Der Club der Meinungsmacherinnen.

Ulrich Wilhelm bei turi2:

    • “Es gibt kaum medienkritische Öffentlichkeit” – Carsten Brosda über Debattenkultur und den Wert der “Lindenstraße”.


      Bitte mehr Streit: Braucht der Journalismus eine neue Debatten- und Fehler­kultur? Ja, meint der Medien­senator von Hamburg, Carsten Brosda. Im Inter­view mit Diemut Roether von
      epd Medien sagt der SPD-Politiker und Journalist: “Diese Haltung zu sagen: Was ich mache, ist richtig, verwundert mich manchmal am Journalismus und den Medien.” Zudem spricht er über gutes Marketing für die Öffentlich-Rechtlichen, den gesell­schaftlichen Wert von Sendungen wie der “Linden­straße” oder “Forst­haus Falkenau” und warum Netflix kein absolutes Vorbild sein muss. Mit Krimis zur Primetime machten ARD und ZDF nicht unbedingt alles richtig, aber “auch nicht alles falsch”. Daneben kritisiert Brosda die Publizistik- und Kommunikations­wissen­schaft: Die Disziplin blicke zu sehr in die Ver­gangen­heit und zu wenig nach vorn — ganz anders als eine Luftfahrtingenieurin.

      Von Diemut Roether / epd Medien

      Sie haben einmal gesagt, der öffentlich-rechtliche Rundfunk hat kein Gefühl, keine Story für sich selbst. Was ist denn die Story der Öffentlich-Rechtlichen, wenn Sie sie erzählen müssten?

      Teile des öffentlich-rechtlichen Systems haben die Haltung: Wir sind dadurch legitimiert, dass wir da sind. Da ist auch was dran, denn mit vielen grundsätzlichen kommunikativen Beiträgen lässt die öffentlich-rechtliche Infrastruktur ein öffentliches Zeitgespräch zustande kommen. Das wird aber von allen Beteiligten fast unreflektiert vorausgesetzt. Und das reicht eben nicht mehr, wenn man von so vielen Seiten infrage gestellt wird. Die Öffentlich-Rechtlichen müssten sich also die Frage stellen: Wie können wir heute – zumal in einer veränderten Medienwelt – begründen, warum es uns gibt? Heute greifen die alten Narrative nicht mehr. Die stammen aus der Zeit, als wir Frequenzknappheit hatten und eine öffentlich-rechtliche Struktur schaffen mussten, die sowohl staatsfern als auch marktfern ist. Später kamen die Urteile des Bundesverfassungsgerichts, die darauf abhoben, dass man den Bürger schützen muss vor der Überwältigung durch das Bild.

      Carsten Brosda, Jahrgang 1974, ist Mitglied der Rundfunkkommission der Bundesländer und sitzt gemeinsam mit der rheinland-pfälzischen Medienstaatssekretärin Heike Raab der Medien- und Netzpolitischen Kommission der SPD vor. Seit 2017 ist er Senator der Behörde für Kultur und Medien in Hamburg. Von 2010 bis 2011 war er Abteilungsleiter Kommunikation beim SPD-Parteivorstand.

      Warum reicht das nicht mehr?

      Wir leben heute in einer vielfach fragmentierten, zwischen den verschiedenen Logiken gebrochenen Kommunikationswirklichkeit. Wir müssen deshalb neu begründen, warum es sinnvoll und für eine demokratische Öffentlichkeit auch klug ist, unterschiedliche Produktionslogiken öffentlicher Inhalte zu haben. Es hat Sinn, als Gesellschaft bei den Öffentlich-Rechtlichen den ökonomischen Druck rauszunehmen, der einen bestimmten Effekt auf Berichterstattung haben kann. So bekommen wir eine andere Perspektive, die in Konkurrenz zu der privatwirtschaftlichen Logik ein umfassenderes, breiteres Bild unserer Öffentlichkeit erzeugt. Meine Hoffnung ist, dass man die Legitimation bei Bürgerinnen und Bürgern stärken kann, wenn man den öffentlich-rechtlichen Rundfunk als Instrument einer freien demokratischen Gesellschaft erklärt, das diese sich selbst gibt, um über sich selbst ins Gespräch zu kommen.

      Haben Sie den Eindruck, dass sich die ökonomische Logik im öffentlich-rechtlichen Rundfunk seit dem Aufkommen der Privaten zu sehr durchgesetzt hat und dass die Öffentlich-Rechtlichen auch von außen zu sehr danach beurteilt werden?

      Die Konvergenzthese ist ja uralt. Ob das jetzt daran liegt, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk von außen so betrachtet wird oder ob er von innen heraus sagt, wir müssen konkurrenzfähig bleiben, das vermag ich nicht zu beurteilen. Aber zu sagen, kümmert euch nicht darum, würde zu Strukturen führen, wie wir sie aus den USA bei PBS und NPR kennen: qualitativ höchstwertiges Programm, das ziemlich weit in der Nische stattfindet. Wenn wir unsere Fernsehangebote Das Erste und das ZDF nennen, ist es plausibel, in der Reichweite nicht auf Platz 37 oder 48 zu kommen, sondern zumindest oben mitzuspielen. Der Anspruch sollte sein, mit dem ganzen Angebot die Gesamtheit der Gesellschaft zu erreichen.

      Ein Privater kann sagen: Ich bediene eine spitze demografische Zielgruppe. Das ist in Ordnung, das ist ein Beitrag zur Vielfalt. Öffentlich-rechtliche Angebote als Ganzes sind aber programmatisch und staatsvertraglich verpflichtet, die gesamte Gesellschaft zu erreichen. Diesen Anspruch, die res publica, also die öffentlichen Dinge zu verhandeln, muss nur der öffentlich-rechtliche Rundfunk haben. Und in Zeiten, in denen die Soziologen uns sagen, die Singularisierung ist das Signal unserer Zeit, ist es gut, dass wir kommunikative Infrastrukturen haben, die sich programmatisch darauf verpflichten, Allgemeinheit, Öffentlichkeit und Gemeinwohl zu thematisieren.

      Heißt das, der öffentlich-rechtliche Rundfunk macht alles richtig, wenn er auf populäre Programme wie Krimis setzt?

      Nein, das würde ich so nicht sagen, aber er macht auch nicht alles falsch. Wenn jemand fordert, die sollen das bleiben lassen mit der Unterhaltung und dem Krimi, habe ich eine Studie vor Augen, die schon mehr als 20 Jahre alt ist…

      Das wird ja zurzeit auch wieder von einigen Politikern gefordert.

      Forderungen werden nicht dadurch klüger, dass sie wiederholt werden. Andreas Dörner hat in den 90er Jahren den Effekt der Rezeption von “Heute Journal” und “Forsthaus Falkenau” verglichen mit der Frage: Was bleibt beim Publikum an Wissen über die Diskurse in der Gesellschaft hängen, die gerade aktuell sind? Frappierenderweise kam er zu dem Schluss, dass bei “Forsthaus Falkenau” mehr hängen geblieben ist. In der Tat ziehe ich auch aus fiktionalen Programmen Wissen über gesellschaftliche Zustände, sie haben auch eine Sozialisations- und Orientierungsfunktion. Es gibt viele “Tatorte”, die einem eine ganze Menge vermitteln über soziale Strukturen. Der entscheidende Punkt ist: Liefert der öffentlich-rechtliche Rundfunk da nur Eskapismus oder liefert er auch Orientierung und sozialisierende Informationen? Und sind die eingebettet in ein Gesamtprogramm, in dem wir auch anderes finden? Der hohe Zuschauerzuspruch für die Talkshow am Sonntagabend hat auch damit zu tun, dass die Leute bereits vor dem Fernseher sitzen und den “Tatort” gucken, der eine hohe Einschaltquote hat. Da sagen sich einige nach dem Krimi: Das ist ja spannend, heute reden die in der Talkshow über die Wärmepumpe, da bleib ich dabei. Damit erreichen wir Leute, die wir sonst nie bekommen hätten.

      War es so gesehen ein Fehler, dass die ARD die “Lindenstraße” eingestellt hat?

      Ich will das nicht an einzelnen Formaten festmachen, aber ich glaube, dass solche Formate wie die “Lindenstraße” sinnvoll sind. Man kann sagen, das war in der Ästhetik und der Produktionslogik nicht mehr auf der Höhe der Zeit, aber ich sehe einiges, was in der Entwicklung ist. Nicht so viel, wie ich mir wünschen würde, da wäre mehr Mut und mehr Formwille in der redaktionellen Gestaltung möglich. Der WDR hat in den 70er Jahren über seine Fernsehredaktion definiert, wie visuelles Erzählen in 90 Minuten aussehen kann. Dazu hätte der öffentlich-rechtliche Rundfunk auch heute die Kraft, und ich würde mir wünschen, dass er uns mehr herausfordert, dass er uns zeigt: Wie geht serielles Erzählen heute? Wie breche ich Rezeptionserwartungen? Ich würde mir eine Entfesselung der kreativen Potenziale in den Anstalten wünschen.

      Sie haben gerade den Audience Flow im Programm beschrieben: Die Leute gucken “Tatort” und dann kommt “Anne Will” und sie bleiben dran. Das ist das System-Programm. Zurzeit verabschieden wir uns aber durch die Digitalisierung vom System-Programm. Alles wird entbündelt, aber dadurch gehen solche Effekte, wie Sie sie gerade beschrieben haben, verloren.

      Angesichts der demografischen Schichtung des Publikums des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, gibt es noch viel Publikum, das vergleichsweise linear ist. Das führt bei manchen in der Debatte zu der Fehlwahrnehmung, dass sie denken, sie müssten nichts ändern. Aber die, die künftig alt werden, gucken in dem Alter nicht mehr linear, die werden sich weiterhin über die Mediatheken informieren. Und da brauchen wir eine Personalisierung. Was jetzt das Lineare schafft, wird künftig in den Mediatheken nur gelingen, wenn wir das angeboten bekommen, was uns auch interessiert. Natürlich sollten öffentlich-rechtliche Angebote auch da immer dem Allgemeinheitsanspruch genügen. Aber sie müssen mehr ausprobieren: Eine öffentlich-rechtliche Mediathek muss keine Eins-zu-eins-Nachbildung von Netflix sein. Da müssen wir auch medienpolitisch die Handbremse lösen, um das Ausprobieren beim Rezipieren von öffentlich-rechtlichen Inhalten zu ermöglichen. Natürlich brauchen wir Regeln, aber die Regel kann nicht sein: Ihr bleibt im Linearen und da seid ihr so schön contained, dass ihr niemandem in die Quere kommt.

      Was Sie beschreiben, klingt nach der Vision einer gemeinsamen öffentlich-rechtlichen Mediathek…

      Ich weiß nicht, ob es eine gemeinsame Mediathek sein muss. Ich glaube, dass auch ein kluges wechselseitiges Verschränken der Angebote möglich ist. Ich fände es spannend, wenn wir über die ARD-App auch mehr ZDF-Inhalte bekämen oder Inhalte von France TV oder spanische Inhalte. Ich würde nicht zwingend sagen, wir brauchen DIE deutsche oder europäische Plattform. Da würde man sich zehn Jahre streiten, wie sie heißt, wer sie überwacht, wer sie leitet und hätte beim Markteintritt wahrscheinlich viel Geld verbrannt, bis man überhaupt an den Start kommt. Wenn jemand das Vertrauen aufgebaut hat zur ZDF-App und darüber die anderen Inhalte bekommt, ist das doch super. Man könnte das noch weiterdenken und sagen: Mein Eintrittspunkt in die digitale Welt ist “Zeit.de”, dann könnte ich auch über Zeit.de öffentlich-rechtliche Inhalte bekommen. Die Monetarisierung ließe sich lösen in digitalen Zeiten.

      Also keine gemeinsame europäische Plattform, für die BR-Intendant Ulrich Wilhelm einst warb?

      In Europa haben wir das Problem, dass wir aufgrund von Vielfalt und Dezentralität an der Skalierung scheitern. Wir haben aufgrund der Unterschiede der europäischen Medienmärkte immer jeweils 30 oder 40 Anbieter am Markt. Wir müssen also eine Skalierung in der Vielfalt hinbekommen. Das heißt, wir müssen die Inhalte vernetzen. Da gibt es spannende Modelle wie die Beyond Platforms Initiative, die wir in Hamburg gefördert haben. Die Öffentlich-Rechtlichen fangen jetzt an mit dem Streamingnetzwerk, die ARD könnte das vormachen zwischen den neun Landesrundfunkanstalten. Kooperationsfähigkeiten nutzen, Ressourcen bündeln, wo es sinnvoll ist, aber nicht auf Zwang etwas Neues bauen. Einfach machen.

      Eine Plattform, die eine solche Vernetzung für die Kultur leisten soll, ist ARD-Kultur…

      Das habe ich auch so verstanden, der Idee kann ich auch etwas abgewinnen. Die ARD macht jetzt das, was das ZDF schon länger macht, sie gründet eine Plattformredaktion, die unabhängig vom Ausspielweg die Ressourcen vorhält und damit auch Qualität des Programms gewährleistet.

      Nutzen Sie das Portal ARD-Kultur?

      Ich nutze die Inhalte, aber ich nutze das Portal nicht gezielt täglich. Meistens erreichen mich Inhalte aus diesem Portal über andere Wege. Die “Kulturzeit” schaue ich über die 3sat-App.

      Sie haben früher selbst in einer Lokalredaktion Kulturberichterstattung gemacht und wissen daher, dass im Lokalen und Regionalen sehr viel Kultur stattfindet. Ist bei einem gemeinsamen Portal nicht die Gefahr, dass man nur noch die nationale Kultur abbildet oder die Großereignisse?

      Im Digitalen kann man ja gerade ein Programm viel genauer auf die Zuschauerinnen und Zuschauer zuschneiden und ihnen die Inhalte ausspielen, die sie auch in ihren regionalen Lebensumfeldern abholen. Sie müssen eben nicht die zentrale Entscheidung für oder gegen regionale Inhalte treffen, weil der eine Kanal voll belegt ist. Daher darf und wird das kein Entweder-oder sein. Über die lokale Kultur berichten lokale Redaktionen, hier in Hamburg ist es das Landesfunkhaus des NDR. Die machen Berichte für die Welle NDR Kultur, deren Redaktion in Hannover sitzt. Trotzdem gibt es natürlich eine lokale Kulturberichterstattung in Hamburg, genauso wie in Schleswig-Holstein oder in Mecklenburg-Vorpommern und in Niedersachsen. Produktionsseitig ist das kluge Zusammenspiel entscheidend. Es braucht nicht zugespitzt gesagt neun Leute, die nach Bayreuth fahren, um neun Berichte zu machen über das gleiche Ereignis. Wenn das neun Kritiker wären, wäre das schön, aber unter Umständen entstehen sieben Features und zwei Kritiken. Und dann würde ich sagen, ich nehme lieber nur ein Feature und dafür mehr Kritikkompetenz.

