Florian Harms: “Empathie ist mir wichtiger als Lautstärke.”
18. Mai 2022
Politik-Flaggschiff: Chefredakteur Florian Harms bringt mit seinem Tagesanbruch seit 2017 T-Online auf Politikkurs. Er zählt heute zu den wichtigsten Morgen-Newslettern aus der Hauptstadt. Sein Prinzip sind die “dialektische, ausgewogene Argumentation und die persönliche Note, außerdem bemühe ich mich um sprachliche Eleganz”. Damit das Ergebnis überzeugt, rät der T-Online-Chef Newsletter-Macherinnen, schon nachmittags über eine schlüssige These nachzudenken. Das Interview mit ihm erscheint im Rahmen der Newsletter-Wochen zum 15. Geburtstag des turi2-Morgen-Newsletters.
Der Tagesanbruch landet zwischen 5 und 6 Uhr morgens im E-Mail-Postfach der Abonnenten. Bist du Frühaufsteher oder Spät-ins-Bett-Geher?
Letzteres.
Du schreibst den Tagesanbruch bis heute an vielen Tagen selbst. Leiden nicht die übrigen Aufgaben als Chefredakteur von T-Online darunter?
Nein. Der Tagesanbruch ist mein tägliches Pensum Extraarbeit, neben der Redaktionsleitung und der Co-Geschäftsführung. Ich mache das, weil das Format auf die Strahlkraft der Medienmarke T-Online einzahlt.
Der Tagesanbruch ist vergleichsweise spät gestartet. Was zeichnet ihn im Vergleich zu den vielen anderen Morgen-Newslettern von Chefredakteuren aus?
Na ja, spät ist relativ. Es gibt ihn nun seit bald fünf Jahren und zum Start hat er eine neue Form geprägt. Sein Prinzip sind die dialektische, ausgewogene Argumentation und die persönliche Note, außerdem bemühe ich mich um sprachliche Eleganz. Empathie ist mir wichtiger als Lautstärke.
Worauf kommt es dir bei der Themenwahl und beim Schreiben besonders an?
Ich suche jeden Tag ein aktuelles Thema, zu dem ich etwas beitragen kann, das noch nicht in zehn anderen Medien gestanden hat. Ich möchte die Leserinnen und Leser gut informiert in den Tag begleiten, ohne sie mit düsteren Nachrichten zu erschlagen. Wenn sie durch den Tagesanbruch die Welt ein kleines bisschen besser verstehen, habe ich alles richtig gemacht.
Funktioniert ein meinungsstarker Newsletter wie der Tagesanbruch auch, wenn mehrere Autoren ihn schreiben?
Natürlich. Mehr Perspektiven bereichern die Meinungsbildung.
Was hast du seit dem Start des Tagesanbruchs übers Newsletter-Machen gelernt?
Dass es auf die persönliche Note ankommt. Dass man als Autor trotzdem nicht zu viel von sich selbst preisgeben darf. Und dass gute Musik das Schreiben erleichtert.
Wie profitiert die Marke T-Online wirtschaftlich und publizistisch vom Tagesanbruch?
Der Tagesanbruch ist das journalistische Aushängeschild und das bekannteste Format von t-online. Viele Menschen sind durch ihn zu Stammlesern von T-Online geworden. Da er auch als vermarkteter Web-Artikel hohe Aufrufzahlen generiert, trägt er zu unseren Erlösen bei.
Hat T-Online weitere Ideen für Newsletter oder Pläne mit dem Tagesanbruch?
Das Format ist in der aktuellen Form so erfolgreich, dass ich es nicht verändern möchte. Gegenwärtig arbeiten wir aber daran, den Podcast Tagesanbruch am Wochenende auszubauen, auch der entwickelt sich erfreulich.
Welchen anderen Morgen-Newsletter liest du? Warum?
Das Briefing der NZZ, weil es die aktuellen Themen knapp einordnet. Den Anderen Blick, ebenfalls von der NZZ, weil Eric Gujer ein exzellenter Analyst des politischen Geschehens ist. Die Spiegel-Morgenlage, wenn sie von Melanie Amann, Roland Nelles oder Markus Feldenkirchen geschrieben wird, weil sie sprachlich und gedanklich originell unterwegs sind.
Was sind deine drei Tipps für Newsletter-Macher?
Spätestens am Nachmittag anfangen, über eine These nachzudenken. Mut zur eigenen Meinung, nicht auf andere schielen. Leser-Feedback ernst nehmen.