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“Über fünf Stunden ist ein No-Go” – Julia Brailovskaia über das Suchtpotenzial von Screens.

27. September 2023

Zu Risiken und Neben­wirkungen: Psychologin Julia Brailovskaia warnt im Interview für die turi2 Screen-Wochen vor den negativen Auswirkungen von zu viel Bild­schirm­zeit. Sie wünscht sich Warn­hinweise für Social Media – wie auf der Zigaretten­packung – und forscht an einer gesünderen Alternative zu den Platt­formen.
 

 
Interview: Anne-Nikolin Hagemann

Starten wir mit einem Gedankenexperiment: Was passiert mit mir, wenn ich zwei Wochen lang Smartphone, Laptop und Fernseher ausgeschaltet lasse?
Zunächst werden Sie ein wenig Entzugssymptome haben. Sie werden das Gefühl haben, nach Ihrem Smartphone greifen zu müssen, auch wenn es nicht in der Nähe ist. Sie werden Angst haben, etwas zu verpassen. Nach fünf, sechs Tagen wird es besser. Negative Gefühle wie Niedergeschlagenheit und Ängste werden sich verringern, Ihre Lebenszufriedenheit wird steigen. Sie werden vielleicht körperlich aktiver. Es wird Ihnen nach zwei Wochen auf jeden Fall besser gehen als vor diesem Experiment.

Klingt verlockend – und unrealistisch. Wir sind überall von Bildschirmen umgeben, arbeiten und unterhalten uns darüber, verbringen unsere Freizeit damit. Was macht das mit uns?
Wir wissen aus Untersuchungen, dass es langfristig dazu beitragen kann, dass sich die Gesundheit verschlechtert. Depressions-, Angst- und Stress-Symptome verschlimmern sich, die Lebenszufriedenheit reduziert sich. In Bezug auf Social Media wissen wir auch, dass eine längerfristige Nutzung unter bestimmten Umständen sogar zu suizidalen Gedanken führen kann. Auch die körperliche Gesundheit leidet: Mediennutzung bedeutet meist, dass ich mit gekrümmten Schultern auf mein Handy starre. Das beeinträchtigt unsere Haltung, führt zu Schmerzen im Nacken, im Rücken und den Augen.

Gibt es auch positive Folgen? Können wir etwas besser als die Menschen vor 60 Jahren?
Natürlich. Medien und insbesondere das Smartphone haben dazu beigetragen, dass wir vieles schneller und einfacher tun können. Wir können mit anderen Menschen irgendwo auf der Welt interagieren, schnell an Informationen kommen, uns inspirieren lassen, Rezepte suchen, navigieren, planen. Das beschleunigt unseren Alltag, erweitert unseren Horizont. Das Problem ist, dass die evolutionäre Entwicklung des Menschen – vor allem seines Gehirns – nicht so schnell voranschreitet wie die mediale Entwicklung. Wir hinken dem technischen Fortschritt ziemlich hinterher.

Dr. Julia Brailovskaia 
ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Klinische Psychologie und Psychotherapie an der Uni Bochum. Dort forscht sie zu Mediennutzung, Persönlichkeit und psychischer Gesundheit

Was macht es gerade mit jungen Leuten, deren Bildschirmzeit ja im Schnitt noch höher als der Durchschnitt ist?
Einerseits wissen wir, dass das Ganze Suchtpotenzial hat. Smartphone- oder Mediensucht ist noch keine anerkannte Diagnose, sondern ein Phänomen, das gerade intensiv untersucht wird. Deswegen sprechen wir von „suchtartiger“ Nutzung. Die kann definitiv negative Folgen haben, vor allem für Jugendliche, die gerade ihre Persönlichkeit ausbilden. Auch wenn wir von der Suchthematik weggehen: Wenn sie dem nacheifern möchten, was sie in sozialen Medien sehen, kann sich das negativ auf ihre psychische Gesundheit, ihr Selbstwertgefühl und ihre Selbstwahrnehmung auswirken.

Warum hat das Smartphone so großes Suchtpotenzial?
Einerseits ist da die emotionale Seite: Instagram, TikTok und andere soziale Netzwerke sind darauf ausgelegt, dass wir positive Rückmeldung bekommen, Zugehörigkeit erleben und dabei positive Emotionen empfinden. Und der Mensch ist ein soziales Wesen. Er möchte von anderen sozial unterstützt werden durch Likes, Shares, Kommentare. Soziale Medien bedienen also evolutionäre Grundbedürfnisse. Das zweite wichtige Stichwort ist die operante Konditionierung: Wir bekommen immer wieder kleine Belohnungen beim Scrollen und Posten. Also scrollen und posten wir immer mehr.