      Zu Recht wird bemängelt, dass in der Kulturberichterstattung die Auseinandersetzung mit den ästhetischen Positionen verloren geht und wir uns immer nur mit den Arbeitsbedingungen beschäftigen oder damit, wo sich gerade ein Intendant danebenbenommen hat. Die Befassung mit der künstlerischen Produktion gerät unter die Räder. Das liegt auch daran, dass die Redaktionen so klein werden, dass Spezialisierung nicht mehr möglich ist. Wenn man Ressourcen poolen würde, wäre sie aber wieder möglich. Ich finde es plausibel zu überlegen, ob nicht eine Redaktion mit 20 Leuten sinnvoller ist als zehn mit zwei.

      Die Chefs der Staatskanzleien haben Anfang des Jahres einen Beschluss gefasst und die Öffentlich-Rechtlichen aufgefordert, eine gemeinsame Plattform aufzubauen. Mit dem Begriff Plattform kann sehr viel gemeint sein: Mediatheken, soziale Netzwerke und anderes. Was genau wollen Sie als Medienpolitiker? Ist da eine Plattform gemeint, über die auch ein Austausch der Nutzer mit den Machern möglich werden soll?

      Tatsächlich hat der Plattformbegriff eine Unschärfe, mit der wir uns seit Jahr und Tag rumschlagen. Rein medienrechtlich ist es keine Plattform, dann müssten sie verschiedene audiovisuelle Angebote Dritter zu einem Gesamtangebot zusammenfassen. Wie gesagt, für mich muss es nicht die eine Mediathek sein. Wenn man das gut miteinander vernetzt, wäre schon viel gewonnen. Dass man Formate und Ventile für den Austausch zwischen Publikum und Machern schafft, halte ich für sinnvoll, denn die Nutzerinnen und Nutzer kennen es mittlerweile, sich aktiv in Diskussionen einzubringen.

      Wenn wir so etwas machen, müssen wir es aber auch nutzen. Es müssen Communitys aufgebaut, betreut und moderiert werden. Das ist aufwendig und auch nicht immer erfolgversprechend. Wir wissen ja: Diejenigen, die zufrieden sind, melden sich nicht, sondern es melden sich die, die unzufrieden sind. Die Gründe dafür sind mannigfach. Man muss also Bürgerinnen und Bürgern ein Angebot machen, sich mit den Anbietern gemeinsam über das Programm und seine Inhalte auseinanderzusetzen.

      Sollte das nur im Internet stattfinden?

      Ich weiß nicht, ob das in erster Linie ein digitales Forum sein muss, es gibt auch andere Ideen für regelmäßige Partizipationsformate wie Programmbeiräte und vieles andere mehr. Da sollten die Anstalten mehr ausprobieren und lernen, was das Publikum eigentlich will. Der Journalismus, das Medienschaffen generell steht bei der Nutzung dieses Feedback-Kanals, sowohl digital als auch analog, noch ziemlich am Anfang. Journalisten hängen immer noch der Haltung an: Ich habe was publiziert, jetzt setzt euch damit auseinander, ich habe meine Markierung gesetzt. Ich wäre für Ausprobieren. Ich hielte es für falsch, wenn die Rundfunkkommission sagen würde: Ihr müsst Facebook oder TikTok nachbauen. Aber die Dimension des Austausches mit dem Publikum mitzudenken und dafür Vorschläge zu machen, halte ich für unerlässlich.

      Als ich in den 90er Jahren bei ARD-Aktuell gearbeitet habe, wurden uns nach den “Tagesthemen” die Zuschaueranrufe per Telefon in die Redaktion durchgestellt. Wir wurden fast nur beschimpft. Besonders schlimm war es während des Bosnienkriegs…

      Interessant, das war ein Feedback, das für die Öffentlichkeit nicht beobachtbar war. Ich glaube, ein Teil der Diskussion, die wir heute über die vermeintliche Nichtakzeptanz von öffentlich-rechtlichen Angeboten haben, kommt daher, dass man das heute beobachten kann. Es findet statt in Foren, die man einsehen kann. Ob das mehr sind als in den 90er Jahren bei Ihnen angerufen haben, weiß keiner, weil ein paar Dutzend ausreichen. Ich fände es spannend, neue Formate für den Austausch zu entwickeln. Da hat öffentlich-rechtlicher Rundfunk eine Chance, mehr zu machen, weil er den ökonomischen Druck nicht hat. Beim ORF hieß das in den 70er Jahren “Planquadrat”-Journalismus. Da sind die Redaktionen in die Großraumsiedlungen am Stadtrand gegangen und haben gesagt, wir produzieren mal was mit den Leuten. Was sind heute die Pendants dazu? Im Boulevard gibt es die Leserreporter, das ist ein voyeuristisches Instrument, aber man kann das auch anders betrachten und nutzen. Da bin ich fast wieder bei Lenin mit seiner Idee des Volkskorrespondenten damals in der Sowjetunion…

      …oder bei Brecht…

      Oder bei Brecht mit der Radiotheorie: Wie mache ich aus dem Distributionsapparat einen Kommunikationsapparat? Wie nutze ich das aufklärerisch? Daran zu arbeiten, wäre ein schönes Projekt für öffentlich-rechtliche Anstalten.

      Der WDR hatte mal “Hallo Ü-Wagen”. Das wurde dann leider nicht weiterentwickelt, sondern eingestellt.

      Carmen Thomas, großartig! Die Morgenmagazine fahren ab und zu in einzelne Städte und senden vom Marktplatz, aber das ist nur punktuell. Die Frage, wie kommt ein Sender systematisch anders in den Kontakt mit dem Publikum, ist eine wichtige Aufgabe.

      Eine große Aufgabe für die Medienpolitik bleibt die Reform des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Der Dritte Medienänderungsstaatsvertrag tritt am 1. Juli in Kraft. Da bekommen die Aufsichtsgremien mehr Verantwortung. Haben Sie das Gefühl, dass die so wie sie jetzt verfasst sind, diesen neuen Anforderungen gewachsen sind?

      Das hängt davon ab, ob sie sich dem gewachsen fühlen wollen. Es sind de facto ehrenamtliche Gremien. Menschen, die etwas anderes machen und auch etwas anderes tun sollen. Es sind keine hauptamtlichen Aufsichtsgremien, sondern theoretische Diskursräume. Und ob man so einen Raum als einen Diskursraum zum Programm schaffen will, liegt an denen, die drinsitzen.

      Beim RBB hat man gesehen, dass das auch gewaltig schiefgehen kann.

      Absolut. Wenn man es nicht will, sorgt institutionell keiner dafür, dass es klappt. Das ist aber bei Diskursräumen immer so. Jürgen Habermas sagt, den Kerngehalt der freien Kommunikation können wir nicht durch eine Institutionalisierung erzwingen, weil sie dann nicht mehr frei wäre. Die Frage ist eher: Sitzen die richtigen Leute in den Gremien? Stimmen die Besetzungsstrukturen? Ehrlicherweise bilden die Gremien oft die Bundesrepublik der 50er Jahre ab und nicht unseren jetzigen gesellschaftlichen Zustand.

      Sind Sie als politischer Beobachter der Ansicht, dass die Aufsichtsgremien des RBB ausreichend Verantwortung übernommen haben für das, was da passiert ist?

      Das kann ich beim RBB zu wenig beurteilen. Solche Vorgänge stellen immer auch Fragen an die Aufsichtsstruktur. Es ist nicht damit getan, jemand Neues in die Intendanz zu holen und zu fordern: Räum da mal auf, sondern es muss auch darum gehen, sich in den Aufsichtsgremien zu hinterfragen, ob die Routinen richtig sind.

      Die Gremienstrukturen sind in den vergangenen Jahren häufiger geändert worden, da hätte die Politik andere Strukturen schaffen können.

      Hamburg hat damals zusammen mit Rheinland-Pfalz gegen den ZDF-Staatsvertrag geklagt und wir haben Recht bekommen. Wir haben die Staatsverträge liebend gern neu geschrieben. Da gab es auch deutlich avanciertere Vorschläge, aber einige Länder haben gesagt: Diese Dinge sind unverhandelbar, wir können nur noch über den Rest reden. Eine Stunde null des Neuaufstellens der Aufsicht – das hat bisher noch nie geklappt. Selbst beim RBB hat das nach der Katastrophe des letzten Jahres und den Schwierigkeiten der dortigen Aufsicht nicht funktioniert.

      Woran liegt das?

      In den politischen Entscheidungsprozessen muss man immer mit den korporatistischen Akteuren, die da drinsitzen, als Vetomächten rechnen. Es gibt Menschen, die sagen, lass uns losen. Ich war noch nie ein Fan dieser Losverfahren, verstehe aber das Argument dahinter. Das kann gern mal jemand machen, ich würde es nur nicht selbst verantworten wollen. Die alte Idee, die das Bundesverfassungsgericht beschrieben hat: Wir suchen uns idealtypisch ein paar Organisationen und Institutionen der Gesellschaft aus, die jemanden in die Gremien entsenden, und in dem Moment, in dem die Person Gremienmitglied geworden ist, verliert sie all ihre Rückbezüge zu der sie entsendenden Organisation, weil sie nur als stellvertretender Teil der allgemeinen Öffentlichkeit in dem Gremium sitzt, ist als Fiktion schön, funktioniert aber offensichtlich nicht in der Realität und wird nicht gelebt.

      Ein schönes Idealbild.

      Die entscheidende Frage ist: Interessiert uns als Gesellschaft noch, was da passiert? Führen wir eine öffentliche Diskussion? Im ZDF-Fernsehrat gab es eine Riesendiskussion darüber, ob die Sitzungen gestreamt werden, ob man Öffentlichkeit zulässt. Das geht alles inzwischen, aber wenn man sich anschaut, wie groß das Interesse ist, wird man schnell wieder sehr demütig. Es ist mitnichten so, dass die Menschen elektrisiert sind von dem, was da passiert. Es gibt ja kaum eine medienpolitische Debatte oder eine medienkritische Öffentlichkeit. Wir diskutieren nicht regelhaft darüber, wie wir uns demokratisch verständigen wollen, obwohl sich das gesamte strukturelle Gefüge momentan in einer atemberaubenden Geschwindigkeit und Dramatik verändert. Aus demokratiepolitischer Sicht haben wir kaum ein wichtigeres Thema: Wie bekommen wir es hin, auch in fünf oder zehn Jahren noch über alle Belange kommunikationsfähig zu sein? Tatsächlich werden heute aber Medienredaktionen abgebaut, verschwinden Medienseiten, und diejenigen, die sich mit den Strukturen von Medien auch journalistisch selbst- und fremdbeobachtend auseinandersetzen, können wir mittlerweile an zwei Händen abzählen. In den 70er Jahren hat die SPD einen ganzen Parteitag zum Thema Medienpolitik gemacht. Die Medienkommission der SPD wird in diesem Jahr 50…

      Es gibt die Medienkommission der SPD also noch?

      Natürlich gibt es die noch, genauer gesagt heißt sie jetzt Medien- und Netzpolitische Kommission. Ich leite sie gemeinsam mit Heike Raab und dort wird intensiv gearbeitet. Wir haben erst vor wenigen Wochen einen Beschluss zum Thema KI-Regulierung veröffentlicht.

      Ich nehme wahr, dass sich viele Politiker zu medienpolitischen Themen äußern, die erstaunlich wenig Ahnung haben. Da werden Dinge gefordert, die rechtlich gar nicht umsetzbar sind. Sie haben erwähnt, wie schwierig es ist, im Länderkreis einen Konsens zu finden bei wichtigen Fragen wie die Organisation der Aufsicht über den öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Ist die Medienpolitik tatsächlich noch gut aufgehoben bei den Ländern?

      Was wäre denn die Alternative? Ob das beim Bund besser aufgehoben wäre? Da habe ich nach vielen Jahren meine Zweifel. Wir hatten eine gemeinsame Bund-Länder-Kommission, die Konfliktlösungsmechanismen entwickeln sollte für Fälle, in denen Konflikte zwischen Bundesrecht, Landesrecht und Europarecht entstehen. Der Bund war in diesen Fällen maximal desinteressiert an medienvielfaltsbezogenen Fragestellungen und hat das rein technik- und wirtschaftsrechtlich betrachtet.

      Ist deswegen die Bund-Länder-Kommission wieder eingeschlafen?

      Die Bund-Länder-Kommission hat damals einen Abschlussbericht gemacht und es gibt im Koalitionsvertrag den Auftrag, dass eine neue entstehen soll.

      Noch ist nichts passiert…

      Ich bin gespannt. Ich habe noch nichts gehört. Das Problem ist nicht, dass die Medienpolitik schlecht aufgestellt wäre. Es gibt etliche Akteure aus allen Parteien, die sich darum kümmern. Viele, die sich öffentlich äußern, sind aber schlichtweg nicht zuständig. Und viele, die zuständig sind, äußern sich nicht so laut oder sie werden nicht so berücksichtigt wie ein Bundestagsabgeordneter, der mal einen raushaut…

      Oder ein Finanzminister…

      Früher sind die Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten gemeinsam in die Auseinandersetzung über diese Themen gegangen. Das fehlt heute. Als Medienpolitiker wünscht man sich, dass mehr Leute Lust darauf haben, diese Debatten zu führen.

      War Medienpolitik früher wichtiger? Konnte man sich früher als Medienpolitiker besser profilieren?

