turi2 edition #21: Wofür brauchen Marken heute überhaupt noch Print, Julia Scheel?
8. August 2023
Werbung zum Anfassen: Print vermittelt “Beständigkeit und Vertrauen”, schreibt Julia Scheel im Gastbeitrag in der turi2 edition #21. Als Geschäftsführerin Media Market Insights bei Hubert Burda Media und GIK-Chefin kennt sie Daten, die das belegen: Print-Werbung wirkt glaubwürdiger als Online-Werbung und für Zeitschriften und Zeitungen geben die Deutschen immer noch deutlich mehr aus als für Streaming-Dienste. Scheel plädiert für die “greifbare, sinnliche Leseerfahrung in Slow Motion” – auch als Werbeumfeld.
Von Julia Scheel
Wofür Marken heute überhaupt noch Print brauchen? Die Frage ist doch eher, ob Menschen noch Marken brauchen. Die Havas-Studie „Meaningful Brands“ legt hier einen riesigen Vertrauensverlust offen – demnach werden 75 Prozent der Marken als verzichtbar empfunden. Eine echte Beziehungskrise! Wie gelingt es, wieder eine Verbindung zwischen Menschen und Marken herzustellen und welche Rolle spielen hier die Medien?
Beziehungen fußen auf Vertrauen, einem gemeinsamen Werteverständnis und Beständigkeit. In der Online-Welt werden diese Werte mit sekündlich aktualisierenden Social-Media-Feeds und undurchsichtigen Algorithmen auf die Probe gestellt. Beständigkeit und Vertrauen finden Menschen vorrangig in der realen Welt – übertragen auf Medien: in Printmarken. Werbung in Print wirkt mehr als viermal glaubwürdiger als Online-Werbung, zeigt unsere Markt-Media-Studie b4p 2022.
Julia Scheel
ist Geschäftsführerin Media Market Insights bei Hubert Burda Media und Chefin der Gesellschaft für integrierte Kommunikationsforschung GIK
Menschen sehnen sich nach Dingen, die sie anfassen, erleben und in ihrem eigenen Tempo von Anfang bis Ende studieren können. Das belegt schon die Lesedauer: 91 Minuten wird eine Zeitschrift im Durchschnitt genutzt – Spielfilmlänge in Zeiten von 30-Sekunden-Reels. Die Leserinnen und Leser in Deutschland wertschätzen Unterhaltung und Informationen auf Papier. So sehr, dass sie jährlich 1,65 Milliarden Euro für Zeitschriften und Zeitungen am Kiosk ausgeben. Zeitschriften- und Zeitungs-Abos lassen sie sich mehr als doppelt so viel kosten wie Netflix, Amazon Prime und Spotify zusammen.
Ja, der Markt für Zeitschriften konsolidiert sich. Bei rund 1.850 Magazinen im Pressesortiment kein Wunder. Aber die Bandbreite bleibt riesig und reicht von High-Fashion über investigative Reportagen bis hin zu Finanztipps, Kochrezepten und Oldtimern.
Wer Menschen erreichen will, die begeisterungs- und beziehungsfähig sind für Marken, der findet sie dort, wo sich die Menschen den Luxus einer greifbaren, sinnlichen Leseerfahrung in Slow Motion gönnen. Ganz analog, real und mit ungeteilter Aufmerksamkeit: 70 Prozent der Deutschen machen nichts nebenbei, wenn sie eine Zeitschrift lesen – sie konzentrieren sich nur darauf.
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