Haben Sie ein Beispiel für eine operante Konditionierung?
Da sind einerseits die Likes und Kommentare, die ich bekomme, wenn ich ein Foto hochlade. Die bestärken mich. Also poste ich noch ein weiteres Bild und noch eines, um noch mehr Belohnungen zu bekommen. Wenn ich nicht poste, bekomme ich nichts. Zusätzlich kommt jedes Mal, wenn etwas Neues passiert, ein „Pling!“ oder ein Lichtsignal auf meinen Bildschirm, das zusätzlich verstärkend ist und meine Aufmerksamkeit lenkt, ich muss da hingucken. Deshalb fällt es mir auch leichter, meine Navigator-App zu deinstallieren als TikTok.

Welche Verantwortung ergibt sich daraus für die Macherinnen der Netzwerke?
Ganz simpel: Wenn ich weiß, dass etwas Menschen schaden kann, sollte ich es nicht mehr tun. Die Betreiber kennen die Erkenntnisse und Mechanismen rund ums Suchtpotenzial so gut wie wir – sie nutzen sie aber in die andere Richtung: um die User am Ball zu halten. Die Tabakindustrie würde auch nicht aufhören, Zigaretten zu verkaufen – deshalb sind vor ein paar Jahren Warnhinweise auf Verpackungen eingeführt worden. So etwas bräuchte es auch für soziale Medien.

Wie könnte ein soziales Netzwerk aussehen, das gesünder für die Psyche wäre?
Daran forschen wir noch. Es müsste eine Plattform sein, die einem die Zeit der Nutzung vor Augen führt und nicht mit Tönen, Blinken und ständigen Benachrichtigungen arbeitet. Es bleibt aber dabei: Das beste soziale Netzwerk ist das Offline-Netzwerk.

Auf welche Warnzeichen sollte ich achten, wenn ich mich frage, ob ich schon süchtig nach dem Smartphone bin?
Wenn ich es nicht weglegen kann, weil es mir sonst nicht gut geht. Wenn ich merke, dass ich doch danach greife, obwohl ich eigentlich meine Nutzung reduzieren möchte. Wenn ich immer bei schlechter Laune zum Smartphone greife, um meine Emotionen zu regulieren. Wenn ich es immer mehr nutzen muss, um die gleichen positiven Emotionen zu empfinden. Und vor allem, wenn die Nutzung mit meinem echten Leben kollidiert, wenn sich daraus Konflikte in der Familie, der Arbeit oder mit Freunden ergeben.

Wie viel Bildschirmzeit ist unbedenklich?
Grundsätzlich kann man sagen: Unter einer Stunde ist alles in Ordnung, über fünf Stunden ist ein No-Go. Alles dazwischen ist so ein wenig Blackbox. Entscheidender als die Frage nach der Quantität ist die nach der Qualität: Was mache ich am Bildschirm? Wenn ich eine lange Autofahrt habe und mein Handy als Navi benutze, sind vier Stunden okay. Nicht aber, wenn ich diese vier Stunden mit Scrollen bei TikTok verbracht habe.

Wie kann ich eine gesündere Screen-Umgebung für mich schaffen?
Zum einen muss ich klar festlegen, dass ich Zeit ohne Medien habe, zum Beispiel ab 20 Uhr keine technischen Geräte mehr nutze. Dafür gibt es auch spezielle Dosen, in die man die Geräte legen und definieren kann, wie lange man keinen Zugriff darauf hat. Aus der Forschung wissen wir, dass es sehr gut funktioniert, in der medienfreien Zeit Sport zu treiben, zum Beispiel eine Runde laufen zu gehen. Auch Achtsamkeitsübungen helfen wunderbar. Aber auch Offline-Interaktionen, sich mit Leuten in der realen Umgebung treffen, mit denen ich sonst vielleicht nur auf WhatsApp geschrieben hätte. Am besten ist es, wenn man die Reduktion der Nutzungszeit in der Gruppe beschließt, also sich mit Freunden zum Beispiel auf Smartphone-freie Zeiten einigt oder bestimmte Apps gemeinsam deinstalliert. Dann fühlt man sich damit nicht mehr als das schwarze Schaf, sondern wieder als Teil der Herde.

Was ist Ihr bestes Argument, sofort das Smartphone wegzulegen?
Dass es zufriedener und gesünder machen würde, ist doch schon ein sehr gutes Argument. Wem das noch nicht reicht: Wir alle kennen diese Situation vor Sehenswürdigkeiten, auf Konzerten oder Veranstaltungen, die alle nur noch durch die Handy-Kamera betrachten, aber nicht wirklich sehen. Das Leben findet nicht auf dem Smartphone statt. Und wenn ich es aus der Hand lege, werde ich das auch bemerken.

Dieser Text ist Teil der Screen-Wochen bei turi2. Bis 8. Oktober beschäftigen wir uns auf turi2.de mit Entwicklungen und Trends für Bildschirme – von der Smartwatch bis zum großen Werbescreen.
 
Foto: Privat
 

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