Screen-Schrittmacher: FPD-Politiker Wolfgang Heubisch nimmt’s bei TikTok locker.
28. September 2023
Content-Koryphäe: Ein guter Auftritt ist in der Politik genauso wichtig wie auf TikTok. Wolfgang Heubisch von der FDP zeigt mit seinen Videos, wie beides zusammengeht. “Ich will immer das Herz berühren”, sagt er in den turi2 Screen-Wochen. Der 77-Jährige rät anderen Politikerinnen, junge Social-Media-Profis an die Seite zu holen: “Jeder, der glaubt, er weiß es besser, wird keinen Erfolg haben.”
Mit 77 müsste FDP-Politiker Wolfgang Heubisch niemandem mehr etwas beweisen. 25 Jahre war er Zahnarzt in eigener Praxis, er war Wissenschafts- und Kunstminister in Bayern, Stadtrat in München und Vizepräsident des Bayerischen Landtags. Heute ist Wolfgang Heubisch einer der aktivsten und erfolgreichsten deutschen Politik-Profis auf TikTok.
Eine junge Wahlkampfmanagerin, die Heubisch im Landtagswahlkampf 2018 unterstützt, schlägt 2020 vor, nach Facebook und Instagram auch TikTok auszuprobieren. Zunächst ist Heubisch skeptisch: „Den Wahnsinn mache ich nicht mit, ich tanze doch da nicht rum und mache mich zum Affen.“
Seine Motivation, es doch zu tun, ist die AfD, die damals bei TikTok zunehmend Präsenz zeigt: „Da muss man dagegenhalten“, denkt sich Heubisch, holt sich zur Unterstützung junge Social-Media-Profis an die Seite und lädt im November 2020 sein erstes TikTok-Video hoch.
Heubisch sagt, es sei ihm wichtig, demokratische Werte zu vermitteln, er greift Trends und Memes auf und ist sich auch für Gaga-Clips nicht zu schade. Heubisch steht vor der Kamera, sein Team konzeptioniert und setzt um. Manche Vorschläge lehne er aber auch ab. Knapp 118.000 Follower zählt er bei TikTok inzwischen und landet mit seinen Kurzvideos sehr wahrscheinlich auch bei Menschen im Feed, die sich sonst vielleicht nicht für die FDP interessieren würden.
„Ich habe gedacht, es gibt einen Totalverriss, wenn die schon mein Alter sehen. Aber es war total anders“, sagt Heubisch. Eine junge Frau habe ihm geschrieben, wie froh sie sei, „dass sich ein Politiker für mich interessiert“. In Gesprächen seien es oft die Kinder seiner Gesprächspartnerinnen, die Heubisch von TikTok kennen.
Was Heubisch an TikTok gefällt? „Die Schnelligkeit, die Lebendigkeit und die Witzigkeit bis hin zur Peinlichkeit“. In Sachen Datenschutz sehe er die Plattform zwar kritisch, aber das sei bei US-Techfirmen auch nicht anders, meint der Politiker.
Heubischs Erfolg hat wohl auch etwas mit seinem lockeren Auftreten zu tun: oft mit T-Shirt oder Pulli und weißen Sneakern, nur selten zeigt er sich mit Krawatte. „Ich will immer das Herz berühren“, sagt Heubisch. Er findet: Viele andere Politiker treten zu steif auf, spulen nur ihr Parteiprogramm ab und verstehen nicht, dass sie das junge Publikum emotional ansprechen müssten.
Sein Rat an andere Politikerinnen: „Holt euch junge, coole Fachleute, die schon bewiesen haben, dass sie mit dem Medium umgehen können. Jeder, der glaubt, er weiß es besser, wird keinen Erfolg haben.“
Die AfD ist in Heubischs Videos übrigens bis heute regelmäßig Thema. Sein mit 2,6 Millionen Views erfolgreichstes Video ist ein neun Sekunden langer Clip, in dem er zeigt, was er mit AfD-Anträgen macht: Er zerknüllt sie und wirft sie weg.
Dieser Text ist Teil der Screen-Wochen bei turi2. Bis 8. Oktober beschäftigen wir uns auf turi2.de mit Entwicklungen und Trends für Bildschirme – von der Smartwatch bis zum großen Werbescreen.
Fotos: Screenshots
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