turi2 edition #9: Visual Designer Thomas Markert hält den DFL-Ball flach.
28. November 2019
Das Runde muss in Eckige: Als Kreativdirektor für die Marke Fußball-Bundesliga bedient Thomas Markert die größtmögliche Zielgruppe. Für die turi2 edition #9 spricht Jens Twiehaus mit dem Visual Designer über Design, das alle erreicht, den Relaunch der Marke mit höchstem Fingerspitzengefühl und warum der Eintracht-Fan eine Art eierlegende Wollmilch-Optik etabliert hat.
Thomas Markert ist unter den deutschen Designern vielleicht derjenige, der am wenigsten zu beneiden ist: Als Kreativdirektor für die Marke Fußball-Bundesliga bedient er die größtmögliche Zielgruppe. Denn Fußballfans, das sind der Opa und die Enkelin, der Ultra in der Fankurve und der Kaviar-Esser in der VIP-Loge, sporadische Stadionbesucher und Pay-TV-Abonnenten. Sie alle muss Thomas Markert mit seinen Designs erreichen.
Überall, wo die 1. und die 2. Bundesliga auftauchen, mischen Markert und seine Leute in der Gestaltung mit. Sie brüten über dem Bundesliga-Logo, bauen Vorlagen für Fernsehgrafiken, basteln an fünf Schnittplätzen Topspiel-Trailer für ausländische TV-Sender und gucken, dass die Bundesliga gut zur Geltung kommt auf den Trikots der Vereine. Markert ist der Mann hinter der Bundesliga-Optik. Sein großes Kapital ist seine internationale Erfahrung.
Der gebürtige Frankfurter ist das erste Mal als Schüler in den USA, später studiert er in den Staaten. Es ist die Zeit, als MTV die Popkultur entscheidend prägt – also setzt sich der junge Designer in den Kopf, dort einen Job zu bekommen. “Ich habe die gequält, weil ich jeden Tag angerufen habe, um Praktikant zu werden. Und zu meiner Überraschung hat das dann irgendwann geklappt.” Aus dem Praktikanten wird ein Fernsehgrafiker, 1993 wechselt Markert nach London und wird 1997 beim Start des deutschen MTV dessen Art Director. “Ich habe nie wieder so viel gelernt wie in meinen Jahren bei MTV”, sagt er heute.
Thomas Markert setzt als Kreativdirektor der Fußball-Bundesliga auf Reduktion. Foto: Mel Griffith
Spätere Jobs, etwa der bei Microsoft in Seattle, ergeben sich aus alten MTV-Kontakten. Und auch hinter Markerts Wechsel zur Deutschen Fußball Liga (DFL) steckt gewissermaßen MTV: Der heutige DFL-Chef Christian Seifert war Ende der 90er Jahre Marketingmann beim Musiksender – und holt später seinen alten Kollegen. Seit 2014 führt Markert den gestalterischen Stift und hat einen Relaunch der Marke Bundesliga umgesetzt. Den versucht er jetzt auch in der Praxis fortzuspinnen: in Konferenzen mit den Frankfurter Kommunikations-Kollegen, am Kölner Schnitt-Tisch und am liebsten dann doch im Homeoffice.
Auf Markert kommt zunehmend eine Herausforderung zu: Er muss mehr machen – aber das möglichst einfach. Auch die Bundesliga ist auf immer mehr Medienkanälen präsent. Und zu jedem einzelnen muss das Markendesign passen. Optiken müssen überall funktionieren: auf Instagram, auf Papier, in der ARD-“Sportschau”, auf Plakaten, an der Stadionwand. Um das zu schaffen, braucht es “Flexibilität im System”, sagt Markert – sozusagen die eierlegende Wollmilch-Optik für alle Fälle.
Also hat er die Bundesliga flacher gemacht. Im gestalterischen Sinne: Dreidimensionales und optische Verläufe sind aus dem Logo verschwunden, der Zeitgeist verlangt “Flat-Design” und Reduzierung. Im Bundesliga-Logo guckt der Spieler beim Kicken des Balls jetzt nicht mehr auf sein Knie, sondern nach vorne. Und der Ball selbst fliegt nicht mehr aus dem Logo – zu kleinteilig, zu platzraubend. Jedes einzelne Design, glaubt Markert, transportiert eine Bedeutung: “Wir sind die einzige große Fußballliga in Europa, die den Fokus auf den Spieler setzt. Das ist unser Markenzeichen. Bei uns geht es nur um Fußball.”
Der Fußball ist Markerts Inspiration, seine Dauerkarte bei Eintracht Frankfurt auch Herzenssache. In die klassische Marktforschung ist für das Bundesliga-Design kein Cent geflossen, alles entstand in den Köpfen. Er verlässt sich auf individuelle Eindrücke: “Ich will, dass das ganze Team regelmäßig am Fußballplatz ist.”
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