      Das glaube ich nicht. Medienpolitik war häufig eher ein exekutiv-administratives Ding. Dadurch, dass wir zwischen den Landesregierungen die Staatsverträge verhandeln, kommen die zu einem Zeitpunkt in die Landesparlamente, an dem wir als Regierungen sagen: Es wäre schön, wenn ihr zustimmt, denn das ist ja schon ausgehandelt. Der vorlaufende Diskurs gehört in die allgemeine Öffentlichkeit und das gelingt uns momentan nicht. Das war früher anders. Wir hatten früher große medienpolitische Debatten – ob das alles intellektuell anschlussfähig war, sei dahingestellt. Aber es war zumindest eine Auseinandersetzung mit medialen Inhalten. Die letzte Debatte dieser Art ging vermutlich um Paul Noltes degoutante Formulierung vom Unterschichtenfernsehen. Danach haben wir keine strukturell informierte Debatte über öffentliche Kommunikation mehr geführt, jenseits von einzelnen Aufregungen über einzelne Verfehlungen. Das zu ändern ist auch eine Aufgabe für die Politik.

      Liegt das an der Fragmentierung der Öffentlichkeit, dass die großen Debatten nicht mehr geführt werden?

      Auch. Aber so groß ist die Fragmentierung bei uns noch nicht. Wir haben noch die großen Leitmedien, über die das funktionieren könnte. Wenn ich mir den Zuspruch für öffentlich-rechtliche Informationsangebote anschaue, ist das möglich. In den Formaten, die die Öffentlich-Rechtlichen in den letzten Jahren entwickelt haben, sitzt ein Intendant, der sich Bürgerfragen stellt – das ist kein Debattenforum. Ich erinnere mich noch an die Sendung von Markus Lanz im vergangenen Jahr mit Harald Welzer, Richard David Precht, Melanie Amann und Robin Alexander, das war wie bei einem Autounfall, wo man nicht weggucken kann. Ich fand das Buch von Precht und Welzer nicht gelungen, aber die Selbstverständlichkeit, mit der die beiden Journalisten jede Form von Kritik an sich weggeschoben haben, zeigt einen Unwillen zur Reflexion des eigenen Tuns.

      Fehlt es im Journalismus an Selbstkritik?

      Es war auf beiden Seiten eine Unfähigkeit, miteinander zu sprechen, man hat sich mit dem Kern der Kritik, mit der Ursache für den allgemeinen Vertrauensverlust, gar nicht auseinandergesetzt. Diese Haltung zu sagen: Was ich mache, ist richtig, verwundert mich manchmal am Journalismus und den Medien. Früher hat man gesagt, die notorische Beschäftigung mit sich und den eigenen Verfehlungen wäre das Problem. Georg Mascolo hat mal gesagt, der Journalismus braucht eine andere Fehlerkultur, damit die Medien Vertrauen wiedergewinnen. Er müsse in der Lage sein, Fehler transparent zu machen und öffentlich zu verhandeln. Das gebe ihm die Gelegenheit, besser zu werden. Das wäre ein Modus des öffentlichen Umgangs miteinander, der auch die öffentliche Verständigung anders in den Blick nimmt.

      Die öffentlich-rechtlichen Anstalten haben Ende April ihren Finanzbedarf bei der Finanzkommission KEF angemeldet und gehen von einer Erhöhung des Bedarfs um zwei bis knapp drei Prozent aus. Das würde auf eine Erhöhung des Rundfunkbeitrags hinauslaufen. Wie sehen Sie das als Medienpolitiker: Ist eine Beitragserhöhung durchsetzbar?

      Ich halte mich an den KEF-Vorsitzenden, der gesagt hat, momentan sind Prognosen nicht seriös, weil wir zum Beispiel auch noch Rücklagen in den Anstalten haben, die man gegenrechnen muss. Ich schaue etwas irritiert auf die energischen Vorfestlegungen aus dem politischen Raum, dass es keine Erhöhung geben darf. Aus meinem Verständnis haben wir ein Verfahren, in dem die Anstalten einen Bedarf anmelden, und die KEF berechnet, was der anerkannte Bedarf in der Finanzierung bedeutet. Dann ist es an der Politik, das nachzuvollziehen. Wenn man das aber nicht nachvollziehen kann, kann man nicht einfach sagen, ihr müsst das Gleiche mit weniger Geld machen. Dann müsste man auch sagen, was die Anstalten bleiben lassen müssen. Und das geht erfahrungsgemäß immer aus wie das Hornberger Schießen, weil die Gleichen, die heute noch fordern, dass der Beitrag nicht steigen darf, morgen, wenn bei ihnen deswegen einzelne Infrastrukturen der Öffentlich-Rechtlichen verkleinert werden sollen, sagen: Das darf nicht sein. Ich bin dafür, dass wir das Verfahren perspektivisch verändern. Wir hatten Vorschläge, wie man das ändern könnte, ich habe auch mal einen Vorschlag gemacht für eine indexierte Budgetierung. Aber jetzt müssen wir alle miteinander die Coolness besitzen, das Verfahren in seiner Legitimation nicht in Zweifel zu ziehen.

      Sie haben das Desinteresse des Bundes am Thema Medienpolitik angesprochen. Seit drei Jahren kommt das Thema Presseförderung nicht voran. Die Ministerien schieben sich das gegenseitig zu wie eine heiße Kartoffel.

      Als wir angefangen haben, über das Thema zu reden, war Andrea Nahles noch Bundesarbeitsministerin. Mein Stand ist, dass es bisher keine Zuständigkeit gibt. Ich kann es mir nur so erklären, dass man in den laufenden Haushaltsverhandlungen des Bundes nicht “Hier” schreien will, weil man Sorge hat, dass die Mittel auf das eigene Konto angerechnet werden. Ich finde das dramatisch, weil wir aktuell die Umbrüche an den Medienmärkten erleben. Ich verstehe nicht, wie man so ungerührt zugucken kann, dass in Deutschland Landstriche entstehen, die dem entsprechen, was wir in den USA “News Deserts” nennen. Das kann nur der Bund regeln, es kann nur eine Wirtschaftsförderung sein, keine inhaltsbezogene Förderung. Wenn man das an die Zustellung koppelt, wäre das aus meiner Sicht eine Aufgabe des Wirtschaftsressorts. Das sieht das Wirtschaftsressort offensichtlich anders. Aber selbst in dem Moment, in dem die Zuständigkeit entschieden ist, bleibt die Frage, wer gefördert wird. Sind es die Regionalzeitungen oder fördert man die gesamte Printbranche? Letzteres würde ich präferieren.

      Sie würden also auch Zeitschriften einschließen wollen?

      Auch die stehen unter einem unfassbaren Transformationsdruck. Das kriegt man nur nicht so mit. In vielen Bereichen geht die Fachexpertise in dem Moment weg, in dem die Zeitschriften verschwinden. Es gibt viele, die in ihren Erlösen noch komplett analog sind.

      Im Februar hat RTL Deutschland angekündigt, dass der Konzern bis zu 1.000 Stellen abbauen will, die meisten davon hier in Hamburg, am Standort des Zeitschriftenverlags Gruner + Jahr, der im vergangenen Jahr von RTL Deutschland übernommen wurde. Sie haben als Hamburger Mediensenator damals geschrieben, eigentlich war Gruner + Jahr vor 20 Jahren, was die Digitalisierung angeht, ganz gut aufgestellt. Was ist da schiefgelaufen bei der Transformation?

      Um Gruner + Jahr herum waren zu Beginn der 00er Jahre eine Menge digitale Unternehmen entstanden. Dann platzte die Dotcom-Bubble und man hat sehr schnell den Schluss daraus gezogen, alles wieder einzustampfen und zu sagen, das war ein Fehler mit diesem Internet, das stabile Geschäftsmodell bleibt das klassische publizistische Angebot auf Papier. Hätte man damals weitergemacht und einen längeren Atem gehabt, sähe das jetzt wahrscheinlich anders aus. Als die zweite Welle der Digitalisierung kam, hat hier in Hamburg nicht mehr so viel stattgefunden. Die aus der alten Bundesrepublik stammende Haltung, die einzige große Medienstadt ist Hamburg, hat sich relativiert. Die Branche steht unter einem enormen Innovationsdruck, aber glaubt komischerweise immer noch, sie könnte die Innovation allein schaffen. Ich kenne keine andere Branche, die in einem solchen Transformationsprozess so wenig auf wissenschaftliche Begleitung zurückgreift wie die Medienbranche.

      Müssten Medienunternehmen mehr kooperieren? Ist das Konkurrenzdenken noch zu stark ausgeprägt?

      Das kriegen wir in Hamburg über Netzwerke wie Nextmedia.Hamburg ganz gut hin. Man sieht ein, dass man vom gemeinsamen Verstehen der dramatischen Veränderung der Märkte einen individuellen unternehmerischen Vorteil hat. Aber das Heranziehen von Forschung klappt zu wenig. Wie sieht klassische Forschung und Entwicklung aus? Wie nutzen wir Laborkontexte? Ausprobieren von neuen Darstellungsformen und Distributionsangeboten nicht unter Marktbedingungen.

      Findet diese Art von Forschung in der Kommunikationswissenschaft überhaupt statt? Die beschäftigt sich doch eher mit Produkten, die schon da sind.

      Das ist in der Tat eine Herausforderung. Ich habe vor ein paar Jahren einen Vortrag gehalten bei der Deutschen Gesellschaft für Publizistik und Kommunikationswissenschaft, da habe ich gesagt: Während der Luftfahrtingenieur, wenn ein Flugzeug abstürzt, von seinem Lehrstuhl aus gemeinsam mit dem Unternehmen daran arbeitet, dass das Flugzeug beim nächsten Mal in der Luft bleibt, schreibt der Kommunikationswissenschaftler einen klugen Aufsatz darüber, warum es abgestürzt ist. Das ist in einem so demokratierelevanten Bereich zu wenig. Man fordert sich wechselseitig nicht ausreichend heraus. Man hat es nicht geschafft, eine gemeinsame Innovationskultur zu entwickeln. Es gibt schöne Ausnahmen wie die Hamburg Media School, wo die Medienunternehmen mit in die Verantwortung gehen und mit der Schule zusammen Ausbildungsangebote entwickeln. So etwas müsste man viel mehr machen, um die Lust auf Veränderung zu befördern in diesem Feld, das sich gerade so dramatisch verändert.

      Alle Beiträge aus der Reihe “Das Beste aus epd Medien bei turi2” >>>

      Foto: Hernandez für Behörde für Kultur und Medien

    • “Ich werde kein PR-Feuerwerk zünden” – Ein epd-Interview mit dem ARD-Vorsitzenden Kai Gniffke.


       
      Gnifflix: SWR-Intendant
      Kai Gniffke hat es sich in seinem Amt als ARD-Vorsitzender zum Ziel gesetzt, ARD und ZDF noch in diesem Jahrzehnt zum “wichtigsten Streaming-Anbieter in Deutschland” zu machen. Inhaltlich sollen beide Marken auch weiterhin im “publizistischen Wettbewerb” stehen, sagt er im Interview von Diemut Roether und Michael Ridder bei epd Medien und erteilt einer gemeinsamen Mediathek eine Absage. Aber: “Die Frage, wie gut und klug die Suchfunktion ist, ist keine journalistische Frage. Da sollten wir uns die Arbeit mit dem ZDF teilen.” Auch innerhalb der ARD wünscht sich Gniffke mehr Kooperation: Er hat u.a. ein gemeinsames Mantel­programm für die Dritten TV-Programme vorgeschlagen und sieht bei der Bündelung von Kompetenzen auch die kleinen Sender in der Pflicht: “Es kann nicht sein, dass die großen Häuser alles machen und die kleinen warten, bis die Weisheit der großen über sie hereinbricht.” Der RBB-Skandal habe “alle ARD-Häuser noch enger zusammenrücken lassen” und die Aufsichtsgremien gestärkt. Gniffke hofft, “dass die Brandschutzmauern hoch und dick genug sind, dass so was nicht noch mal passiert”. turi2 veröffentlicht das Interview in der wöchentlichen Reihe Das Beste von epd Medien bei turi2.
       
      Von Diemut Roether und Michael Ridder / epd Medien
       
      epd: Herr Gniffke, Sie sind nicht nur SWR-Intendant und aktuell auch ARD-Vorsitzender. Sie unterrichten auch an der Hochschule Mittweida zum Thema “Journalismus in der digitalen Transformation”. Wir haben uns gefragt: Was sagen Ihre Studenten eigentlich über die ARD?

      Kai Gniffke: Die Studierenden sind ein bisschen befangen, weil sie am Ende von mir ihren Schein für ein bestandenes Seminar haben wollen. (lacht) Deren Feedback zur ARD ist verglichen mit dem, was ich sonst so höre, mir fast schon zu positiv. (lacht) Möglicherweise kommen in meine Lehrveranstaltungen diejenigen, die eh einen Draht zu ARD-Angeboten haben. Was mich da wirklich beeindruckt, ist, wie sehr es einer Marke wie der “Tagesschau” gelungen ist, junge Menschen für relevante Inhalte zu begeistern oder zumindest zu interessieren. Das macht mir sehr viel Mut.

      Welche ARD-Inhalte nehmen die Studierenden außer der “Tagesschau” noch wahr?

      Querbeet. Weil ich SWR-Intendant im Hauptberuf bin, bin ich stolz, dass zum Beispiel der SWR2-Wissenspodcast immer noch in den Top 10 der Podcast-Charts ist. Ich habe mich im vergangenen Jahr unglaublich gefreut, dass ein Instagram-Angebot wie Ich bin Sophie Scholl – das wirklich ein Experiment war – so erfolgreich wurde. Rund 800.000 Menschen haben sich für das Schicksal dieser beeindruckenden Persönlichkeit Sophie Scholl interessiert. Und das waren sehr junge Menschen.

      Was sagen die Studierenden über die ARD-Mediathek? Nutzen sie diese?

      Sie nutzen sie. Aber sie nutzen selbstverständlich auch andere Anbieter. Und wenn es um fiktionale Inhalte geht, nutzen sie stärker Anbieter, die nicht zur ARD gehören.

      Sie haben das Ziel vorgegeben, dass die ARD bis 2027 Streaming-Marktführer werden soll. Wie wollen Sie das erreichen?

