“Die besseren Ergebnisse kommen, wenn ich meine Prompts in Befehlsform schreibe” – Tipps und Tricks für KI-Tools und erfolgreiche Prompts.
20. Februar 2024
Prompte Antwort: Seit November 2022 verblüfft ChatGPT damit, in Sekundenschnelle Texte zu verfassen oder umzuformulieren, Social-Media-Posts zu schreiben oder zu einem beliebigen Thema mal eben eine Argumentationshilfe zu erstellen – Faktentreue nicht immer eingeschlossen. Der Schlüssel zu guten Ergebnissen sind die richtigen Prompts, mit denen der Mensch der Maschine so detailliert wie möglich mitteilt, was er erwartet. Seit knapp einem Jahr liefern die beiden KI-Berater Maximilian Raabe (links) und Hubert Steiner auf ihrem Instagram-Kanal @ai.your.life Tipps und Tricks für perfekte Prompts und nützliche KI-Tools. Im Interview mit turi2-Redakteur Björn Czieslik für die Themenwoche KI in der Kommunikation verraten sie u.a., dass Höflichkeit bei der Fragestellung ChatGPT nicht beeindruckt. Außerdem stellen sie bewährte Tools für KI-generierte Bilder, Videos, Stimmen und Präsentationen vor.
Ihr empfehlt bei Instagram nützliche und praktische KI-Tools. Was würdet Ihr sagen: Welches ist das wichtigste KI-Tool für Menschen, die in der Kommunikation tätig sind? Womit sollte sich jeder auskennen? Maximilian Raabe: Ganz eindeutig ChatGPT. Egal, ob ich einen Text für eine Landingpage brauche, Bildunterschriften oder Social-Media-Posts – wir haben so viele Tools getestet und am Ende läuft es doch immer wieder auf ChatGPT hinaus. Es ist immer noch mit Abstand das beste Tool. Kein Wunder, dass da auch so viel Geld reinfließt.
Hubert Steiner: Auch die ganzen anderen Text-Tools, die es am Markt gibt, basieren letztlich alle auf ChatGPT und greifen auf deren API zurück. Der Vorteil von Tools wie z.B. Jasper oder Writesonic ist, dass ich mir den Prompt, also meine Eingabe, nicht selbst ausdenken muss, sondern über Buttons, Vorlagen und Einstellungen Hilfe bekomme. Es gibt davon zwar kostenlose Basis-Versionen, aber wenn ich mehr damit machen möchte, muss ich weitaus mehr zahlen, als für die Bezahl-Version von ChatGPT.
Die kostenlose Version von ChatGPT basiert auf dem Sprachmodell GPT-3.5, die Bezahl-Version auf GPT-4.0. Wie unterscheiden sich die Ergebnisse? Maximilian Raabe: Das sind wirklich Welten. Das Verständnis und die Ergebnisse bei GPT-4.0 sind deutlich besser. Wenn ich z.B. eine verschachtelte Frage mit verschiedenen Szenarien stelle, ist die Antwort bei GPT-3.5 sehr simpel. Bei GPT-4.0 habe ich den Eindruck, dass ChatGPT nochmal zehn verschiedene Szenarien durchdenkt, bevor er die Antwort gibt.
Hubert Steiner: Es lohnt sich wirklich, 20 Dollar im Monat für ChatGPT Plus auszugeben. Man gibt oft Geld für viel sinnlosere Sachen aus. Auch die Custom GPTs, also Tools von Drittanbietern für ganz spezifische Anwendungsfälle, benötigen ChatGPT Plus.
Seit März 2023 betreiben Maximilian Raabe und Hubert Steiner den Instagram-Kanal @ai.your.life, der mit mehr als 107.000 Followern inzwischen einer der größten KI-Kanäle im deutschsprachigen Raum ist. Dort stellen sie KI-Tools vor und geben Tipps für perfekte Prompts.
Maximilian Raabe (links) hat zuvor im Bereich Marketing Automation und Salesforce gearbeitet und sich danach intensiv mit Kryptowährungen beschäftigt. Hubert Steiner (rechts) ist gelernter Maurer und studierter Bauingenieur, hatte aber schon immer ein Interesse an Technologie. Mit dem Start von ChatGPT im November 2022 tauschen sie sich aus, tun sich zusammen und gründen den Instagram-Kanal, der eine Brücke zwischen KI-Entwicklern und Nutzern sein will.
Instagram ist das Schaufenster für ihr eigentliches Geschäft: Als selbstständige Berater helfen Raabe und Steiner Firmen beim Einsatz von ChatGPT oder KI-Tools und geben Schulungen.
