turi2 edition5: Wie die Digitalfabrik die Deutsche Bank retten soll.
10. Oktober 2017
Deutsche Werk-Bank: Geldgeschäfte werden digital, die Bankfiliale der Zukunft heißt Smartphone. In einem Gewerbegebiet am Stadtrand von Frankfurt kämpft die krisengeschüttelte Deutsche Bank deshalb um ihre Zukunft. Jens Twiehaus hat die Digital-Werkstatt für die turi2 edition5 besucht.
Die digitale Zukunft der Deutschen Bank beginnt in einem betonfarbenen Büroviertel. Der Name Digitalfabrik an der Fassade trifft es gut: Wer aus dem Fabrikgebäude tritt, fällt fast auf die lärmende A66 am Rand von Frankfurt am Main.
Ernüchterung einerseits, aber auch ein Ort, der erdet. Vielleicht ist Bodenhaftung die beste Strategie für ein Unternehmen, das durch Zockereien erst Milliarden Euro und dann das Ansehen der Kunden verloren hat. Während der Konzern Stellen streicht, arbeiten in der Digitalfabrik schon mehr als 400 Leute. Bald 800, wenn nebenan weitere Büros frei werden.
In der Fabrik sitzen überwiegend Männer unter 40 ohne die obligatorische Banker-Krawatte. So unspektakulär sieht Zukunft auf den ersten Blick aus. Doch es lohnt sich ein zweiter.
Ein Grundproblem der digitalen Revolution: Sie ist beinahe unsichtbar. Ob die Mitarbeiter Spesenbelege ausfüllen oder Software programmieren, ist kaum zu unterscheiden. Joris Hensen, der sich Innovations-Manager nennt, versichert: Hier wird programmiert. Etwas, das es in der 150-jährigen Geschichte der Deutschen Bank nicht gab: ein offenes System.
Informatiker Hensen leitet das Team dbAPI. Dessen Mitglieder tun etwas, das für eine Bank unerhört klingt: Sie bauen an die Computer-Systeme der Bank eine Programmier-Schnittstelle heran, über die externe Dienstleister Kundendaten saugen können. Was dieses kontrollierte Datenleck bewirken soll, erklärt Hensen gemeinsam mit „Head New Digital Ecosystem“ Frank Pohlgeers. Die aktuelle Situation ist so: Seit einigen Jahren wollen immer mehr Menschen ihre Geldgeschäfte per Smartphone steuern. Zeitgleich fallen App-Entwicklern tausend Geschäftsmodelle ein, was sich mit Konto- oder Kapitalmarkt-Daten anstellen ließe.
An dieser Stelle kommt die Schnittstelle dbAPI ins Spiel. Indem sich die Deutsche Bank nach außen öffnet, lädt sie externe Partner ein, ihre Produktwelt zu erweitern. Es wäre denkbar, dass sich das Deutsche-Bank-Konto künftig per WhatsApp meldet, bevor es ins Minus geht. „Die dbAPI ist wie eine Steckdosenleiste. Wir bauen immer neue Steckplätze dran“, sagt Hensen. Fremde Anbieter können sich daran anschließen – wenn der Kunde seine Daten herausgeben will. Unter strengsten Datenschutz-Kriterien, versichert Pohlgeers, der die Startup-Partner einzeln mitaussucht.
Durch das Erdgeschoss der Digitalfabrik flitzt Michael Koch. Auf den vielen Zetteln des Online-Banking Chefs steht ein straffes Programm: Seine Leute müssen neue EU-Standards in die digitalen Produkte einbauen und alle Apps auf die neuesten Software-Versionen der Handyhersteller bringen. Die Zeiten, in denen Kunden Überweisungsträger in Briefkästen warfen, waren einfacher. Sie kommen aber nicht wieder.