      Noch in diesem Jahrzehnt wollen wir der wichtigste Streaming-Anbieter in Deutschland werden. Dazu treiben wir das Streaming-Netzwerk in unserer Zusammenarbeit mit dem ZDF weiter voran. Wenn wir mal für einen Moment die Abrufe der ZDF-Mediathek und der ARD-Mediathek zusammenzählen – dann sind wir heute schon auf Augenhöhe mit Netflix oder Amazon Prime. Warum machen wir das? Nicht, weil wir die Größten sein wollen, sondern weil unsere Heimat in der Mitte der Gesellschaft ist. Wir wollen in allen Milieus, in allen Bevölkerungsgruppen für die Menschen da sein. Das schaffen wir aber nur, wenn wir große Teile der Bevölkerung mit unseren linearen Angeboten versorgen und gleichzeitig auch da präsent sind, wo sich Mediennutzung in Zukunft immer mehr abspielen wird.

      Könnten Sie das mit dem Streaming-Netzwerk etwas genauer erklären? Was macht dieses Netzwerk aus? Es kann ja nicht nur das gemeinsame Login sein oder dass man, wenn man den “Tatort” sucht beim ZDF, weitergeleitet wird zur ARD.

      Das Streaming-Netzwerk macht eine ganze Menge mehr aus. Der gemeinsame Login ist der Einstieg. Zukünftig werden wir uns die Daten dahinter teilen.

      Läuft das letzten Endes nicht auf eine gemeinsame Mediathek hinaus?

      Das muss man terminologisch gut auseinanderhalten. Wir wollen einen gemeinsamen Login. Wir wollen eine gemeinsame technische Basis, einen gemeinsamen Player, eine gemeinsame Empfehlungslogik, eine gemeinsame Suchfunktion. Unabhängig davon, welche Inhalte zugänglich sind. Wir sollten auf jeden Fall bei zwei klaren Marken bleiben, die im publizistischen Wettbewerb stehen. Es gibt sozusagen weiterhin die “orangenen” Inhalte – in der Farbe des ZDF gesprochen – und es gibt die “blauen” Inhalte der ARD. Aber die Frage, wie gut und klug die Suchfunktion ist, ist keine journalistische Frage. Da sollten wir uns die Arbeit mit dem ZDF teilen.

      Es ist eine technische Frage. Uns fällt auf, dass ARD-Angebote beispielsweise über die App auf der Magenta-Oberfläche schlecht zu finden sind. Sucht man einen bestimmten Film in der ARD-Mediathek, geht das über eine simple Google-Suche viel leichter.

      Das nehme ich als Ansporn, dass wir in dieser Hinsicht besser werden müssen. Wir haben in den letzten drei Jahren extreme Fortschritte gemacht, haben viel Energie und Zeit in die Mediathek gesteckt, was zum Glück nicht ohne Erfolg geblieben ist. Mehr als zweieinhalb Millionen Menschen nutzen täglich die ARD-Mediathek. Aber wir sind noch längst nicht am Ende der Strecke, das haben wir bei der Sitzung der Intendantinnen und Intendanten in Hannover noch mal festgehalten. Wir müssen jetzt Gas geben.

      Die Politik hat jetzt die Vorgabe gemacht, dass Sie zusammen mit dem ZDF und mit dem Deutschlandradio eine gemeinsame Plattform aufbauen sollen. Werden die einzelnen Mediatheken nicht überflüssig mit der Zeit, wenn Sie alles auf eine gemeinsame Plattform stellen?

      Wir müssen auch hier wieder sauber trennen: Was ist eine Plattform, was ist ein Streaming-Netzwerk, und was ist eine technische Basis? Wenn ich über unsere Kooperation mit dem ZDF spreche, spreche ich über ein Netzwerk, das eine gemeinsame technische Basis hat. Es ist keine gemeinsame Mediathek, es sind zwei getrennte Marken. Es geht nicht darum, die Superplattform zu bauen, sondern das Existierende so zu verbessern, dass wir auf Augenhöhe kommen mit den großen Anbietern, die im Moment den Streaming-Markt in Deutschland beherrschen.

      Das machen Sie aus eigenem Antrieb heraus. Aber die Rundfunkkommission, also die Medienstaatssekretärin Heike Raab und andere, haben sicher schon mit Ihnen gesprochen über weitere Erwartungen. Wenn jetzt die große gemeinsame Plattform als Aufgabe hingestellt wird – und Frau Raab hat ausdrücklich gesagt, damit ist keine Mediathek gemeint – was soll das sein? Die Superplattform, die der frühere BR-Intendant Ulrich Wilhelm wollte? Welchen Auftrag hat die Politik an Sie?

      Wir wissen um unseren Auftrag. Dieser Auftrag heißt: Alle Menschen mit exzellentem Programm versorgen, vom Säugling bis zum Greis. Und wenn selbst Menschen meiner Generation einen Anbieter nutzen, der ihnen nichtlineare Inhalte zur Verfügung stellt, und abends auf dem Sofa gelegentlich auch mal in Mediatheken stöbern, dann weiß ich doch, was die Stunde geschlagen hat.

      Aber wie verstehen Sie diesen Auftrag der Politik, eine gemeinsame Plattform zu schaffen, in der das Deutschlandradio auch noch mit drin sein soll?

      Wir haben ja auch eine Audiothek, also Inhalte zum Hören. Jetzt müssen wir erst mal schauen, ob wir die Audiothek über die ARD-Grenzen hinaus erweitern wollen. Auch das ZDF ist mittlerweile in die Podcast-Produktion eingestiegen, da wäre die Frage: Wollen wir da gemeinsam vorangehen und das Deutschlandradio mit an Bord holen? Sie können bereits heute über die ARD-Audiothek Inhalte des Deutschlandradios nutzen. Und für mich stellt sich die Frage, ob es sinnvoll ist, Mediathek und Audiothek zusammenzuführen. Was wir aber jetzt schon machen können, ist, dafür zu sorgen, dass die Mediathek weiter steil geht. Das macht mir gerade sehr viel Freude. Offenbar machen wir vieles richtig.

      Zu den Funktionen, die so eine Plattform im Sinne der Staatskanzleichefs haben soll, gehört auch der Dialog. Wie wollen Sie diesen Dialog einbauen in das Netzwerk?

      Der dritte Medienänderungsstaatsvertrag ist jetzt im Ratifizierungsverfahren. Der Vertrag sagt, dass wir den Auftrag an die Aufsichtsgremien geben, Richtlinien für die Qualitätsstandards zu entwickeln. Er sagt auch, dass öffentlich-rechtliche Anbieter den Dialog mit den Menschen intensivieren müssen. Wir haben uns in Hannover bei der Sitzung der Intendantinnen und Intendanten intensiv mit dem Tool MDR fragt befasst, das der MDR sehr erfolgreich betreibt. Auch der NDR nutzt es als NDR fragt. Bei diesem Tool geht es darum, Stimmungen und Meinungen aus der Bevölkerung abzuholen. Das könnte eine Möglichkeit für mehr Dialog sein. Es gibt aber noch weitere Lösungen bei anderen Landessendern, sich mit dem Publikum auszutauschen. In der Intendantenrunde befassen wir uns eher mit den strategischen Fragen und nicht mit operativen Dingen wie dem Vergleich, welche Tools welche Vorteile und welche Einschränkungen haben. Darum haben wir gesagt, dass das besser ein paar kluge Köpfe für uns aufbereiten, so dass wir im April beschließen können. Wichtig ist mir, dass wir mit unseren Entscheidungen vor der Welle sind. Der neue Staatsvertrag ist noch nicht in Kraft – aber wir werden vorher schon sagen können, dass wir ein entsprechendes Dialogtool einführen.

      Mit dem ARD-Zukunftsdialog hatten Sie schon ein Projekt aufgelegt, das in diese Richtung ging. Was ist davon geblieben? Was hat sich seitdem geändert?

      Die Menschen haben uns eine ganze Menge mit auf den Weg gegeben. Das Thema Meinungsvielfalt. Das Thema Gendern ebenfalls. Wir haben aber auch wahnsinnig viel Zuspruch bekommen. Wir hatten jetzt mit dem WDR einen Interims-ARD-Vorsitz, der alle Hände voll zu tun hatte – und einen Super-Job gemacht hat. Da knüpfen wir an und sagen: Was ist liegengeblieben? Ich habe gerade die Staatskanzlei in Rheinland-Pfalz gebeten, uns die 2.600 Rückmeldungen aus der Online-Konsultation zur Reform von ARD, ZDF und Deutschlandradio zu schicken. Ich möchte Konsequenzen aus diesen Kommentaren ziehen.

      Liegen geblieben ist wohl einiges in den vorherigen sieben Monaten des RBB-Vorsitzes in der ARD. Der Skandal beim RBB war ja auch wieder Thema in der Intendantenrunde in Hannover. Es wird nun überlegt, wie man dem RBB helfen kann, diese Aufgabe zu bewältigen. Bei der Aufbereitung des Vorgangs kamen ja erstaunliche Dinge heraus, zum Beispiel, dass 41 Millionen Euro an Mehreinnahmen, die nach den Vorgaben der Finanzkommission KEF zurückgelegt werden mussten, von der damaligen Intendantin Patricia Schlesinger nicht zurückgelegt wurden. Haben Sie darüber gesprochen, wie die ARD sicherstellen kann, dass so etwas nicht wieder passiert? Dass sich die Senderchefs gegenseitig versichern, dass sie die Rücklagen gebildet haben? Es war ja nicht zu sehen, dass beim RBB was nicht stimmt.

      Das RBB-Thema eint uns mittlerweile, es hat alle ARD-Häuser noch enger zusammenrücken lassen. Es gibt eine große Solidarität mit dem RBB, mit den Menschen, die dort arbeiten – und eine große Solidarität mit der neuen Intendantin Katrin Vernau, die einen Job hat, um den sie niemand beneidet. Mittlerweile ist sie ja Direktorin für alles, weil es keine Geschäftsleitung mehr gibt. Natürlich hat so eine Situation, dass ein Sender die Beitragsmehrerträge nicht zurücklegt, das Potenzial, eine Gemeinschaft in Unruhe zu bringen. Aber bei unserem Treffen in Hannover gab es stattdessen ein gemeinsames Unterhaken: Wir werden der KEF die Beitragsmehrerträge ausweisen in der geforderten Höhe. Wir tun das gemeinsam, auf der Berechnungsgrundlage der Beitragserträge in den jeweiligen Verbreitungsgebieten. Auch die Mehrerträge des RBB sind in dieser Summe enthalten.

      Also greifen die anderen ARD-Anstalten dem RBB damit finanziell unter die Arme?

      So würde ich das nicht verstehen. Wir sind solidarisch. Und der RBB ist kein Bittsteller, er ist ein vollwertiges Mitglied der ARD-Familie und ein Leistungsträger, den wir brauchen. Die Region Brandenburg und Berlin ist viel zu wichtig, um da auf etwas zu verzichten. Es geht jetzt darum: Zeigt die ARD, dass die Mehrerträge nicht verfrühstückt worden sind? Das zeigen wir. Wir werden sie gesondert ausweisen, wie von der KEF gefordert.

      Nochmals nachgefragt: Wir gehen davon aus, dass keiner von Ihnen möchte, dass so etwas wieder passiert…

      Das trifft es.

      …gibt es da vielleicht ein Commitment, dass man das in regelmäßigen Abständen abgleicht, dass man nicht irgendwann im Nachhinein feststellt, dass da wieder Geld versickert ist, das die anderen dann nachschießen müssen?

      Zunächst mal ist das Aufgabe der Aufsichtsgremien, die das nachhalten werden…

      …die beim RBB offensichtlich versagt haben.

      Ja, und der angekündigte vierte Medienänderungsstaatsvertrag reagiert darauf. Aber auch da sind wir als ARD vor die Welle gekommen. Wir haben die Transparenz gestärkt und die Compliance-Regeln geschärft. Wir haben jetzt die Vorstellungsgespräche für unseren externen SWR-Compliance-Beauftragten geführt. Alle Häuser schaffen eine externe Anlaufstelle. Auf unserer Intranetseite sind an prominenter Stelle die Compliance-Regeln veröffentlicht. Wir haben mitgewirkt an der Stärkung der Aufsichtsgremien, weil wir die Ressourcen dafür zur Verfügung stellen. Ich setze darauf, dass die Brandschutzmauern hoch und dick genug sind, dass so was nicht noch mal passiert.

      Sie sagen, die ARD ist vor die Welle gekommen. Trotzdem ist der Imageschaden, der durch die RBB-Krise der ARD insgesamt entstanden ist, sehr groß. Er wird wahrscheinlich dazu führen, dass es jetzt sehr harte Verhandlungen geben wird beim nächsten Rundfunkbeitrag. Was kann die ARD tun, um das Image wieder zu reparieren?

      Gute Arbeit, nah bei den Menschen sein.

      Reicht das?

      Das muss reichen. Eine Alternative gibt es nicht. Ich werde kein PR-Feuerwerk zünden. Wir werden gute Arbeit machen müssen. In den drei Jahren Pandemie, die ich als SWR-Intendant erlebt habe, hat sich gezeigt, dass die Vertrauenswerte so hoch waren wie noch nie. Menschen vertrauen uns in schwerer Zeit. Für den SWR kann ich sagen, dass wir uns bewusst sind, dass wir eine besondere Situation haben. Wir müssen das Geld nicht selbst erwirtschaften, die Menschen hier haben eine sichere Arbeit, während draußen Betriebe schließen müssen. Es ist unsere Pflicht, deutlich zu machen, dass wir effizient mit den uns anvertrauten Mitteln umgehen. Aber wir gehen auch mit der Zeit. Wir haben kapiert, wie sich Mediennutzung ändert. Und wir werden auch in zehn Jahren bestmögliche journalistische Produkte anbieten.

      Haben Sie in der Intendantenrunde auch über Priorisierungen gesprochen? Zurzeit zahlt die ARD 240 Millionen Euro im Jahr für Sportrechte. Können Sie sich die teuren Sportrechte weiterhin leisten? Gibt es Überlegungen, sich da zurückzuziehen?

      Es gibt keine Tabus.

      Das sagen Sie immer. Was bedeutet das konkret?