Das A & O für gute und brauchbare Antworten sind die richtigen Fragen, auch Prompts genannt. Was sind bei Prompts die häufigsten Anfängerfehler? Und wie mache ich es besser? Maximilian Raabe: Ein typischer Anfängerfehler ist, zu wenig Details zu geben. Viele stellen die Fragen zu weit gefasst und zu unspezifisch. Am besten gebe ich ChatGPT alle Informationen, die ich habe, direkt am Anfang. Je länger der Chatverlauf bei ChatGPT ist, desto schlechter werden die Ergebnisse. Mein Tipp ist, ChatGPT immer eine Rolle zu geben und meine Zielgruppe zu definieren, z.B.: “Du bist ein Experte für Marketing.”
Außerdem ist es sinnvoll, meine Erwartung vorzugeben, in welcher Form ich die Antwort haben möchte. Dazu schreibe ich etwa: “Mache Zwischenüberschriften und strukturiere den Text. Mache Aufzählungen und Nummerierungen. Der Text soll maximal 1.000 Zeichen haben.”
Wenn ich gar keine Ahnung habe, wie ich einen Prompt formulieren soll, kann ich ChatGPT immer auch bitten, mir Feedback zu meinem Text zu geben, indem ich am Ende z.B. schreibe: “Bitte analysiere meine Fragestellung und gib mir Hinweise, wie ich sie verbessern kann, damit Du mich besser verstehen kannst. Welche Informationen brauchst Du noch?” Dabei stellt ChatGPT manchmal auch Fragen z.B. nach meiner Zielgruppe oder fragt nach mehr Informationen. Dadurch entsteht eine Kommunikation mit ChatGPT über ChatGPT, wie mit einem Berater.
Zur Verbesserung der Prompts kann ich noch das Tool Prompt Perfect empfehlen, das aus einem einfachen Satz einen Prompt formuliert, der viel mehr in die Tiefe geht und detailreicher ist – und damit zu einem besseren Ergebnis führt.
Welche Unterschiede macht es, wie ich ChatGPT anspreche? Eher nett und höflich wie einen Menschen oder eher in Befehlsform? Hubert Steiner: Man denkt ja immer, wenn man höflich ist, bekommt man ein besseres Ergebnis, Freundlichkeit siegt. Aber die Erfahrung zeigt: Es ist genau das Gegenteil. Die besseren Ergebnisse kommen, wenn ich meine Prompts in Befehlsform schreibe oder sogar drohe: “Wenn Du die Aufgaben nicht gut erfüllst, wirst Du bestraft!”
Maximilian Raabe: Tatsächlich hilft es, wenn ich in den Prompts unhöflich und sehr direkt bin. Auch für Geldversprechen ist ChatGPT kurioserweise empfänglich: Wenn ich etwa schreibe “Ich gebe dir 100 Euro als Belohnung, wenn deine Antwort gut ist”, dann werden die Antworten länger und besser.
ChatGPT warnt selbst davor, dass die Ergebnisse Fehler enthalten können. Muss am Ende also doch immer ein Mensch das Ergebnis kontrollieren und gegenchecken? Maximilian Raabe: Ich würde nie zu 100 % darauf vertrauen. Wenn ich mir nur einen Text umformulieren lasse, ist es noch was anderes. Aber wenn es um Wissen geht, würde ich sehr vorsichtig sein. Im Gesundheitsbereich zum Beispiel kenne ich mich etwas aus. Wenn ich da anfange, tiefergehende Fragen zu stellen, dann merke ich schnell: Das sind keine guten Antworten! Das wird mit der Zeit sicher besser werden, aber momentan sollte man auf seinen Verstand vertrauen und wichtige Informationen auf jeden Fall überprüfen.
Zum Einstieg ins Prompting stellt @ai.your.life turi2-Leserinnen ein PDF mit 26 goldenen Regeln zur Verfügung. Ein Team von Forschenden der Mohamed bin Zayed University of AI hat experimentell 26 Prinzipien herausgefunden, um bis zu 50 % bessere Ergebnisse bzw. Antworten von ChatGPT und anderen Large Language Models zu erhalten. turi2.de (fünfseitiges PDF)
ChatGPT hilft bei der Erstellung und Bearbeitung von Texten, aber generative KI kann ja inzwischen auch andere Medieninhalte erzeugen, also Bilder, Videos oder Audio. Welche Tools könnt Ihr dafür empfehlen? Hubert Steiner: Die absolute Nummer 1 für Bilder ist aus meiner Sicht Midjouney, weil es von allen Tools die mit Abstand realistischsten Bilder erzeugt. Das Problem ist aber: Das Prompting ist nur auf Englisch möglich und man muss sehr detailliert angeben, was man haben möchte. Anders als bei ChatGPT kann ich bei Midjourney keinen vollständigen Satz eingeben und eine Konversation führen, sondern muss mehrere Begriffe aneinanderreihen. Das ist der große Nachteil.
Das kann dagegen Dall-E, ein Tool von ChatGPT. Da kann ich mir im Konversationsstil ein Bild erstellen lassen und im Dialog immer weiter anpassen. Außerdem kann ich meine Prompts auf Deutsch verfassen.
