabengröße bestimmen. Das hilft bei der “altersbedingten Leseschwäche”. Trotzdem glaubt Dietmann, dass eine Gesellschaft Zeitungen braucht. Je mehr neue Kommunikationswege entstehen, umso dringender: “Um das viele Gesagte ganz neu einzuordnen.” In einer Zeitung vereinen sich für Dietmann Sinnstiftendes und Kreatives mit der Überschaubarkeit des Lokalen.

Überschaubar wirkt auch die Dresdner Altstadt vom Dach des Medienhauses, auf dem Dietmann zum Gespräch empfängt. In unmittelbarer Nähe zum ehemaligen Gebäude der Zigarettenfabrik Yenidze gibt das Medienhaus neben der “Sächsischen Zeitung” unter anderem die “Dresdner Morgenpost” heraus und betreibt das News-Portal Tag24.de. Aktuell tragen sich die journalistischen Titel der Mediengruppe noch allein. Trotzdem: Bei rückläufigen Erlösen im Journalismus dürfe man nicht warten, bis die Waage aus Fixkosten und Erlösen ins Ungleichgewicht kommt, sagt Dietmann in seiner bedachten Art. Deshalb hat er sein Medienhaus nicht nur auf die Säule des Journalismus gestellt, sondern auch in vier weiteren Bereichen positioniert: Kommunikation und Vermarktung, Logistik, Touristik und Freizeit sowie Verlagsdienstleistungen. Diese machen inzwischen “deutlich mehr als die Hälfte vom Umsatz” der DDV Mediengruppe aus – Tendenz steigend.

“Man muss erkennen, was in einem Unternehmen drinsteckt”, sagt Dietmann. Eine besondere Stärke seines Hauses sieht er in der Logistik: “Wir sind neben der Post das einzige Unternehmen, das jeden Tag jeden Haushalt in der Region besucht.” Auch wenn nicht mehr jeder mit einer Zeitung beliefert werde, komme man zumindest an jedem vorbei. Deshalb hat DDV einen privaten Briefdienst in der Region aufgebaut.

Dietmann hat in Duisburg, Bayreuth, Köln und dem britischen Leeds studiert. Kurz nach der Wende zieht es den damals noch nicht einmal 30-Jährigen in den wilden Osten. Vom “großen West-Konzern” Unilever kommend, startet er 1991 im Dresdner Druck- und Verlagshaus. Die Chancen, die sich im Osten Deutschlands bieten, reizen ihn. Ebenso die Kommunikationskraft, die ein Zeitungshaus mitbringt. Nach Stationen bei der “Sächsischen Zeitung” und der “Dresdner Morgenpost” wird er 2005 Geschäftsführer der DDV Mediengruppe.

Wenn es allein nach ihm ginge, würde er sich nur um “neue Ideen und deren Ausgestaltung” kümmern – das wäre sein perfekter Arbeitstag. In einer Organisation mit fast 2.000 Mitarbeitern werden viele Themen in der Realität aber durch Plan-Abweichungen gesetzt. “Da sind die Fremdeinflüsse extrem.” Das erklärte Ziel von DDV sei einst gewesen, das innovativste Medienunternehmen der Branche zu sein. Für Dietmann ist das zu kurz gegriffen. Sein Ziel ist es, einen Raum zu schaffen, in dem Menschen ihre Arbeit gern und deshalb gut machen können – nur dann könnten sie erfolgreich sein. Erfolg definiert er nicht allein als wirtschaftliche Größe: “Er ist die Mischung aus einer richtigen Markteinschätzung, sinnstiftenden Produkten und Tätigkeiten, die eine gewisse Erfüllung herbeiführen. Und zum Schluss auch aus Freude und Spaß.”

Dafür braucht es ständig neue Ideen, die durch flache Hierarchien schnell auf seinem Tisch landen. Das alles muss dann zügig umgesetzt werden, damit der Effekt nicht verpufft. Sein Rezept dabei: ein Mix aus Neugier und Freiheit. Und Mut. Auch den braucht man, um “den Misserfolg, der immer irgendwo dabei ist, zu verkraften”. Deshalb werden Misserfolge bei DDV nicht unter den Teppich gekehrt – hat eine Idee nicht eingeschlagen, verabschieden sich die Mitarbeiter gemeinsam bei einer Party von ihr.

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