      Immer heißt es: Reformiert euch, werdet schlanker, aber bitte nicht da oder dort. Jetzt sind wir beim Thema Sport. Sie reden hier gerade mit einem ausgewiesenen Sportfan, und ich glaube, dass wir auf den Sport nicht verzichten sollten, auch nicht auf Spitzensport. Menschen nutzen Medien nicht nur zum Zweck der Information, sondern auch, wenn sie sich unterhalten lassen wollen, auch für kulturelle Inhalte und für sportliche Ereignisse. Wenn wir für Zusammenhalt werben müssen, ist es wichtig, dass wir auch gemeinsam mit einem ganzen Land mitfiebern, wenn Gina Lückenkemper die Goldmedaille holt oder wenn eine deutsche Fußballmannschaft der Herren genauso erfolgreich ist wie die der Frauen. Das wollen Menschen zusammen feiern, das sind gemeinschaftsstiftende Erlebnisse, auch das ist ein journalistisches Gebot. Außerdem mag ich mir Olympische Spiele in China, in Russland oder eine Fußball-WM in Katar nicht vorstellen ohne eine öffentlich-rechtliche Begleitung. Damit wir sehen, was in anderen Ländern schiefläuft. Wir müssen allerdings abwarten, wie viele Ressourcen uns ab übernächstem Jahr zur Verfügung stehen.

      Die ARD unterstützt damit ein hochgradig kommerzielles System. Saudi-Arabien will sich für die Austragung der Fußball-Weltmeisterschaft 2030 bewerben…

      Noch ein Argument mehr, dass wir dabei sind.

      Die ARD könnte sich doch auf die kritische Berichterstattung darüber beschränken.

      Nur würde das keiner gucken. Ich möchte, dass die Menschen, die in großer Zahl jubeln, auch wissen, dass in diesem Land Frauenrechte mit Füßen getreten werden. Ich will mich nicht zu einem Nischenanbieter degradieren lassen. Wir wollen das volle Bild der Gesellschaften zeigen, in denen solche Ereignisse stattfinden.

      Sie betonen zu Recht die demokratiepolitische Verantwortung der öffentlich-rechtlichen Sender. Wenn Sie jetzt zur BBC gingen und zu France Télévisions und sagen würden: Leute, wir kaufen die Rechte nicht für eine Veranstaltung in Saudi-Arabien. Dann würden sich die Verbände vielleicht überlegen, ob sie wirklich in diese Länder gehen. Das wäre eine Steuerungsmöglichkeit für Sie.

      Wer hat die ganzen unfassbaren Zustände bei der Fifa offengelegt? Und beim IOC? Das war das Rechercheteam der ARD.

      Die “Süddeutsche Zeitung” und Schweizer Medien waren auch beteiligt.

      Wir machen investigativ exzellente Arbeit beim Thema IOC. Davon lassen wir uns nicht abbringen, auch wenn wir um die Rechte mitbieten. Wenn solche Großveranstaltungen stattfinden, möchte ich sagen können: Wisst ihr, was das für ein Haufen ist, der da über die Rechte entscheidet? Meine große Sorge wäre: Wenn wir es anderen überließen, ich will da keine Namen nennen, dann wird das ein anderes Bild der Berichterstattung sein. Dann wäre wahrscheinlich alles super, was IOC und Fifa machen. Ich würde die Deutschen gern wissen lassen, wie es wirklich ist, mit journalistischer Kraft die Hintergründe beleuchten und Missstände aufdecken.

      Das heißt, bei den Sportrechten können Sie nicht sparen?

      Moment. Ich bin einer von neun Senderchefinnen und -chefs, und meine Haltung kennen Sie. Wir werden am Ende solidarisch und gemeinsam entscheiden, wo wir Prioritäten setzen.

      Das Sportrechte-Argument kommt auch stark aus den Landtagen, aus der Politik…

      Das kommt von den Menschen, die keine Sportübertragungen anschauen. Genauso wie Leute immer wieder an Unterhaltungsangeboten Anstoß nehmen, die ihren Geschmack nicht treffen. Damit muss ich leben.

      Das Thema Sparen bleibt. Die ARD muss sparen. Sie und WDR-Intendant Tom Buhrow haben bereits angekündigt, dass ein digitaler Fernsehkanal eingestellt werden soll, es wird wahrscheinlich auf den Sender One hinauslaufen…

      Wir sind darüber im Gespräch und wir sind uns sicher: In diesem Jahr wird das erste lineare Video-Angebot flexibilisiert.

      Wie viel sparen Sie ein durch die Einstellung von One? Acht Millionen Euro pro Jahr? Zehn Millionen?

      Die Signalwirkung ist wichtig. Das fordern gerade alle von uns. Wir wissen, dass die Summen, die in Rede stehen, natürlich viel größer sein werden. Daher sagen wir nicht: Wir flexibilisieren einen Kanal – welcher das sein wird, muss noch entschieden werden – und dann legen wir wieder die Hände in den Schoß. Viel mehr Wirkmacht steckt in all den anderen Maßnahmen, die wir auf den Weg gebracht haben. Jetzt sind die Umsetzungsteams am Start. Wir haben uns auf die erste Wegmarke im April verständigt, die nächste ist im Juni, dann muss das umgesetzt werden. Wir sind aus dem Stadium des Planens und Beschließens raus und sind in der Umsetzung.

      Sie selbst haben ein gemeinsames Mantelprogramm für die Dritten Programme ins Gespräch gebracht. Sind Sie da mit den Planungen auch weitergekommen?

      Sind wir. Wir werden das in der Videoprogrammkonferenz beraten und im Juni beschließen. Regional haben wir sehr unterschiedliche Priorisierungen. Es gibt Medienhäuser, die stärker auf regional geprägte Strecken setzen, andere weniger. Deswegen muss es nicht “one size fits all” sein, es kann auch sein, dass wir fünf Häuser haben, die sagen, wir machen ein gemeinsames Drittes Programm und schalten uns von 18 bis 22 Uhr auseinander oder von 16 bis 20 Uhr. Wie das letztendlich aussehen könnte, das sollten wir in der Einschätzung Fachleuten überlassen. In der Videoprogrammkonferenz ist das sehr gut aufgehoben.

      Sie wollen ja auch Fachleute in die neue ARD-Steuerungsgruppe berufen, die das Konzept der Kompetenzzentren näher ausarbeiten soll. Das haben Sie kürzlich bei der ARD-Pressekonferenz vorgestellt. Wer wird in der Steuerungsgruppe sein?

      Ich hätte mir nicht träumen lassen, dass die Besetzung dieser Gruppe so schnell funktioniert. Wir haben eine Gruppe zusammengestellt, die interdisziplinär ist. Da sitzen Leute mit Produktionssachverstand, mit Programmsachverstand…

      Können Sie Namen nennen?

      Ich kann Ihnen sagen, wer die Gruppe leitet: Thomas Dauser, der beim SWR Direktor für Innovationsmanagement und digitale Transformation ist. Wir haben gesagt, es muss eine Gruppe sein, die über den Tellerrand hinausguckt. Aus jeder Landesrundfunkanstalt kommt ein Vertreter bzw. eine Vertreterin. Aber entscheidend ist, dass sich diese Person nicht als Vertreterin ihrer Landesrundfunkanstalt versteht und auch nicht als Sachwalterin der Produktion oder des Programms oder der Medienforschung. Diese Gruppe hat die schwierigste Aufgabe, die es in den letzten 20 Jahren in der ARD gegeben hat: Sie muss Mechanismen finden, wie die Reformen organisiert und verrechnet werden. Wenn ich zum Beispiel ein “Mantelprogramm” für fünf Häuser mache, ergibt sich daraus ja eine Synergie der fünf. Wem kommt das zugute? Allen in der ARD? Schieben wir das Geld in die Mitte des Tisches? Wie teilen wir es dann auf? Oder bei den Kompetenzzentren: Wenn ein Sender zum Beispiel sagt, er sei künftig der Klimasender in der ARD. Beliefert dieser Sender dann in der ARD alle anderen zum Thema Klima? Sparen sich die einzelnen Häuser dann den Aufbau einer Klimaredaktion oder wird eine vorhandene dann kleiner? Was hat der künftige “ARD-Klimasender” konkret davon, außer vielleicht Ruhm und Ehre?

      Sollen nur die großen ARD-Anstalten entsprechende Federführungen übernehmen?

      Es kann nicht sein, dass die großen Häuser alles machen und die kleinen warten, bis die Weisheit der großen über sie hereinbricht. Wir wollen, dass von Mecklenburg-Vorpommern bis zum Saarland die Häuser vertreten sind. Auch das zu steuern, ist Aufgabe dieser Steuerungsgruppe. Wir trauen dieser Gruppe, so wie sie besetzt ist, ganz viel zu.

      Wir können uns diese Synergien bei News-Formaten oder Magazinen gut vorstellen, Sie haben in der ARD-Pressekonferenz das Beispiel Medizinsendungen genannt, da braucht die ARD nicht sieben oder fünf unterschiedliche. Bedenken haben wir zum Beispiel beim Thema Hörspiel. Auch dafür soll ein Kompetenzzentrum gebildet werden. Da sind wir in einem kreativen Bereich, der stark zu Vielfalt beiträgt. Wie will man sich da einigen, wer was macht?

      Hörspiel ist ein Genre, das gerade in Podcast-Zeiten eine Renaissance erlebt. Trotzdem ist es ein sehr spezialisiertes Genre, das davon lebt, dass es aufwendig ist und hochwertig produziert wird. Aber noch einmal: Es gibt keine Tabus. Wir müssen uns bei allem fragen: Wie oft wollen wir was haben? Wie viel Regionalität ist beim Hörspiel notwendig? Wenn es nach mir ginge, würde ich bei allen Angeboten, die wir im Moment haben, sagen, die sind toll, wir behalten sie. Aber das werden wir nicht schaffen.

      Die ARD-Sender haben beim Hörspiel sehr unterschiedliche Ansätze. Der eine Sender macht sehr viele Adaptionen von Literaturvorlagen, der andere setzt mehr auf Originalhörspiele. Das macht den Reichtum des Hörspiels aus. Wie wollen Sie gewährleisten, dass dieser Reichtum bleibt?

      Der Reichtum muss bleiben, aber möglicherweise wird nicht die Vielzahl bleiben. Wir wollen die Vielzahl reduzieren, aber die Vielfalt erhalten. Das klingt nach der Quadratur des Kreises.

      Heißt das, Sie wollen die Zahl der Hörspiele reduzieren?

      Wir stehen vor der Herausforderung, mit deutlich weniger Ressourcen – auch inflationsbedingt – eine Bevölkerung von 84 Millionen Menschen zu erreichen. Deshalb gibt es keine Tabus. Weder beim Sport noch beim Hörspiel noch in der Unterhaltung.

      Nun lässt sich beim Hörspiel nicht so viel einsparen wie beim Sport oder in der Fernsehfiktion.

      Das ist klar. Wir haben uns bewusst für vier erste Themenfelder entschieden: Klima, Verbraucher, Gesundheit, Hörspiel. Da wird sich entscheiden, ob wir das überhaupt schaffen. Deshalb ist es gut, sich ein klar abgrenzbares und vom Volumen her überschaubares Genre vorzunehmen. Auch hier werden wir uns fragen, wie wir enger zusammenarbeiten können. Im Sommer werden wir weitersehen. Wir arbeiten jedenfalls weiter an unserem Update.

      WDR-Intendant Tom Buhrow hat in seiner Rede als Privatmann in Hamburg gesagt, ein Konzert klingt in Bayreuth genauso wie in Berlin. Er hat damit angedeutet, dass man Kulturprogramme vereinheitlichen könnte. Gibt es Pläne in dieser Richtung?

      Wir haben uns bei allen Genres im Hörfunk vorgenommen, enger zusammenzuarbeiten, bei Popwellen, den Infowellen, den Kulturwellen. Wenn ich anfange, rote Linien zu ziehen, kommen wir nicht weit. Wir nehmen alles unter die Lupe. In der Audioprogrammkonferenz sitzen Fachleute, die viel besser wissen als ich, wie viel Gemeinsamkeit machbar ist. Auch juristisch, denn wir dürfen keinen nationalen Hörfunk machen. Wie viele Stunden Programm muss jedes Haus originär machen? 20 Stunden? 16 Stunden? 8 Stunden? Was ist verantwortbar? Wenn ich im SWR-Sendegebiet am Tag sechs Sendestunden regionale, vom SWR produzierte Kultur hätte und in den anderen 18 Stunden bediente ich mich aus dem Besten der anderen Wellen, vom MDR, vom WDR, dann hätte ich nach wie vor ein unglaublich gutes Kulturprogramm.

      Das passiert doch schon längst. Wir hören sehr viel Radio und hören dieselben Beiträge bei SWR2, bei WDR5 und beim Deutschlandfunk.

      Ich stelle mal die ketzerische Frage: Wie oft muss ein Buch besprochen werden in der ARD? Es gibt natürlich Leute, die sagen: Wir brauchen eine Vielfalt der Perspektiven, ein Buch muss mindestens drei Mal besprochen werden. Da hätte ich persönlich eine andere Haltung. Aber ich will den Arbeitsgruppen nicht vorgreifen. Sonst mache ich die Leute ja kirre.

      Wir wollten damit nur sagen: Es wird bereits sehr viel zusammengearbeitet, wahrscheinlich mehr, als viele wissen.

      Aber wir können noch viel mehr. Irgendwo muss die Kraft herkommen, die wir brauchen. Ich kann den Mitarbeitenden nicht ständig noch zusätzliche Arbeit aufbürden. Es ist Schluss damit. Die Leute hier sind nach drei Jahren Pandemie und der Unsicherheit, wie sie künftig arbeiten werden, echt belastungsmäßig am Poller. Wir müssen auch für Entlastung sorgen, indem wir uns mehr Arbeit teilen.

      Die ARD-Finanzen werden auch sehr belastet durch die Rückstellungen für die Altersvorsorge. Da haben Sie neue Tarifabschlüsse erwirkt. Wirkt sich das bereits aus auf die Bedarfsanmeldungen für die Finanzkommission KEF?

      Wir hatten vor einigen Jahren einen Tarifabschluss, der geradezu bahnbrechend war, weil es uns gelungen ist, die Steigerungen der Altersversorgung von den Tarifsteigerungen zu entkoppeln. Wäre uns das nicht gelungen, wären wir heute in einer höchst problematischen Situation. Dafür bin ich allen, die daran beteiligt waren, außerordentlich dankbar.

      Die Regelungen für die Altersversorgung waren in den ARD-Anstalten sehr unterschiedlich. Ist das vereinheitlicht worden?

