“Wer nicht durchs Raster fallen will, muss für sich werben.” – Christoph Magnussen über Dos and Don’ts bei Employer-Branding-Kampagnen.
27. Februar 2023
Lügen haben kurze Kündigungsfrist: “Am Ende zählt, ob das Unternehmen sich von innen auch so anfühlt, wie es nach außen hin suggeriert”, sagt New-Work-Experte und Unternehmer Christoph Magnussen im Interview mit turi2-Redakteur Björn Czieslik. Kein Unternehmen könne es sich mehr leisten, nicht mit Employer-Branding-Kampagnen für sich als Arbeitgeber zu werben, jedoch klaffe zwischen gewünschter Wahrnehmung und Realität “oft eine riesige Lücke”. Das ist “pures Gift für Brand und Kultur”, sagt der Gründer und CEO der New-Work-Beratung Blackboat, der zusammen mit Werber Michael Trautmann den Podcast On The Way To New Work hostet. Falsche Versprechungen wirkten wie ein “Boomerang und lassen die Leute so schnell wieder gehen, wie sie gekommen sind”.
Bei welchem Unternehmen würdest Du gerne arbeiten, weil dich dessen Employer-Branding-Kampagne so sehr überzeugt hat?
Sorry, aber ich bin Unternehmer und Gründer durch und durch – deswegen bin ich auch gegen die besten Kampagnen immun!
Gibt es heute überhaupt noch Firmen, die den Luxus haben, nicht um Mitarbeitende werben zu müssen?
Ganz klar: Nein. Arbeitnehmende haben heute die freie Wahl, wo und für wen sie arbeiten wollen. Wer da nicht durchs Raster fallen will, muss für sich werben.
Wie wichtig ist der Arbeitgeber als Marke für die Gen Z?
Extrem wichtig! Für keine andere Generation spielt die wertbasierte Identifikation mit dem Arbeitgeber eine so große Rolle wie für die Gen Z. Außerdem steigen die Anforderungen hinsichtlich der Reputation an Brands sowie an Technologien, mit denen man im Alltag in Berührung kommt. Da ist nur logisch, dass sich die Grenze, was diese Erwartungshaltung an Unternehmen angeht, zum beruflichen Kontext auflöst.
Welche unterschiedlichen Ansätze gibt es bei Kampagnen? Wie unterscheiden sich die Zielgruppen?
Viele Kampagnen versteifen sich darauf, neue Leute zu gewinnen. Der Fokus aufs Recruiting ist einerseits verständlich, andererseits darf aber auch die Retention von bestehenden Mitarbeitenden nicht außer Acht gelassen werden. Denn auch die Wechselwilligkeit steigt mehr und mehr…
Wie kann sich ein Unternehmen von anderen abheben? Gute Bezahlung und ein nettes Team versprechen doch alle…
Stimmt, das sind alles Hygienefaktoren. Am Ende zählt, ob das Unternehmen sich von innen auch so anfühlt, wie es nach außen hin suggeriert wird. Kollaboration ist Kommunikation, sage ich immer. Entsprechend aligned und authentisch muss alles sein. Zwischen gewünschter Wahrnehmung und Realität klafft aber oft eine riesige Lücke – pures Gift für Brand und Kultur!
Welche Botschaften sollte eine Kampagne vermitteln?
Genau die, die ein Unternehmen auch wirklich zu leisten imstande ist. Falsche Versprechungen wirken wie ein Boomerang und lassen die Leute so schnell wieder gehen, wie sie gekommen sind.
Welche Rolle spielen Ironie und Selbstironie?
Es ist so einfach, eine mit Selbstironie gewürzte Kampagne zu machen, und so schwer, in Wirklichkeit über sich selbst lachen zu können. Klar, Memes und Ironie sind ein essentieller Teil der modernen Popkultur. Sich selbst auf die Schippe zu nehmen, ist das eine. Viel wichtiger ist aber, wirklich etwas an Missständen zu ändern und es nicht bei Image-Politur zu belassen.
Neben den Vorzeige-Kampagnen tauchen immer wieder Kampagnen auf, die vor allem deshalb bekannt werden, weil sie zum Fremdschämen einladen. Stichwort: Azubi-Raps wie zum Beispiel von der Sparda Bank, BMW oder McDonald’s. Warum machen Firmen so etwas? Ist das Kalkül womöglich: Wir machen es so schlecht, dass es schon wieder gut ist?
Anders kann ich mir das auch nicht erklären.
Aufmerksamkeit um der Aufmerksamkeit willen darf nicht das Ziel sein. Und bevor man auf so einen Effekt wettet, sollte die Idee lieber in der Schublade bleiben.
Hast Du für Firmen noch drei Tipps: Was macht eine gute Employer-Branding-Kampagne aus?
Erstens: Eine Employer-Branding-Kampagne sollte die wahre Kultur, die Werte und die Ziele des Unternehmens widerspiegeln. Ich will ja wissen, wie es ist, in der Organisation zu arbeiten und mich darin sehen können.
Und das – zweitens – auch im Vergleich zu anderen Unternehmen. Das muss nicht direkt Teil einer Social Ad sein, aber über die Landing Page oder Karriere-Website muss ich rausfinden können, was das Unternehmen von seinen Mitbewerbern unterscheidet und was es zu einem attraktiven Arbeitsplatz macht – Wachstums- und Entwicklungsmöglichkeiten etwa oder den positiven Impact des Unternehmens auf die Gesellschaft.
Tipp Nr. 3: Konsistenz – und Durchhaltevermögen. Eine Employer-Branding-Kampagne sollte erstmal über alle Kanäle und Kontaktpunkte hinweg konsistent sein. Nur so bekommen Bewerber:innen ein klares und grundlegendes Verständnis vom Unternehmen und seiner Kultur. Dann zählt aber eben auch, das Ganze über eine Weile durchzuziehen. Aufmerksamkeit zu bekommen, wird immer schwieriger, und nur wer lange durchhält, wird mit den besten Leuten belohnt. Davon bin ich überzeugt.
… und was sollten Firmen lieber lassen?
Da würde ich es gern bei einem Tipp belassen: Don’t try too hard.
Welche aktuellen Kampagnen gefallen Dir besonders gut? Und warum?
Spannend ist Work #LikeABosch, weil Bosch das Narrativ nicht nur für PR und Marketing, sondern auch fürs Employer Branding nutzt. Stichwort Konsistenz. Dazu die drei Elemente “Grow”, “Enjoy”, “Inspire”, die Versprechen und Appell in einem sind. Clever.
Mein täglich Brot ist ja die Frage, wie wir Organisationen stärken können, damit Menschen arbeiten können, was und wie sie wirklich, wirklich wollen. Das ist der Kern von New Work. In diesem Geiste stellt die Deutsche Bahn mit Was ist dir wichtig? in ihrer aktuellen Employer-Branding-Kampagne die große Sinnfrage – die nur individuell beantwortet werden kann – und macht auf die modernen Arbeitsmodelle und die Jobvielfalt im Konzern aufmerksam. Da habe ich auch für einen kurzen Moment vergessen, dass mir pünktliche Züge wichtig sind…
Letzte Frage: Wenn Du eine Employer-Branding-Kampagne für Deine Firma Blackboat entwerfen müsstest – wie würde sie aussehen?
Seine besten Tricks verrät ein Zauberer nicht!
Das Interview erscheint in der Themen-Woche Future of Work bei turi2, in der wir auf die aktuellen und künftigen Herausforderungen der Arbeitswelt schauen.