Wenn es um künstlerische Illustrationen geht oder Grafiken, in denen Schrift deutlich zu sehen ist, z.B. Logos, empfehle ich dafür Ideogram.
Maximilian Raabe: Man muss aber auch sagen, dass die Bildgenerierung durch KI häufig noch eine Art Glücksspiel ist, Trial & Error. Mein Tipp ist: Lass Dir ein Bild erstellen und sage ChatGPT dann, was Dir daran alles nicht passt, z.B. andere Farbe, andere Anmutung, anderes Format. Das funktioniert bei Dall-E sehr gut, wo ich im Chat Step für Step alle Anweisungen eingeben kann. Bei Midjourney dagegen muss ich ganz genau den korrekten Prompt wissen, sonst wird das nichts.
Wie sieht es mit Video-Tools aus? Hubert Steiner: Meine Favoriten für den Einstieg sind Fliki und Invideo. Mit beiden Tools kann ich aus einem Text, aus einer Idee, ein Video erstellen lassen. Ähnlich wie bei ChatGPT kann ich in einer Konversation schreiben, was ich haben und anpassen möchte und dann wird es geändert. Das Feintuning ist manchmal etwas schwierig, aber für jemanden, der noch keinerlei Erfahrung mit Videoproduktion hat, sind das Super-Tools, die gute Ergebnisse liefern und dabei viel Zeit, Geld und Stress sparen können.
Maximilian Raabe: Ein Video-Tool, von dem wir in Zukunft noch viel erwarten können, ist Runway. Das ist eines der spannendsten Projekte im KI-Bereich. Damit kann ich anhand eines Textes oder eines Bildes eine Animation erstellen. Wenn Animationen mit generativer KI künftig so simpel sind, dann ist das wirklich der Hammer. Wir haben das auch schon ausprobiert, aber momentan sind die Ergebnisse noch recht zufällig. Etwa jeder fünfte Versuch ist ganz annehmbar. Und es kostet auch gut Geld, wenn ich es verwenden will.
Was empfehlt Ihr für Audio? Hubert Steiner: Das mit Abstand beste und zuverlässigste Tool, um KI-generierte Stimmen zu erzeugen, ist ElevenLabs. Das nutzen wir auch, um unsere Reels für Instagram zu vertonen. Ich kann einfach einen Text eingeben und daraus eine Stimme generieren. Es gibt aktuell 29 Sprachen und mehr als 40 Stimmen mit verschiedenen Akzenten, Anmutungen und Stimmfarben. Ich kann auch Geschwindigkeit oder Betonung einstellen. Bis zu 10.000 Zeichen Text im Monat sind sogar kostenlos. Besonders spannend ist: Ich kann mir auch neue Stimmen erstellen, z.B. meine eigene. Es reichen schon zwei Minuten Audiomaterial einer Stimme, um diese zu imitieren. Je länger die Stimmproben sind, desto besser wird die geklonte Stimme. Das ist schon krass und erschreckend, weil das Ergebnis so gut ist.
Was gibt es für Marketing und Vertrieb? Maximilian Raabe: Ich mag sehr gerne das Tool Beautiful.ai, mit dem ich sehr simpel und in wenigen Minuten animierte Präsentationen erstellen kann. Aus hunderten Vorlagen wähle ich ein Design aus, gebe meine Inhalte ein und das Tool erstellt mir daraus eine Präsentation. Ähnliche Funktionen haben auch Tome und Gamma. Also gerade für Präsentationen ist KI echt stark, da kann ich viel für mich rausholen – und viel Zeit sparen.
Eine gute Übersicht über die schier unendliche Zahl an KI-Tools bieten die Seiten Futurepedia und There’s an AI for that. Alle Tools sind hier nach Anwendungszwecken und Aufgaben kategorisiert. Es gibt Beschreibungen zu Funktionen und Preisen sowie Bewertungen von Nutzern.
Nun seid Ihr KI-Enthusiasten. Gibt es auch etwas, das Ihr kritisch seht? Maximilian Raabe: Es ist zu gut. Schon jetzt sind die Ergebnisse teilweise so überzeugend, dass ich gewisse Dinge von KI entscheiden lasse. Das ist schon erschreckend! Aber gerade für Menschen, die sich nicht jeden Tag stundenlang damit beschäftigen, bleibt die Entscheidungsfindung von KI eine Blackbox. Das ist so komplex und so groß, dass die breite Masse das gar nicht verstehen kann. Ich würde sagen: Wenn Du Dich die nächsten fünf bis zehn Jahre nicht mit KI beschäftigst, dann wird es in gewissen Bereichen verdammt schwer für Dich. Denn ich glaube, dass KI insgesamt mehr Jobs vernichten wird, als sie schafft.