      Es gab unterschiedliche Regelungen, am Ende sind es Tarifverträge, die in den Häusern autonom abgeschlossen werden. Wir haben aber gesehen, was möglich ist, wenn wir solidarisch sind. Vor wenigen Wochen haben wir beim SWR einen Tarifabschluss geschafft, bei dem beide Seiten gezeigt haben, dass sie die Zeichen der Zeit erkannt haben. Wir haben mit einer linearen Tarifsteigerung von 2,8 Prozent abgeschlossen. In diesen Zeiten! Das war auch ein großer Schritt für die Gewerkschaften. Wir werden sehen, wie das bei den nächsten Tarifverhandlungen ist, in der Hoffnung, dass die Inflationsrate dann nicht mehr ganz so dramatisch ist wie jetzt. Das auszuhandeln, ist aber Sache der Tarifparteien.

      Beim RBB wurde bekannt, dass es großzügige Ruhegelder für Führungskräfte gab, die jetzt immer noch bezahlt werden müssen und den Haushalt belasten. Gibt es in der ARD Bestrebungen, solche Regelungen zu vereinheitlichen, damit so etwas nicht wieder passiert?

      Da haben wir Dinge gesehen, die auch ich mir nicht hätte vorstellen können. Das sensibilisiert alle, noch einmal ihre Versorgungsleistungen anzuschauen. Die Versorgungsleistungen beim RBB sind am Gesamthaushalt gemessen nicht die Riesensumme, die über Sein oder Nichtsein entscheidet. Aber sie haben eine große Symbolwirkung. Auch das werden wir uns in Abstimmung mit unseren Aufsichtsgremien noch einmal genau anschauen müssen. Ich bin für den SWR sehr zuversichtlich, dass wir das Vertrauen unseres Verwaltungsrats haben.

      Auch die Beratungsdienstleistungen für ARD-Vorsitzende kosten Geld. WDR-Intendant Buhrow ließ sich in seiner Zeit als ARD-Vorsitzender extern beraten, Sie lassen sich von der Agentur Fischer-Appelt beraten. Man fragt sich: Warum ist das erforderlich? WDR und SWR sind ja große Sender mit großen Kommunikationsabteilungen.

      Wir haben den Vorsitz deutlich vor der Zeit übernommen, genau gesagt zwölf Monate früher als geplant. Eine Kernaufgabe des ARD-Vorsitzes ist Kommunikation. Und Kommunikation ist nicht mehr wie zu den Zeiten, als der SWR das letzte Mal den Vorsitz hatte, 2009/2010. Da kamen wir mit einem sehr schlanken Kommunikationsteam aus, weil Social Media noch kein Thema war. Wir standen jetzt vor der Herausforderung, ein ARD-Kommunikationsteam für die Jahre 2023/24 aus dem Stand aufzustellen, dafür haben wir uns für ein paar Monate Rat geholt. Alles andere hielte ich für höchst unprofessionell. Und dass Fischer-Appelt noch einen Mitarbeiter und eine Mitarbeiterin hat, die die ARD und den Vorsitz aus eigener Erfahrung kennen, war eine glückliche Fügung.

      Die beiden, von denen die Rede ist, Svenja Siegert und Birand Bingül, haben früher beide in der WDR-Kommunikationsabteilung gearbeitet, als der WDR den ARD-Vorsitz hatte. Damals waren sie aber offensichtlich nicht in der Lage, Herrn Buhrow zu beraten, da er externe Berater beauftragt hat.

      Ich brauche niemanden, der mir sagt, was ich Ihnen zu sagen habe. Es geht um den Aufbau einer Kommunikationsstruktur, eines Kommunikationsapparats für ein großes Unternehmen mit mehreren Tausend Mitarbeitenden. Das mache ich nicht aus dem Stand und das mache ich nicht, ohne mir professionellen Rat zu holen. Wir üben nicht Vorsitz, sondern wir machen vom ersten Tag an Vorsitz, das ist jedenfalls mein Anspruch. Deshalb ist es ein Gebot der Professionalität.

      Ist nicht auch der ständige wechselnde Vorsitz der ARD ein Problem? Dass das nicht mehr so einfach zu bewältigen ist neben allem anderen, was man als Intendant zu tun hat?

      Es ist Problem und Tugend zugleich. Das Föderale ist auch ein Segen. Ich habe 16 Jahre lang eine Gemeinschaftseinrichtung der ARD geleitet und erlebt, wie unabhängig ich Journalismus in diesem föderalen Medienverbund betreiben konnte. Bei ARD-Aktuell gibt es keinen, der sagt: Macht das oder jenes. Diese “checks and balances” funktionieren toll. Es gibt keine dominierende Macht, wie die Amerikaner in der Nato, die immer sagen, wo es langgeht, sondern es kommt jeder mal an die Reihe. Es gibt Reibungsverluste bei dem ständigen Wechsel, aber es ist auch ein Stück Vertrauensbildung. Und wegen dieser Vorteile bin ich bereit, manche Belastung, die dadurch entsteht, in Kauf zu nehmen.

      Kann das langfristig funktionieren? Der Medienwissenschaftler Otfried Jarren hat kürzlich gesagt, die ARD ist von der Größe her mit einem Etat von insgesamt rund sieben Milliarden Euro ein Konzern, aber sie wird nicht geführt wie ein Konzern, auch die Aufsicht funktioniert nicht wie bei einem Konzern.

      Das ist doch genau die Tugend, die ich beschrieben habe. Wir sind kein Konzern. Wir wollen auch kein Konzern sein. Ich möchte nicht, dass jemand aus Leipzig den Menschen in Saarbrücken sagt, was sie zu tun und zu lassen haben. Wir sind ein regionaler Medienverbund. Unsere Stärke besteht darin, dass wir regional überall vertreten sind und deshalb wissen, wie die Menschen hier ticken und warum sie so ticken. Das ist die große Stärke, die würden wir einbüßen, wenn wir sagen würden, wir sind ein Konzern und unsere Konzernzentrale ist auch noch in Berlin.

      Aber wäre es nicht eine Idee, eine zentrale Kommunikationsstruktur für die ARD einzurichten, auf die der wechselnde Vorsitz zugreift? Das wäre auch für Journalisten einfacher.

      Wir sind ja nicht auf der Welt, um es Journalisten einfach zu machen. Über eine zentrale Kommunikationsstruktur denken wir immer wieder nach und verwerfen sie dann jedes Mal. Wenn ich mir überlege, dass mein Kommunikationsteam für den ARD-Vorsitz in Berlin säße und der Generalsekretärin unterstehen würde oder der RBB-Intendantin – ich kann es mir nicht vorstellen. Wir würden eine Kakophonie erzeugen, die auch Medienjournalisten nicht hilft. Das würde zur Belustigung beitragen, aber nicht im Sinne unseres Medienverbunds.

      Foto: Andreas Langen / epd

      Alle Beiträge aus der Reihe “Das Beste aus epd Medien bei turi2” >>>

    • “Beim RBB gab es ein Organ­versagen” – Medien­wissenschaftler Otfried Jarren im epd-Interview.


       
      Komplett-Ausfall: Die ARD und der RBB müssen einen “moderierten Prozess unter Einschluss der Belegschaft beginnen”, sagt Medien­wissenschaftler
      Otfried Jarren von der Uni Zürich im Interview mit Diemut Roether bei epd Medien. Anwälte würden die Probleme nicht lösen und die staatsanwaltlichen Ermittlungen werden dauern: “So viel Zeit hat der RBB, auch die ARD, nicht.” turi2 veröffentlicht das Interview in der wöchentlichen Reihe Das Beste von epd Medien bei turi2.
       
      Von Diemut Roether / epd Medien
       

      Trotz der fristlosen Kündigung der RBB-Intendantin Patricia Schlesinger droht die Krise beim RBB die ARD und den öffentlich-rechtlichen Rundfunk insgesamt in Verruf zu bringen. Forderungen nach einer Reform der Aufsichts­gremien werden lauter. Diemut Roether sprach mit dem Medien­wissenschaftler Otfried Jarren über das Versagen der Aufsicht beim RBB und darüber, wie die Aufsicht in der ARD und beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk organisiert werden müsste. Jarren war bis 2020 Professor am Institut für Kommunikations­wissenschaft und Medien­forschung an der Universität Zürich und von 1995 bis 2001 Direktor am Hans-Bredow-Institut für Medien­forschung in Hamburg.
       
      epd: Was wir in den vergangenen Wochen über den RBB erfahren haben, ist besorgnis­erregend: Da soll es zwischen der Intendantin Patricia Schlesinger und dem Verwaltungs­rats­vorsitzenden Wolf-Dieter Wolf ein System der gegenseitigen Gefälligkeiten gegeben haben. Hinzu kommen Vorwürfe wegen Essens­einladungen in Schlesingers Privat­wohnung, die die Intendantin beim RBB abgerechnet haben soll, und ein teurer Umbau der Etage der Intendanz im Fernseh­zentrum des RBB in Berlin. Inzwischen ermittelt die Generalstaats­anwaltschaft Berlin gegen Wolf, Schlesinger und ihren Mann Gerhard Spörl wegen des Verdachts der Untreue und der Vorteils­annahme. Und die ARD-Intendanten haben der amtierenden Geschäfts­leitung des RBB das Vertrauen entzogen. Hat beim RBB die Aufsicht versagt?
       
      Jarren: Ja, aber es handelt sich bei Causa RBB zudem um einen spezifischen Fall. Man darf das jetzt nicht politisch nutzen wie Rainer Robra, der Chef der Staats­kanzlei Sachsen-Anhalt, oder andere das tun, um alles Mögliche anzusprechen. Das ist ein Einzelfall. Neben dem Einzelfall – das ist ja immer abhängig von spezifischen Personen und Konstellationen – gibt es gewisse strukturelle Auffälligkeiten und Defizite bei der Governance des RBB, die verallgemeinert werden können.
       
      Im Staats­vertrag des RBB sind sehr wenig Berichts­pflichten und Transparenz­pflichten festgelegt. Und auch für den Verwaltungs­rat gibt es keine Vorgaben, welche Kompetenzen die Menschen mitbringen sollen, die vom Rundfunkrat in dieses Gremium gewählt werden. Ist das so ein strukturelles Problem?
       
      Das ist auffällig. Es kommt noch hinzu, dass der RBB eine Anstalt ist, die für zwei ganz unterschiedliche Bundes­länder sendet. Da kommen kulturelle Besonderheiten hinzu: Ost und West und Stadt­gesellschaft versus Land. Man konnte ja bei den öffentlich gewordenen Namen sehen, dass Frau Schlesinger Mitglieder der Berliner Stadt­gesellschaft zu sich nach Hause eingeladen hat. Anscheinend war niemand aus Brandenburg dabei. Der RBB-Leitungs­skandal ist auch vor dem spezifisch kulturellen deutschen Ost-West-Hintergrund zu sehen. Hinzu kommt die besondere Stadtkultur Berlins mit Verfilzungen, die seit Jahrzehnten bekannt sind. Auch die Verwaltungs­strukturen in Berlin funktionieren nicht wie sie sollten. Ich frage mich: Warum wurde das Thema Schlesinger in Potsdam im Parlament ausgiebig diskutiert, aber nicht in Berlin?
       
      Sehen Sie da auch ein Versagen der beiden Länder Berlin und Brandenburg? Hätten sie bei der Formulierung des Staats­vertrags für den RBB besser aufpassen müssen?
       
      Vielleicht ist das auch eine Frage von kultureller Annäherung: Man lässt Dinge offen, legt nicht sogleich alles fest. Ich schaue respektvoll auf die Ost-West-Problematik. Wo sind im Osten die Menschen, die Erfahrung mit dieser sehr spezifisch westlichen Institution einer öffentlich-rechtlichen Rundfunk­anstalt mit ihrer im hohen Maße informellen Kultur sammeln konnten? Aber es stimmt schon: Man hätte von vornherein im Rundfunk­staats­vertrag mehr regeln können – es gibt ja Vorbilder aus anderen Ländern. Und der Rundfunk­rat hätte sich Satzungen, Geschäfts­ordnungen et cetera geben können, und nach den ersten Erfahrungen modifizieren können, auch hier hätte man Vorbilder gehabt. Der Sender verfügt ja über eine Rechts­abteilung und die Intendanz. Aber auch die staatlichen Medien­referate und die Rechts­aufsicht hätten hier dienlich sein können. Gab es keinen Austausch?
       
      Die Gründung des RBB ist jetzt knapp 20 Jahre her, man hatte bei der Gründung doch schon einige Erfahrung mit dem Zusammenwachsen der Systeme.
       
      Die hatte man zwar, aber wenn Sie vergleichbare Institutionen anschauen wie die Humboldt-Universität und die Freie Universität in Berlin, dann sehen sie, welche unterschiedlichen Verfassungen die beiden Hochschulen im gleichen Bundesland haben. Die HU gilt als eine nicht regierbare Universität. Ich denke, das hat auch kulturelle Gründe. Das Zusammen­gehen zweier Sender ist ähnlich wie die Wieder­vereinigung ein längerer kultureller Prozess. Deswegen glaube ich, dass man dort nicht alles so scharf geregelt hat. Man hat gesagt, das ist eine Annäherung, hier müssen wir im gemeinsamen Prozess viele Dinge klären. Der SFB war stark im Westen verankert, also in Berlin-West. Der ORB war in Brandenburg 1991, nach der Wende, gegründet worden. Ein junger Sender, der wenig Zeit für die Ausbildung eines eigenen Profils hatte. 2003 kam es zur Zusammenlegung von ORB und SFB als RBB. Viele institutionelle und organisationale Veränderungen in kurzer Zeit. Auch das dürfte noch nachwirken.
       
      Wie sehen Sie die Rolle des Verwaltungsratsvorsitzenden Wolf-Dieter Wolf in dem Skandal?

      Nach allem, was man über ihn lesen konnte, zu seiner Herkunft, seinen Tätigkeiten, war er für den RBB die falsche Person, ein Unglück. Dass er in diese Position kam, haben diejenigen entschieden, die ihn in den Verwaltungs­rat gewählt haben, also der Rundfunk­rat. Nach allem, was man jetzt über die Arbeitsweisen in den Gremien lesen konnte, war dort viel Intransparenz. Vor allem wohl im Verwaltungsrat. So gab es keine Informationen über Ausgaben, obwohl die Höhe der Ausgaben dies zwingend erfordert hätte. Da liegen meines Erachtens schwere Defizite im Gremium selbst. Die anderen Gremien­mitglieder hätten das einfordern müssen. Oder sie hatten viel zu viel Vertrauen, haben zu viel delegiert.

      Wolf ist eine zentrale Figur in dem Skandal. Die Berliner Staats­anwaltschaft ermittelt auch gegen ihn.

      Es gab in Berlin diese Tradition von Filz und Vettern­wirtschaft. Es gab die Wohnungs­bau­skandale, es gab den Skandal mit der Landesbank. Es gibt auch Politik- und Verwaltungs­defizite. Da spielen gewisse Personen wie Wolf eine Rolle. Ich will Frau Schlesinger sicher nicht zum Opfer erklären, aber dass jemand durch die Art, wie man etwas offeriert und möglich macht, in etwas reinrutscht, das halte ich nicht für ausgeschlossen.
       
      Offenbar hat Wolf-Dieter Wolf die Verträge mit ihr alleine ausgehandelt. Wie kann ein Gremium wie der Verwaltungs­rat das mitmachen? Ist das Überlastung? Die inzwischen zurückgetretene Rundfunk­rats­vorsitzende Friederike von Kirchbach hat gesagt: Wir machen das alle ehrenamtlich.
       
      Bei der Größen­ordnung und dem Finanz­volumen dieser Anstalt ist die Praxis unverantwortlich. Vertrags­verhandlungen beispielweise sind eine seltene und heraus­gehobene, wichtige Angelegenheit. Es ist ein Kerngeschäft. Hat man sich da nicht kümmern wollen oder können wegen Überlastung? Herr Wolf sollte eigentlich die formalen und sozialen Regeln kennen und entsprechend handeln. Und die Rundfunk­rats­vorsitzende hätte spätestens zu Beginn der Krise eindeutig und klar handeln müssen, als sie sah, in welche Richtung das geht. Das hat sie unterlassen. In den Presse­mitteilungen, die vom Rundfunk­rat herausgegeben wurden, heißt es zwar, dass es etwas gibt, das aufzuklären ist, aber das Gremium sagt nicht: Wir sind diejenigen, die das aufklären müssen. Wer handelt? Der Rundfunkrat war in der Pflicht als Aufsichts­organ. Es gab kein Verständnis für die Risiken für die gesamte Institution.
       
      War der Rücktritt von Frau von Kirchbach also konsequent?
       
      Sie hat ja damit argumentiert, dass sie in ihrer Integrität als Pastorin angegriffen wird. Das halte ich für legitim. Aber das befreit sie nicht von der Kritik, dass sie als Vorsitzende des Rundfunk­rats hätte handeln müssen. Beim RBB gab es ein Organ­versagen. Es gibt den Rundfunk- und den Verwaltungsrat, also zwei Vorsitzende, die institutionell in einem Spannungs­verhältnis stehen, die unterschiedliche Aufgaben wahrzunehmen haben und sich gegenseitig kontrollieren müssen. Hier hatte man wohl kein Verständnis für die eigene Rolle und über die wechsel­seitigen Informations- und Kontroll­pflichten. Und wo war, bitte, bei all diesen Prozessen und vor allem in der Krisenphase die Rechts­aufsicht? Sie hätte die Intendantin oder die Gremien­vorsitzenden einbestellen oder das Gespräch suchen können. Die interne Berichts- und Kontroll­praxis sollte ja auf Regelwerken basieren, es müsste Protokolle geben et cetera: Stoff für die Rechtsaufsicht. Dass die Intendantin nicht zum Parlament gegangen ist, finde ich richtig. Allenfalls kann man über den Kommunikations­stil kritisch sprechen. Denn es kann nicht sein, dass ein Parlaments­ausschuss entscheidet, ihr habt hier anzutreten. Der Rundfunk ist staatsfern und sie hat dem Parlament keine Rechenschaft unmittelbar abzulegen.

      Die Rechts­aufsicht haben die Staatskanzlei in Potsdam und die Senatskanzlei in Berlin, zurzeit führt Potsdam die Rechts­aufsicht. Hätten die früher aktiv werden müssen?

      Sie haben die Rechts­aufsicht, sie dürfen auch in den Sitzungen des Verwaltungs­rats teilnehmen, sie haben Zugang zu allen Dokumenten. Die Rechts­aufsicht hätte handeln können. Es ist offenkundig ein systemisches internes und – mit Blick auf die Aufsicht – zugleich auch externes Versagen.

      Kann sich die Rundfunkrats­vorsitzende nach einem solchen Skandal hinstellen und sagen: Wir sind ja hier nur ehrenamtlich, wir machen das alles nur nebenbei?

      Als Rundfunk­rats­vorsitzende muss man sich bewusst sein, dass man eine Verantwortung hat. So ein Sender ist ein recht großes Schiff, wenn man sich das Finanz­volumen anschaut.

      Der RBB hatte im Jahr 2020 immerhin knapp 500 Millionen Euro an Einnahmen. Ein Mitglied des Rundfunk­rats des RBB erhält 400 Euro pro Monat als Aufwands­entschädigung, die Rundfunk­rats­vorsitzende bekommt 700 Euro monatlich. Ist das angesichts des Finanz­volumens des Senders zu wenig?

      Das ist angesichts der Aufgaben­fülle und der Verantwortung klar zu wenig. Für eine solche Tätigkeit muss eine angemessene Alimentation bewilligt werden. Und das Gremium muss über eigene Ressourcen unmittelbar verfügen können, um Kontroll- oder Beratungs­aufgaben wahrnehmen oder delegieren zu können – bei Bauvorhaben, für das Risiko­management, für Personal, für den Haushalt. In den Verwaltungsrat sollte man Menschen wählen, die fachspezifische Kompetenzen mitbringen, um die interne Beratung zu professionalisieren und die Kontroll­tätigkeit zu verbessern. Die beiden Aufsichts­gremien müssen gestärkt werden gegenüber der Anstalts­leitung.

      Was muss sich in den Gremien ändern?

      Meines Erachtens haben die Gremien kein klares Rollen­verständnis. Aufsicht, Kontrolle und Beratung sind da verwischt. Je näher so ein Gremium an den Programminhalten ist, umso stärker darf die Rolle der gesellschaftlich relevanten Gruppen werden. Für die Aufsicht über das Management oder die Organisation eines Senders aber braucht man Leute, die spezifisch qualifiziert sind für diese Aufgaben aufgrund ihrer beruflichen Erfahrungen und Kenntnisse.
       
      Sollte der Verwaltungs­rat ein Experten­gremium sein?

      Er sollte stärker ein Experten­gremium sein, es sollten auch Expertinnen und Experten vertreten sein. Der Rundfunk ist ja eine kulturelle Einrichtung, die auch eine politische Funktion hat, und die Institution Rundfunk kann und darf nicht nur nach Management-Kriterien beurteilt werden. Der Rundfunk macht beispielsweise Programme für Minderheiten und das hat Folgen für die Organisation, erfordert die Anstellung oder Beauftragung von Personen mit sehr spezifischen Kompetenzen, das hat besondere Kosten zur Folge. Es darf und kann also nicht alles ausschließlich aus der Perspektive der Effizienz beurteilt werden. Aber in der Tat sollten da Leute sitzen, die wissen, dass hier über Geld gesprochen wird oder über Organisations­entwicklung und darüber, wie Dinge geprüft werden können. Das kann man meines Erachtens nicht über eine Stabsstelle lösen, die man dem Rat anhängt, sondern das müssen Fachleute sein. Entweder holt man die Fachleute in das Gremium oder man delegiert das an Dritte, die berichten und Empfehlungen aussprechen können. Die Expertise muss in den Gremien selbst erhöht werden, man sollte nur hochspezielle Aufgaben an Dritte delegieren. Die Professionalisierung ist kein großer Aufwand: Man muss den Anteil der als fachkompetent anzusehenden Personen für Haushalt und Finanzen in den Gremien gesetzlich oder per Satzung regeln.

      Im WDR-Gesetz ist geregelt, dass die Mitglieder “Erfahrungen auf dem Gebiet der Medienwirtschaft, der Wirtschaftswissenschaften, der Wirtschafts­prüfung, der Persona­lwirtschaft, der Informations- und Rundfunk­technologie sowie des Rechts” aufweisen müssen. Diese Erfahrungen müssen durch eine mindestens fünfjährige Berufs­erfahrung in dem jeweiligen Bereich nachgewiesen werden.
       
      Das ist auch richtig so. Im Kern geht es hier um eine Institution, die in der Organisation gewisse Risiken zu sehen und zu bewältigen hat. Meines Erachtens braucht es auch einen Ausschuss, der sich mit Risiko­fragen beschäftigt. Dieser Ausschuss muss sich mit Fragen beschäftigen wie: Wohin entwickelt sich der Rundfunk? Welche Risiken gibt es beim Bau? Bei der Werbung? Beim Sponsoring? Welche Risiken gibt es bei den Töchtern? Das sind erhebliche Risiken, die auf dem Radar der Gremien sein müssen. Was beispielsweise das Gesamt­programm der ARD angeht, haben wir nur die Gremien­vorsitzenden­konferenz, die nach dem Delegationsprinzip funktioniert. Kontrolle und Steuerung über Konferenzen? Was haben die zu sagen? Können die der Programmdirektion Vorgaben machen? Sie wissen nicht, was das Programm kostet. Da besteht die Notwendigkeit, Aufgaben festzulegen, Rollen zu definieren und Kompetenzen zu regeln – und darüber Transparenz herzustellen. Transparenz: Daran mangelt es in der ARD generell. ARD-intern wie extern muss eine Gesamtsicht auf die ARD entwickelt werden können. Das gilt vor allem für die Gremien des Rundfunks.

      Sie fordern also mehr Transparenz für die ARD-Strukturen?

      Man muss deutlich mehr Transparenz schaffen, damit man klar weiß: Wer nimmt welche Aufgaben wahr? Die Bezeichnungen “Arbeits­gemeinschaft der öffentlich-rechtlichen Rundfunk­anstalten in Deutschland” und “Gremien­vorsitzenden­konferenz” machen schon deutlich, dass das keine festen Gremien sind. De facto haben wir es bei der ARD aber mit einer Art Holding zu tun, die jedoch nicht wie eine Holding funktioniert, weil sie kein übergeordnetes Gremium hat. Es gibt keinen Aufsichtsrat, der die Holding steuert und Radio Bremen genauso im Blick hat wie den WDR. Es gibt auch keine integrale Geschäftsführung. Ebenso fehlt, sieht man einmal von der Finanz­kommission KEF ab, auch den staatlichen Instanzen ein Gesamtblick. Das ist ein Problem. Das zweite Problem haben alle Medien­unternehmen: Es sind hochkomplexe Matrix-Organisationen, die zum einen differenziert sind nach Programmen und Wellen und zum anderen nach Landes­funk­häusern und Studios, also nach politischen Räumen, organisiert sind. Und zum dritten machen sie noch ein gemeinsames Gesamtprogramm.

      Was bedeutet das?

      Man weiß aus der Forschung, dass Matrix-Organisationen Vorteile haben: Sie können dynamisch reagieren und differenziert anbieten. Auf der anderen Seite sind sie schlecht führbar, kaum gut kontrollierbar – selbst für die operativen Geschäfts­leitungen. Wenn man dann auch noch Tochter­unternehmen hat, die teilweise am Markt in Konkurrenz zueinander und zu privaten Akteuren stehen, dann hat man da noch eine Ebene drin, die nicht koordiniert wird. Und das alles kann kaum verlässlich durch gesellschaftliche Gremien kontrolliert werden, eben wegen der Komplexität und weil in deren Aufsichts­gremien meistens ganz andere Personen sind als die, die im Rundfunkrat sitzen. Man könnte sagen, das ist gut so, denn dadurch wird Kreativität gefördert und Unterschiedlichkeit ermöglicht. Das Problem ist aber, dass die Verantwortungs­strukturen aus der Sicht eines Rundfunkrats oder Verwaltungsrats eines Einzel­senders relativ schwach sind. Der Einzelne hat strukturell die Schwierigkeit, das Ganze überblicken zu können. Und die Delegierten in den Gremien, die das rückkoppeln müssten, können das zum Teil gar nicht, weil nicht jede Anstalt in den Konferenzen oder Aufsichts­gremien vertreten ist.

      Was muss jetzt beim RBB passieren? Trauen Sie dem Rundfunkrat zu, dass er die Affäre aufklärt?

      Ich habe die Sorge, dass er das nicht kann, weil die Gremien zu sehr verstrickt erscheinen. Wahrscheinlich gibt es auch persönliche Verletzungen, Misstrauen. Der Vertreter des DGB hat schon von Gereiztheiten gesprochen. Es müsste ein moderierter Prozess her.

      Das heißt, es müsste jemand von außen kommen, um das aufzuklären?

      Von außen wird ja schon aufgeklärt. Anwälte sind schon damit beschäftigt. Aber die lösen die Probleme nicht. Und die staats­anwaltschaftlichen Ermittlungen werden eine gewisse Zeit benötigen. Das dient alles der Aufarbeitung und die wird dauern. So viel Zeit aber hat der RBB, auch die ARD, nicht. Sie müssten einen moderierten Prozess unter Einschluss der Belegschaft beginnen, um zu versuchen, den Sender wieder in eine stabile Lage zu bekommen, um dann möglichst rasch eine neue Intendantin oder einen neuen Intendanten zu finden.

      Wer könnte einen solchen Prozess moderieren?

      Das müsste entweder jemand sein, der vormals als anerkannte Person einen Sender geleitet hat und dem man auch Krisen- oder Change­management zutraut, also zum Beispiel ein Ex-Intendant oder eine Ex-Intendantin. Hier ist meines Erachtens ein ein Team sinnvoll. Wenn man also zum Beispiel an jemanden wie Ulrich Wilhelm denkt, den ehemaligen BR-Intendanten, dann sagen alle: Der ist ja von der CSU. Ich glaube, die Verhältnisse sind kompliziert, kulturell und politisch – zumal beim RBB. Wahrscheinlich ist eine Teamlösung besser, weil sie signalisiert, wie große Anstalten grundsätzlich geführt werden sollten, nämlich von Kollegial­organen mit einer Persönlichkeit an der Spitze. Das hätte Folgen für die Auswahl des Personals und für Wahlverfahren. Je mehr ich über diesen Fall nachdenke, desto mehr muss ich sagen: Ein Intendanten­modell mit Massage­sitzen im Dienstwagen ist schon sehr altbacken. Es müsste, wie in allen modernen Organisationen, eine stärker kompetenz- und daher teamorientierte Leitungs­struktur geben.

      Es werden bereits Stimmen laut, die fordern, dass der NDR oder der MDR den Laden übernehmen sollen.

      Das habe ich auch gehört. Das würde dann eine erhebliche Struktur­reform auch für die ARD zur Folge haben. Ich weiß nicht, ob die Sender das überhaupt wollen, geschweige denn können. Das würde auch die Idee infrage stellen, dass der Rundfunk in Deutschland eine Abbildung von politischen und kulturellen räumlichen Strukturen ist. Durch Größe löst man die Governance-Probleme sicher nicht. Der öffentliche Rundfunk soll die Vielfalt des deutschen Föderalismus repräsentieren. Das können Großverbünde vielfach nicht leisten. Wir sehen, dass die Konflikte zwischen West und Ost nicht nur politische, sondern auch kulturelle Konflikte sind. Diese kulturellen Konflikte löse ich nicht, indem ich einen Sender auf weitere Räume ausdehne.

      Die ARD-Intendanten haben am 20. August erklärt, dass sie der Geschäfts­leitung des RBB das Vertrauen entziehen. Haben sie dadurch nicht ein Vakuum geschaffen?

      Das fand ich nassforsch, auch ein bisschen unüberlegt. Man weiß ja nicht, wie die Dinge weiterlaufen. Ebenso ist es arg forsch, wenn man behauptet, bei uns gibt es diese Probleme nicht. Das lädt ja geradezu zu Recherchen ein. Der RBB ist immerhin ein Teil einer Gemeinschaft. Es wäre eigentlich diplomatisch zwingend, dass man auf informellem Wege versucht, Lösungen zu finden. Und dazu ist und bleibt man auf Akteure vor Ort angewiesen.

      (Foto: Frank Brüderli)

      Alle Beiträge aus der Reihe “Das Beste aus epd Medien bei turi2” >>>

    • “Bild”: Ex-Programmdirektor Scolik hat eine Abfindung von 700.000 Euro bekommen.

      Bayerische Bezahlung: Der BR soll dem ehemaligen Kultur-Programmdirektor Reinhard Scolik (Foto) eine Abfindung von bis zu 700.000 Euro gezahlt haben, berichtet die “Bild”. Dessen Vertrag sei in den “letzten Amtstagen” von Intendant Ulrich Wilhelm, im Juli 2020, bis 2024 verlängert worden. Wilhelms Nachfolgerin Katja Wildermuth habe Scolik aber im Herbst 2021 “offenbar um jeden Preis loswerden” wollen. Über die Höhe der Summe habe man Stillschweigen vereinbart. “Das ist bislang gängige Praxis und auch zulässig”, sagt BR-Verwaltungsratschefin Ilse Aigner der “Bild”. Auch die “Süddeutsche” berichtet über den Fall, allerdings ohne Nennung eines Betrags.
      bild.de, sueddeutsche.de, turi2.de (Background)

    • Lese-Tipp: Einer dieser Männer könnte den RBB retten.

      Lese-Tipp: Der “Tages­spiegel” zeigt vier mögliche Interims-Intendanten des RBB. Ulrich Wilhelm (Foto) war BR-Intendant, ist jetzt Vorsitzender des Kuratoriums der Fazit-Stiftung und damit “weit genug vom RBB entfernt, um jedwede Verfilzung auszuschließen”. Roland Jahn war u.a. CvD beim Polit-Magazin “Kontraste” und eignet sich durch seine ostdeutsche Herkunft. Auch der Ex-SWR-Intendant Peter Boudgoust und ARD-Kenner Ulrich Deppendorf sind mögliche Kandidaten.
      tagesspiegel.de

    • Meistgeklickter Mann aus der Wirtschaft gestern war Ulrich Wilhelm.

      Meistgeklickter Mann aus der Wirtschaft gestern war Ulrich Wilhelm. Der frühere BR-Intendant steht künftig neben seiner Rolle als “FAZ”-Aufsichtsrat auch an der Spitze der Fazit-Stiftung. Er übernimmt für Medien-Manager Karl Dietrich Seikel, der wegen Erreichens der Altersgrenze den Aufsichtsrat und das Fazit-Kuratorium verlässt.
      turi2.de/koepfe (meistgeklickte Wirtschafts-Männer am 31.7.2022)

    • Karl Dietrich Seikel scheidet aus “FAZ”-Aufsichtsrat aus.

      Gut gewesen: Medien-Manager Karl Dietrich Seikel verlässt wegen Erreichens der Altergrenze den “FAZ”-Aufsichtsrat und das Fazit-Kuratorium. Der ehemalige “Spiegel”-Geschäftsführer sitzt seit 2011 im Aufsichtsrat und war von 2012 bis 2019 dessen Vorsitzender. Sein Nachfolger bei der Fazit-Stiftung wird der frühere BR-Intendant Ulrich Wilhelm.
      new-business.de

    • Ulrich Wilhelm ist neuer Aufsichtsrat der “FAZ”.

      Vom Freistaat ins Rhein-Main-Gebiet: Ulrich Wilhelm sitzt seit Juni im Aufsichtsrat der “FAZ”. Bis Januar hat der 60-Jährige zehn Jahre lang als Intendant den Bayerischen Rundfunk geführt und zuvor als Regierungssprecher von Kanzlerin Angela Merkel gewirkt. Mit Wilhelm sitzen insgesamt sieben Aufsichtsräte um den Vorsitzenden Andreas Barner in dem Gremium.
      new-business.de

    • Ulrich Wilhelm kritisiert politische Kommunikation in der Corona-Pandemie.


      Zu uneindeutig: Ex-BR-Intendant Ulrich Wilhelm vermisst die klare Kommunikation der Politik in der Corona-Pandemie, sagt er im “FAZ”-Interview. Es sei angesichts der sich verändernden wissenschaftlichen Erkenntnisse schwierig, eindeutige Aussagen zu treffen. Zudem beförderten soziale Medien “leicht Missverständnisse und Überzeichnungen”. Das Geschäftsmodell von Plattformen wie YouTube und Facebook habe “keinerlei Sensibilität für die Erfordernisse der demokratischen Meinungsbildung” und sei ein “Störfaktor ersten Ranges für unser politisches Modell”.

      Nicht zum ersten Mal fordert Wilhelm eine eigene digitale Infrastruktur für Europa, “analog zum öffentlichen Straßennetz, das allen offensteht”. Der Kontinent sei zu abhängig von amerikanischen und chinesischen Anbietern. Er befürchtet, dass die “Vorherrschaft der Plattformgiganten” akzeptiert werde, anstatt “in die technologische Tiefe zu gehen”. Wilhelm vermisst “Gesprächspartner in der Politik, die sich um so langfristige Dinge kümmern” und glaubt, dass die Politik stärker durch die digitale Revolution verändert werde als der Journalismus. Zwar sei die Finanzierung der Medien teils weggebrochen, aber ihre Bedeutung habe “gar nicht so sehr gelitten”.
      zeitung.faz.net (Paid)

      Aus dem Archiv von turi2.tv: ARD-Vorsitzender Ulrich Wilhelm will nicht nur in der Nische senden (11/2018):

    • Zitat: Ulrich Wilhelm warnt vor der Beschleunigung in den Medien.

      “Freiheit der Medien hat als Kehrseite die Verantwortung der Medien, wir müssen diese Aufgabe im höchsten Maße ernst nehmen.”

      Der scheidende BR-Intendant Ulrich Wilhelm sagt bei “BR extra” in einer Art Abschiedsinterview, dass Qualitätsmedien nicht am Skandal orientiert von Hype zu Hype springen sollten.
      br.de

      Aus dem Archiv von turi2.tv: ARD-Vorsitzender Ulrich Wilhelm will nicht nur in der Nische senden (11/2018):

    • Katja Wildermuth wird neue BR-Intendantin.

      Bayerischer Rundfunk bekommt erstmals eine Intendantin: Katja Wildermuth folgt am 1. Februar auf Ulrich Wilhelm, der eine weitere Amtszeit ausgeschlossen hatte. Wildermuth ist aktuell Programmchefin der crossmedialen Bereiche Kultur, Bildung und Jugend beim MDR. Auch BR-Verwaltungsdirektor Albrecht Frenzel und Christian Vogg, Bereichsleiter Dokumentation und Archive beim SRF, hatten sich beworben. Im Vorfeld hatte sich das BR-Frauennetzwerk für eine weibliche Besetzung der Stelle stark gemacht. Wildermuth gilt als Expertin für Digitalisierung und trimediale Vernetzung.
      br.de, tagesspiegel.de, turi2.de (Background Wildermuth), turi2.de (Background Wilhelm)

    • Zitat: BR-Intendant Ulrich Wilhelm muss sich an freie Zeit wohl erst gewöhnen.

      “Von diesem Gefühl der immer­währenden Erreichbarkeit und der engen Taktung muss ich vermutlich erst einmal loskommen.”

      Der scheidende BR-Intendant Ulrich Wilhelm freut sich im dpa-Interview auf mehr Luft im Termin­kalender ab Februar. Seine Zeit als Regierungs­sprecher in Berlin sei rückblickend “nicht die anstrengendere” gewesen.
      horizont.net

    • Bayerischer Rundfunk gibt mögliche Wilhelm-Nachfolge bekannt.

      BR nennt drei Kandidat*innen für die Nachfolge von Noch-Intendant Ulrich Wilhelm: BR-Verwaltungsdirektor Albrecht Frenzel, SRF-Datenchef Christian Vogg und MDR-Programmdirektorin Katja Wildermuth. Sie wäre die erste Frau in dem Amt. Der Rundfunkrat wählt die neue Senderspitze am 22. Oktober.
      br.de, turi2.de (Background)

    • Tom Buhrow ist bei den öffentlich-rechtlichen Sendern der Spitzenverdiener.

      Unterwegs mit Ihren Gebühren: Die ARD hat die Gehälter ihrer Führungskräfte veröffentlicht. Spitzen­verdiener ist mit einem Jahresgehalt von 395.000 Euro Tom Buhrow, WDR-Intendant und derzeitiger ARD-Vorsitzender. Auf Platz 2 folgt BR-Chef Ulrich Wilhelm mit 388.000 Euro. Ärmster Intendant ist SR-Chef Thomas Kleist, der auf nur 245.000 Euro kommt.
      faz.net, ard.de (Gehaltsliste)

    • Zitat: BR braucht nach Wilhelm eine Frau am Ruder, sagt Sanne Kurz.

      “Die Galerie der sieben Herren, die den BR seit seiner Gründung 1947 geleitet haben, braucht ein weibliches Gesicht.”

      Rundfunkrätin und Grüne Sanne Kurz fordert eine Frau am BR-Ruder, denn an kompetenten Kandidatinnen mangele es nicht.
      gruene-fraktion-bayern.de, turi2.de (Background)

    • BR-Frauen wünschen sich eine Frau als Nachfolgerin für Intendant Ulrich Wilhelm.

      Bayerischer Rundfunk: Das BR-Frauennetzwerk fordert, dass auf Intendant Ulrich Wilhelm eine Frau an der Spitze des Senders folgt. In einem offenen Brief an den Rundfunkrat schreiben sie, es werde “Zeit für eine Intendantin”, die den BR “zukunftssicher und divers” aufstelle. Einen konkreten Vorschlag machen die Netzwerkerinnen nicht, lassen aber wissen, ihnen fiele “eine ganze Reihe von Frauen” ein, die das Amt ausfüllen könnten. Wilhelm tritt für keine weitere Amtszeit an und verlässt den BR im Feburar 2021.
      dwdl.de, turi2.de (Background)

    • Acatech unterstützt Pläne einer europäischen Medienplattform von BR-Intendant Wilhelm.

      Europäische Medienplattform: Die Deutsche Akademie der Technik­wissen­schaften Acatech unterstützt die Pläne von BR-Intendant Ulrich Wilhelm, ein europäisches Pendant zu YouTube, Facebook und Co aufzubauen. Die Plattform sollte die “Vielfalt an Angeboten” repräsentieren sowie “faire und transparente Zugangs- und Nutzungsbedingungen” haben, empfiehlt die Projektgruppe. Zum Start brauche es “staatliche Förderung flankiert von europäischer Regulierung”. Die Koordination könnte eine Europäischen Digital-Agentur übernehmen.
      acatech.de, br.de (Interview Wilhelm)

    • BR-Intendant Ulrich Wilhelm will keine weitere Amtszeit antreten.

      BR: Intendant Ulrich Wilhelm stehe “nach reiflicher Überlegung nicht für eine weitere Amtszeit zur Verfügung”, meldet der Sender. Wilhelm bleibt noch sieben Monate im Amt und will den Chefsessel im Februar 2021 an eine*n Nachfolger*in übergeben. Als Intendant habe er “entscheidende Etappen unseres Umbauprozesses und die Regionalisierung erfolgreich abgeschlossen”.
      br.de

    • Die ARD-Anstalten streiten um eine neue Kulturplattform in Halle.

      ARD: Die digitale Kulturplattform könnte ohne den BR starten, schreibt Hans-Jürgen Jakobs. Hintergrund ist ein Standort-Streit: Die Intendanten planen mehrheitlich, sie in Halle anzusiedeln, was den Landtag von Sachsen-Anhalt milde im Hinblick auf die geplante Gebühren-Erhöhung stimmen könnte. Widerstand kommt jedoch weiterhin vom BR-Intendanten Ulrich Wilhelm (Foto). Der werte die Vorgänge als Erpressung.
      handelsblatt.com, turi2.de (Background)

    • Tom Buhrow begründet großes Kommunikationsteam mit erklärungsbedürftiger Beitragserhöhung.

      Erklärungsbedürftig: ARD-Vorsitzender Tom Buhrow erklärt im Deutschlandfunk, warum sein Kommunikationsteam so viel größer ist als das seines Vorgängers Ulrich Wilhelm. 2020 sei ein “Beitragsjahr”, in dem über die Höhe des Rundfunkbeitrags entschieden wird, was “eine besondere Kraftanstrengung” erfordere. Selbst bei einer Erhöhung werde die ARD wohl nicht darum herumkommen, “auch im Programm Anpassungen vorzunehmen”. Es stünden noch “viele, auch schmerzhafte” Diskussionen an.
      deutschlandfunk.de (Text und 10-Min-Audio), turi2.de (Background)